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kindisch
Kindiſch, a.: in der Weiſe eines Kindes; wie es
für Kinder paſſt, unterſch. von „,kindlich“ (vgl. wei-
biſch und weiblich; höfiſch und höflich ꝛc., ſ. Jſch),
ſo daß dies in tadelloſem oder gutem, k. in tadelndem
Sinn die Weiſe eines Kindes bez., alſo nam. den un-
entwickelten Verſtand, das des Ernſtes entbehrende,
tändelnd ſpielende Weſen (vgl. das minder ſtarke kin-
derhaft), ſelten: K–heit. Jahn V. 175, z. B.: Da ich
aber ein Mann ward, that ich ab, was k. war. 1. Kor. 13,
11; Pflege deines Vaters im Alter . .. und halt ihm zu
Gute, ob er k. würde. Sir. 3, 15; Empfindet und benutzt die
Jugend ihr Übergewicht, um kindliche Zwecke zu erreichen,
k–e Bedürfniſſe zu befriedigen, ſo verſöhnt uns die Anmuth
mit frühzeitiger Schalkheit. G. 4, 257; Hundertmal habe ich
dich als ein Kind auf dieſen meinen Armen gehabt, . .. dein
Lächeln, dein Lallen bewundert. Aus jeder k–en Miene ſtrahlte
die Morgenröthe des Verſtandes. L. Sampſ. 1, 1; K–es
Kind! ſagte Gentz [zu der Schauſpielerin]. Lewald F. 1,
103; Bei unſerm Syſtem iſt alles Dieſes k. leicht. Lichtenberg
4, 422; leicht genug für die Faſſungskraft eines unent-
wickelten Verſtands, gw. „kinderleicht“; Wunder-k.
von Sachen zu reden. Luther 6, 381a; Auf raſcher Jugend-
that erwart’ ich dich, | doch nicht auf thöricht k–er. Sch. 502a;
Das Naīve der Denkart .. verbindet die kindliche Einfalt
mit der k–en; durch die letztere giebt es dem Verſtande eine
Blöße .. Sobald wir aber Urſache haben zu glauben, daß
die k–e Einfalt zugleich eine kindliche ſei, daß folglich nicht
Unverſtand, nicht Unvermögen, ſondern eine höhere (praktiſche)
Stärke, ein Herz voll Unſchuld und Wahrheit die Quelle da-
von ſei, welches die Hilfe der Kunſt aus innerer Größe ver-
ſchmähte, ſo iſt jener Triumph des Verſtandes vorbei und der
Spott über die Einfältigkeit geht in Bewunderung der Ein-
fachheit über. 1191b; Florentin freute ſich k. an Allem was
er ſah. FSchlegel Fl. 1, 26 (gw.: wie ein Kind, doch mit
der Andeutung, daß die Freude nicht im Verhältnis zu
Dem ſteht, worüber man ſich freut, wie bei Kindern
von unentwickelten Begriffen, vgl. dagegen: Doch freut
er ſich | im Herzen drüber kindelich. W. 11, 12 (ſelten),
und gw.: Kindlich froh; Die kindliche Seelenheiterkeit.
Heine Reiſ. 3, 145 ꝛc.); Sich k. vor Etwas fürchten (vrſch.
kindlich, ſ. d. 2); Was ſie durch kindliche undk–e Spiel-
werke der Phantaſie an der natürlichen Geſundheit ihres Ver-
ſtandes eingebüßt. W. 19, 236 ꝛc. Dazu mundartl.:
Kindſchen, intr. (haben): kindeln, ſ. Weinhold.