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Lehn Lehen Lehn
Lēh(e)n, n., –s; uv.; -, –s-. Lēhn, n., –s;
–e; -, –s-: 1) (vralt.) etwas Geliehenes, allgm.,
z. B.: Ihm zu ſeinem Studio hülflich ſein, etwa mit einem
Lehen. Luther 6, 2a, heute gw.: Dar-L. (ſ. d. u. An-L.).
2) (ſ. 1) Etwas, deſſen Beſitz und Nutznießung
Einem von dem Eigenthümer unter gewiſſen dagegen
zu erfüllenden Bedingungen übertragen wird, nam.:
ein von dem obern Eigenthums- (oder Lehens-) Herrn
einem Vaſallen (Lehens-, Dienſtmann, Mann) ſo ver-
liehenes Beſitzthum und (oft in Mz.): die Art und
Weiſe eines ſolchen Beſitzes, wie auch das von dem
Vaſallen an den Lehnsherrn als Anerkennung von deſſen
Obereigenthumsrecht zu Entrichtende (Lehenwaare,
Laudemium). Über die Entſtehung, Fortbildung und
Modificierung dieſes Verhältn. ſ. Geſchichtswerke:
Ein L. oder ein Gut zu L. von Jemand haben, tragen,
empfangen; Das L. muthen, ſinnen, feierlich um die Be-
lehnung anhalten; Das L. verdienen, die für den Beſitz
vorgeſchriebnen Bedingungen erfüllen; Von Einem zu
L. rühren, ihn als Lehnsherrn anerkennen; Das L. ver-
wirken, Etwas begehn, das den Verluſt des L–s nach
ſich zieht; Einem Etwas zu L. geben; Das L. einziehn ꝛc.;
Das L. oder die L. empfangen, belehnt werden; Um die L.
[Belehnung] anſuchen; Einem die L. reichen, ihn beleh-
nen ꝛc.; Die L. [Lehenwaare] entrichten ꝛc.; Die Waffen-
gefährten des Königs .. erhielten Beſitz von Ländereien und
leiſteten dagegen Kriegsdienſt. .. Ein ſolches Gut hieß bene-
ficium, ſpäter feudum [ſ. Diez 146], deutſch Lehen, im
Gegenſatz der Allode [ſ. d.], des eigenthümlichen Beſitzes;
die das Lehen empfingen Getreue, Mannen, Vaſallen. Becker
Weltgſch. 4, 39; [Der König] verleihet ihm zum Lohn für
die geprüfte Treu | noch neue zu den alten Lehen. Alxinger
D. 7; Den allererſten Urſprung der Lehne. L. 11, 34; Daß
ſein Apoſtelamt nicht iſt zu Lehen gegangen [verliehen wor-
den] von Menſchen, noch auch durch Menſchen, ſondern von
Chriſto und durch Chriſtum ſelbſt. Luther 6, 219a; Baur,
Bürger, Adel haben eigene Güter, doch unterworfen mit Lehn.
.Wer nun alſo will die Güter zu ſich reißen, daß auch
Lehne ſollen mit gehen ꝛc. SW. 56, 9; Andere Lehen. 57;
Er komm’ als Herzog nur von Lankaſter, | zur Muthung ſei-
ner Lehn. Schlegel Heinr. 4, 1, 4, 3; Unſer Gut aus dem
Lehn ins Erbe zu ſetzen [das Lehnsgut zum Allod zu
machen]. Schweinichen 2, 171 ꝛc., ſ. Leihe. 3) (ſ. 2)
„ein Bauerngut von gewiſſer Größe“. Schm., vgl.
Auerbach D. 4, 22. 4) Bergb.: ſ. 2 und Bei-L.,
ferner: ein Flächenmaß, gw. 7 Lachter lang und ebenſo
breit, alſo ½ Wehr oder ½ Fundgrube (ſ. d.).
5) (vralt.): eine Vermiethung oder Verpachtung auf
eine beſt. Anzahl Jahre, z. B. im Elſaß auf 18 und
ſo Halb-L. auf 9 Jahre.
Anm. Ahd. lêhan, mhd. lêhen, ſ. leihen. Adelung faſſt
in Verbind. wie: Um die L. [Belehnung] nachſuchen ꝛc.; Die
L. [Lehenwaare] entrichten ꝛc. die L. nicht als Mz., ſondern
als weibl. Ez.
