Faksimile 0911 | Seite 903
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ketzern
Kétzern: 1) intr. (haben), ein Ketzer ſein, ketze-
riſche Meinungen haben oder behaupten ꝛc.: Die Künſt-
ler ſagen, er [Winckelmann] ketzere in der Malerei. Was
geht mich die maleriſche Orthodoxie an? Mendelsſohn 5, 323;
K. wird er freilich nicht wenig, aber .. viele Paradoxen mit
großer Scharfſinnigkeit durchzufechten ſuchen. FNicolai (Guh-
rauer L. 1, 11) ꝛc. 2) tr.: a) Jemand für einen Ketzer
erklären und als ſolchen behandeln: Da ſoll man uns
allererſt geketzert haben. Luther 5, 224b; Chriſten, die Dr.
Eck mir ſoll ungeläſtert und ungeketzert laſſen. 1, 153a;
SW. 26, 13; K. auch die Sterne einander darüber, daß
nicht alle gleiches Licht haben? ſ. JvMüller 10, 258 ꝛc.,
gw. ver-k. b) übertr., mit Rückſicht auf die Verfol-
gungen und Martern der Ketzer (mundartl.): Einen,
ſich k., ab-k. ꝛc., plagen ꝛc., ſ. zer-k. Schm. u. Stalder.
c) übertr. mit Rückſicht auf das Verbrennen der Ketzer
(mundartl.): Etwas k., ab-k., es ſchmalzen, in Schmalz
röſten. Schm. d) Bergb. (vgl. b): Eine Wand k.,
aus-k., Ritzen hinein hauen; ſie auf-k., ſie dann mit hin-
eingetriebnen Keilen ſpalten.
Anm. Die Bed. 2d vielleicht andern Stamms, vgl.
engl. cut, ſchneiden, ſ. ver-k. 1b. Zu 2 vgl. keſſern.
Zſſtzg. z. B.: Áb-: 1) [2b] Man ketzert ſich und
Andere mit der Tugend ab. Bettine 1, 151; Eine kopf- und
ſinn-a–de Beſchäftigung. Wurm Spr. 13. 2) [2c].
Án- [2a]: als Ketzer anklagen, denuncieren ꝛc.: Wo
itzo Einer den Andern anketzert und verklagt. Alexis H. 2, 3,
290. Āūf-, Āūs- [2d]. Ver-: 1) tr. [2a]:
Haben ſie mich wegen meiner kleinen Angriffe an Tugend und
Religion ſo entſetzlich verketzert. G. 7, 227; Sein heftiges
v–des Buch. L. 8, 347; Pfaffen, die ver-k. V. 3, 188 ꝛc.
a) dazu: Er widerſprach den Verketzerungen der Fin-
ſterlinge [ſubjekt. Genit.]. Gervinus Lit. 5, 260; Die Ver-
ketzerung dieſes Buchs [objekt. Genit.] ꝛc. Der Ver-
ketzerer, mit dem weibl.: Verketzerin, ſ. Abenteu-
rer; ugw.: Die Gegner und Verketzer des Seligen. Zelter
6, 347. b) mundartl.: Etwas ver-k., vernichten, von
Grund aus verderben. Stalder. 2) [1] intr. (ſein),
zum Ketzer werden: Der Sendbote iſt, ſtatt die Ketzer zu
bekehren, unter ihnen mit verketzert. Zer-: ver-k.,
nam. auch [2b]: Darüber ſie mich vorhin „zuketzert“, ver-
dammt, verflucht, verbrannt und mit allerlei Plage verfolgt
haben . . . Daß ſie mich ſo zuketzerten und zuplagten um das
liebe Ablaß. Luther 6, 82a; SW. 26, 7 ꝛc. -