Faksimile 0976 | Seite 968
Faksimile 0976 | Seite 968
Faksimile 0976 | Seite 968
Kohle
Kōhle, f.; –n; Köhlchen; –en-, Kohl-: „der
mehr oder weniger aus reinem K–n-Stoff (ſ. d.) be-
ſtehende Rückſtand von der trocknen Deſtillation orga-
niſcher Körper“ (Karmarſch 2, 469) oder: feſter Theil
eines organiſchen Körpers in noch dauerndem oder nicht
vollendetem Verbrennungsproceß, Jenes: Glühende,
brennende, lebendige K.; Dies: todte, ſchwarze K.; K–n
brennen; Holz, Buchenholz zu K–n brennen; Einen alten
Kohlenkorb tüchtiger büchener K–n. G. 18, 42; Pflan-
zen-, Holz-, Buchen(holz)-, Torf-K–n ꝛc.; Knochen
zu K. brennen, Bein-, Knochen-K., ſ. Beinſchwarz;
Mineraliſche K–n, ſ. Stein-K.; Wo man zu Kriegspulver
Weiden- und Erlen-, zum Jagdpulver dagegen Faul-
baumholz-K. anwendet. Karmarſch 3, 99 ꝛc. Oft
ſprchw.: a) Schwarz wie eine K., ſ. kohlſchwarz; Die
Augen K–n, die Hände Milch. Gleim 3, 198 ꝛc. b) Er-
glüht es wie lebendige K. G. 11, 93, vgl.: In den längſt
erloſchnen K–n | fühl’ ich wieder ein Geglimme. Heine Rom.
70; Blaſen Sie .. bei dem Prinzen ein wenig in die K–n,
damit ſie nicht ganz erloſchen ſind, wenn wir unſern Schwe-
felfaden zünden wollen. L. 12, 239 ꝛc. c) Auf oder wie
auf (glühenden, heißen, z. B. Müllner 5, 105) K–n
ſitzen, liegen, ſtehn, ſein (vgl.: auf Nadeln, Dornen
ſitzen; Der Boden brennt (ſ. d. A 1c) Einem unter
den Füßen ꝛc.), in einer peinlichen, unangenehmen
Lage ſein, nam. vor Ungeduld die Zeit nicht erwarten
können, vgl.: Ich Armer ſchlich auf glühenden K–n. W.
11, 39; Sie gehen auf K–n und ich wünſche, daß Sie
Nichts ſchreiben, was Ihre Ruhe untergräbt. Heyne (Forſter’s
Br. 2, 27); Wie der Hahn (ſ. d. 1) über die K–n laufen.
L. 5, 388; 3, 272 ꝛc., flüchtig; Etwas wie glühende K–n
fallen laſſen. Gutzkow R. 3, 370, ſchnell wie aus Furcht,
damit übel zu fahren, zu verletzen ꝛc. d) Die Hand,
die Hände (Berlichingen 187; 236), mit der Hand (G. 9, 74)
in die K–n ſchlagen, unbedacht Etwas unternehmen, wo-
bei man in Gefahr geräth, empfindlichen Schaden zu
leiden, „ſich die Finger zu verbrennen“, vgl. auch:
Alle Gegner einer geiſtreichen Sache ſchlagen nur in die K–n,
dieſe ſpringen umher und zünden da, wo ſie ſonſt nicht gezün-
det hätten. G. 3, 172 ꝛc. e) Noch K–en zum Feuer
[vgl. Waſſer ins Meer ꝛc.] tragen. Gutzkow R. 9, 505 ꝛc.
