Maus
Maus Stade .. bringt beim Worte „aufmutzen“ die feine Bemerkung, daß wegen der besondern Bed. des Wortes M. in manchen Gegenden Deutschlands ein züchtiges Frauenzimmer nicht wage, das bekannte Thier beim rechten Namen zu nennen, sondern dafür lieber „eine Ratte“ sage. M. gilt bei den Schweden wirklich für das Heimliche des weibl. Geschlechts (adoc), im Ammendeutsch „Nette“. Daher [?] das Liebkosungswort an kleine Mädchen:
Du kleine M.! und der scheinbar zarte Fluch: Daß dich das Mäuslein beiße! Letzterer ist wahrscheinlich aufgekommen, als jene schreckliche Krankheit wüthete, die Theophrastus Paracelsus zuerst mit Quecksilber glücklich bekämpfte. 24, 441), vgl. bei 1315: das Mützlein als Bez. der weibl. Scham, wie: Mützgen! interj. als Ausruf der Frauen und Mutz oder Motz = Hure, mit Zsstzg. wie: Ein Erz- mutz, Klunkermutz, vergl. 3, 210: Mutze, f., Hure (mit Hinweis auf it. mozza, muzza, frz. mousse, mousquo, gr. μóozoν, weibl. Scham), doch auch in minder bösem Sinn: Ene lütje mutze, kleines naseweises, leichtfertiges Mädchen, s.: Ein Kuchimutz [Küchenmädchen, Köchin]. G. 50. — Vielleicht gehört hierher auch urspr. die 1d erwähnte Fügung: M. wie Mutter (s. d. 2), Beides als Ausdr. für die weibl. Geschlechtstheile. — 4) ein haarbewachsnes Muttermal. — 5) mehrere Arten Porcellanschnecken, Cypra mus; C. lurida etc. — 6) Kochk.: Auch nahm sie eine tüchtige Hand voll Salbeiblätter, tauchte sie in einen Eierteig und buk sie in heißer Butter zu sogen. Mäuschen, da die Stiele der Blätter wie Mausschwänze aussahen etc. Volksk. 61) 39. — 7) Kriegskunst: M., Zünd-M.: ein Stück Lunte, das mit einer Kette in der Leitrinne bis zur Pulverkammer fortgezogen wird, die Mine zu entzünden. — 8) Schiff.: eine ringförmige Erhöhung an einem Tau, z. B. nam. früher: Mäuse der Kabelaring, ferner: M., Stag-M., oben ums Stag, das Zuschlieren desselben verhindernd etc. — 9) mundartl., veralt. das Auge (s. d. 13l) oder die Hölle (s. d. 1c) der Schneider für das „gemauste“ Zeug.
Anm. In Bed. 1 und 2 ahd., mhd. mûs, gr. μōς (1; 2), lat. mus (1) und (2) verkl. musculus. Bed. 2— 8 nach Ähnlichkeit mit 1, vgl. auch: Meise und — Krausi (s. d.) mausi. — Grundbegriff (für 1) scheint die Heimlichkeit (s. 3 und vgl. selbst μνoτρeον), s. mausen 2 und 3; Duckmäuser; mausestill etc. — Als Bestw. wegen des „S“ (s. d. †) meist mit hinzugefügtem „e“ oder in Form der Mz. (vgl. Gans, Anm.; Laus etc.), doch findet sich z. B. M.-Falle 143 ff., -Loch E. 3, 67; -still 325b; 3, 112; 297; 348 etc., -todt 124; 426; Pal. 2, 300 etc. neben dem gw.: M–e-Falle etc., vgl. auch: mäuschenstill 353b; 20, 82 u. o., ferner: In ganz Andalusia | wollt keine Mausfall stehn. 4, 387, in A. 8, 44 geändert: Stand keine Mäusefalle etc. — Für das männl. Thier (1) braucht 3, 112 scherzh.: Der M. [ähnlich: Mäuserich, m.], wie 280 für das weibl.: die Mäusin. In Bed. 2 findet sich (mund- artl.) auch: (Fleisch-) Maue, f. (vgl.: Mauicht oder weich, haaricht, dickes Fleisch. J. 208b etc.); Die Mischen. Th. 41; Mischlen. 29 etc. Verkl.: Mäusel, n., aber auch m.: Hieb er | entzwei den Schneidermäusel [längstenMuskel des Schenkels]. 2,239.
