Faksimile 0102 | Seite 100
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leidlich
Lēīdlich, a.:
1) so beschaffen, daß man es leiden (s. d. II 6), sich gefallen lassen, damit zufrieden sein kann, passabel, erträglich, mittelmäßig, ziemlich, halbwege gut etc.: L. singen, malen etc.; Ein l–es Gesicht, eine l–e Figur; Er hat eine junge Person geheirathet, eine stille l–e Natur [die man wohl leiden kann]. G. 19, 373; Sie war so artig, natürlich und gut, so gefällig und in jedem Sinne l. 16, 130: In l–e Verwahrung [nicht zu schwere Haft] genommen. 55; Genoß man des l–en Weines. 251; Er begleitete mich den l–en Weg, um mich in einer öden, fürchterlichen Wüste allein zu lassen. 9, 340; Wenn sie’s nur halbweg l. machte. 10, 170; Ein l–er Vergleich. 183; Ich komme mit allem guten Muthe | l–em Geld. 11, 76; 151; So werden wir ganz l. leben können. 13, 177; Zog sich noch so l. aus der Sache. 18, 184; Ging es noch ganz l. 21, 83; 26, 17; Mein Befinden ist sehr l., wo nicht gut, zu nennen. Zelt. 1, 235; Ein böser Tyrann ist l–er denn ein böser Krieg. H. Ph. 10, 358; Luther 1, 164b; Dem’s ganz l. in seiner Haut ist. Merck’s Br. 2, 200; Eine Menge von l–en Versen ist unerträglich, fast unerträglicher als eine Menge von ganz schlechten Versen. Mendelssohn 4, 1, 321; Sie wurde l–er und besser. Musäus M. 2, 134; So lang es l. ist, wie sollten wir’s nicht leiden? Rückert W. 2, 35; Eine noch ganz l–e Vergütung. W. 9, 2; Um l. hier zu sein. 12, 26; Die Dinge von der angenehmsten, oder doch l–sten Seite anzusehen. HB. 1, 45; 2, 121 etc.; L–keit etc. 2) (ver- alt., mundartl.)
a) starkim Ertragen, auch mit Genit.: L. aller Arbeit. Schm. 2, 438, s. un-l.
b) statt leidig, verhasst, so z. B. noch: Selbst der Morgengesang der Vögel ist ihr jetzt l. Eschenburg Sh. 564 (Tarquin 159); häßlich. Zinkgräf 2, 69, s. L. 11, 643; kläglich. Brant Narr. 13, 56 etc.
Zsstzg. z. B.: Er- [1]: (veraltend) Unter e–en Bedingungen. Fichte 7, 387; Einen e–en Accord. Olearius Reis. 183a; Gleichwie e–er ist, geschwind von den Wölfen gefressen zu werden . ., also ist’s erträglicher etc. Weidner 159; 186 etc.; Un-e. Fischart Ehz. 18.
Mít-: zur Mitleidenheit (s. d.) in Bezug auf Lasten, Steuern gehörig, s. Haltaus 1356 ff.
Un-:
1) [1] vgl. unerträglich: U–er Stank. 2. Macc. 9, 10; Was unl. (⏑ ⏑) ist und häßlich. G. 4, 7; Sie wählten unerträgliche Gegenstände, u–e Begebenheiten. 30, 358; Wenn ihr Zank unl. war, so waren die Äußerungen ihres Vergnügens ganz und gar unerträglich. 16, 102; Fast u–es Zahnweh. 304; Hat .. ein Befehlens verführt, daß es unl. war. 9, 349; 39, 53; Als jedoch die Ungebühr ganz unl. wurde. Heine Reis. 3, 61; Mit u–er Herzensangst. Kant SchE. 7; Das widrigste und u–ste Geschöpf. 16; Den ihr u–en General. König Jer. 1, 381; Auf eine u–e Art durch starke Einquartierungen geplagt. Sch. 1092a etc., veralt.: Unleidenlich. Stumpf lb; B. 2a; 547a; 726a etc.
2) [2a] Das Frauenzimmer ist aller Befehle und alles mürrischen Zwanges fast unl. Kant SchE. 56, auch sonst: unfähig, Etwas zu leiden, Leiden zu tragen, verdrossen, mißmüthig etc.: Ohne alle unangenehme Empfindung kann es [das Sterben] freilich nicht abgehen. Unempfindlich konnte der Mensch nicht sein; un-l. muß er nicht sein. L. Samps. 5, 7; Diese Wahrnehmung machte ihn u–er als je. Spindler St. 1, 6; Was sein Schreien zu weibischem Unvermögen, zu kindischer U–keit machen würde. L. 6, 390; Diese Befremdung ist wahrlich nicht Stolz, ist wahrlich nicht U–keit, von meinem guten Nachbar Ja für Nein und Nein für Ja zu hören. 10, 59; V. Ar. 1, 395 etc., vgl.: Die mich so unlittig [verdrossen] machten. Reinhard G. 106; Der zuweilen mit Recht stolze oder unlittige Heros. 187 etc.