lebendig
Lebéndig, a.:
lebend als Ew. (s. Leben I 1o): 1) von Leben, und zwar von einem höhern als dem bloßen Pflanzenleben, erfüllt, vgl. belebt, beseelt: L–e Geschöpfe, Wesen; L–e Junge gebären; Blumen sind nicht l. (s. 2a); Den l–en Blumen im Luftreich [den bunten Schmetterlingen]. 9, 331; Was ist doch ein L–es [wie die Seeschnecken etc.] für ein köstliches, herrliches Ding! Wie abgemessen zu seinem Zustand, wie wahr, wie seiend! 23, 106; Die ganze Kunst als ein L–es (́cον) anzusehen, das einen unmerklichen Ursprung, einen langsamen Wachsthum etc. .. wie jedes andre organische Wesen darstellen muß. 31, 26; Statt der l–en Natur | umgiebt . .. dich Thiergeripp und Todtenbein. 11, 20; Oft möchte ich auf deine [Maler-] Kunst zürnen, daß die Zauberin, die dem bloßen gefärbten Schatten so viel Lebenähnliches geben konnte, ihm nicht auch Das, was zum Leben noch fehlt, zu geben vermochte . . . Unwillig reiß ich mich dann von diesen Bildern los und kehre doch immer wieder zurück, als ob ich hoffte, sie nun l–er zu finden. 23, 314 etc. — L–es Fleisch, im Ggstz. zum todten oder wilden (worin kein Gefühl ist), so auch: Hat man dir das L. troffen? G. 2, 155, die schmerzende Stelle berührt etc. Stehende Verbind.: Keine l–e Seele [Niemand]. 598a etc.; Mehr todt als l. 19, 243; 4, 401 etc.; Bei l–em Leibe. M. 1, 41; N. 1, 21 etc.; L. todt, lebend, aber doch so gut wie todt, z. B.: Ein Sarg l–er Todten [der nach Sibirien Verbannten]. 4, 52; L. todt für alle Welt. 11, 170 etc., vgl.: Jesus! Da hätt’ ich den l–en Tod gehabt. R. 5, 205. — Dazu:
a) aus Lebendem bestehend (vgl. 2c und d), z. B.: [Der Jgel1 richtet aus sich selber gleichsam | lebend’ge Palisaden auf [von den Stacheln]. 9, 302; Mann an Mann | steht mauergleich des Grafen Bann. ... So schütze Habsburg fort und fort | lebend’ger Mauer starker Hort. 95); so weidm.: L–e Wehre, von Menschen statt vom Zeug gebildet etc.; L–es Geleit, aus Pers. bestehnd, im Ggstz. zum schriftlichen (todten) etc.; Er ist ein l–es [sprechendes] Zeugnis, ein l–er Beweis dafür, vgl.: ein l–er Zeuge; Die Jugend, diese l–e Poesie. 1, XXXIX; Er ist ein l–es Konversationslexicon; L–er (oder Blut-) Zehend, von Thieren gegeben etc. Auch: Die Brüste .., | der l–e (– ⏑ ⏒, s. Anm.) Schnee. 7, 328. —
b) von Leben (s. d. II 7i), von regem, bewegtem Treiben erfüllt, z. B. scherzh.: Er frisst l. (⏑ – ⏑) Speck [das von Würmern wimmelt]. 4, 127 (s. auch 2, 451 Z. 19); L., milbig Korn. B. 67a; Der Käse ist l. etc.; ferner namentl.: Es wird schon auf den Straßen l.; An Markttagen ist die Gasse viel l–er; Bei Tage ist es weit l–er als in der Nacht; Das Herz, es ist munter, es regt sich, es wacht, | es lebt den l–sten Tag in der Nacht. 10, 270. —
c) mit Lebenskraft erfüllt und sie zugleich ausströmend, lebend und belebend: Der Herr ist ein l–er Gott. 10, 10 etc.; Gott als Welt- urheber, d. i. als einen l–en Gott, als ein freies Wesen, das aus eigner freier Willkür, ohne irgend einen Zwang, der Welt ihr Dasein gegeben. phRel. 13; Das l–e Wort Gottes. 1. 1, 23; Ich bin das l–e Brot. 6, 51, „das Brot des Lebens“ (48); Der Herr blies ihm ein den l–en Odem. 1. 2, 7; Der l–e Hauch ist verschwunden. Merck 2, 183 etc. —
