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Krēīſchen: 1) intr. (haben): mit hellgellendem
Tone laut werden (ſ. Gekreiſch), z. B.: a) von Perſ.
ꝛc.: Mit wildem k–d lautem Lachen. Chamiſſo 4, 23; Die
Männer jauchzten, die Mädchen kreiſchten. Immermann M. 3,
112; Heine Rom. 279; Mit k–der Stimme rief ſie. Kompert
Pfl. 1, 166; Mülner 2, 106; Er kreiſchte ordentlich vor
Vergnügen. Prutz Muſ. 1, 310; Es war, ohne daß er kreiſchte
zu verſtehn, was er ſchweigend heiſchte. Rückert Mak. 1,
56; Du lumpiger Flegel, kriſch er. Stilling 1, 49; Sie
kriſch konvulſiviſch. 4, 22; Mit einer Stimme, die ſo k–d
war, als das Knarren einer Thüre (ſ. c). Thümmel 2, 182;
Jüngferlich k–d. V. 1, 9; 2, 70; 4, 48; 153 ꝛc. b)
von Thieren, zumal von Vögeln, z. B.: Nimm mich!
kriſch der Staar. Börne 2, 291; Kreiſcht .. ein vom Horſt
verirrter Geier. Freiligrath 1, 204; Kriſch der Aar aus ſei-
nem Horſte. H. 59; Der Kriegsaar .. kriſch. 115; Der
Raben König | kriſch. 188; Die Schaar k–der Mewen. Jacobs
Verm. 2, 75; Es kreiſcht . . | der Adler fürchterlich. Mat-
thiſſon 131; Der ſtolze Adler kreiſchet. Müllner 2, 1 2;
Rückert Roſt. 51b; Schrien oder kriſchen die Raben. Weid-
ner 210 ꝛc. Seltner: Der Kater, ſprudelnd und k–d. Polko
Muſ. 173. c) auch ſonſt, z. B.: Die Vergangenheit
ächzt, die Gegenwart kreiſcht und die Zukunft gellt. Börne 2,
490; Weil die Ballade noch unter der Feile kreiſcht. B. 465a;
Da .., wenn unſer Seelenkoncert am geiſtigſten geſtimmt iſt,
die rohen k–den Töne des Weltweſens am gewaltſamſten und
ungeſtümſten einfallen. G. 21, 148; Es gähnt die Nacht, es
kreiſcht das Meer. Heine Rom 83; So kreiſcht uns ein Grif-
fel ins Ohr, der einen Stein hinunterkrallet. H. 4, 253; In
Doppellauten k. oder jedes ſanfte Gefühl durch Ziſchen und
Hauchen verſcheuchen. Möſer Ph. 4, 106; Kreiſcht der Wet-
terhahn. V. 3, 139; Die ſchmelzende Butter kreiſcht in der
Pfanne. [ſ. 2b]; Speck oder Fett beim Feuer .. k. laſſen.
Knaut Altzell. Chr. 8, 595; Vögel .. in Schmalz legen und
ſie wohl k. laſſen. Coler Hausb. 3, 102; Gekreiſchte Butter.
190. (ſ. Friſch); vgl.: Das Mehl thut man zu der Butter,
ſobald ſolche zu kröſchen aufhört. Scheibler Kochb. 15 ꝛc.
(ſ. Anm.) d) übertr. auch wie „fchreien“ von
grellen Farben ꝛc.: Im k–den Ponceau. Burmeiſter gB. 2,
255; Dieſe tollen Farben, die alle zu gleicher Zeit auf mich
los k. Heine Lut. 2, 171; Den unangenehmen k–den Ein-
druck der weißen Gläſer. Zelter 2, 132 ꝛc. 2) tr.: a)
Etwas kreiſchend äußern ꝛc.: Ach die anderen Dämonen |
ungemüthlich, ungefällig | k. immerfort dazwiſchen | ſchaden-
froh ein hartes Nein. G. 10, 284; Wenn ſie [die Schwäne]
ihre Hälſe umflechten und Entzücken leis k. und zuſammengir-
ren. Heinſe A. 2, 236 ꝛc., auch refl. mit Angabe der Wir-
kung: Sich heiſer (RückertRoſt 22a), matt (oder ab-)k. ꝛc.
b) Kochk. (ſ. 1c, am Ende): Etwas in k–dem
Fett braten, als Umdeutung von kröſchen, gröſchen (ſ.
