Faksimile 1018 | Seite 1010
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krähen
Krǟhen, intr. (haben): mit hellgellender Stimme
laut werden und dann auch zuw. tr. ſowohl: Etwas
ſo verkünden, als auch mit Angabe der Wirkung (auch
refl.): 1) von beſt. Thieren, nam. vom Hahn: ſein
Kikriki (ſ. d.) erſchallen laſſen: Der Hahn kräht, und
ſprchw.: Danach kräht kein Hahn (ſ. d. 1), nicht Hahn
noch Huhn, nicht Hund noch Hahn ꝛc.; Ha, welch ein ſüßer
Schlaf! ihn muß der Hahn nicht ſtören! | .. Jetzo kräht er
dich | in Ewigkeit nicht wach. Alxinger D. 359; Noch ehe
die Hähne das Morgenlied krähn. B. 33b; Dreimal kräh-
ten die Hähne die ſchon hell werdende Dämmrung. V.
Th. 24, 63; Wenn früh des Dorfes Wecker | aus leichtem
Schlaf uns kräht. Gd. 3, 116 ꝛc. Auch manche Hühner
k., vgl.: Ihre Zoten ſeien nur wie die Krankheit der Hühner,
wenn ſie anfangen zu k., ohne gleichwohl durch ſolche Stimm-
übungen jemals die rechte Hahnenhaftigkeit zu erringen. Im-
mermann M. 1, 222, u. ſprchw.: Dem Huhn, das kräht, |
den Hals gedreht! [Frauen ſollen ſich nicht wie Männer
haben; Mulier taceat in ecclesia! ꝛc.]. Ferner vom
Pfau: Dein mir ſonſt ekles Krähn. Pfeffel Pr. 3, 27; von
Kranichen. Sch. 58a; von Krähen (ſ. mit-k.). Vom
Eſel: Daß juſt Silen’s Grauſchimmel drein gekrähet. W.
3, 165 ꝛc. In der Verbind. jedoch (ſ. o.): „Es kräht
nicht Hund oder Hahn danach“, iſt k. wohl kaum = bellen,
ſondern eher ein Zeugma oder ,,Hund“ als verderbte
Ausſpr. ſt. „Huhn“ anzunehmen. 2) von Perſ.:
ſich mit gellender, kreiſchender Stimme vernehmen laſ-
ſen: a) mit Bezug auf die Stimme des Hahns ꝛc. (ſ.
d. und 1): Da lobe ich mir unſere Brüder in der Autor-
ſchaft, die fein k., ehe noch das Ei reif iſt. Forſter Br. 2, 163
(Heyne); Die Furcht des [galliſchen] Hahnen .. | ward heuer
allgemein; | man bebt vor einem dreiſten K. Freiligrath 2,
184; Was dieſe franzöſiſchen Hähne [die Emigrierten] ge-
kräht haben. König Kl. 2, 173; Voltaire, der alte Hahn, der
zuerſt Revolution gekräht. Mundt Rob. 2, 117 ꝛc. b) aber
auch ohne ſolchen Bezug: „Da haben wir’s!“ .. kräht
hier ein Schwarm | ehrwürdiger Matronen. Falk Menſch71;
Was krähſt du mir und thuſt ſo groß? G. 2, 231; Jetzt haſt
du gut k. [das laute, große Wort haben]. Gotthelf G.
222; Die Weiber krähten [ſchrien durch einander]. Kinkel
E. 181; Uns viel Schnack ins Angeſicht krähn. Langbein 1,
81; Mit mächtigem Trillern einen Hämmling hört’ ich
krähn [Sopran ſingen]. Prutz Woch. 64; Leute, die über
dieſe beſtallten Narren ſo vor Freude k. Schlegel Sh. 2, 180;
Er hat Gott geläſtert, krähte die alte Bertilia. Thümmel 3,
22; Schiebt Ihr’s auf das Kirmesbier, | daß ich ſo vor
Freuden krähe? V. 3, 96; Tanzlieder k. Sh. 2, 481; Gleich
drauf hört’ ich ein Lied an Doris leiern, | von Lauren kräht
man hier. Weſt Dian. 3, 3; Fängt unſer Held ſehr kläglich
an zu k. [kreiſchen, jammern]. W. 3, 46; [Apoll] fährt
zürnend auf und kräht [ſchreit]. 169; 21, 172; 27, 409.
