Faksimile 0098 | Seite 96
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leid
I. Lēīd, a.:
Ggstz. von lieb, Einen mit Unlust, mit trübem, schmerzlichem Muthe erfüllend etc., nam.:
1) als prädik. Ew. (vgl. leidig), nur noch zuw. = schlimm, böse, kränkend, widerwärtig etc., z. B.: Armuth ist ein l–er Gast. Sprchw.; Ein l–er Nachbar ist ein Leid. Rückert W. 1, 245 etc.; Einem kein l–es Wort sagen etc., im Allgem. veralt. und mundartl., z. B. schwzr.: häßlich (an Leib oder Seele); schlecht: Ein l–er [häßlicher oder feiger] Mensch; L–es [schlechtes] Wetter; L–er Weg. Stalder; Doch wollte Keine die L–ere [Schlechtere] sein. Gotthelf Sch. 67; Ich bin doch nicht das L–ist [das häßlichste Geschöpf]. G. 219, vgl.: Zu einer häßlichen läidlichen Frauen. Zinkgräf 2, 79 und frz. laid, Diez 198, ferner: Die viel l–er [kränker, schlimmer, vgl. II. lage] aussahen und kamen doch davon. Gotthelf Sch. 367 etc.
2) als sächl. Hw.: Etwas oder ein, nichts oder kein, viel Leid(e)s [womit man Einem verletzend, beschädigend zu nahe tritt] Einem thun, anthun, zufügen etc.; geschieht, widerfährt Einem etc. (vgl. 3 und I: Einem ein Leid oder Etwas zu Leide thun etc.); Sie thut ihm Liebs und kein L–s. Spr. 31, 12; Sich ein L–es (an)thun, Hand an sich selbst legen,:sich umbringen etc., z. B.: Sprich, ich wollte mir ein L–es thun. Gelert; Daß er um Liebes und L–es [um Schaden oder Frommen] | nicht sich entzöge. G. 5, 133; Jetzt fasst er mich an, | Erlkönig hat mir ein L–s gethan. 1, 147; Es soll ihm kein L–s widerfahren, ich sperre ihn nur ein. 10, 203; Erinnern würde ich mich an Alles, was sie mir L–s gethan und ich wollte ihnen die schlechte Behandlung redlich wieder erstatten. 29, 243; Was mir der Junker L–s zugefügt. 16, 3; Sie beabsichtige ihr, und wenn nur durch Anhauchen, ein L–s zuzufügen. Gutzkow R. 7, 185; Daß sich der Vater vielleicht ein L–s angethan. 9, 418; Dem Jungen wird nichts L–es geschehen; Unkraut verdirbt nicht. Hackländer Hdl. 1, 6; Wenn eine blutige Krone [Kopf] was L–es ist, so habt ihr mir was zu Leide gethan. Schlegel Sh. 2, 300 etc.
3) mit sein, werden, thun, machen und persönl. Dat.: Jst dir Das lieb [s. d.] oder l.?; Diese Verschiedenheit, es möchte Gott lieb oder l. sein [gefallen oder nicht] zu erklären. Fichte 8, 390; Es sei dem Teufel . . lieb oder l. Luther 6, 9a; Nach dem Sprichwort: Gezwungen Eid ist Gott l. 8, 380a; Er wollt noch über Meer fahren, wenn es gleich allen Göttern [zu]wider und l. wäre. Schaidenreißer 17aetc., dagegen Ugw.: Er sei dies Leben l. [überdrüssig]. GRaimund 6, 53; Etwas ist, wird, thut Einem l., erfüllt ihn mit Unlust und dem Wunsch, daß es anders sein möchte, man bejammert, bereut, bedauert es etc. (versch. s. II 1): Einem Etwas l. machen, bewirken, daß es ihm l. ist, er Reue hat; Sich Etwas l. sein lassen, Kummer, Reue darüber empfinden; Jemand thut Einem l., jammert Einen; Es thut mir l., daß oder wenn Sie sich Umstände machen; Keiner ist, dem seine Bosheit l. wäre [der sie bereute]. Jer. 8, 6; Es ist ihnen l., daß sie es nicht ärger machen können. 9, 5; Lasset uns Das l. sein und Gnade suchen. Judith 8, 12; Es thut Einem immer l., wenn man eine Kreatur, die man aufzog, losschlägt. Immermann M. 1, 265; Ist mir aus ganz meinem Herzen l. Luther 1, 421a; Jst’s ihm gar bitter l. SW. 26, 10; Verleidet ist mir und l., womit ich den Herr beleidigt. Rückert Mak. 2, 239; Es hat mir immer l. gethan, wenn die Häßlichkeit lasterhaft wurde; aber wenn die Schönheit sich ruinierte, that es mir weh. Stahr Par. 2, 333 [Jenes hat mich mit Bedauern, Dies mit Schmerz erfüllt]; Es thut mir wohl l., daß mir meine Abreise nicht erlaubte, sein Erbieten anzunehmen, beinahe aber thut es mir noch weher, der Natur eine neue Gunstbezeugung abzulocken. Thümmel 6, 151; Das war ihm bitter und l. genug. Uhland 383; Mir wär an Ihrem Platz nicht l. [ich würde mich nicht schämen], | mich neben Jeder sehn zu lassen. W. 10, 43 etc. Auch zuw. gesteigert: Es thut mir recht l., Sie ungehalten zu sehen .. und noch l–er, daß etc. König Mar. 1, 159; Mir würde es um so l–er sein. L. 13, 542; Es thut mir herzlich l. . . . „Mir thut es l–er.“ Oehlenschläger Corr. 31; Je öfter ich diesen Aufsatz lese, je l–er ist mir’s, daß etc. W. Merck 131 etc., häufiger: Es ist mir um so mehr l.; Mir thut dabei Niemand mehr l. als dein Bruder etc.
a) Auch mit abhäng. Präpos.: Es ist, thut mir l. um Etwas oder Einen, ich empfinde Dessen Fehlen oder Verlust schmerzlich, z. B.: Es ist mir l. um dich, mein Bruder Jonathan. 2. Sam. 1, 26; Behalt’ ich Das, so ist mir nicht | um all das Andre l. Uhland 410 etc.; seltner: Es ist Einem nach Etwas l., man empfindet Sehnsucht danach; Mir ist l. [bange, s. d. 2b] für oder vor Etwas; So erschrickt er vor ihrem Geschrei nicht und ist ihm auch nicht l. vor [,für“] ihrer Menge. Jes. 31, 4; Man hatte mir ein bischen l. vor Ihnen gemacht. Adelung.
b) zuw. der Ggstz.: Etwas ist mir un-l., nicht un-l.
Anm. Ganz nahe an II grenzend, vgl. ebenfalls als Ew. und Hw.: Angst, Bange, Ernst, Noth, Wehe etc., ahd. leid, mhd. leit (adj. und neutr.), als adv. ahd. leido, mhd. leide (s. II 1) und dazu die komparativische Interj.: leider, ahd. leidōr, mhd. leider. S. das Folg. und Schm. 2, 434 ff.