Zsstzg. zu 2 s. die von Muskel, ferner nam. zu 1, z. B. nach dem Aufenthalt: Die Fabel von der Stadt- und der Land-M. etc., s. Kirchen-M. etc., bes. aber zur Bez. bestimmter, nicht überall gleich bezeichneter Arten und Gattungen (s. nam. Giebel, ferner Oken, Nemnich etc.), z. B.: Acker-: Lück-M. —
Alpen-: Murmelthier, auch Bär-, Berg-, Murmel-M. —
Ángel-: Spitz- M. —
Bácken-: die Gattung Saccostomus. —
Bǟr-: s. Alpen-M., nach gr. Arctomys. —
Bāūm-: die Gattung Dendromys. —
Bérg-: Murmelthier; Lemming, z. B. Jp. Fat. 2, 128; Bilch-M., s. auch Spring-M. —
Bétt-: s. Tisch-M. —
Bílch-: die Gattung der Bilche (s. d.), auch: Biel-, Buch-, Gebirgs-, Rassel-, Rell-, Roll-, Schlaf- (s. d.), Schrot-M., Siebenschläfer etc., Glis, Myoxus. —
Bírk(en)-: Sminthus betulinus. —
Bīsam-: Spitz-M. —
Blínd-: Gattung Spalax, s. auch [1b]. —
Blínz(el)-: Blind-M. —
Bránd-: Mus agrarius. —
Būch-: Bilch-M. —
Ēīchel-: Die Eichel- oder große Hasel-M., Myoxus nitela, Tschudi Th. 193. —
Elfen-: Gattung Otomys. —
Erbs-: Brand-M. — Erd-: die kleine Feld-M., aber guch eine Pflanze, Erdnuß, Pathyrus tuberosus. —
Ernte-: Mus messorius. —
Fāhr-: unwissenschaftliche Bezeichn. der Maulwurfsgrille oder Werre, auch Rieh- [d. i. Reit-] M. —
Féld-: Gattung Arvicola (Wühl-M.) und speciell A. arvalis. Giebel; Der gemeinen F. oder Sammel-M. Tschudi Th. 310; Die Acker- oder kleine F., Hypudaeus arvalis. 154 etc., bei Nemnich: Mus arvalis (Herden-M., s. Lück-M.) und: Große F. (Heer-, Wald-M.), M. silvaticus, wie auch = Hamster. —
Fétt-: Gattung Steatomys. —
Fínger-: Gattung Dactylomys. —
Flêder-:
1) mit einer Flughaut, in der Dämmrung fliegend (daher von Altern zu den Vögeln gerechnet, z. B. Th. 187), auch „fliegende Maus“ Schl. 159; Od. 12, 433 oder „Vogel-M.“ Th. 136 etc., als eine vielumfassende Zunft, z.B. bei mit den Gattungen: Augen-F., Pteropus; Ballen- od. Haut-F., Nycteris; Nasen- F. (Faltennase), Rhinolophus; Ohren-F., Vespertilio und Zungen-F. (Blattnase), Phyllostoma und als Unterabtheilungen oder Arten: Beutel-F., Saccopteryx; Doggen-F., Dysopes; Mops-, Vespertilio (oder Pleccus) barbastellus; Zwerg-F., V. pipistrellus. Ohne Zusatz gew. die Ohren-F. (s. o.) und darunter: Die gemeine rattenartige F. (V. murinus). Th. 136, daneben: Die lederbraune frühfliegende F. oder Speck-M. (V. proterus). ebd.; Die Bart-F. verfolgt lieber die Insekten, welche über den Gewässern schweben, während die Zwerg-F. einer Schwalbe gleich die Lüfte durchschneidet und die Speck-M. .. die warmen Kamine allen übrigen Aufenthaltsorten vorzieht. 9, 125a). — Die F. piepst 12, 233), zischt 3, 256), girrt M. 1, 23), quiekt etc., fliegt, flattert, schwirrt etc., frisst den Speck etc.; Eh die F. geendet ihren klösterlichen Flug. Makb. 3, 2 300a; 568b); Ich . ., zu den Ästen des Feigenbaums mich erhebend, | schmiegte mich dran und hing wie die F. Od. 12, 433; Lichtscheu | schwärmen sie gegen die Nacht als Fledermäus’ in der Dämmerung. Ov. 1, 215 etc., auch: So acht ich’s keine F. [nicht im geringsten]. 