Faksimile 0187 | Seite 185
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Lüsten
Lüsten: (s. lusten 2, lüstern 1 u. ge-l.):
1) tr.: (doch ohne Pass.) ein Gelüste, Appetit, Verlangen nach Etwas erwecken, ihn lüstern machen: Welch edlen Lukumo zunächst | lüstet unser römisch Mahl? Freiligrath SW. 4, 131; Der ..; wenn sein Schwert den Türken lüstet, | schlagfertig dasteht allezeit. 1, 306, iron.: wenn der Türke nach dem Schwert, nach Schwerthieben Verlangen trägt; Der Spanier, den die Natur jener Tugend in Rom lüstete [dem sie Wollust erregte]. H. 11, 271 etc., s. 2 und 3.
2) imperf., s. 1 u. Es 7 und vgl. hungern 2 und verlangen 1: Es lüstet mich oder Mich lüstet (vgl. 3); Sie mußte nicht wieder zum Könige kommen, es lüstete denn den König. Esth. 2, 14; Der erlöse ihn nun, lüstet’s ihn. Matth. 27, 43 etc.
a) mit abhäng. „nach“ (vgl. d): Es lüste den Deutschen eben stets nach fremden Dingen. Gervinus Lit. 3, 43; Da lüstet’ es Braunen | übermäßig nach dieser geliebten Speise. G. 5, 136; Den Griechen lüstet’s öfters nach der Barbaren Gütern ... Doch haben sie nicht immer .. gesiegt. 34, 208 (s. d); Wenn dich danach lüstet. Grimm M. 18; Frei ist der Flug der Ode, sie kieset, wonach sie | lüstet [s. 3]. Kl. Od. 2, 91; Wenn dich so nach Kämpfen lüstete. Sch. 455a; Wenn’s ihn | so sehr nach meinem Bart und meinen Zähnen lüstet. W. 20, 126 etc.
b) in gehobner Rede mit Genit.: Mich lüstet deiner Tugend. Arndt 165; Dich lüstet auch der hohen Kraft. 433 etc., vgl.: Mich hat deines Dienstes nicht „gelust“ im Speisopfer. Jes. 43, 23, was zu l. (s. lusten) oder ge-l. gehören kann.
c) mit Infin. und ,,zu“: Ein Topf mit Grütze . ., den zu erschleichen mich gewaltig lüstete. Droysen A. 1, 189; Es lüstet mich ihn aufzuwecken. G. 34, 334; Es lüstet ihn, mit Kämpfern zu streiten. Heine Sal. 1, 246; Euch lüstet’s wohl, wie Babington zu enden? Sch. 423a; Das lüstet mich zu hören. Simrock G. 395 etc.
d) zuw. mit pers. Dat. st. Acc.: Was nur den Gaumen reizt, was nur den Sinnen lüstet. Gotter Sch. 178; Nach welchen Dingen keinem feinen Züngler mehr lüstet. Musäus M. 1, 1, 124; Es lüstete ihr oft, nach ihm zu sehen. 2, 135; Von Stund’ an mögen sie, | was ihnen lüstet, gackeln. W. 11, 133 etc. Dahin lassen sich auch Bsp. aus c (Sch. 423a) u. a (G. 5, 136 und 34, 208) ziehen, wenn man in der letzten Stelle „den Griechen“ als Dat. d. Mz. fasst, woran sich das nachfolgende „sie“ schließt, doch vgl. die metrische Bearbeitung (13, 87): Der Grieche wendet oft sein lüstern Auge | den fernen Schätzen der Barbaren etc., wo ebenfalls „sie“ folgt.
3) intr. (haben) persönl. und tr.: Ich lüste, dem Sinn nach = mich lüstet (ich habe, empfinde ein Gelüste, ich verlange) und oft auch formell damit zusammenfallend, s. z. B. 2a: Kl. Od. 2, 91, vgl. ferner: Thu, was dein Herz lüstet. Pred. 11, 9, was hierher oder zu 1 gehört, je nachdem „was“ als Acc. oder Nomin. und entsprechend ,,Herz“ als Nomin. oder Accus. aufgefasst wird, vgl. (ungw.): Wenn ihr Geliebter sie nur lüstet [zur Befriedigung der Lüste begehrt] statt sie zu lieben. Ewald (Campe): Dem entsagen, wonach die Meisten l. und streben. H. Ph. 10, 299; In Gottes Geisterwelt zu reisen lüstest du. Rückert W. 4, 203; Das Ziel, wonach er lüstet, zu erreichen. W. 12, 132 etc. So auch im adj. Partic.: Das Lob l–der [lüsterner] Schwelger. Kl. Od. 2, 12.
4) der subst. Inf.: Das L., Gelüste, lüsternes Verlangen: Ein schreckliches L. durchbebt ihr das Herz, zu ermorden | wie Medea, den Sohn. 159.
