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Kleben Um-Kleben Unter-Kleben
Klêben, Kleb(e)-: 1) intr. (haben): an Etwas
zäh haften, ſo daß es nur mit Mühe davon zu trennen
iſt: a) eigentl., von zähen Flüſſigkeiten oder mittels
ſolcher (vgl. backen und plattd. hacken): Das Blut klebt
noch an den Fingern, an Jemandes Kleidern (G. 9, 122);
Die Finger k. von Blut, von Pech; K. bleiben; Wenn der
Staub begoſſen wird, daß er zu Hauf läuft und die Klöße an
einander k. Hiob 38, 38; Ihr Unflath klebet an ihrem Saum.
Klag. 1, 9; Ein ſolcher Topf, da das Angebrannte darinnen
klebet und nicht abgehen will. Heſek. 24, 6; Des armen
Vogels, | der an der Ruthe klebt, Geflatter. L. Nath. 3, 10
ꝛc. So auch ſprchw.: Die Zunge klebt am Gaumen
(Pſ. 22, 16; Klag. 4, 4 ꝛc.), am Rachen (W. 12, 162) vor
Trockenheit des Mundes dem Lechzenden, Verſchmach-
tenden ꝛc., vgl.: Das Gebein klebt am Fleiſche. Pſ. 102,
6, wegen Dürre und Auszehrung der Säfte ꝛc.; An der
Pfanne [ſ. d.] k. bleiben, zunächſt wohl von Naſchhaften
ꝛc., dann allgm.: durch etwas vorwitzig Unternomme-
nes in Schaden kommen, dafür büßen müſſen; Die Kelle
nicht an der Pfanne k. laſſen [raſch ſein]. Gotthelf Sch. 82;
Nichts an der Haue k. laſſen, die gemachten Vorwürfe alle
zurückweiſen ꝛc.; Die Hände oder Etwas an den Fingern
k. laſſen, heimlich mitnehmen, entwenden. b) ver-
allgemeinert, z. B.: mit Häkchen eingreifend ſich an-
heften und anhaften: Kletten k. an den Kleidern; An Einem
k. wie eine Klette (ſ. Anm.); Artill.: Die geworfne
Ankerkugel (ſ. d.) klebt; weidm.: Die Lerchen bleiben im
Klebgarn (ſ. d.) k. oder hangen, ſich mit den Flügeln in
den Maſchen verwirrend ꝛc. und allgm., auch übertr.:
An Etwas k., zäh daran hängen oder haften, feſt ſitzen,
davon nicht loskommen, ſich nichtlosmachen können ꝛc.:
An der Scholle (Fichte 8, 170; Platen 2, 142 ꝛc.), am
Wohnort (G. Zelt. 1, 281) k.; Daher ihr K. an alten Sit-
ten und Gewohnheiten. Zimmermann Einſ. 78; Er klebt
[hängt] am Irdiſchen; Soviel Latein wird noch aus der
Schule bei ihm oder in ſeinem Kopfe k. [ſitzen] geblieben
ſein; Das ſtolze Licht, das nun der Mutter Nacht | den alten
Rang, den Raum ihr ſtreitig macht | und doch gelingt’s ihm
nicht, da es, ſoviel es ſtrebt, | verhaftet an den Körpern
klebt. G. 11, 56; Soll ich .. immer am höchſten Felſen wie
am niedrigſten Boden k.? [ſtatt wie der Adler mich auf-
zuſchwingen]. 14, 159; Am Abhang klebt [hängt ſchwe-
bend] ein Dörfchen, | wie ein keckes Vogelneſt. Heine Tr. 69;
Wo klebt [ſteckt, bleibt] denn der elende Menſch? L. 12,
289; Noch klebte [hing, haftete] das Auge auf ihrem Ant-
litz und ſeine Lippen auf ihrer Roſenhand. Pfeffel Pr. 3, 109
ꝛc. 2) tr.: durch eine k–de (1) Flüſſigkeit befeſtigen,
k. machen: Etwas an einander (oder zuſammen-) k.; Einen
Zettel an die Wand k., an-k.: Ein Schild auf den Rücken des
Buchs k., auf-k.; Ein Blatt ins Buch k., ein-k. und ſo mit
Ort bez. Vorſ.; Ein Blatt im Buch [ein ſchon darin
befindliches] feſt, feſter k. ꝛc., ſ. Anm. Zuw. ohne
Obj.: Der Kleiſter klebt gut; Bloßes Waſſer klebt nicht ꝛc.,
auch übertr.: Mein Reichthum, dem ich alles Läſtige und
K–de [Hemmende] benehme. Thümmel 4, 190 ꝛc.