71a etc., oft als bildl. Bez. lichtscheuer Pers.: Das Licht scheinet gerne, aber Maulwürfe und „Fleddermeuse“ habens nicht gerne. 8, 319b; Ihr Fledermäuse, Maulwürfe, Uhuen, Nacht-Raben und Nachteulen, die ihr das Licht nicht leiden könnt! SW. 26, 42; Daß diese Beweise durch das Gequicke einiger lichtscheuen Fledermäuse nicht umgestoßen werden können. Köhl. XXXVII; Lthr. 157a, auch von lichtscheuen Schriften etc.: Wie ihre Schlußreden und Fledermäuse endlich ausbrachen. 127a; Daß er seine Fledermäus und heimliche Schrift für männiglich vertreten sollte. ebd. etc., zuw. auch nur: ein leiser, heimlich Nahender etc., z.B.: Als es draußen an der Thür rauschte, raschelte, klopfte. „Her- ein!“ rief Pauline, die schon merkte, wer die „F.“ war. R. 8, 112 etc., ferner zur Bez. von Zwitterwesen etc. — wie die F. ,,nicht Maus, nicht Vogel“ ist, z. B.: Der mir aber hier bei der Bildsäule, wo im höchsten Grade Alles substanziell, wahr und bestimmt ist, Fledermäuse hascht, die nicht [bildende] Kunst sind noch Dichtkunst, weder Seele noch Körper etc. 11, 353. —
2) (s. 1):
a) Art Maskentracht und Jemand in solcher Tracht: Die Masken hatten die Tracht der sogen. Fledermäuse. R. 4, 270; Wie eine F., die in einen Maskensaal eintritt, ihre Bekannten und Gespielen närrt. Ph. 3, 133 etc. —
b) eine Art Walzenschnecke, Voluta vespertilio. —
c) eine Art Schwertlilie, Iris susiana. — Mus hortularis. — Bilch-M. — Gatt. Chlamyphorus. — Mus furunculus, Ob(i)-M., nach dem sibir. Fluß Ob. — Gatt. Muscardinus, (vergl. Schlaf- M M.); Die Eichel-M. oder große H. Myoxus nitela; die kleine H. M. muecardinus. Th. 193. — Mus musculus. Die große H. oder Ratten-M. — Hêêr- Hêrden-: s. Feld-M. — Eichel-M., auch von Pers. = Spitzbube etc. (s. mausen): Vorwärts! ich will euch pfeifen lehren, Holzmäuse! DW. 66. — an der Hudsonsbai, Mus hudsonius: Die kleinen unterm Schnee von Wurzeln lebenden Hudsonsmäuse. 1, 1, 191). — eine in Kammern lebende Maus, auch [1a] = Kammerzofe: Kammerkätzchen [s. d.], Kammermäuschen. 6, 154. — Küllen-M. — bei die Ordnung der Beutelthiere; auch [2] Kaumuskel. — in einer Kirche lebend und, da es dort an Nahrungsmitteln fehlt, oft als Bez. Armer: Arm 1, 247; Lut. 1, 305; Br. 2, 52 etc.), blank Br. 2, 354) wie eine K.; Die 2 Kirchenmäuse [armen Maler] wußten nicht, wie ihnen geschah. gH. 3, 326. — bei eine Sippschaft mit spitzigkrummen Klauen zum Klettern. — Arvicola saxatilis. — Zwiebel-M. — Brand-M. — Gatt. Hapalotis. — Arvicola campestris. — eine aus Flicken und Lappen gefertigte Maus als Spielzeug für Kinder. E. 81. — bei eine Zunft mit längern Hinterfüßen zum Hüpfen, dazu als Gatt.: Spring-M., Dipus, ferner Springhase etc. — Gatt. Mystromys. — Mus arvalis, der dafür auch die Namen hat: Acker-, Erd-, kleine Feld-, Herden-, Nül-, kleine Reit-, Scharr-, Schör- [Scher-], Schnorr-, Stock-, Stoß-, Wühl-M. — Wurzel-M. — Mus talpinus, Reit-M. — eine Gattung Würmer, Seeraupe, Afhrodite. — Mus pilorides. — Alpen-M., Murmelthier. — Wühl-, Lück-M. (s. d.). Thierb. 