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Kutsche
Kútſche, f.; –n; Kütſchchen, lein; Kutſch-, –n-:
1) ein Wagen, worauf ein oben bedeckter, mindeſtens
hinten in der Schwebe hangender und danach beim
Fahren ſich ſchaukelnd wiegender Kaſten zur Aufnahme
der Perſonen angebracht iſt: Eine in Riemen hängende,
eine auf Federn ruhende K.; Zwei-, vierſitzige K.; K. mit
Rückſitz; Himmel (ſ. d. 2a), Schlag, Tritt, Thüre, Bänke,
Sitze einer K.; In (veralt. auf. Weidner 52) einer K. fah-
ren; Sich K. und Pferde halten; Sehr gut nimmt das
Kütſchchen ſich aus, das neue; bequemlich | ſäßen Viere darin
und auf dem Bocke der Kutſcher. G. 5, 4 ꝛc., ſ. Landauer,
Berline, Karoſſe ꝛc. 2) (ſ. 1) ein Wagen mit be-
decktem, verſchloßnem Kaſten zur Befördrung von Paſ-
ſagieren oder Fahrgäſten; ſo nam. in manchen Gegen-
den Poſt-K. oder K. = Poſt, z. B.: Ich fuhr mit der
gelben K. (1) nach Dresden. G. 21, 127; Mit nächſter K.
bekömmſt du den Reſt. JvMüller 10, 272 ꝛc. 3) Bil-
lardſp.: = „Maſſe“, ein Stab mit dran befeſtigter
Schüppe (,,Schuh“, „Maſſenſchuh“), einen Ball, der
mit dem Queue nicht wohl fortzuſtoßen iſt, fortzuſchie-
ben. 4) Gärtn.: ein mit Brettern eingefaßtes
Miſtbeet: Die Sämlinge aus den K–n genommen. Land-
wirthſch. Zeit. (55) 526 ff.
Anm. Veralt., mundartl. Gutſche, z. B. SClara EfA.
1, 311; Garzoni 14a; Wackernagel 3, 1, 824 Z. 14; auch
in der Bed. Lotterbank (Schm. 2, 88), Sänfte, z. B.: Mä-
naden | gehn um die Gutſchen [des Bacchus] her. Opitz 1,
143; Hat er die neue Braut [Ariadne] auf ſeine Gutſch ge-
nommen. 145; Ob er zu Pferd, zu Gutſch oder zu Wagen
die Reis fürnehmen ſollte. Zinkgräf 1, 230; In der Gutſchen,
darauf er [der in der Schlacht Verwundete] lag. 150 ꝛc.
Bei Schweinichen (wie frz. le coche) masc.: Mit einem K–n
gefahren. 1, 131; 2, 86 ꝛc. Über die Abſtammung vgl.
Diez 104, der trotz des Zeugniſſes von Avila (1553) über
den ungriſchen Urſprung, wegen der ſich nicht wohl fügenden
ital. Form (cocchio) romaniſchen von conchula oder coclea
(Schneckenhaus) annimmt; dagegen nach Schröer aus mad-
jariſch kocsi (ſpr. kotſchi), eig. ein Wagen aus dem Dorfe
Kocs bei Raab, vielleicht nicht ohne Einwirkung des deutſchen
„hutſchen“ (ſchaukeln) auf die nähere Beſt. des Begriffs im
Deutſchen.
Zſſtzg. zu 1 und 2 vgl. die von Wagen, Poſt ꝛc.,
z. B.: Hálb- [1]: mit halbem Verdeck, vorn offen.
Hōf- [1]: zum fürſtlichen Hof gehörend.
Lánd- [2]: einen regelmäßigen Verkehr auf einer
Landſtrecke unterhaltend, meiſt im Beſitz eines Privat-
manns, wie die Poſt-K. des Staats: Ich habe, was ich
noch revidiert habe, der L. gegeben, damit du mir deine Mei-
nung ſageſt. JvMüller 10, 262; W. 1, 168; Ein Ergän-
zungsblatt, gleichſam einen Beiwagen zu der immer zu ſtark
beſetzten ordinären L. anzulegen. Fichte 8, 78 ꝛc. Lōhn-,
Mīēth- (Sch. 649a): von dem Fahrgaſt auf kürzere
Zeit gemiethet, im Ggſtz. zur eignen Kutſche.
Póſt- [2]: ſ. Land-K. Hebel 3, 455 ꝛc. Parāde-
[1]: Ein langer Zug | von ſchwarzen P–n | wackelte hinten
nach. Heine Verm. 1, 177. Prácht- [1]: prächtige
(oder Staats-) Kutſche. Rēīſe- [1]. Retōūr-:
eine zurückfahrende Kutſche (nam. Land- oder Poſt-K.),
zumal als zu benutzende Reiſegelegenheit. Stiling 3,
134; 141 ꝛc., daher auch übertr.: die wohlfeile Art
und Weiſe, einen witzigen Vorwurf ꝛc. ohne Aufwand
eignen Geiſtes, mit derſelben Wendung zurückzugeben.
Rólle-: rollende, ſchnellfahrende Kutſche. G. 12,
231. Stāāts- [1]: Pracht-K., Karoſſe u. ä. m.