Faksimile 1021 | Seite 1013
Faksimile 1021 | Seite 1013
Faksimile 1021 | Seite 1013
krank
Kránk, a. kränk(e)st:
1) Ggstz. von gesund (s. d.), durch etwas innerlich auf den Organismus Einwirkendes aus dem Zustand die Gesundheit, d. h. des ungestörten und richtigen Vonstattengehns der zum Leben gehörigen Verrichtungen heraus gebracht, vgl.: nicht gesund, nicht im Zustand der Gesundheit, sei es, daß diese nur vorübergehend gestört sei oder daß wie bei „ungesund“ ein den ganzen Organismus dauernd durchdringender Mangel an Gesundheit bez. wird. Krankheit dagegen bez. nicht bloß den Mangel der Gesundheit, sondern ihr positives Gegentheil und so denkt man bei k. gw. an ein bestimmt hervortretendes, den Organismus innerlich ergreifendes Übel, s. auch kränklich und siech: Ich bin gesund, Das heißt [vielmehr]ich bin nicht k. G. 13, 164; Selbst bin ich doch eben auch nicht k., sondern bloß nicht gesund. L. 12, 540; Nein, so k. bin ich nicht und doch nicht wohl, doch solch verwöhnter Städter nicht, der glaubt, | zu sterben, eh er krankt. Tieck Cymb. 4, 2 etc. All die genannten Ausdrücke beziehn sich übrigens, wie angedeutet, gw. nicht auf äußre Gebrechen und Fehler od. Verletzungen: Ein Lahmer, Blinder, Tauber, ein Verwundeter etc. heißen als Solche gw. nicht krank, vgl.: Den Arzt, der .. | dem K–en Heil, dem Wunden Lindrung schafft. G. 12, 116, dagegen ugw.: Er schob gelinde| ihn vom Versteck zurück des armen K–en [st. Verwundeten]. Chamisso 4, 126 etc., s. (2). Wohl aber heißt ein Verwundeter k., insofern er in Folge der Verwundung vom Wundfieber ergriffen ist etc.
a) K. steht von allem Organischen, z. B.: K–e Pflanzen, Bäume; K–e Kartoffeln, Trauben etc.; übrtr.: Daß ich den k–en Stamm mit reinem Zweig veredle. Sch. 455b etc.; K–e Thiere, Pferde, Rinder, Hunde; K. wie ein Huhn (s. d.) etc.; am gewöhnlichsten aber von Menschen: K. sein, werden, danieder liegen; Leicht, schwer, seltner: schwerlich (Stiling 3, 110) k. sein; selten: Mir ist nicht k. (vgl. unwohl). Kühne Char. 1, 20; Sich k. stellen; thun, als ob man k. sei; Sich k. arbeiten (Prutz Musik. 2, 183), durch Über- arbeiten sich k. machen; Sich k. lachen (s. d.) etc.
b) auch in Bezug auf einzelne Glieder und Organe: Den k–en Zahn ausziehn; Das k–e Auge vor dem Licht schirmen; Seine Lunge ist gesund, aber die Leber ist k. etc.
c) von dem Körperl. bei Pers. auch übrtr. auf das Geistige: gestörten Geistes, irre, geistes-k. (s. d.) etc.: Eine k–e Phantasie; Weis’ und Thor? Sinnleere Namen! | nur K–e (s. f) giebt’s, ich kenne keine Thoren. Chamisso 4, 186 etc.
d) ferner übrtr. auf das Herz, insofern es v. etwas Schmerzlichem tief ergriffen, leidet: Wann wird das k–e Herz gesunden?; Die k–e Seele etc.