109b. — Hamster-M. — Mus striatus. — Mus jaculus oder Dipus sagitta, Spring-M., -Hase. — Bilch-M. — Ratte, große Haus-M., Mus rattus: Sie stahlen wie die Rattmäuse. Sch. 153; Gleichwie die Rattenmäuse ihren König tragen [s. Rattenkönig]. SW. 60, 338; 61, 267 etc., s. Mausratte. — Die viel größere Wiesen-M., Hypudæus terrestris, .. Schär, Scharr-M., Stoß-M., Spring-M., Erdwolf, R. Th. 153. — s. Maulwurfs-, Scher-, Lück- und Spitz-M., auch = Lemming, ferner s. Fahr-M. — Gatt. Meriones. — Réll-, Róll-: Bilch-M. — Lemming. — Arvicola glareolus. — Mus soricinus. — Gatt. Saccomys. — s. Feld-M. — Gatt. Hesperomys Mus aspalax oder talpinus. s. auch Lück- und Raub-M., und vgl.: Da der Maulwurf Erdhaufen aufstößt wie die Wiesen- M., so wird er oft von den Bauern mit ihr verwechselt und Beide bekommen den Namen „Schär“, Sch. Th. 139; 119 etc. — Scharr-M., z. B.: Th. 119; bei 7, 932 als Zunft = Delber (d. i. Gräber), wozu nam. die Maulwürfe gehören; aber auch als eine Mäuse-Art, Mus terrestris, Reit-, Stoß- und Sch. 724, mit der Bem.: Im südlichen Deutschland nennt man übrigens fast allgemein den Mullwurf Sch. und den Mullwurfsfänger Schermäuser (s. d.). — Bilch-M.; Die Schlafmäuse, welche durch den Siebenschläfer, die große und kleine Hasel-M. vertreten sind. Th. 152. — Sigmodon. — bei als Zunft = Zahnarme (wozu die Schnabelthiere, Ameisenbären, Schuppen-, Gürtel- und Faulthiere). — Hypudaeus alpinus. Th. 542. — Bilch-M. — Mus lagurus. — Gatt. Nycticejus. — Gatt. Habrocoma. — s. Fleder-M.: Nur deßhalb weil sie zum Lieblingsaufentz halte Kamine wählt, trägt diese Art [Fledermäuse] den Namen Sp. und den irrigen Ruf, als fresse sie dem Bauer den Speck etc. 9, 125a). — Gatt. Sorex, (Müger, Mützen, Mützger und Mutzger, z. B.: Th. 139 etc.) mit vielen Unterabtheilungen u. Arten, z. B.: Die Alpen-Sp. Th. 310; Bisam-Sp., Mygale; Kletter-Sp., Cladobates oder Tupaia; Rüssel-Sp., Rhinomys; Wasser-Sp., S. fodiens etc., ohne Zusatz gew.: Die gemeine Sp., S. araneus, auch: Angel-, Bisam-, Reit-, Zeis-, Zies-M. — Gatt. Dipus, s. Pfeil-M. — Gattung Acomys. — Stāg- [7]. — Stóck-, Stōß-: s. Lück- u. Scher- M. — Gatt. Sminthus, bei auch = Brand-M. und Mus vagus. — Tísch- [1a]: (vgl. Kammer-M.): Daß, wo die Heirath sollte fortgehn, er diese Tischmäuslein alle von sich thun werden müsse. 2, 23, beschönigende Bez. für Huren, noch deutlicher: Bett-M. — Gatt. Pseudomys. — Arvicola socialis (sich von Tulpenzwiebeln etc. nährend). — Arvicola riparius. — s. Fleder-M. — große Feld-M. — Jener nordischen Wandermäuse, der Lemminge [s. d.]. Malk. 1, 27. — s. Raub-M. — Lück-M. — Arvicola oeconomus. — Spitz-M., s. Ziesel-M.: Die Zeismaus mit der spitzen Nas. Fr. 499. — Mus zibethicus. — Ziesel-M. — Arctomys citellus, nam. bei Altern oft für Spitz-M., s. Zeis-M. — Lemming. — Zünd- [6]. — Mus minutus. — Arvicola gregalis etc.
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