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krank
Kránk, a. kränk(e)ſt: 1) Ggſtz. von geſund (ſ. d.),
durch etwas innerlich auf den Organismus Einwirken-
des aus dem Zuſtand die Geſundheit, d. h. des unge-
ſtörten und richtigen Vonſtattengehns der zum Leben
gehörigen Verrichtungen heraus gebracht, vgl.:
nicht geſund, nicht im Zuſtand der Geſundheit, ſei es,
daß dieſe nur vorübergehend geſtört ſei oder daß wie
bei „ungeſund“ ein den ganzen Organismus dauernd
durchdringender Mangel an Geſundheit bez. wird.
Krankheit dagegen bez. nicht bloß den Mangel der Ge-
ſundheit, ſondern ihr poſitives Gegentheil und ſo denkt
man bei k. gw. an ein beſtimmt hervortretendes, den
Organismus innerlich ergreifendes Übel, ſ. auch kränk-
lich und ſiech: Ich bin geſund, Das heißt [vielmehr]ich bin
nicht k. G. 13, 164; Selbſt bin ich doch eben auch nicht k., ſon-
dern bloß nicht geſund. L. 12, 540; Nein, ſo k. bin ich nicht
und doch nicht wohl, doch ſolch verwöhnter Städter nicht, der
glaubt, | zu ſterben, eh er krankt. Tieck Cymb. 4, 2 ꝛc. All
die genannten Ausdrücke beziehn ſich übrigens, wie an-
gedeutet, gw. nicht auf äußre Gebrechen und Fehler od.
Verletzungen: Ein Lahmer, Blinder, Tauber, ein Ver-
wundeter ꝛc. heißen als Solche gw. nicht krank, vgl.:
Den Arzt, der .. | dem K–en Heil, dem Wunden Lindrung
ſchafft. G. 12, 116, dagegen ugw.: Er ſchob gelinde|
ihn vom Verſteck zurück des armen K–en [ſt. Verwundeten].
Chamiſſo 4, 126 ꝛc., ſ. (2). Wohl aber heißt ein Ver-
wundeter k., inſofern er in Folge der Verwundung
vom Wundfieber ergriffen iſt ꝛc. a) K. ſteht von
allem Organiſchen, z. B.: K–e Pflanzen, Bäume; K–e
Kartoffeln, Trauben ꝛc.; übrtr.: Daß ich den k–en Stamm
mit reinem Zweig veredle. Sch. 455b ꝛc.; K–e Thiere,
Pferde, Rinder, Hunde; K. wie ein Huhn (ſ. d.) ꝛc.; am
gewöhnlichſten aber von Menſchen: K. ſein, werden, da-
nieder liegen; Leicht, ſchwer, ſeltner: ſchwerlich (Stiling 3,
110) k. ſein; ſelten: Mir iſt nicht k. (vgl. unwohl).
Kühne Char. 1, 20; Sich k. ſtellen; thun, als ob man k.
ſei; Sich k. arbeiten (Prutz Muſik. 2, 183), durch Über-
arbeiten ſich k. machen; Sich k. lachen (ſ. d.) ꝛc. b) auch
in Bezug auf einzelne Glieder und Organe: Den k–en
Zahn ausziehn; Das k–e Auge vor dem Licht ſchirmen;
Seine Lunge iſt geſund, aber die Leber iſt k. ꝛc. c) von
dem Körperl. bei Perſ. auch übrtr. auf das Geiſtige:
geſtörten Geiſtes, irre, geiſtes-k. (ſ. d.) ꝛc.: Eine k–e
Phantaſie; Weiſ’ und Thor? Sinnleere Namen! | nur K–e
(ſ. f) giebt’s, ich kenne keine Thoren. Chamiſſo 4, 186 ꝛc.
d) ferner übrtr. auf das Herz, inſofern es v. etwas
Schmerzlichem tief ergriffen, leidet: Wann wird das k–e
Herz geſunden?; Die k–e Seele ꝛc. e) mit abhäng.
Präp., z. B.: K. vor Ärger, Aufregung, vor [,,für“
Hohel. 2, 5; H. Rel. 7, 18] Liebe, vor Sehnſucht ꝛc.;
Er iſt k. von (oder in Folge) der Anſtrengung, vom Faſten,
Hunger ꝛc., ſ. u.; nam. aber m. „an“, ſowohl zur
Angabe des leidenden Theils als auch des Übels, woran
man leidet; in beiden Fällen verſchmilzt in der Regel
dies „an“ mit dem männl. und ſächl. beſt. Artik. d.