e) mit abhäng. Präp., z. B.: K. vor Ärger, Aufregung, vor [,,für“ Hohel. 2, 5; H. Rel. 7, 18] Liebe, vor Sehnsucht etc.; Er ist k. von (oder in Folge) der Anstrengung, vom Fasten, Hunger etc., s. u.; nam. aber m. „an“, sowohl zur Angabe des leidenden Theils als auch des Übels, woran man leidet; in beiden Fällen verschmilzt in der Regel dies „an“ mit dem männl. und sächl. best. Artik. d. Ez. zu „am“, vgl.: K. an der Leber, an der Lunge, Brust, an der Seele, an den Augen etc., am [gw. nicht: an dem] Geist, Körper (Göckingk 2, 7), Herzen (G. 1, 159) etc. K. an der Auszehrung, Schwindsucht, Pest, Gicht etc., an den Masern, Rötheln etc., am [gw. nicht: an dem] Fieber, am Nerven-, Gallenfieber, am Podagra etc.; dagegen m. unbest. Artik.: K. an einem bösartigen Übel, an einem hartnäckigen Fieber etc.; Jch an Röthlein k. danieder lag. Gotter (G. 6, 68); Der k. lag an der zehrenden Seuche. Pfeffel Pr. 2, 94 etc., seltner: Leicht k. von den Masern. Chamiso 5, 77 etc. Ubrtr.: Ob Einer k. | an Freude oder Unmuth ist, an Furcht, | sein Alles zu verlieren oder an Verlangen | nach dem geträumten Gut, was liegt daran? etc. W. HB. 1, 109; K. am Beutel, an Geldnoth leidend etc., Jch bin, Schatz, [sehnsuchts-] k. nach dir. Fleming; s. Zsstzg.
f) substant. von Pers.: Der, die K–e, vgl. Patient: Der Arzt besucht seine K–en; Entstellt wie ein schwindsüchtiger K–e. VWeber 2, 275, häufiger: ein Schwindsüchtiger etc., s. Zsstzg.
g) zuw. metonym.: aus Krankheit hervorgehend, davon zeugend, s. krankhaft: Die k–e Lust, welche besonders die Deutschen haben, sich freiwillig einzupferchen. Börne 2, 49; Durch der guten Mutter k–en Wahn. G. 1, 190 etc., s. h.
h) zuw. noch (s. Anm.) = schwach, auch von Sachen etc., doch gew. nur noch dichter.: Rief mit matter, k–er Stimm’ ihn an. B. 166 [mit der Stimme eines K–en]; K–es Roth noch tief im Westen dämmernd. Kosegarten; Ein matter, k–er Strahl. Tiedge; Verirret sich das k–e [lecke] Schiff und scheitert. Utz (bei Campe), vgl. erkranken und: Das ist nun nicht mehr solch k–s Hühnchen wie früher, Das ist nun ein ganz starker großer Mann geworden. Prutz Mus. 1, 53.
2) weidm.: Schieße ich denn ein Thier weidewund, so lasse ich es etwas gehen, daß es k. werde (den Schuß mehr empfinde), nehme den Hund etc. Döbel 1, 107b; K., verwundet Wild. Laube Brev. 270., s. Anm.
Anm. Mhd. kranc, schwach, schmächtig etc., so noch (s. 1 h u. 2) im ältern Nhd. und mundartl., s. Schm. und L. 8, 275 etc. und z. B.: Je leichter, kränker und magerer die Kornfrucht ist. Ryff Sp. 54b; 90a etc., vgl. Rahn. Selten der Komparat.: Jch bin kranker als ich war. Zelter 5, 94. Dazu außer den nachfolg. Wörtern: Ich habe den Winter verkrunkst. 4, 11 [verkränkelt, durchgekränkelt]; Geseuchet, gekrunkt. nach der Herrschaft. Luther 7, 224 (s. krächzen, Anm.); Das Stündlin, nach dem sie sich über 24 Jahr zu schret und zu krunkt [zerkrunkt, sich abgemüht und abgemattet] haben. 8, 250b.
