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Kunde
II. Kúnde, f.; –n; –n-: (ſ. Kenntnis und die
Bſp. dort) 1) die Nachricht, wodurch Einem Etwas
kund wird: K. von Etwas haben, erhalten, bekommen;
Ohne K. über Etwas ſein; Einem K. v. Etwas geben; ſelt-
ner: K. v. Etwas nehmen ꝛc.; Längſt verſchollen iſt von mir
die K. Chamiſſo 4, 162; Verwüſtet war der Ort, | ich forſchte
händeringend nach der K. 65; Eine .. Spukgeſchichte giebt
Deſſen hinlängliche K. Heine Verm. 1, 235; Wer iſt’s, der
Dein uns K. giebt? Koſegarten Rh. 2, 212; Das Herz nur
giebt davon K. Sch. 88a; Des Boten harr ich ſtündlich, | der
mir die K. bringt von ihrem Anzug [Nahn]. 490a; Daß
er .. um Kund’ ihn fragte des lang abweſenden Vaters [ob-
jekt. Genit.]. V. Od. 1, 135; Rückten mich ſo aus der K.
der Welt [ſubjekt. Gen.] die olympiſchen Götter! 20, 79.
Er ſtellt aufgehenden Zeiten | Beiſpiel’ älterer Kund’ [aus
ältrer Zeit bekannte Beiſpiel]. H. 2, 320 ꝛc. Nach Ade-
lung u. Campe o. Mz., doch z. B.: Bei ſpätern K–n über
die nur äußerlich glänzenden Lebensverhältniſſe. Gutzkow Zaubr.
3, 105; Vielleicht liefere ich .. noch einige K–n dieſer Art.
Heine Reiſ. 4, VI.; Neigt euch meinen K–n zu | u. kehrt zum
Beſten meine Mähren. Rückert Mak. 1, 115; Sie haben im
Tod erworben | des Ruhmes ewige K–n [bleiben ewig rühm-
lich gekannt]. Derſ. (Wackernagel 2, 1533 Z. 24); Schlugen
nicht alle Herzen .. den rheinherüber kommenden glorreichen
K–n entgegen? Scherr Gr. 1, 335 ꝛc. 2) zumeiſt in
Zſſtzg.: (o. Mz.) die Kenntnis (ſ. d. 2) einer Wiſſen-
ſchaft; dieſe ſelbſt und (m. Mz.) ein Werk darüber,
ein Lehrbuch derſelben, im letztern Fall gewöhnlicher
-Lehre, wie überhaupt, wo der Begriff der Uberliefe-
rung durch Unterricht hinzutritt, doch hat in einzelnen
Fällen ſich der Sprachgebrauch für ein oder die andere
Weiſe entſchieden, z. B.: Größenlehre neben Stern-K.
ꝛc.: Der eine Weg erzielt ein Können, eine Kunſt, der
andere ein Kennen, eine K. oder Wiſſenſchaft. Raumer Päd.
3, 2, 2; Die Kinder ſollten addieren, ſubtrahieren u. ſ. w.
können, man bezielte eine Rechen kunſt, nicht Rechen-K. 3,
1, 198; Aller theoretiſchen Natur-K. geht eine praktiſche
Naturkunſt zur Seite. 263 ꝛc., ſ. Kunſt 1 d ꝛc.; doch findet
ſich hin und wider auch K. zur Bez. einer Fertigkeit in
praktiſcher Handhabung, z. B.: Menelaos | übertreffeſt
du weit an Kraft und K. der Lanze. B. 212a; An Lanzen-K.
beſiegt’ er | alles Volk. V. Il. 14, 124; 1, 291 ꝛc.
3) ſ. Ur-K.
Zſſtzg. ſehr zahlreich, nam. zu 2, vgl. Kenner,
Kenntnis und Lehre (auch Kunſt), zumal als Verdeut-
ſchung vieler Wiſſenſchaften auf –logie, –graphie ꝛc.,
denen zur Bez. einer Perſ. Wörter auf –log, –graph
entſprechen, deutſch: ein —-Kenner oder - Kundiger,
leicht zu mehren nach den folgenden (vgl. auch I.):
Álterthum: Archäologie G. 31, 148; Paläontologie,
A. des organiſchen Lebens. Humboldt K. 1, 286. Ar-
zenēī-: Pharmakologie, ſ. Heil-K. Bǖcher-:
Bibliographie. L. 11, 529. Dīēbs-: eine Kunde,
die von Dieben ausgeht, od. für Diebe beſtimmt iſt ꝛc.,
aber auch, z. B. [2] die Kunſt Diebsphyſiognomieen
(z. B. Muſäus Ph. 4, 50), allgm. Diebe zu erkennen.
Erd-: Geographie. Fíſch-: Jchthyologie.
Frēūndſchafs-: Kunde, die man Einem v. ſeiner
Freundſchaft giebt ꝛc., aber auch [2]: Was wäre Menſchen-
kenntnis ohne F.? Muſäus Ph. 4, 153. Frōh-[1]: frohe
Kunde, Evangelium. Jahn V. 398. Frǖhlings-[1]:
Frühlingsbotſchaft; frühlingshafte, frohe Kunde. Tieck
Cymb. 3, 4. Geſchíchts- [2]: geſchichtliche Kennt-
nis. Geſíchts-: Phyſiognomik. Muſäus Ph. 4, 114.
Gíft-: Toxikologie. Götter-: Mythologie.
Góttes-: Religion. Hēīl-: 1) [1] heilbrin-
gende Kunde, Kunde des Heils, z. B. Evangelium.