f) Jch ſuchte nach verborgen-goldnem Schatze | und
ſchauerliche K–n trug ich fort. G. 12, 91, mit Bezug auf
Märchen von Schatzgräbern, vgl.: Nehmt euch in Acht,
daß eure goldnen Redensarten ſich nicht in K–n zu Scheiter-
haufen verwandeln. Gutzkow R. 8, 6; Wirſt mir zutrauen,
daß ich Niemanden K–n für Gold verkaufen würde. W. 23,
172 ꝛc. g) Daß mir der Mehlthau einen ſchönen Spa-
lierbaum in eine K. verwandelt [ihn gleichſam verbrannt]
hat. Merck 2, 178 ꝛc. h) Sich an Jemandes K. wärmen,
von ihm Vortheil ziehn ꝛc. Att. Muſ. 2, 1, 78. i) Den
Speck (ſ. d.) auf die K–n bringen ꝛc. k) K–n im Ge-
wiſſen haben. Rank Arm. 202, ſich nicht ſchuldlos füh-
len ꝛc. l) ferner nam. bibl.: (Feurige oder Feuer-, L.
Nath. 4, 6) K–n auf Jemandes Haupt ſammeln, häufen.
Spr. 25, 22; Röm. 12, 20, mit der Randgl.: Daß der
Feind durch Wohlthat über ſich ſelbſt erzürnet, daß er uns ſo
übel gethan hat und Luther 1, 191a, vgl. die Umdeutung:
„Ihr ſollt ihm als eurem Feind durch Gutesthun feurige K–n
auf ſein Haupt ſammlen.“ Ja freilich .., wenn ſie brenne-
ten. Zinkgräf 2, 41. 2) übertr.: a) Glühende K., Name
einer rothen Pflaumenſorte, ferner einer Walzen-
ſchnecke, Voluta hispidula oder Glimmerchen.
b) Wilde K., Brandſchiefer ꝛc. c) Pferdek.: K.,
Kennung, Bohne (ſ. d. 4c).
Anm. Ahd. chol(o), mhd. kol (m. und n.), vgl.: Den
Salpeter . ., den Schwefel .. und das Kohl. Büchſenmei-
ſterei 26; Den achteten Theil Kohls. 24; Das glühende Kol.
Frank Laſt. A. 2a; Ein Kolen im Schnabel führen, den ꝛc.
Eppendorf 145; Ein glühender Kohle. Ryff Th. 295 u. ä.
m., vgl. Schm.: Das Kol, pl. Köler. Daher in ältern Zſſtzg.
Kohl-, z. B.: Kohl- (ungw. kohlen-, IP. 22, 80) ſchwarz,
-Meiſe ꝛc. Verkl. Köhlchen. JFalk G. 184; Schefer Laienbr.
86 ꝛc., veralt., mundartl.: Das Kölein. Mattheſius Lthr.
122b. Schwzr.: Kohli, ſchwarzes Geſchöpf. Stalder,
z. B. Rappe. Gotthelf G. 266; 269; U. 2, 203 ꝛc.
Zſſtzg. vielfach ſ. 1; ferner nam. auch zur theil-
weis ſchwankenden Bez. der verſch. Arten minera-
liſcher Kohlen, z. B.: After-: der Abfall, das Koh-
lenklein. Aſt-: ſ. Gruben-K. Báck-: Stein-
K., welche während des Brennens zu einer halbflüſſi-
gen ſchaumigen Maſſe aufſchwillt, deren einzelne Stücke
alſo zu einer einzigen Maſſe zuſammenſchmelzen. Kar-
marſch 3, 371, ſ. Sand- und Sinter-K. Bánk-:
Stein-K. unter den Bankbergen, gw. mit fetten, ſchwar-
zen Letten. Bēīn-: aus Knochen gebrannt, Bein-
ſchwarz. Blátt-, Blä́tter-: 1) Schiefer-K. von
feiner ſchiefriger Zuſammenſetzung. 2) Papier-K.
Blínd-: im Meiler nicht genug ausgebrannt oder
„blind gekohlt“. Brāūn-: in der Mitte zwiſchen
Torf und Stein oder Schwarz-K. ſtehend, in ſpäterer
Zeit entſtanden als dieſe, mehr braun und mit deut-
licher Holztertur. Brénn-: als Brennmaterial
dienend. Zinkgräf 1, 304. Dách-: die obre gw.