Ez. zu „am“, vgl.: K. an der Leber, an der Lunge,
Bruſt, an der Seele, an den Augen ꝛc., am [gw. nicht:
an dem] Geiſt, Körper (Göckingk 2, 7), Herzen (G. 1, 159)
ꝛc. K. an der Auszehrung, Schwindſucht, Peſt, Gicht ꝛc.,
an den Maſern, Rötheln ꝛc., am [gw. nicht: an dem]
Fieber, am Nerven-, Gallenfieber, am Podagra ꝛc.; dagegen
m. unbeſt. Artik.: K. an einem bösartigen Übel, an einem
hartnäckigen Fieber ꝛc.; Jch an Röthlein k. danieder lag.
Gotter (G. 6, 68); Der k. lag an der zehrenden Seuche.
Pfeffel Pr. 2, 94 ꝛc., ſeltner: Leicht k. von den Maſern.
Chamiſo 5, 77 ꝛc. Ubrtr.: Ob Einer k. | an Freude oder
Unmuth iſt, an Furcht, | ſein Alles zu verlieren oder an Ver-
langen | nach dem geträumten Gut, was liegt daran? ꝛc.
W. HB. 1, 109; K. am Beutel, an Geldnoth leidend
ꝛc., Jch bin, Schatz, [ſehnſuchts-] k. nach dir. Fleming;
ſ. Zſſtzg. f) ſubſtant. von Perſ.: Der, die K–e, vgl.
Patient: Der Arzt beſucht ſeine K–en; Entſtellt wie ein
ſchwindſüchtiger K–e. VWeber 2, 275, häufiger: ein
Schwindſüchtiger ꝛc., ſ. Zſſtzg. g) zuw. metonym.:
aus Krankheit hervorgehend, davon zeugend, ſ. krank-
haft: Die k–e Luſt, welche beſonders die Deutſchen haben,
ſich freiwillig einzupferchen. Börne 2, 49; Durch der guten
Mutter k–en Wahn. G. 1, 190 ꝛc., ſ. h. h) zuw.
noch (ſ. Anm.) = ſchwach, auch von Sachen ꝛc., doch
gew. nur noch dichter.: Rief mit matter, k–er Stimm’ ihn
an. B. 166 [mit der Stimme eines K–en]; K–es Roth
noch tief im Weſten dämmernd. Koſegarten; Ein matter,
k–er Strahl. Tiedge; Verirret ſich das k–e [lecke] Schiff und
ſcheitert. Utz (bei Campe), vgl. erkranken und: Das iſt nun
nicht mehr ſolch k–s Hühnchen wie früher, Das iſt nun ein
ganz ſtarker großer Mann geworden. Prutz Muſ. 1, 53.
2) weidm.: Schieße ich denn ein Thier weidewund, ſo
laſſe ich es etwas gehen, daß es k. werde (den Schuß mehr
empfinde), nehme den Hund ꝛc. Döbel 1, 107b; K., ver-
wundet Wild. Laube Brev. 270., ſ. Anm.
Anm. Mhd. kranc, ſchwach, ſchmächtig ꝛc., ſo noch
(ſ. 1 h u. 2) im ältern Nhd. und mundartl., ſ. Schm. und
L. 8, 275 ꝛc. und z. B.: Je leichter, kränker und magerer
die Kornfrucht iſt. Ryff Sp. 54b; 90a ꝛc., vgl. Rahn.
Selten der Komparat.: Jch bin kranker als ich war. Zelter
5, 94. Dazu außer den nachfolg. Wörtern: Ich habe den
Winter verkrunkſt. 4, 11 [verkränkelt, durchgekränkelt];
Geſeuchet, gekrunkt. nach der Herrſchaft. Luther 7, 224
(ſ. krächzen, Anm.); Das Stündlin, nach dem ſie ſich über
24 Jahr zu ſchret und zu krunkt [zerkrunkt, ſich abgemüht und
abgemattet] haben. 8, 250b.
