Faksimile 0031 | Seite 29
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Larve
* Lárve (lat.), f.; –n; Lärvchen, lein; -: 1) Die
böſen abgeſchiednen Seelen, zur Strafe ihrer Verbrechen irr-
ten unſtät und flüchtig auf der Erde umher, den Frommen
ein leeres, den Ruchloſen ein verderbliches Schrecken und hießen
Larvae. L. 8, 251, daher verallgemeinert: Schreckge-
ſpenſt (vergl. Butz II 2), gw. in Mz.: Weish. 17, 4;
Alxinger D. 70; G. 6, 352; 13, 25 [die Furien]; Gutz-
kow R. 9, 280; Mörike N. 121; Sch. 603b ꝛc.; Höllen-
L–n. W. 12, 300 ꝛc. 2) ein künſtliches hohles Ge-
ſicht, um das eigne dahinter zu verſtecken (ſ. Maſke 1
und 2: in erweiterterem Sinne als L.), zunächſt wohl
um ſich als Schreckgeſpenſt zu vermummen, dann allgm.,
veraltend auch die verlarvte Perſ., eig. und übertr.
(Schein, Deckmantel ꝛc.): Eine L. vornehmen, vorbinden;
Die L. abnehmen; Wer nur darauf denkt, die Wahrheit unter
allerlei L–n und Schminke an den Mann zu bringen. L. 8,
326; Wenn ein Äſopus oder dgl. Larva oder Faſtnachtputz
fürgeſtellt wird. Luther 5, 269a; Nach äußerlichen L–n und
Gleißen der Werk die Reinigkeit achten. 357a; [Ein Chriſt]
hat keine Perſon noch L–n nicht. 412a; 8, 230a; Die L–n
fürſtellen [die Rolle oder Perſon ſpielen], als ob ꝛc. 4b;
124b; 255a; Die L–n, die Herzog George aufgeſetzt hat
und darunter des Teufels Gebot als ein fürſtlich Gebot für-
hält. 6, 7b; L–n, darein er [der Teufel] ſich verkleidet und
vermummet. SW. 60, 11 ꝛc.; Glückſeligkeit ein ſüßes
Wort! allein | .. . vielleicht die L. künft’ger Reue. Nicolai 1,
74; Ein liſtiger Betrüger | .., der unter Gottes L. | dir
Ehre, Scham und Unſchuld wegbetrog. Sch. 14b; Oft kom-
men Menſchen unter Götter-L., | ein Weib zu fangen.
17b; Jede L. fällt | und vor der Wahrheit mächt’gem
Siege | verſchwindet jedes Werk der Lüge. 80b; Ins Auge
will ich dich faſſen, ſo ſtarr, daß dein getroffnes Gewiſſen
durch die L. [hindurch] erblaſſen ſoll. 129a; Berede dich,
wir Beide hätten uns | auf einem Ball mit Masken ein-
gefunden | .. Durch die L. winkt dein Karl dir zu. 253d;
Männerſtolz, | der nur, ſich deſto ſüßer zu ergötzen, | die
Blödigkeit als L. brauchte. 262d; Die L. | erhabner über-
menſchlicher Geſinnung | reiß ich ihr ab, daß alle Welt die
Stirn | der Sünderin erkennen ſoll. 267a; Jetzt zeigt ihr
euer wahres | Geſicht, bis jetzt war’s nur die L. 428b; Was
wir wirklich fürchten dürfen, erſcheint nicht in L. [ſ. 1] und
Unform. Tieck N. 1, 73; Bloße L., um mich zu hintergehn.
W. 11, 240; Jede .. nimmt dieſe L. [des Kaltſinns] vor.
12, 118; Nur ſtelle Jeder ſich ſelbſt vor und nehme ſich nicht
heraus das Geſicht eines Andern zu einer L. vor ſein eigenes
zu machen. 22, 327; Die L. der Weisheit, hinter welcher du
das haſſenswürdigſte aller Laſter zu verbergen wußteſt. 27,
311; Unter der L. des reinſten Patriotism. 32, 261; Seine
Laſter unter die L. der entgegengeſetzten Tugenden zu ver-
ſtecken. HB. 1, 73 ꝛc.; Euch die Faſtnachts-L–n abziehen.
Luther 1, 389b; 154b; 163a; Mich wunderts, daß ſolche
..klare Sprüch Chriſti ſogar für Faſtnachts-L–n gehalten
werden von dieſen Romaniſten. 266aꝛc.; Halb-L., nur die
obre Hälfte des Geſichts verdeckend; In der Heuchel-L.
Einen beſchnellen. B. 37a; Ihn und ſeine Herkules-L. ..
Ihre Fratzengeſichter in Helden-L–n zu ſtecken. W. Luc. 1,
430 ꝛc. 3) (ſ. 2) das Geſicht (ſ. d.) ſelbſt, das
Äußre, namentl. das ſchöne, ins Auge fallende im
Ggſtz. des Jnnern, Dauernden (ſ. Maſke 5), und dann
auch eine Perſ. nach ihrem Geſicht: Ein Mädchen .. mit
wenig L., aber mit vielem Prunk von Tugend. L. Gal. 1, 6;
Jſt’s denn wirklich wahr, daß ſie ſo ſchön iſt? | So oft muſſt’
ich die L. rühmen hören. Sch. 424b ꝛc.; oder ein ange-
nommenes Geſicht: Was ſind Das wieder für traurige
L–n? [Fratzen, Mienen]. FLSchröder Beitr. 1, 3, 10 ꝛc.;
Die das Angeſicht des Menſchen zu einer Satans-L. ver-
krümmen. Lavater 1, 122; Wie die Liefländer an der Narven |
aus Menſchen machen Wolfes-L–n [ſ. Wärwolf]. Rollen-
hagen Fr. 45. Nam. verkl. von hübſchen Mädchen ꝛc.:
Sie bilden ſich Etwas auf Ihr Lärvchen ein. Benedix 10, 62;
Jedem hübſchen Lärvchen was Liebes zu ſagen. Brachvogel FB.
1, 279; Gotter Sch. 280; Langbein 2, 149; Die Muhme
beim Element! | was haben die Herren vom Regiment |
ſich um das niedliche Lärvchen geriſſen! Sch. 321b ꝛc. 4)
(ſ. 2) die das (unentwickelte) Inſekt verhüllende Form
des Jungen, ſ. Angerling 2 und Maſke 8a: Oken 5,
714; 4, 410 ꝛc. (vgl. Puppe): Laſſt doch die L. ſterben, |
die Sylphe ſchlüpft hervor. Koſegarten Po. 1, 11; Nur ſtun-
denlang geflügelt, büßt die L. | der Ephemer’ ein monden-
lang Gelüſte. Platen 2, 26 ꝛc.; Käfer-, Schmetter-
lings-L. Arnim 30 ꝛc., übertr.: Die Girondiſten ſind die
eigentlichen Schüler Voltaire’s, die aus ſeiner geſpenſterhaften
L. [ſ. 1] jetzt ausgekrochen ſind. Mundt Rob. 2, 158 ꝛc.
5) Nbnf. zu Lorve (ſ. d.).