Faksimile 0979 | Seite 971
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kollern
I. Kóllern, intr. (haben), tr. und zuw. refl.:
1) Tonw., die Stimme mancher Thiere, bes. Vögel nach- ahmend, z. B. vom Truthahn, s. d. und haudern etc.: Dann ließ der halbverrenkte [wälsche] Hahn | ein lautes K. hören. Ramler F. 2, 431; Tieck NKr. 4, 174; V. 1, 2 etc., auch: Der deutsche Name kalekutischer Hahn scheint tonnach- ahmend aus dem Kullern gebildet. Bucher Nat.Z. 8, 265. Ferner: Was kollert und girrt ... hier? .. Ein Täubchen. EKleist 2, 34; Eine Gesellschaft wandernder Tann-, Kohl-, Hauben- und Blaumeisen .. häkelt sich k–d .. an alle Spitzen. Tschudi Th. 94; Ihre spulenden, k–den Locktöne. 95; Kollert die Tann- und Blaumeise. 127 etc. Auch tr.: Der Truthahn .. kollerte ebenfalls ’was Zorniges daher. Tieck A. 1, 183; Sie [die Truthähne] k. Luft aus den Lungen. Oken 7, 619 und mit Angabe der Wirkung (refl.): Sie [die Vögel] kollerten sich braun und blau. Ramler F. 3, 209 etc. und Zsstzg. wie bei bellen (s. d.).
2) von ähnlichen Tönen der mensch. Stimme, z. B.: Der Poet kollert ja sein Deutsch her wie ein Truthahn. Kühne Fr. 79; Wie er die verschiedenen Instrumente nachmachte ... Er pfiff die kleinen Flöten, er kollerte die Querflöte. G. 29, 290; Sangen einen gar unglücklichen Gesang so näselnd, so schlürfend, so kollerend. Heine Reis. 4, 35; Solches virtuosenhaftes K. [Singen]. Tieck NKr. 4, 81; Da du .. nur | höchst viehisch kollertest [unartikulierte Töne hervorbrachtest], versah ich dich mit Worten. Schlegel Sh. 3, 32; Er hörte an den .. sich k–den Lauten, daß sie vermuthlich in dieselbe Sprache übersetzte. Gutzkow 11, 78 etc. Auch hier: Die Stimme erstarb, kullerte und rollte wie eine abgeschossene Kugel im Sande (s. 5). Kühne Fr. 347 etc.
3) von dem rollenden Ton in den Gedärmen (vgl. knurren etc.), gw. mit ,u“: Kullert der Hunger in unsern Magen. Alexis H. 2, 1, 194; Wenn es [das eingenommene Abführmittel] in Ihnen herumkullert. Heine Reis. 3, 325; Daß sich mir Alles kullernd im Leibe herumdrehte. Börn. 135; Es kullert schon Etwas unterm Zwerchfell. Immermann M. 2, 255.
4) von andern dumpf rollenden Tönen, z. B.: K. nennt man in Bergwerken, wenn Etwas an einer Maschine nicht recht geht und einen ungewöhnlichen Laut macht, als Ketten, Wasserkunst etc. Frisch. 5) Nam. aber von Etwas, das sich kugelnd und überschlagend rollt oder fällt, zunächst nach dem Ton, dann aber auch ohne Rücksicht darauf (vgl. rollen) und dann wie alle eine Ortsverändrung bez. Zeitw. mit „sein“, auch refl. und tr. = k. machen: Was raschelt und kollert jetzt den Wegrain hinab? Auerbach D. 4, 195; Kollerte der Balken krachend und knisternd den jähen Fels hinaus. 153; Die Trommel kollerte brummend durch die Stube. Brentano Wehm. 133; Ihm kollert’ im Gefilde sein Gespann, | verstrickt in einen Tamarindenstrauch. B. 169b; Sie über-k. sich ja ordentlich. Eichendorf Phil. 127; Der Ameishauf durch einander kollert. G. 2, 119; [Wie der Hund] sich gefiel, vor mir her-zu-k. 11, 195; 12, 46; Ward das Faß bergab gek ullert, bis es in den Fluß rollte. Grimm M. 71; Kollerte ein Windstoß eine Handvoll Heu über den Hof hinweg. Goltz 2, 142; 3, 322; Bis man stolperte und sich im Stoppel kollerte. 125; Kollerten Blätter an uns vorüber. 1, 322; Ich möcht’ ein kleiner Bube sein | und k. durch das Feld. WhMüller 1, 234; Kollert nieder. Reithard 349; 368; Entkullerte, entkollerte würde das griech. [κνíνeτo] weit besser ausdrücken als das vossische „Donnergepolter“ [Od. 11, 598]. Riemer gr. Wörterb. 1, 929; Das Laiblein Brot, | das hergekollert kam. Rückert Erb. 2, 85; Ich kollre gegen die Wand. Tieck A. 2, 30; N. 5, 347; Tschudi Th. 437; Bald kollert hier, bald poltert dort ein Splitter ... niederwärts. Volger EE. 170; [Ketzer], die zur Höll’ abkollerten. V. 2, 138 etc., vgl. Zsstzg. von stürzen. 6) mit dumpfem Lärm wüthen und toben, vergl. „Gekoller“ (V.), poltern (z. B. der gutmüthige Poltrer etc.); dann: den Koller (s. d. II. und Anm.) haben: K–de Pferde; David verstellet sein Gebärde vor ihnen und kollert ... Ihr sehet, daß der Mann unsinnig ist. 1. Sam. 21, 13; „Lieber sollt’s mir der Schweins-’ hirt werden!“ kollerte der Hofbauer. vHorn rhD. 2, 79; Wenn die Frau Visitatorin kollerte, so müßte die Frau Visitatorin dermaleinst Verstand genug besitzen, sich nach ihrer Decke zu strecken. Möser Ph. 1, 276 etc., vgl.: Der Teufel 122* hat die Leut zu Delphis aus einem Loch angehaucht, daß sie dadurch hennebrütend [s. brüten, Anm. „hirnbrütig“] und kolleret worden. Matthesius Sar. 298. In Zsstzg. z. B.: Lieb ist mir’s, daß sich der König ärgert, kollert sein Blut ein wenig auf [wallt k–d auf], sonst gefriert’s. FMüller F. 17 etc.