Dazu: Sie prahlten fort. . . | Mein Ohr erlag dem Schrei
ſo vieler Kräher. Thümmel 7, 25.
Anm. Ahd. chrâjan, chrâhan, mhd. kraejen, plattd.
kreigen (ſ. Brem. Wörterb. und Schütze; Murner Ul. 91 ꝛc.),
wohl Tonw., wie „kreiſchen“ (ſ. d.), vgl. frz. crier, ſchreien,
it. gridare (ſ. Diez 182), wie auch deutſch zuw. mit „gr“
als Anl.: Du gräh und ſchwatze dann! Streckfuß Rol. 4, 34.
Zſſtzg. wie bei allen ſolchen Tonw., vgl. bellen,
z. B.: Wenn ein kluger Mann auf einmal das liebe Vieh ..
in ſeiner Sprache anredete, wenn er .. den Hahn ankrähte.
Steffens Malk. 1, 346; Gaffend zu ſtehen, | uns an-zu-k. G.
12, 27 ꝛc.; [Der Hahn] krähete . . den goldnen Morgen an.
Schubart 3, 224; Rückert 6, 209; W. 11, 263; Herr Gries
kräht, wie ein Gockelhahn, | die Thaten, die er thun will, an.
11, 64 ꝛc., kündet k–d an. Laut auf-k. ꝛc.; Jedoch
krähte der Ruf von einem halben Dutzend Hähnen mich einige
Male auf. Arndt E. 67; Du vertrakter Hahn! ... Mich
aus dem angenehmſten Traume ... aufzukrähen! W. Luc. 1,
105. Da krähet | aus der Hahn den nahen Morgen.
Gd. 416; Muſäus M. 2, 117; Tieck NKr. 4, 156 ꝛc.,
er verkündet den erſchienenen, wie „an-k.“ den
nahenden; Der Hofhund | bellte ſie, krähte der Henne
Mann aus. Kl. Od. 2, 240, höhnt ſie k–d aus: Hinten
im Buch iſt ein Hahn, der kann krähen; wenn ich die Woche
fleißig gelernt habe, kräht er mir Sonntags einen Pfennig
aus. Freytag DW. 310, ſein Krähen bringt ihn mir ꝛc.
Eh noch der Hahn den Tag bekräht. HvKleiſt Hint. 223,
ſ. aus-k. Schnell kräht uns der Illuminat | die Sonn’
empor, um aufzuklären. V. 4, 166. Kein wachhalten-
der Vogel mit purpurkammigem Antlitz | kräht die Aurora
herauf. Ov. 2, 232. Wenn nicht ein Schulknabe das
„Vom Himmel hoch ꝛc.“ .. aus einem Winkel .. hervor-
gekräht hätte. Gutzkow Bl. 1, 1, 191; Als der Hahn Freude
in das Dorf hineinkrähte. L. 13, 11 (Mendelsſohn).
Mit-zu-k., wenn die Krähe krächzte. Glaßbrenner Verk. 4.
Es um-k. ja rings mit Haß ihn unzählige Dohlen. Droyſen
A. 2, 400. Die Muſen k. uns in fremden rauhen Tönen |
kamſchatkiſche Geſänge vor. W. 3, 189; Und käme die Phi-
loſophie | in eigner Perſon, mir vor-zu-k., | ich hätte Nichts
gehört. 11, 19; Mir ahndete ſo ’was. . . Aber ich haſſe das
Vor-K. [Vorherſagen]. Merck 2, 67 ꝛc. Wie die Hähne
ſich den Morgengruß zu-k. u. ä. m.