ſchlechtre Kohle der Steinkohlenflöze, „Gipfel-K.“
Erd-: erdige Braun-K. Fāſer-: Stein-K. von
faſrigem Gefüge. Fétt-: Harz-, Glanz-K., An-
thracit. Fēūer-: feurige Kohle, z. B. [1h].
Gípfel-: Dach-K., vgl. Grund-K. Glánz-:
ſtarkglänzende Stein-K. Grōb-: graulichſchwarze
Stein-K. von ſchwachem Fettglanz und grobkörnigem
Gefüge. Grūben-: Unter G–n verſteht man Holz-
kohlen, welche aus kleinem Holz und Reiſig, nicht aber in
Meilern gebrennet werden und auch Äſt-, Reiſer-, Span-,
Klein-K–n heißen. Die Köhler .. Grubenköhler. Krünitz 10,
621. Grúnd-: aus der untern Schicht eines Koh-
lenflözes, im Ggſtz zur Gipfel-K. Kohl E. 2, 36.
Hārz-: Fett-K. Hólz-: verkohltes Holz; auch
als Foſſil = Faſer-K. Kä́nnel-: engl. candle-
coal, d. h. Licht-K., weil mit langer, weißer, heller
Flamme brennend, ähnlich wie der Docht eines Lichts.
Klēīn-: Gruben-K. Lêhr-: die beſten Stein-
K–n. Campe. Létten-: unreine, thonige Kohle.
Mōōr-: trapezoidiſche Braun-K. Papīēr-:
Braun-K. in dünnen Schichten, wie Papierblätter,
Blatt-K. Péch-: 1) eine der Stein-K. ähnliche
Abändrung der Braun-k., Gagat. Karmarſch 1, 356.
2) eine bei Planitz in Sachſen gefundne Sinter-K. 3,
402. Plénten-: ohne Unterſchied aus allerlei
Holz gebrannt. Quándel-: die zu kleinen Stücken
gebrannten Kohlen um den Quandelpfahl im Meiler.
Rāūch-: unausgebrannte Kohle, ſ. Brand 19.
Rēīſer-: Gruben-K. Rēīß-: zum Reißen, d. i.
Zeichnen dienend. Rūß-: Stein-K., die ein lock-
res, grobkörniges Geſtübbe bildet. Sánd-: Stein-
K., die mit geringer Flamme brennt und unverändert
ihre Geſtalt beibehält, bis ſie allmählich verglimmt, ſ.
Back- und Sinter-K. Schêr-: unreine Stein-K.
Nemnich. Schīēfer-: Stein-K. von ſchiefrigem Ge-
füge. Schmīēde-: wie ſie die Schmiede ge-
brauchen. Schwárz-: Stein-K., nam. von tief-
ſchwarzer Farbe, vgl. Braun-K. Sétz-: bei den
Kohlenführern die langen Kohlen, womit der Wagen
an den Seiten beſetzt iſt, um das Herausfallen der klei-
nern zu verhindern. Sínter-: die Mitte haltend
zwiſchen Back- und Sand-K., die im Feuer etwas er-
weicht, ſo daß die einzelnen Stücke wohl äußerlich zu-
ſammenſintern, doch ohne gänzliche Andrung der Form.
Spān-: Gruben-K. Splínt-: verkohltes
Splintholz, dann auch Art Stein-K., bei Wylam in
England gegraben. Splítter-: eine nam. unweit
Edinburg vorkommende Abändrung der Kännel-K.
Stángen-: Art ſtängelichter Braun-K. in einiger-
maßen verkohltem Zuſtand unweit Kaſſel vorkommend.
Stāūb-: Kohlen-Grus oder -Klein, im Ggſtz der
Stück-K., z. B. Karmarſch 3, 382. Stēīn-: ein
Foſſil, der verkohlte Uberreſt früherer Vegetation älter
als die Braun-K. Stöcker-: von den Aſten, die
zu andern Kohlen zu dünn ſind. Stück-: ſ. Staub-
K., nam. auch: Stucken-K., aus Klötzen gebrannt.
Tórf-: Die T., fälſchlich auch wohl Torfkohk genannt. Kar-
marſch 3, 533.