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Kralle
Králle, f.; –n; Krällchen; –n-: 1) vorragender,
hakenförmiger Nagel an der Klaue (ſ. d.) eines Raub-
thiers ꝛc., z. B. weidm. nam. vom Luchs (Döbel 1,
34b, außerdem von wilden Katzen und Raubvögeln.
Laube Brev. 270) und Klaue mit ſolchen Nägeln, auch
von Perſonif.: Die Katzen haben einziehbare K–n; Der
Jammer ... griff mir mit ſcharfen K–n in die Seele. Arnim
336; Einen Richter giebt’s, der Rache ſchafft, | Gewiſſen
heißet, der die ſcharfen K–n | ins Herz mir eingeriſſen.
Chamiſſo 4, 122; Man urtheile aus den K–n, welche die
geiſtliche Tyrannei in einem ihrer grimmigſten ... Tiger
bereits zu entblößen wagt. L. 10, 188; Viel Kloſter-
brüder ſieht man wallen | mit Teſtamenten in den K–n.
Platen 3, 13; Laß mich nicht fallen | in Feindes-K–n.
Rückert Mak. 1, 95; Dort oben ſitzt ein Aar, aus deſſen
K–n ſteigt | die Fahn’ empor, in der der Sonne Bild ſich
zeigt. Roſt. 75a; Den Geier-K–n ſoll die goldne Sonn’
entfallen. 83b; Regensburg iſt in des Feindes K–n. Sch.
324b; Mit langen knöchernen Händen, deren K–n die Welt
zu umgreifen ſchienen. Sealsfield Leg. 1, 243; Füße, welche
in ſcharfe Haken-K–n verwandelt ſind. Vogt Oc. 2, 103 ꝛc.
2) ſ. Koralle. 3) (mundartl.) K. oder Gralle
(mhd. grello), Zwieſel, Stelle, wo die Aſte ſich theilen.
Anm. Das Hw. (1) im Ahd. und Mhd. noch nicht nach-
gewieſen, doch das Zeitw. chrellan, krällan. Vrwdt. mit
Kräuel (ſ. d.), ahd. chrawil ꝛc., mhd. krewel, das, zu krauen,
ahd. chrouwon, mhd. krouwen ꝛc. gehörend, bei dem zuw.
vorkommenden Wechſel von „kr“ und „kl“, mit Klaue (ſ. d.)
zuſammenhängen kann. Mundartl. Gralle. Reichart Gart.
6, 167 ꝛc.
Zſſtzg. ſ. o., und vgl. die von Klaue.