Zſſtzg. zu 2 ungemein zahlreich, wofür einige als
Bſp. genügen werden (vgl. die von Gut II. und Ge-
rechtigkeit u. ſ. Schilter 543ff. u. Schm.): Ab- (vralt.):
Apanage: Enkel, die ein A. begehrten. VWeber. Ādel-:
Ritter-L. Áfter-: ein von einem Vaſallen weiter
verliehnes Lehn, Ggſtz. Hand-, Ober-L. Alt-: das
ſchon lange in einer Familie iſt, Stamm-L. Ál-
tar-: das Recht einen Altariſten zu beſtellen und:
Einkünfte, die zum Unterhalt eines Altars oder eines
Altariſten dienen, ähnl.: Kirch-, Pfarr-L. Amts-:
das Einem von Amts wegen zukommt. Án-: häu-
figer: Anleihe (ſ. d., vgl. Dar-L.). Ánnehme-:
Erb-L. Aūßen-: das man von einem auswär-
tigen Herrn zu Lehen trägt, Ggſtz. Binnen-L.
Bāūer-: Ggſtz. Ritter-L.; nicht wie dieſe, mit Rit-
terdienſten, ſondern mit Zins und Gülten beſchwert,
Beutel-, Seckel-L., Zins-L., einem Bauern gegeben, ähn-
lich Bürger-, Gemein-, Schulzen-, Seß-L. ꝛc. Bécher-:
deſſen Inveſtitur durch einen Becher geſchieht, ähnlich
Schüſſel-L.: Wackermann Uhlfinger war Weiber- und B.
Muſäus M. 2, 129. Bēī-: (Bergb.) das nach dem
Haupt-L. oder der zuerſt gemutheten Fundgrube ſpäter
Hinzugekommene. Bēūtel-: Bauer-L. Bín-
nen-: ſ. Außen-L. Bōden-: „körperliches“ oder
„weſentliches“ Lehen, in liegenden Gründen beſtehend.
Brōt-: die Belehnung mit dem Recht zu backen,
die Backgerechtigkeit als Lehn. Schilter, u. v. ä., z. B.:
Die unterm 18. Dec. 1688 zu Freihaken-Lehnen ausgegebnen
Konceſſionen. Wiggers Warn. 13, die Hak- oder Höker-
Gerechtigkeit ꝛc. Búrg-: z. B. eine Burg als
Lehen, nam. aber ein Lehen, deſſen Beſitzer zur Burg-
hut verpflichtet war. Bürger-: 1) ſ. Bauer-L.
2) (ſ. Burg-L.) ein Beſitzthum in der Stadt, deſſen
Beſitz dem damit Belehnten die Pflicht gab, die Stadt
mit zu bewachen und zu vertheidigen. Dār- [1]:
Das, was man Einem darleiht, nam. Geld, ſeltner
die Darleihe, wie umgekehrt häufiger Anleihe als Anlehn,
zur Bez. Deſſen, was man ſich von Jemand leiht, ſich
mit D. zuw. berührend und vermiſchend: Er fordert die
Darlehne, welche der Vater freiwillig, ſelbſt Wohlhabenden
aufdrang und wofür man ſich kaum als Schuldner erkennen
will, zurück. G. 29, 167; Wer einmal unter fremden Leu-
ten in der Noth und Betrübnis eine Liebe oder Wohlthat er-
fahren hat, ſieht ſie als ein empfangenes Darlehn an und
zahlt ſie, wenn er daheim iſt, wieder an einen andern Fremd-
ling heim. Hebel 3, 433; Kein Borger ſei und auch Ver-
leiher nicht! | Sich und den Freund verliert das Darlehn
oft | und Borgen ſtumpft der Wirthſchaft Spitze ab. Schlegel
Haml. 1, 3; Dir deine Darlehne nicht zurückgeben. HSmidt
Devr. 247 ꝛc.; Zu einer lumpigen Darleihe von zwei
Millionen. König Jer. 3, 30. Ungw.: Eine Geſellung
menſchlicher Seelen, ein wechſelſeitiger Darleih erworbener
Gedanken und Verſtandeskräfte vermehrt die Maſſe menſch-
licher Erkenntniſſe. H. Ph. 10, 265, vgl.: Von dieſem
Anleih [fremder Wörter], das unſer Stammgut wor-
den iſt. 1, 62 (Wurm); Mußtet ihr dieſen Krieg aus euren
eignen Einkünften oder aus perſönlichem Anleih führen.