Zsstzg. z. B.: Be-: (vralt.) s. belusten: Sich mit verbotenen Bildern b. Luther 2, 468b etc., und (s. ge-l.): Ob ihm etwa belüstete, ihr .. Fell zu gebrauchen. Olearius Reis. 84b.
Ge-: gw. st. des seltnern Grundw., in folgenden Fügungen:
1) mit pers. Acc. (vgl. 2): Es gelüstet mich; mich gelüstet, und entsprechend: Ich lasse (s. d. 6) mich g., z. B.: Laß dich nicht g. Röm. 7, 7; Das Fleisch gelüstet wider den Geist und den Geist wider das Fleisch. Gal. 5, 17; Jak. 4, 5; So oft als es sie gelust. Fischart B. 48b etc. Das, was das Gelüste erregt, wird beigefügt:
a) zuw. als Subj., welches bei der Wendung des von lassen abhäng. Infin. im Accus. steht, doch zumeist nur von allg. Fw.: Dich soll Nichts g. Röm. 13, 9; Geiz ist eine Wurzel alles Übels, welches [oder Genit.? b] hat Etliche gelüstet und sind vom Glauben irre gegangen. 1. Tim. 6, 10; Was dich (Sir. 5, 2), deine Seele (s. 3) gelüstet (5. Mos. 14, 26); Wer nicht thun kann, was ihn gelüst. Weish. 2, 11; Pred. 8, 3; Das [was] die Albernen gelüstet, tödtet sie. Spr. 1, 32 etc.; Laß dich ihre Schönheit nicht g. 6, 25.
b) häufiger im Genit.: Deß gelüstet mich. Jos. 7, 21; Laß dich nicht g. deines Nächsten Hauses etc. 2. Mos. 20, 17; Daß wir uns nicht g. lassen des Bösen. 1. Kor. 10, 6; Luther 5, 536a; Damit sie nicht gelüste bessern Glücks. CRudolphi NGd. 11; Daß der süßen verbotnen Frucht | euch ja nicht vor der Zeit gelüste. W. 20, 6, wo freilich „euch“ auch Dat. sein kann, s. 2 etc.
c) gw. mit „nach“: Danach gelüstet mich nicht; Laß dich nicht danach g.; Nach reichen und kostbaren Stufen lass’ ich mich nicht g. G. Merck 2, 242; Dann wird’s dich nach keinem Kuchen mehr gel usten. Kurz Weihn. 18; Nun gelüstete den . . Reisenden nach dem Anblick der persischen Königsresidenz. Monatbl. 1, 39a u. o.
d) ferner gw. mit Infin. und ,zu“: Weil deine Seele [s. 3] Fleisch zu essen gelüstet. 5. Mos. 12, 20; Gelüstet’s ihn abernicht, dich zu nehmen. Ruth 3, 13; Welches auch die Engel gelüstet zu schauen. 1. Petr. 1, 12; Nehmen Häuser, welche sie [zu nehmen] gelüstet. Mich. 2, 2; Gotthelf G. 86; Gelüstet es jetzt solche Jäger, wieder einen Menschen zu jagen. Heine Reis. 2, 32 u. o.
2) mit pers. Dat. (s. 1): Laß den Augen nicht g.! G. 6, 176, so:
a) (s. 1a) Der suchet, was ihm gelüstet. Spr. 18, 1; Einem Fürsten, dem ein schlaues Weib gelüstet. Heinse A. 1, 201.
b) s. 1b.
c) Nicht nach der Beute .. gelüstete ihm. Börne 2, 266; Wem gelüstet’s .. nach deinem Leben? G. 7, 137; Allen Reiz, wornach mir je gelüstete. Heinse A. 2, 48; Kose- garten Dicht. 1, 106; Platen 2, 55; 4, 334; Zschokke 1, 126 etc.
d) Daß dir | .. Jlion niederzustürzen so unersättlich gelüstet. B. 212b; Einer Jeden hätte gelüstet, den verbotenen Baum zu plündern. Musäus M. 2, 119; Wenn auch mir im Eifer hinwegzutilgen gelüstet | eine Stadt. V. Il. 4, 40 etc.
3) zuw. persönl.:
a) intr.: Ich gelüste danach; Was deine Seele gelüstet (s. 2a und d); So verharrte ich im Hause und lüstete nicht im mindesten ins Freie. Keller gH. 1, 335 etc.
b) tr.: Sie lieben dich nicht, Klelia, sie g. dich. w. 29, 8.
4) der subst. Jnf., s. Gelust e. Wōhl-, Wól-: (selten) Wollust treiben, pflegen: Schon wollüstest du, Arme, dir | mit echt ionischer Kitzelgier. Droysen A. 3, 73; Könige, die mit ihr buhlten und wohllüsteten. H. R. 7, 342 (Offenb. 18, 9). 24