Faksimile 0188 | Seite 186
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lustern
II. Lǘstern, a.:
lüsternd; begierliche Gelüste hegend, von begierlichem Verlangen erfüllt, durchdrungen, und zuw. auch (s. 2b): es weckend, erregend, und nam. oft in Bezug auf Liebesgenuß:
1) mit Komplement:
a) L. nach Etwas sein. 2. Sam. 13, 15; Weish. 16, 2 ff.; Blut . ., wonach du allzu-l. bist. G. 12, 175; 18, 76; Es ist Mancher von ihr angebrannt und l. bis zur Wuth nach ihrem Ambrosia und Nektar. Heinse A. 1, 167 etc.; L. werden nach Etwas, z. B.: Sich nach den jüngsten und schönsten Mädchen zu erkundigen. . . Da er einmal nach dieser Waare l. ward. G. 19, 263; Nach dem Minnelohn | zusehens l–er zu werden. W. 11, 247 etc.; L. machen nach Etwas (was auch zu I. gezogen werden kann), z. B.: Wenn der Besitz, der ruhig machen soll, | nach fremden Gütern euch nicht l. machte. G. 13, 133; Einen Mund, der .., wenn er lacht, nach Küssen l. macht. W. 10, 46; 23, 263 etc.
b) zuw.: Ein blutig Haupt . ., auf das er l. war. Freiligrath SW. 5, 165 etc.
c) mit dem Komplement als Bestw. verschmelzend (s. lustig 1): Gewalt-l–e Menschen. Börne 5, 113; Je himmels-l–er er der Erde zu entfliehen strebt. Arndt Ber. 262; Kampf-l. hingelagert, Wollust zu geben und zu nehmen. Heinse A. 2, 215; Raub-l–e Adler. 272; Bodenstedt 1, 127; Goltz 2, 16; Dein sieg-l–es Herz. Kosegarten Rh. 2, 254; Tanz-l. D.3, 63; Wälsch-l. [nach dem Wälschen, Ausländischen l.]. Jahn M. 15 u. ä. m.
d) mit Infin. und „zu“: Jch bin l., | ein Wort mit diesem Geist zu reden. Sch. 306b; 287a; Schwab 389; Ich bin so stolz nicht eures Lobs auf mich, | als l. ihr, zu gelten für gescheit. V. Sh. 2, 433; Der sich Großpapa begrüßen | zu hören, aber noch nicht mächtig l. war. W. 12, 5 etc.
2) ohne Komplement:
a) von Gelüst durchdrungen, erfüllt: Kätzchen, das l. und furchtsam um den heißen Brei schleicht. Börne Frz. 29; Nach dem l–en Gaumen seiner Gebieterin auszukosten. Böttiger Sab. 298; Die schönste der Gestalten, | die mein Blick so l. oft umirrt. B. 100b; Wohin der l–e Sinn wohlgefällig zu schielen pflegt. Burmeister gB. 1, 94; Sie reicht dem l–en Knappen | .. den Trank. G. 1, 75; Wendet sein l. Auge | den Schätzen .. zu. 13, 87; Eine solche l–e Eitelkeit [der Koketten]. 18, 235; Voll des herrlichsten Geruchs gebratenen .. Schweinefettes, der mich sehr l. machte. 25, 83; Was thut ein Vater, wenn seine Töchter nicht mehr ruhig schlafen wollen? Er giebt den l–en Mädchen gute Männer. Möser Ph. 1, 166; Daß Mancher l. auf sie blicket. Nicolai 1, 298; Sch. 76b; Cypria, das lächelnde Vergnügen | der l–en Natur. W. 10, 36; Wie reizend unser Sultan ist! | .. Bald würd’ Eins l. 11, 36; Immer kühner und l–er schlug er endlich seinen linken Arm um ihre Hüfte. 19, 216; Was er sieht .. hemmt dem L–en den Athem vor Entzücken. 12, 284.
b) zugleich faktitiv: von sinnlichem Gelüst durchdrungen und es erweckend (vgl. geil 2b und c u. lasciv): Eine Sammlung l–er Späße. .. Ein l–es Gespräch, eine l–e Erzählung sind mir unerträglich; denn sie stellen uns etwas Gemeines, Etwas, das der Rede und Aufmerksamkeit nicht werth ist, als etwas Reizendes vor und erregen eine falsche Begierde, anstatt den Verstand angenehm zu beschäftigen. Sie verhüllen Das, was man entweder ohne Schleier ansehen oder wovon man ganz seine Augen wegwenden sollte. G. 19, 232; 29, 397.
c) in Bezug auf ein eig. unangenehmes Gefühl: mit Lust gemischt (vgl. Sch. 1221b): Er wollte zaghaft fliehen, doch bannt’ ihn fort und fort | ein l–es Entsetzen an nicht geheuren Ort. Cham. 3, 307; Einen leisen l–en Schauer, ein ästhetisches Grüseln empfinden. Heine Verm. 1, 231. Ungw. für angenehm überh.: Bald laden zu l–en Tänzen | mich meine Gespielinnen ein. Weiße (Adelung).
Anm. Nbnf. lüster (vgl. Alber), nam. in Formen, wo noch ein „n“ hinzutritt: L. Auges. Cham. 3, 276; Die l. Mäuler. Günther 764; L. 10, 99; Ge-l. Rockenph. 3, 72.