Zsstzg. vielfach (vgl. nam. 1 e), leicht zu mehren nach den folgenden: Aūgen- [1 e und f]: an den Augen leidend und so analog viele Zsstzg.: Manchen A–en. G. 40, 53.
Bāūern-: krank wie ein Bauer, derbe Heilmittel erfordernd: Solche Hausmittel auszubieten, als ob wir krank wären und so recht b.! Laube DW. 5, XV. Bēūtel- [1e]: an Geldnoth leidend.
Brúst-: s. augen-k.
Eīsen-: E–es Schiff, dessen Eisen vom Rost gelitten hat und losgeht. Em- pfíndungs- [1 du. g]: von kranker od. krankhafter Empfindung beherrscht: Wo Manche hier | e. | als Opferthier | der Dichtkunst sank. Thümmel 8, 73.
Fāūl-: an der Faulkrankheit (s. d.) leidend, nam. scherzh. v. einem aus Faulheit sich krank Stellenden. Fīēber- [1e u. f]: vom Fieber (u. so analog v. andern Krankheiten) ergriffen und daran leidend: Irr-Reden einer F–en. W. 21, 218 etc.
Gállen-: s. augen-k. Gēīstes- [1 c u. f]: Heilanstalt für G–e etc., milder als wahnsinnig, verrückt etc., s. hirn-k.
Gemüths-: geistes-k., insofern das Gemüth von tiefer Hypochondrie ergriffen ist.
Gícht-: s. fieber-k. Tiec N. Kr. 2, 2, vgl. gichtbrüchig.
Háls-: s. augen-k.
Hēīmweh-: vgl. fieber-k. Gutzkow R. 3, 92, zuw. auch: heim-k. Campe. Hérz(ens) [1 d].
Hírn-: (s. augen-k.) geistes-k.: H–e Narren. Gentz 1, 253; HKleist Hint. XI; Denkst du so h. drüber nach. Tieck Makb. 2, 1, vgl. hirnbrütend. Jámmer-, Kúmmer- (Rückert Morg. 1, 209): [1d u. e] vor Jammer etc. krank.
Lánd-: (scherzh.): Ich bin l., wie man see-k. [s. d.] ist u. fühle bestimmt das Bedürfnis, eine Zeitlang aus dem Baierlande ganz herauszusein. Reinhard G. 128. Līēbe- (G. 1, 192; 13, 100 etc.), Līēbes- (W. 11, 235 etc.): [1 d; e] krank vor Liebe.
Mílz-: s. augen-k. und Milzsucht: Diesen halbverrückten | m–en Menschen. W. Att. 2, 2, 145. Māser- (G. 15, 287), Pést- (26, 217), Rótz- (von Pferden, Gutzkow Zaubr. 2, 202), Rūhr-: s. fieber-k. Schálk- (Rolenhagen Fr. 87), Schēīn-: sich krank stellend.
Sēē-: von der Seekrankheit (s. d.) auch (bei Seemännern) von der Sehnsucht nach der See ergriffen, s. land-k. Sēēlen- [1 d u. e]: S–e, erbärmliche und niedergedrückte Männer. Klinger Teutsch. 51; Diese armen seelekranken Menschen. WHumboldt 3, 125.
Sêhnsuchts-: krank vor Sehnsucht.
Sónnen-: krank durch die Sonne, z. B.: Lichtscheues Nachteulengeschlecht flieht s.| deine Scheibe, rosiger Tag. Platen 2, 254; krank vom Sonnenstich etc.
Sórgen-: s. kummer-k. Heine Lied 303.
Stāār-: s. fieber-k.: Operierte St–e. G. 37, 49.
Tōd-: krank, so daß man dem Tode nahe ist.
Tóll-: an Tollheit, an der Tollwuth krank: Einen t–en Fuchs. Tschudi Th. 424.
Wāhn-: geistes-k., irre, gelinder als „wahnsinnig.“ Tieck NKr. 4, 352.
Wúrm-: am Würmern leidend. G. 37, 50 etc.