17; Über den Ausleih auf Zinſen. Ph. 10, 111, und:
Von dem Lohn oder Verleihe, damit man den reiſen-
den Mann ſchindet. Garzoni 826a, Geld, das er Leuten
als Lohn verleihn oder geben muß. Dēīch-: ein
zu Lehn gegebnes Amt beim Deichweſen. Edel-:
Ritter-L. Stolberg 6, 213. Ehren-: Frei-L.
Erb-: 1) ein Lehen, für das in Bezug auf die Erb-
folge kein Unterſchied von einem Allod gilt, von dem
alſo nam. auch die Frauen nicht ausgeſchloſſen ſind,
freies Hand-L., Stamm-L., ſ. Kunkel-L. und als
Ggſtz. Fall-L. 2) Erb-Zinslehen. 3) das von
dem Erben bei der Annahme des Erbzinslehns zu ent-
richtende Laudemium. Fāhn(en)-: ein mit hoher
Würde verbundnes Lehen, das von Kaiſer oder König
durch Überreichung einer Fahne verliehen wurde, ſ.
Zepter-L.: Es war ein freies Herzogthum, ein Fahnenlehen.
Mügge Silt. 1, 81. Fāhr-: ein Lehen, das dem
Fahr- oder Rutſcherzins unterworfen iſt. Fáll-:
das bei jedem Todesfall heimfällt, Schupf-L. Fa-
mīli-en-: Stamm-L. Fórſt-: ein Forſt als
Lehn. Fránk-, Frēī-: deſſen Beſitzer zu keinen
Dienſtleiſtungen verbunden iſt, Freigut. Frāūen-:
Weiber-L. Gemēīn-: 1) im Ggſtz. zum Edel-L.
ein Bauer- oder Bürger-L. 2) ein Lehn, worauf
Frauen und Männer gleiches Erbrecht haben, ſ. Erb-
L. 1. Geſámmt-: Sammt-L. Glócken-:
ein Perſonal-L., das dem Belehnten für vorgeſchriebne
Dienſtleiſtungen (urſpr. für Läuten zu beſt. Zeiten)
gereicht wurde. Gnāden-: 1) ein unter Vorbe-
halt des Widerrufs ertheiltes Lehen, vgl. Herrengünſt-
ler. 2) die Einem aus Gnade ertheilte Anwartſchaft
auf das erſte frei werdende Lehen (Irr-L.). 3) ſtatt
Gnadengehalt. Hāken-: ſ. Brot-L. Hálb-
[ö]. Hánd-: 1) Erb-L. 1. 2) das man unmit-
telbar von dem Oberlehnsherrn empfangen, Ggſtz.
After-L. Hāūpt-: das hauptſächl. Lehen, z. B.:
1) ein Lehen, von dem andre (Neben-L.) abhängen.
2) ſ. Bei-L. 3) das beim Todesfall des Oberlehns-
herrn zu entrichtende Laudemium. Hāūs-: ein
Haus als Lehn, allgemeiner: Wohn-L. Hōf-: ein
zu Hofämtern verpflichtendes. Irr-: Gnaden-L. 2.
Jāgd-: das Jagdrecht als Lehn. Kámmer-:
aus den Kammergütern oder von der Finanzkammer
verliehn. Kanzlēī-: 1) ſchriftſäſſiges, das vor
der Lehnskanzlei beliehen wird. 2) ein Lehen, das
Einem zugeſichert iſt, das man aber noch nicht antre-
ten kann, ehe gewiſſe Bedingungen erfüllt ſind, ſ. Friſch.
Kāūf-: das beim Ankauf eines lehnbaren Bauer-
guts zu entrichtende Laudemium. Kéller-: vgl.
Tiſch-L.: 1) Einkünfte aus dem herrſchaftlichen Keller
als Perſonal-L. 2) Küch-L. Kemnāten-:
Seß-L. Kind-: womit ein Kind, ein noch Un-
mündiger belehnt wird. Kírch-: ſ. Altar-L.