2) [2] Medicin: Die Arznei-K. iſt ein Theil der H.; Der
Naturwiſſenſchaft, die bisher nur als Magd der H. betrachtet
und bearbeitet wurde. Fichte 8, 135; Die praktiſche H. Mu-
ſäus Ph. 4, 255 ꝛc. Hérzens-: z.B. [1] eine dem
Herzen willkommene oder aus dem Herzen kommende
Kunde ꝛc.; aber auch: Erläuterungen über die phyſiogno-
miſche H. [die wiſſenſchaftliche Erkenntnis des Herzens
aus der Phyſiognomie]. Muſäus Ph. 4, 25 ꝛc. Hím-
mels-: 1) G. 6, 260 = Stern-K., mit Einſchluß der
Wetter-K. 2) [1] Himmelsbotſchaft, vgl. Froh-K.
und: Eine Jubel-K. Platen 4, 233. Kámpfes-,
Krīēgs-: z. B. Kunde oder Botſchaft von einem
Kampf oder Kriege; aber auch: Kenntnis oder Lehre
der Kriegskunſt. Krǟūter-: Botanik. Lä́n-
der-: Kenntnis von den einzelnen Ländern im Gegen-
ſatz zur allgemeinen Erd-K., politiſche Geographie,
ſ. Staaten-, Völker-K. Lánzen-: ſ. [2].
Ménſchen-: Anthropologie; auch = Menſchen-
kenntnis. Muſäus Ph. 4, 219. Méß-: (verſch. I)
Geometrie. Pflánzen-: Botanik. Réchen-:
ſ. [2]: Arithmetik. Réchts-: Juriſprudenz.
Schēīde-: Chemie. Schiff(-Fahrts)-, Sēē-:
Nautik. Sēēlen-: Pſychologie. Sprāch-:
Kenntnis von dem Weſen der oder einer beſt.
Sprache, Grammatik, ſ. Sprachlehre. Sprāchen-:
Kenntnis vieler Sprachen. Stāāten-: die Kennt-
nis oder Wiſſenſchaft von dem Zuſtand der einzelnen
Staaten, nach der ſtaatlichen Form, dem Wohlſtand,
Bildungsſtand ꝛc., Statiſtik (vgl. Länder-, Völker-K.).
In Bezug auf einen beſt. Staat, Staats-K. (ſ. d.).
Stāāts-: 1) ſ. Staaten-K. 2) Politik, als
die Wiſſenſchaft, wie ein Staat ſowohl an und für ſich
als auch nam. im Verhältnis zu andern zu lenken iſt,
auch Staatslehre, ſ. [2] und inſofern ſie in die Aus-
übung tritt, Staatskunſt. Stérn-: Aſtronomie.
Stóff-: Chemie. OVolger z. B. Kolatſchek StdZ.
(1869) 132 ꝛc. Thīēr-: Zoologie. Un-[1]:
Unkenntnis: Bei meiner U. von der Beſchaffenheit der Welt.
Novalis 1, 20. Ur-: 1) (ſ. Kunde I, 1 und Kund-
ſchaft 1) ein für Etwas als bleibendes Zeugnis dienen-
der, es bekundender Ggſtd., nam. ein ſolches ſchrift-
liches Denkmal, ahd. urchundî, m. und n., mhd.
urkünde, n., ſ. Friſch 2, 409c und ſo z. B. noch als
Neutr.: Zu wahrem Urkundt der Ding mein eigen Inſiegel
offentlich an dieſen Brief gehangen. Berlichingen 258 u. V.,
jetzt gew.: Deß zur U. ꝛc.; Daß wir zerſtückt die heilige
U. ( –– ⏑), | die unſer Ahnherr ſchrieb und aufgeſetzt | mit
heil’gem Blut aus ſeiner eignen Wunde. | Wir haben ſie zer-
riſſen und zerfetzt | die ſchöne Urkund’ (– –). Hartmann Pet.
153; Zwar iſt ſchauervoll die Stunde, | die das ew’ge Bünd-
nis flicht, | wenn die himmliſche U. (⏑ ⏑) | mit den Staub-
gebornen ſpricht. Koſegarten Rh. 1, 157; Etwas über die
erſte Menſchengeſellſchaft nach dem Leitfaden der moſaīſchen
U. Sch. 1008a; Ehe dieſe Hand, | die du [Pater Lorenzo]
dem Romeo verſiegelt, dient | zur Urkund’ (– –) eines andern
Bundes. Schlegel Sh. 1, 127; Da er ohne einen Laut von
ſich zu geben noch irgend eine U. [Zeichen] ſeines Lebens da-
hinſtürzte. Spindler Jud. 1, 230; Sammlung von U–en
[Dokumenten] zur Geſchichte des dreißigjährigen Kriegs ꝛc.
2) als Umdeutung von 1, für Urſchrift (ſ. d.), Ur-
tert, Original: Hier hat der Überſetzer ſeine U. nicht ver-
ſtanden. Mendelsſohn 4, 1, 273; 272; 241 ꝛc., als zwei-
deutig mit Recht veralt. Völker-: Ethnographie:
Länder-und V. Wáppen-: Heraldik. Wáſſer-:
z. B.: [Er] fälſcht ſeinen Wein durch jenen Bach | und
rühmt ſich nur der W. [daß er nur Waſſer kennt]. Hage-
dorn 3, 189. Wéchſel-: Kunde von Wechſelge-
ſchäften. Wélt-: Kunde von den Ereigniſſen der
Welt: Sie zeigte mir ſo viel W. und Bekanntſchaft mit
allen merkwürdigen Perſonen der Zeiten Trajan’s. W. 16,
140 ꝛc. Wétter-: Meteorologie. Wórt-: bei
Einigen = Etymologie. Würmer-: Entomolo-
gie u. v. ä.