Kehle
Kêhle, f.; –n; Kehlchen; Kehl-:
1) eig.: der vordre Theil des Halses, Luft- und Speiseröhre umfassend, zuw. die äußern Theile allein, nam. aber die innern, und zwar die eine oder die andre Röhre, und dann auch zuw. ein Wesen, nach der Beschaffenheit seiner K.
a) der vordre Hals überh., doch nam. mit Bezug auf die Luftröhre (s. b), vgl. Hals und Gurgel: Einem, sich die K. durchschneiden; Einen an der K. packen, ihm die K. zuschnüren; Einem das Messer an die K. setzen und: Das Messer steht Einem an der K., in Bezug auf dringende, Einem keine Wahl lassende Noth und Verlegenheit: Der Schluß ist kürzer als ich wollte, allein meine Krankheit .. setzte mir das Messer an die K. Br. 2, 141; Nath. 5, 5; Br. 2, 138 etc.; Ich unterzeichnete, das Messer an der K., den Vertrag. 1, 209 etc. —
b) die Luftröhre, insofern sie zum Athmen dient, s. a, so auch: Etwas, ein Anblick, ein böser Traum 20, 77) etc. schnürt Einem die K. zu, von dem Zustand der beklemmendsten an Erstickung grenzenden Angst etc.; Er habe weder essen noch trinken noch schlafen können, es habe ihm an der K. gestockt. 14, 94; Ulrich fühlte sich die K. dermaßen zugeschnürt, daß die leckere Mahlzeit ihm nicht halb so gut schmeckte als sonst. Mus. 2, 274 etc., vgl. d. —
c) die Luftröhre, insofern sie zur Erzeugung der Stimme dient, s. nam. Kehlkopf: Aus voller K. [aus vollem Halse] schreien, brüllen, kreischen, singen, lachen; Die K. ist heiser, rauh; Ein Wort etc. bleibt Einem in der K. stecken 11, 241; 23, 231 etc.); Ich summe ihn [den Psalm] aber, weil er mir in der K. steckt. 9, 145; Das Lied, das aus der K. dringt, | ist Lohn. 1, 139; Es theilt der Flöte weichen Klang | des Schreiers K. mit. 84b; Der Erfolg seines .. Werks sei abhängig von der mehr oder minder geschmeidigen K. einer Primadonna. Lut. 1, 249; Die gefürchtete Gegenwart eines Lauschers erschreckte den Blick im Auge und den Klang in der K. 791a etc. — Dann auch ein Wesen, eine Pers. in Bezug auf die Stimme:, Zu den gefiederten K–n [Singvögeln], die da bleiben. Südr. 2, 111; Sechzig K–n rufen: Hier Zürich! 55; Sänge die Kehl’ in der Oper, sie trillerte Alles in Aufruhr. 1, 156 etc. Und in Zsstzg., z. B.: Ein verjährtes Brautlied aus der rauhen Mummen-K. [vgl. Mumme = Bier und z. B. Bierbaß] zu karjöhlen. M. 5, 24; Sie sang und begleitete sich, Das war eine Nachtigallen-K. 29, 314; Hab’ ich [Esel] .. auch keine Nachtigallen-K. F. 2, 537; Daß ihr eure Altlapperstückchen herausquiekt ohne Linderung und Barmherzigkeit der Schrei-K. Sh. 2, 313; Indeß .. | das leichte Volk der Luft die Silber-K–n stimmt. 20, 34 (vgl. Silber-, Klang-Stimme etc.); Der Silberklang| aus Philomelens Zauber-K. A. 11, 136 etc. —