Anm.): Man reibt Brot und gröſchet ſolches in heißer
Butter. Zink Ökon. 1, 150 ꝛc.; Wenn das Herz ſo geklemmt
und gekreiſcht wird. Mattheſius Pr. 96; Wer ſtreckt mich [den
129
Todten] ſo aus? wer macht die Glieder ſtarr, | wer kreuſcht
mir Mark und Blut? Mühlpforth 2, 44 ꝛc., ſ. aus-k.
Anm. S. Krei, Anm. und kreißen (vgl.: Hie bellet Einer
von der Meſſe, hie kreiſet der Andre von guten Werken.
Luther SW. 63, 274 ꝛc.) Nbnf., kreu ſchen z.B. (1a) Scherr
Pr. 59 ꝛc., ſ. 2b. Die ſtarke Abwandlung kriſch, ge-
kriſchen (ſ. o., u. Zſſtzg.) iſt in der ältern Sprache begrün-
det, doch in der heutigen Schriftſpr. ſeltner. Plattd. kriet-
ſchen. Der Küchenausdr. (2b und 1c) gehört eig. nicht
hierher, ſondern (vgl. kröſchen auch bei Scheibler Kochb. 15;
Schm.) zu „röſch“, ſ. harſch Anm., alſo eig. röſchen, g’rö-
ſchen = hart und knuſprig braten.
Zſſtzg. vgl. ſchreien, z. B.: Áb-: 1) refl. [2a].
2) [2b]: Die Buchdrucker kreiſchen das Leinöl ab, reinigen
es, ein Stück Brot darin abſiedend. Án- tr.: Jſrael
um Gnade a. Kürnberger Am. 380. Āūf-: Kriſch,
kraſch, kruſch! kreiſchte ſie auf, als ob ein ganzes Neſt von
Kiebitzen zerſtöbe. 105; Ein Papagei kreiſchte auf. Gutzkow
R. 8, 338 ꝛc. Āūs-: 1) [1] zu Ende kreiſchen:
Der Geier .. hat ausgekriſchen. Rückert 2, 171 ꝛc.; auch
refl.: Sich recht a., ſeine Luſt im Kreiſchen büßen oder
befriedigen. 2) [2b] Hier hängſt Du .. entleibt, aus-
gekreiſcht. Fleming 12; [Hiob’s] abgemartert Leib und aus-
gekreiſchte Knochen. Mühlpforth Leich. 93; Durch Kunſt im
Tiegel ausgekreiſcht. 134 ꝛc. Durch- [2b]: Den Speck
mit Buttern wohl durchkreiſcht. Waldis Eſ. 233a. Eīn-:
Einem Etwas e., durch Kreiſchen einprägen ꝛc.: Die arm-
ſeligen Tröpfe, die uns .. eine ſo ganz grundfalſche Idee von
den Kräften Frankreichs aufgedrungen und eingekreiſcht haben.
Forſter Br. 2, 277. Entgêgen-: Die nur halb ver-
ſtändlichen Worte, die ſie ihr entgegengekreiſcht. Holtei Ob.
1, 254; Dem Herrſcher | kreiſcht’ er hell entgegen mit Schmä-
hungen. V. Jl. 2, 222; Entgegen kriſch es mir, das Huhn.
Werner Febr. 98 ꝛc. Er-: 1) intr.: kreiſchend erſchal-
len: Die Klage, die darob erkreiſcht. Rückert 6, 85. 2) tr.:
kreiſchend errufen; durch Kreiſchen erhalten ꝛc. Hêr-,
Hín- ꝛc.: Die Krähen kreiſchen.. das Regenwetter her. Clau-
dius 5, 4; In die melodiſchen Töne kreiſchte eine pfeifende Säge
hinein. Tieck N. 7, 170. Lōs-: ſ. [1d]. Nāch-:
Als ſie die Worte aus der Alten Munde ſich nachgekreiſcht
hörte. Gutzkow R. 4, 143, hinter ſich her gekreiſcht,
ſonſt auch: mit kreiſchendem Ton nachahmen ꝛc.
Über-: Das verworrene Geſchnatter, von dem durchdrin-
genden Schrei eines Papageis überkreiſcht. Eichendorff Lärm
15. Um-: [Adler], der das Dach umkreiſcht. Freiligrath
2, 264; Wie euch .. der Grillen Rabenheer umkreiſcht.
Langbein 2, 282; Daß der Rabe die Wohnung umkreiſe und
umkreiſche. Rückert Mak. 1, 208 ꝛc.