Zſſtzg. vielfach (vgl. nam. 1 e), leicht zu mehren
nach den folgenden: Aūgen- [1 e und f]: an den
Augen leidend und ſo analog viele Zſſtzg.: Manchen
A–en. G. 40, 53. Bāūern-: krank wie ein Bauer,
derbe Heilmittel erfordernd: Solche Hausmittel auszu-
bieten, als ob wir krank wären und ſo recht b.! Laube DW.
5, XV. Bēūtel- [1e]: an Geldnoth leidend.
Brúſt-: ſ. augen-k. Eīſen-: E–es Schiff, deſſen
Eiſen vom Roſt gelitten hat und losgeht. Em-
pfíndungs- [1 du. g]: von kranker od. krankhafter
Empfindung beherrſcht: Wo Manche hier | e. | als Opfer-
thier | der Dichtkunſt ſank. Thümmel 8, 73. Fāūl-:
an der Faulkrankheit (ſ. d.) leidend, nam. ſcherzh. v.
einem aus Faulheit ſich krank Stellenden. Fīēber-
[1e u. f]: vom Fieber (u. ſo analog v. andern Krank-
heiten) ergriffen und daran leidend: Irr-Reden einer
F–en. W. 21, 218 ꝛc. Gállen-: ſ. augen-k.
Gēīſtes- [1 c u. f]: Heilanſtalt für G–e ꝛc., milder
als wahnſinnig, verrückt ꝛc., ſ. hirn-k. Ge-
müths-: geiſtes-k., inſofern das Gemüth von tiefer
Hypochondrie ergriffen iſt. Gícht-: ſ. fieber-k.
Tiec N. Kr. 2, 2, vgl. gichtbrüchig. Háls-: ſ.
augen-k. Hēīmweh-: vgl. fieber-k. Gutzkow R. 3,
92, zuw. auch: heim-k. Campe. Hérz(ens) [1 d].
Hírn-: (ſ. augen-k.) geiſtes-k.: H–e Narren. Gentz
1, 253; HKleiſt Hint. XI; Denkſt du ſo h. drüber nach.
Tieck Makb. 2, 1, vgl. hirnbrütend. Jámmer-,
Kúmmer- (Rückert Morg. 1, 209): [1d u. e] vor Jam-
mer ꝛc. krank. Lánd-: (ſcherzh.): Ich bin l., wie man
ſee-k. [ſ. d.] iſt u. fühle beſtimmt das Bedürfnis, eine Zeitlang
aus dem Baierlande ganz herauszuſein. Reinhard G. 128.
Līēbe- (G. 1, 192; 13, 100 ꝛc.), Līēbes- (W. 11,
235 ꝛc.): [1 d; e] krank vor Liebe. Mílz-: ſ.
augen-k. und Milzſucht: Dieſen halbverrückten | m–en
Menſchen. W. Att. 2, 2, 145. Māſer- (G. 15, 287),
Péſt- (26, 217), Rótz- (von Pferden, Gutzkow Zaubr.
2, 202), Rūhr-: ſ. fieber-k. Schálk- (Rolen-
hagen Fr. 87), Schēīn-: ſich krank ſtellend. Sēē-:
von der Seekrankheit (ſ. d.) auch (bei Seemännern)
von der Sehnſucht nach der See ergriffen, ſ. land-k.
Sēēlen- [1 d u. e]: S–e, erbärmliche und nieder-
gedrückte Männer. Klinger Teutſch. 51; Dieſe armen ſeele-
kranken Menſchen. WHumboldt 3, 125. Sêhnſuchts-:
krank vor Sehnſucht. Sónnen-: krank durch die
Sonne, z. B.: Lichtſcheues Nachteulengeſchlecht flieht ſ.|
deine Scheibe, roſiger Tag. Platen 2, 254; krank vom
Sonnenſtich ꝛc. Sórgen-: ſ. kummer-k. Heine Lied
303. Stāār-: ſ. fieber-k.: Operierte St–e. G. 37,
49. Tōd-: krank, ſo daß man dem Tode nahe iſt.
Tóll-: an Tollheit, an der Tollwuth krank: Einen
t–en Fuchs. Tſchudi Th. 424. Wāhn-: geiſtes-k.,
irre, gelinder als „wahnſinnig.“ Tieck NKr. 4, 352.
Wúrm-: am Würmern leidend. G. 37, 50 ꝛc.