d) (s. c) reges Leben habend und demgemäß wirkend, nam. im Jnnern des Menschen: Eine l–e [lebhafte] Erinnrung, Phantasie; Ich kann mir Das recht l. denken, vorstellen; Die l–e [innige] Überzeugung, Hoffnung haben, daß etc.; Die niemals ganz erloschne Liebe ward dadurch wieder recht l. in ihm; [Da] ward die Sünde wieder l. 7, 8; Wiedergeboren zu einer l–en Hoffnung (s. o.). 1. 1, 3; Die Jdee ist ein selbständiger, in sich l–er und die Materie belebender Gedanke. 7, 55; Einem Hintergrunde, aus welchem diese Rosse . . . sich mit der l–sten [lebhaftesten] Wirkung abhoben. R. 5, 371; Mit der Stimme des l–sten Gefühls. A. 1, 119; Unterschied zw. l–em und todtem Glauben . .. L–en Glauben nennet er, da gute Früchte folgen etc. 1, 406a. — 2) (s. 1) zuw. auch von Pflanzen im Ggstz. des Abgestorbnen, Welken etc.: L–e Pflanzen. 27, 193, im Ggstz. zu den „eingelegten Zweigen“, so auch z. B.:
a) L–e Blumen, wirkliche, natürliche, im Ggstz. der künstlichen. Ausgw. 7, 336; Fr. 300 etc. —
b) L–es Holz (Laubholz), das, abgehaun, aus der Wurzel wieder ausschlägt, Gegensatz todtes (oder Schwarz-) Holz. —
c) L–e Hecken (s. d. I 1), Zäune, vergl. 1a und: Lebende (s. I. Leben 1o) Arkaden. —
d) Eine Menge auf botanische Art aufbewahrte Kräuter heißt eine l–e Sammlung. 2, 37. — 3) zuweilen auch von Leblosem: in reger Bewegung, z. B.: Die Freude wird mir . . die Feder l. erhalten [zum Briefschreiben]. 14, 198; Ein frischer Nordwind ward mit dem Tage l. 203 etc., so (Schiff.): Die Segel l. erhalten, sie hin und her wappern, killen (s. d.) lassen. — 4) in Verbind. mit best. Hw. (alphab.):
a) L–er Brunnen, mit immer frisch fließendem Wasser. 10, 11; 16, 22 etc., s. i. —
b) L–e [natürliche] Bühne, s. m. —
c) In den l–en Felsen eingehauen. E. 1, 106, der Fels in seinem natürlichen Wachsthum, unbearbeitet, nur frei gemacht von dem Sand und dem verwitterten Gerölle etc., s. l. —
d) L–es Gefälle, bei unterschlächtigen Wassermühlen das Gefälle, welches das Gerinne unter den Rädern zum Schuß bekommt. —
e) L–er Kalk, ungelöschter (s. f). —
f) L–e Kohle 12, 93 etc.), brennende. —
g) L–e Kraft, wirkende, nam. Mechan.: die wirklich Bewegung hervorbringt, Ggstz. todte [ruhende] Kraft. —
h) L–er Merkur. 722b; L–es Quecksilber oder L. Silber. 6, 77, Quecksilber (s. d.) in seinem metallischen, flüssigen Zustande. —
i) L–e Quelle (s. a). 36, 10; 27, 80; Ich fühle die l–e Quelle nicht in mir, die durch eigene Kraft sich emporarbeitet, durch eigne Kraft in so reichen, so frischen, so reinen Strahlen aufschießt, . . — k) L–er Schwefel (s. leben I 1o). Ov. 7, . . 1, 171; L. (– ⏑ ⏒) wird der genennet, | den man gräbt, der rein und weich. 9, 36. — l) Die Wände rauchgehöhlt | sind von l–em Stein. 1, 246, s. c. — m) Auf einem l–en Theater, unter freiem Himmel. 2, 107, s. b. — n) Einen Brunnen l–en Wassers (s. a u. i). 1. 26, 19; Der Quell l–en Wassers. 4, 220; 3, 327; 23, 61 etc. — o) L–es Werk (Schiff.): der sich im — todtes, der sich außer dem Wasser befindende Theil des Schiffs, s. Todtholz.
Anm. Ahd. lëbentig, mhd. lëbendec, mit betonter erster Silbe, wie noch mundartl. Schon bei mit schwankendem Ton: Du bist todt l. (– ⏑ ⏑), ich bin l. (⏑– ⏑) todt. 1, 182; Schon vor dem Tode todt und l. (– ⏑⏒) begraben. 139, vgl. die Stellen aus 1a und b und 2, 18 etc. S. lebig und Elend III, Anm.
Zsstzg. z. B.: Fülle der all-l–en Welt. Hölderlin H. 1, 10; Des lieb-l–en [liebebewegten] Herzens. G. 6, 99; So markt-l. und bevölkert. Kohl Irl. 2, 432; Ein rasch- l–es Auffassungstalent. Wurm Spr. 73; Die Gegenwart der stumm-l–en Natur. G. 22, 132; Bändige | .. über-l–e, | heftige Triebe. 12, 213; 3, 301; Auf diese nur äußere unl–e Grundlage gebaut. Steffens Erl. 5, 362; Prutz GschTh. 114 etc.; Den voll-l–en Strom .. einzuschlürfen. Kosegarten Po. 2, 366.
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