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kosten
III. Kósten, tr.:
prüfend schmecken (s. d.) oder schmeckend prüfen: Wie die Zunge das Wildpret kostet, also merkt ein verständig Herz die falschen Wort. Sir. 37, 2; Der Speisemeister kostete den Wein. Joh. 2, 9; Die Jugend verschlingt nur . ., | ich kost’ undich schmecke beim Essen. G. 1, 101 etc. 2) (s. 1) ein Wenig von einer Sache genießen, essen etc., auch m. „,von“ oder Genit. st. des Obj.: Wie wacker sind meine Augen geworden, daß ich ein Wenig dieses Honiges genossen habe. 1. Sam. 14, 29; 2, 3, 35; Laß mich k. dieses rothe Gericht. 1. Mos. 25, 30; Kost’ ich schon der Götter Mahle? (s. 3.) B. 28b; Wir haben vom Baum des Erkenntnisses gekostet. Börne 2, 257; Ob auch wir der französischen Küche k. werden. Chamisso 5, 104; Koste seines Linsengerichts nicht mehr. Fichte 6, 161; Niobe . . | kostete die Frucht der Ähren | und bezwang das Schmerzgefühl. Sch. 54a; Sie kostete seines Weines. Schwab 490; Jetzo kostet der Speis’ und freuet euch. V. Od. 4, 60; Da er mir hinreichte bisher ungekostete Kutteln. H. 2, 200 etc. 3) übertr. zu 1 und 2 auf andern Genuß, als den der Zunge, schmecken (s. d.), genießen etc. auch in Bezug auf Unangenehmes: schmecken oder erfahren, wie es thut: Die Ruthe; die Peitsche (W. 34, 295) k. etc.; Wir gingen in leckerhafter Kunstgenießerei bei allen Nationalitäten zu k. Auerbach SchV. 80; Sie müssen dort auch unsern Muth erfahren | und k. unsern Stahl und unsre Bande. Chamisso 4, 80; Daß Lessing hier wirklich bereits die freie Wonne des reinen Wissens ohne theologischen Hinterhaltsgedanken kostet. Danzel 26; Bei ihrer Neigung [zum Theater] war ihnen das Mittelmäßige nicht unerträglich und der herrliche Genuß, mit dem sie das Gute vor und nach kosteten, war über allen Ausdruck. G. 17, 37; Von Allem mußte geschöpft, Alles, wenn es auch nicht zu erschöpfen war, oberflächlich gekostet werden. 39, 321; Wir kosteten mit stolzem Zahn [s. d. und herum-k.] von der Halle Tanz. Kl. Od. 1, 265; Waldungen, wo ich nach Herzenslust den wilden Athem der Natur kostete. Mörike N. 301; Wie nahm er es [das Gift]? Wer kostete vor ihm? [s. vor-k. 2]. Schlegel Joh. 5, 6; Siehe, des Pfeiles zuerst war ihm zu k. beschieden. V. Od. 21, 98 etc. 4) dazu: Der feinere Koster [des Weines]. V. 1, 39 etc., vgl. Schmecker u. Fortbild.
Anm. S. kiesen, Anm. u. Kost I.
Zsstzg. z. B.: Āūs-:
1) kostend, schmeckend auswählen: Milesische Märchen aufzusuchen und nach dem lüsternen Gaumen seiner Gebieterin auszukosten. Böttger Sab. 298; Bei dem a–den Kenner. Engel 7, 204 etc.
2) ganz aus bis zu Ende kosten oder genießen, dem frz. savourer entsprechend, vgl. fressen, Anm.: Beide haben sich geistig ganz ausgekostet. Duller Gr. 73; G. 4, 292; Jeder ganz ausgekostete Schmerz hinterlasse eine so volle süße Sättigung des Gemüthes. Gutzkow R. 7, 395; Die Bauern lieben es, die letzten Augenblicke einer Festesfreude besonders gierig auszukosten. Immermann M. 4, 31; Körner 130a; Den Abend im Freien auszukosten. Lewald W. 2, 372; 4, 18; Musäus Ph. 2, 184 etc. Auch vgl. ausessen = büßen: Beging er Fehler, so hat er, wie der tragische Held, diese auszukosten. H. 18, 56. I. Dúrch-: s. aus-k. (2), von Anfang bis zu Ende kostend durchgehen: Reisende sollten den Zauber jedes Standpunktes und jeder Entfernung d. Kohl A. 3, 357; Daß ich trotzdem alle Bitterk. meiner Lage schonungslos habe d. müssen. Schücking Gs. Erz. 3, 106; Die Sammlung wieder durchzukosten. Zelter 5, 417 etc. s. II. Durch-: zuw. st. I., z. B.: Den Wein vorher gründlichst durchkostet und kennerhaft geprüft. Gutzkow Zaub. 2, 158; Ein wild durchkostetes Leben. R. 9, 547 etc. Ent-: vralt. st. des Grundw.: Damit sie nicht auch vielleicht Lotum entkosteten. Schaidenreißer 36a; 42b; 46b; Gedachte nichts weniger, dann daß er der Erst den Bogen wurde e. 88a etc. Er-: veralt. statt des Grundw.: Alles ernaschen und e. Philander 2, 108. Herāūs-: durch Kosten herausschmecken etc.: An den überschickten Waaren konnten Sie sehen, wo und wie ich mich befand; An den Weinen hat der Onkel gewiß meinen jedesmaligen Aufenthalt herausgekostet. G. 18, 83. Herūm-: hier und da kosten etc.: Dahingegen eine kältere Nachkommenschaft mit eklem Zahn an den Werken ihrer Meister und Lehrer herumkostet. G. 30, 46, mit Anspielung auf Horaz, s. Hagedorn 1, 35; V. H. 2, 182 etc. Ver-: namentl. oberd. statt des Grundw.: Verkostet einmal wieder gestandene Milch und Schwarzbrot. Auerbach SchV. 74; Wer einmal die Allmacht verkostet, findet sich schwer wieder in die bedingte Freiheit. Tag. 146; Der gute rothe Landwein wurde aus großen Flaschen tüchtig verkostet. Hackländer SoldKr. 89; König Jer. 1, 358; Man siede nur zwei Stücke desselben Fisches und verkoste darauf beide. Rumohr K. 22; Sealsfield Leg. 3, 57; Das Immelein .. | verkostet alle Blüth. s. Tschudi Th. 158 etc. Vōr-:
1) dem eig. Essen oder Trinken vorangehend kosten, z. B.: Ein behäbiger Wiener, den ich fragte, ob der Wein gut sei, gab mir sein Glas „zum V.“ Auerbach Tag. 1; Wobei das Nagen als ein schnoperndes V. und außer dem eigentlichen Sättigungsgeschäft in gar mancher Rücksicht zu betrachten ist. G. 36, 369 etc.
2) nam: Einem Andern vor-k., kostend prüfen, ob das ihm Bestimmte gut ist und es ihm dann reichen, vgl. kredenzen: Die Götter alles Schönen | kosteten ihr den Nektar vor. IGJacobi 2, 147; Schäumendes Bier auch brächte, den Krug v–d, ein Mägdlein. V. 2, 167; V–d ein jedes Gericht, das sie aufträgt. H. 2, 184etc.; Der Vorkoster, auch übertr.: Wie er die Lippen für die Vorkoster und Mundschenken der Liebe hielt. BSternau etc.