Auch gleichſam intr. (ſein): Es iſt feſt geklebt, = es
klebt feſt, haftet.
Anm. Ahd. chlëbên, mhd. klêben, vgl. kleiben, ahd.
chleipan, mhd. kleiben, dem Faktitiv zu ahd. chliban, wor-
aus k. Ugw. als Intr. mit Accuſ. bei Präpoſ.: Er klebt
an mich wie Kletten. Claudius 1, 54, vgl. umgekehrt: Dieſe
werden nicht unter, ſondern auf dem [gw. „das“] Papier ge-
klebt. Börne 4, 209. Vgl. Klette, Klettern ꝛc., ferner Lab, Anm.
Zſſtzg vgl. die von haften und heften, kleiſtern ꝛc.,
z. B.: An-: Etwas wird an die Wand angeklebt [2],
klebt an der Wand an [1]; Was Ihr [in Werther’s Ge-
ſchichte äußerlich] angeklebt heißt und trutz euch u. Andern
eingewoben iſt. G. Keſtn. 234 ꝛc.; Etwas, z. B. eine Sünde
(Hebr. 12, 1), eine Grille (Benedix 8, 108), ein Laſter (Heine
Lut. 2, 282), Thorheit (Logau 2, 10, 32), eine Unart (W.
23, 8), Spuren der Roheit (152) ꝛc. klebt [haftet] Einem
an; A–de [anſteckende] Krankheit. Olearius Reiſ. 9a; Um-
ſomehr als jene Dinge nach ſo langer Gewohnheit Einem
noch immer a. G. 23, 212; Dies wurde ihm für A. ſei-
nes niedrigen Herkommens ausgelegt. Stilling 4, 30. Auch:
Einer Sache klebt Etwas an, z. B.: Die grammatiſchen
Verhältniſſe kleben weniger den Worten an, als ſie .. hinein-
gedacht werden. WHumboldt 3, 272; Der Name .. klebt jetzt
nur noch der Spitze eines hohen Berges an. Möſer Osn. 1,
320; Das heilige Band, dem ſo große Vorrechte a. Thümmel
2, 127; Die Menſchen, die er zu Modellen zu nehmen ge-
nöthigt iſt, von allen der Einzelnheit a–den Mängeln befreien.
W. 18, 17 ꝛc. und ganz eig.: Die Finger von dem (ihnen)
a–den Schmutz, Pech ꝛc. reinigen. Zuw. auch: Wer zwin-
get euch, dem Laſter anzukleben? [zähe anzuhängen]. Nicolai
1, 95 ꝛc. Rein werden von der Anklebung der zeitlichen
Güter. Luther 1, 190a, dem Hängen daran ꝛc. Aūf-:
Das Pflaſter klebt auf [1]; Ein Pflaſter a. [2]; Etwas auf
Papier a.; Auf die Weinflaſchen Etiketten a., übertr.: Er
klebte allen politiſchen Freidenkern den Namen Jakobiner auf.
