Faksimile 0274 | Seite 272
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Meier
Mēīer, m., –s; uv.; -:
1) Oberaufseher der Wirthschaft (Haus-M.), Verwalter eines Guts (Hof-M., vgl. Meierei) etc., z. B.: Seht das Vorwerk dort! .. Dort beim M. Cham. 6, 246; M. der waldigen Flur und des mir mich schenkenden Gütleins. V. H. 2, 267 (vgl.: Verwalter meiner Waldungen und meines . . Gutes. W. HB. 1, 195) etc., s. nam.: Es ist aber das Hausmeieramt bei den Franken gar ansehenlich gewesen und war ein Haus-M. soviel als zu unserer Zeit bei den Franzosen ein Grand Maister oder Konnestabel, d. i. Comes stabuli, ist. Die alten Deutschen hießen .. vor Zeiten einen vorgesetzten Amtmann unter ihnen einen M., wie wir unserer Zeit noch einen Kirch- M. nennen Den, der .. verordnet ist, der Kirchen Rent und Einkommen zu verwalten und zu verrechnen. Jtem einen Baursmann, der einem großen Hausgesind und Verwaltung vorstehet, nennet man noch in einer Eidgenossenschaft gar gebräuchlich einen M. etc. Stumpf 217a, vgl. Hofmeister. 2) (s. 1) der erste unter den männlichen Dienstboten einer größern Wirthschaft (Meisterknecht, Geißel-M.), wie M–in, die erste unter den weiblichen (Meisterdirne). Schm. 2, 535. 3) (s. 1) der Erste und Führer bei vielen Spielen. 537, so auch: M. sein, werden, den Vorrang haben, erhalten; Hag-M., M.-Raufer, der den Ubrigen an Kraft überlegne, s. auch Mair-Kuh und 6. 4) (vralt.) = Major in militärischen Verh.: Als die Mönch beim M. anhielten, daß die Reuter einen Kreis machten um ihn. Weidner 398, vgl. 399 „Major“. 5) (wie frz. maire, engl. mayor) in einer Gemeinde der erste Municipalbeamte oder Vorsteher, nam. noch in ländl. Verh.: Dem Schulzen (dem „M.“) des Dorfs. Gutzkow Zaubr. 1, 89 etc., s. Rede-M. 6) (s. 3): Mir war wohlbekannt, daß man in jener Gegend jeden größren Bauern einen M. nennt. AdStifter Nachs. 1, 271 etc. (s. Schm. 2, 636); in andern Gegenden für „Bauer, Landmann“ übrh., wo das Niederd. (s. mähen, Anm.) wohl mit eingewirkt, z. B. in seinem Lob des Feldlebens: Der Landsknecht . ., der Tag und Nacht das Land, | das doch dem M. bleibt, schützt mit bewehrter Hand. Opitz 1, 124; Die Nachtigall .. | schwingt ihre Stimme hoch, dem M. wie zu Ehren. 126 etc.; M–s-Mann. Fischart B. 271b. 7) eine Art Zinsbauern, „derjenige Baumann (colonus), welcher ein Gut auf zeitlichen oder lebenslänglichen od. Erbpacht zu bebauen übernimmt.“ Schm.; in Westphalen etc. Erbzinsleute, die ihr „M.- Gut“ nur als einen alle 9 Jahr zu erneuernden Erbpacht besitzen. Adelung, so: Klage eines M–s. Möser Ph. 1, 70 (vgl.: Mir als einem armen Leibeigenen. 72); Kein Erbpächter und Erbzins-M. 144 etc. Nach der Größe des Guts: Ganz- oder Voll-, Halb-, Drittel-M. etc., s. meiern, Meier-schaft, -thum. 8) Name mehrerer Pflanzen (auch Meierich), z. B. nach Nemnich: Alsine media (auch: Vogel-M., Miere); Amaranthus blitum (M.-Amaranth); Anagallis arvensis (rother M.); Cucubalus baccifera; Galium verum (gelber M.); Stellaria graminea; Vallantia cruciata (Rauch-M.); Veronica agrestis (blauer Vogel-M.), auch „Megerkraut“, vergl.: M., M.-Kraut = Mangold (s. d.). Ryff Sp. 43b; 44a; 72b etc. 9) eine Art Spinnen, Phalangium opilio, Weberknecht. 10) in Zsstzg.: Birken-M., s. Mai 2c. 11) Tante M. [als Eigenn., s. Anm.], an einigen Orten Bez. des Abtritts (s. d.).