Kȫnigs-: vom König verliehn (ſ. Reichs-L.). Müll-
ner 1, 46. Krīēgs-: das zu Kriegsdienſten ver-
pflichtete, Ggſtz. Amts-L. Krúmmſtab-: von
Stiftern oder Klöſtern verliehn. Küchen-: Tafel-
L. Kúnkel-: Weiber-L. Kūrmede-: der
Kurmede unterworfen. Mǟdchen-, Māī-: eine
in einigen Gegenden übliche Sitte, wonach die Mädchen
an die jungen Burſchen verſteigert werden ꝛc., ſ. vHorn
rhD. 2, 9 ff., vgl. Maigraf. Mánn-: 1) das nur
auf Männer erbt, ſ. Schwert-L. 2) das Lehn eines
Vaſallen oder Mannen: Wir begehen täglich dieſelbe Ver-
wechſelung, wenn wir Mannlehn für ſolche Lehne halten,
welche bloß auf die Söhne vererben, da doch ein Frauenzim-
mer gar wohl ein Mann ſein oder welches einerlei iſt, ein
Lehn als Mann oder Dienſtmann .. empfangen kann. Möſer
Ph. 1, 325. Mēīer-: Meiergut. Öber-:
Hand-L. 2. Öffnungs-: wozu der Lehensherr
das Offnungsrecht, d. h. freien Zutritt hat. Pácht-:
verpachtetes Lehen. Perſonāl-: das einer Perſon
auf Lebenszeit, aber nicht den Erben verliehn iſt.
Pfánd-: verpfändetes Lehn. Pfárr-: ſ. Altar-L.
Rēīchs-: von Kaiſer und Reich verliehn.
Rēīt-: deſſen Beſitzer dem Lehensherrn zu Pferde zu
dienen verpflichtet war. Rítter-: eigentliches oder
wahres Lehen, das den Beſitzer zu Ritterdienſten ver-
pflichtet, ihn aber von allen andern Beſchwerden be-
freit, Adel-, Edel-, Schild-L., Ggſtz. Bauer-L. ꝛc.
Sámmt-: das Mehrere gemeinſam beſitzen, Ge-
ſammt-L., Ggſtz. Sonder-L. Sáttel-: das ſtatt
der Dienſte ein Pferd ohne Mann leiſten muß.
Schíld-: Ritter-L. Schínder-: Amts-L. des
Schinders. Möſer Ph. 1, 257. Schírm-: Vogt-L.
Schlēīer-: Weiber-L. Schlícht-: wovon
keine Lehenwaare zu geben iſt, ſ. Friſch. Schúlzen-:
die Belehnung mit dem Schulzengericht, ſ. Lehnſchulze
und Bauern-L. Schúpf-: Fall-L. Schüſ-
ſel-: ſ. Becher-L. Schwêrt-: Mann-L. (1), ſ.
Schwertmage. Séckel-: Beutel-L. Séſs-,
Sétz-, Sítz-: im Ggſtz. zum Reit-L., ein Lehen,
deſſen Beſitzer daheim ſtill ſitzen konnte, weil er nicht
mit in den Krieg zu reiten brauchte, z. B. Bauer-L. ꝛc.
Sónder-: ſ. den Ggſtz. Sammt-L. Són-
nen-: ein zu Eigengut gewordnes Lehn, ſ. Schilter.
Stámm-: ſ. Erb-L. 1. Stérb(e)-: Laudemium,
das beim Tode des Beſitzers zu entrichten iſt und
ein damit beſchwertes Erbzinsgut. Stēūer-:
ſteuerbares Lehen. Tāfel-: ein Lehen, als Tafel-
gut, Tiſch-, Küchen-L. Tāg-: auf beſtimmte Zeit
verliehn. Tíſch-: 1) Tafel-L. 2) vgl. Keller-
L. 1 (Friſch). Tóchter-: Weiber-L. Vōgt-:
Schirm-L.: 1) ein Gut, womit ein Schirmherr für
den Schutz von einem geiſtlichen Stift belehnt ward
und die Schirmgerechtigkeit. 2) ein von einem
Schirmherrn verliehnes Lehn. Vōrmundſchafts-:
Amts-L. wegen einer Vormundſchaft. Wáppen-:
die Belehnung mit einem Wappen. Wēīber-:
Lehen, das auch auf Weiber erbt, Frauen, Töchter-,
Kunkel-, Schleier-L., vgl. Erb-L., Reiſegut. Scherzh.:
W. haben, unterm Frauenregiment, unterm Pantoffel
ſtehn. Wī(ē)derkaufs-: bei deſſen Veräußerung
der Widerkauf vorbehalten iſt. Wōhn-: ſ. Haus-
L. Zépter-: ein mittels des Zepters vom Kaiſer
verliehenes Reichs-L., d. h. ein geiſtliches, wie Fah-
nen-L. ein weltliches. Zíns-: deſſen Beſitzer
Grundzins zahlt, ſ. Bauer-L. u. ä. m.