JP. 8, 155 ꝛc. Āūs- [2]: 1) inwendig be-k.: Einen
Kaſten mit Papier a. ꝛc. 2) klebend ausfüllen, zu-k.:
Löcher a. ꝛc. Be-: 1) tr.: Etwas b., es klebend be-
decken: Alle Wände ſind mit Ankündigungen beklebt. Forſter
Anſ. 3, 48; Das Ganze mit Lehm beklebt. Waldau N. 2,
21 ꝛc. 2) intr. (ſein): feſt kleben, gw.: B. bleiben
(ſ. d. 18), doch auch ohne „bleiben“, vgl.: bekleiben:
Iſt Etwas in meinen Händen beklebt? Hiob 31, 7; Des
Wandrers naſſer Fuß beklebte. Brockes 2, 431; Wie Queck-
ſilber in Flor beklebt und durch Leder rinnt, IP. 7, 116;
Zweige b. am beſten im Zunehmen des Lichts. Sebitz 323 ꝛc.
Bēī- [2]: bei oder neben Etwas klebend befeſtigen.
Eīn- [2]. Gêgen- [2], z.B.: Wenn die Pappe
nicht dick genug iſt, will ich auf der Rückſeite noch Papier g.
ꝛc. Hêr-, Hín- ꝛc. [2]: Ein Blatt Papier hinein-k.,
ins Buch ꝛc. Hínter- [2]: hinten klebend be-
feſtigen: Der Buchbinder ſoll das weiße Papier h., nicht
vor-k. ꝛc. Nêben- [2]. I. ūber- [2]: klebend
über Etwas befeſtigen, ſ. II. II. Über- [2]: mit
etwas Drübergeklebtem überziehn, vergl.: Er hat ein
Blatt Papier (über das Brett) übergeklebt [1], das Brett
mit einem Blatt Papier überklebt, ebenſo bei Um-, Unter-
k. ꝛc. I. Um- [2]: 1) um Etwas herumkleben.
2) anders kleben, klebend umgeſtalten. II. Um-:
klebend oder mit etwas Umgeklebten (ſ. I) umgeben:
Ob das Blut ihres Herrn | auch ſein Schwert noch umklebt.
Freiligrath Garb. 156; Wie die Biene das Aas mit Wachs
umklebt. IP. 3, 42; Das verbuhlte Haar, | einſt von blu-
tigem Staub umklebt. V. Hor. 1, 46 ꝛc. I. Unter-
[2]: klebend unter Etwas befeſtigen. II. Unter-:
mit etwas Untergeklebtem verſehen. Ver- [2]: 1)
klebend verbrauchen: Den Kleiſter ver-k. ꝛc. 2) durch
etwas Klebendes verdecken, verbinden, verſchließen ꝛc.
(vgl. über-, zu-k. ꝛc.), auch übertr.: Hoch baut die
Schwalb’ an das Geſims, | unfühlend, welchen Zierrath | ſie
verklebt. G. 2, 171; Einen ſo offenbaren Widerſpruch ſo gut
wie er konnte verklebt und übertüncht. Kant SW. 1, 422;
Es verwickelt und verklebt ſich zu tief in den zeitlichen Dingen.
Luther 1, 190a ꝛc.; Das von Blut und Staub zuſammen-
verklebte [gw. zuſammengeklebte] Haar. L. 6, 520.
Vōr- [2]: Etwas vor-k., es vor etwas Andres kleben;
nam. auch um dies zu verdecken, z. B.: Lüge, die jedem
freien Gefühle ihr heuchleriſches Feigenblättchen vorklebt.
Heine Reiſ. 2, 286. Zū- [2]: 1) durch Kleben zu-
machen, ſchließen: Löcher z. ꝛc. 2) zu etwas Anderm
hinzu kleben, klebend beifügen. Zurück- [2]: kle-
bend zurückverſetzen ꝛc.: Sowenig als er die .. Blätter je
wieder an ihre Bäume z. kann. Goltz 2, 20. Zuſám-
men-: an einander kleben [1; 2], z. B.: Daß ſie
[Rebe und Ulme] z., | als ehelich vermählt. Opitz 1, 125;
Daß ſie [meine Hand], die von Natur nicht zuſammenklebte, |
noch freigebiger aus einander ſtrebte. Rückert Mak. 1, 58;
Papier zu Pappe z. ꝛc.