Anm. Aus lat. major (s. Major Domus), ahd. meior, mhd. mei(g)er, s. Benecke 2, 93a: „Edle waren M. des Königs, Freie die der Edlen, Knechte die der Freien.“ Ob und in wie weit die Bedd. 8 und 9 dazu gehören, ist fraglich. Ältre nam. noch in Eigenn. (s. auch Zsstzg. Vilmar Verm. Aufs. 1, 22 u. Schm. 2, 536) haftende Schreibw.: Mey(e)r, Mai(e)r, May(e)r etc. Das weibl. Meierin, s. 2, sonst auch (1; 5; 6; 7) = Frau des M–s.
Zsstzg. vielfach, großentheils wie auch das Grundw. lokal, z. B.: Ácker-: auf großen Gütern der Aufseher übers Feld, im Ggstz. zum Vieh-M.
Alp-: Aufseher über die Alphöfe und Alpweiden, vgl.: Die kleineren Ämter, die der Weibel, Schreiber, Läufer, Butter-M. Kohl A. 1, 314. Bírk- [10].
Brāch-: im Magdeburgischen, geringer als ein Vorwerks-M. Fisch.
Bútter-: s. Alp-M. Dríttel- [7].
Egel-: (vralt.) Possenreißer, Hans Narr. HSachs 2, 2, 9d; 4, 3, 9c; Ders. (Wackernagel 2, 100 Z. 20) etc., vgl. Egel, Anm., und z. B.: Hab so seltsam Tauben und Egel. G. 1, 151; Eglisch Schwänk. 160; 149; 2, 38 u. o. Erb- [7]: erblicher Meier, Erbzins-M. Gánz- [7].
Geflügel-: an fürstl. Höfen der Aufseher über das Geflügel, den Hühnerhof etc.: Außer den vornehmen Hofbeamten und Dienern gab es auch Fischmeister, „Geflügelmaire“ etc. Pz 2, 33 u. ä. m. Gēīßel- [2]: Der G. (Oberknecht). Auerbach Leb. 1, 232. Gūts- [7]. Hāg- [3]. Hálb- [7]. Hāūs- [1].
Hēūl-: wie Heulmichel (s. d.), Bez. einer heulenden Person, nam. = Heuler (s. d.), Reaktionär, im Ggstz. zum Wühler (Wühl-Huber), mit der Fortbild.: Heulmeierei. Nat.~Zeit. 14, 57, 5a etc. Hōf- [1].
Hūren-: Hurenwirth, Hurenoberster etc. Fischart B. 233a. Kásten- [7]: auf einem Kastengut.
Kírch-: s. [1]. Gotthelf 6, 125. Pácht- [7]. Rāūch- [7]. Rêde- [5]: (s. Redehof) Schulze. Möser Osn. 1, 68; Eilte zum Meierhofe und erhielt sogleich von dem R., daß eine Hofsprache angesagt wurde. Ph. 2, 355, vgl. Vilmar Verm. 1, 22.
Sálz-: „ehemals in Reichenhall und Traunstein der oberste Salzbeamte.“ Schm. Sáttel- [7]: Baumann auf einem Sattelhof (s. d. und vgl.: Benecke 2, 94a): Wie ein „S.“ aus Karls des Großen Zeit. Gutzkow Zaubr. 1, 141.
Vīēh-: s. Acker-M. Vōgel- [8]. Vóll- [7]. Vōrwerks- [1]. Zíns- [7]: Die belehneten Z. und Bauleute des Klosters. Stumpf 362b; Erb-Z. etc.