d) die Speiseröhre; so, wo es sich um das Gelangen der Speise in dieselbe handelt: Etwas kommt Einem in die unrechte K. [in die Luftröhre], z. B. 3, 325 u. v. (vgl. Gurgel), ferner: Sich die K. schmieren [trinken]; Mit Weinen ... | muß ich die K–n ihrer Lober waschen. 26b etc.; Kupplerin! .. So hast du sie Deiner K., deinem unersättlichen Heißhunger hingegeben. 17, 242; Der Bissen stockt ihr in der K. (s. b). — Dazu auch: Du leugst (s. d.) in deine K. [gw.: in deinen Hals] Alles, was du sagst. S. 63 = deine Lüge trifft dich selbst, fällt auf dich zurück, vgl.: Eine Lüge fressen. — So auch in Zsstzg., zuw. auch zur Bez. einer Person als Säufer, Schlemmer etc.: Die alte Sauf-K., vgl. Gurgel. —
e) zuw. die entsprechenden äußern Theile, bes. von Thieren, wo sie von abstechender besonderer Farbe sind: Dazu hat auch die Wohlgeboren | ein Hälslein und ein K–n weiß. (v. Götz) 1, 14; Dieser Vogel hat eine rothe K. und so in Zsstzg., nach der Farbe, meist verkl. zur theilweis schwankenden Bez. bestimmter kleiner Singvögel, z. B. Blaukehlchen, Certhia jugularis, auch = Bleikehlchen, Motacilla suecica; Braunkehlchen, Saxicola rubetra; Rothkehlchen (Motacilla rubecula, s. u.) werden | mit frommem Schnabel alles Dies dir bringen [aufs Grab]. Cymb. 4, 2; Neugierig, wie die Rothkehlchen und ebenso geschwätzig. DW. 328 etc. (vgl.: Wie ein Rothkelch auf dem kleinen Zweige. Gd. 136), seltner: Rothkehle. 1, 64 ff. und dazu: Rothkehlein. Schwarzkehlchen, Saxicola rubicola; Motacilla phoenicurus; Weißkehlchen, M. oenanthe etc. — Ähnlich auch für andre Thiere, z. B. Roth-K., Coluber jugularis; ferner: Rothkehlchen, eine Stachelschnecke, Murex rubecula u. a. m. —
2) übertr.: eine röhren- oder rinnenförmige Vertiefung, z. B.:
a) Im Gebüsch, das eine Felsen-K. [Einbuchtung] umkränzt. 20, 198. So nam.:
b) Knie-K., Kniebeuge, die Einbiegung des Fußes hinterm Knie; veralt. übertr. auf den entsprechenden Theil des Arms: Die Knie-K. beim Ellebogen. Is. 40. —
c) K., Dach-K., Ein-K., der durch zwei an einander stoßende Dachflächen entstehende Winkel. —
d) K., Hohl-K., Falz, eine nach einem Zirkelstück ausgehöhlte Rinne oder Leiste etc., nam. auch ein solches Glied an Theilen der Säulenordnung. —
e) der innere offene Theil eines Festungswerks: K. eines Bastions, eines Ravelins etc. —
f) K., Ein-K., an den Netzen oder Garnen der Fischer und Jäger, ein trichterförmiger Sack, der das zu Fangende hinein-, aber nicht herauslässt. 2, 184a; 200a etc., vgl. Brücke 2i. —
g) bei Raketen der untre gewölbte Theil u. ä. m.
Anm. Ahd. chëla, mhd. kël, vgl. lat. gula. Dazu veralt., mundartl. këlch, Kropf; Verkl.: Kehlichen. mer RH. 402 etc.; als Bstw.: Kehlen-ton. Leg. 1, 6; 2, 86 etc.
Zsstzg. s. o. und danach leicht zu mehren: Blau-, Blei-, Braun- [1e]; Dach- [2c]; Ein- [2c und f]: bergm. auch das Eintreiben der Kehleinstriche zwischen die Jöcher, das „Einkehlen“; Felsen- [2a]; Hohl-[2d]; Knie- [2b]; Mummen- [1c]; Nachtigallen- [1c]; Roth- [1e]; Sauf- [1d]; Schrei- [1c]; Schwarz- [1e]; Silber- [1c]; Unter-: s. Unterkinn; Weiß- [1e]; Zauber- [1c] K. u. ä. m.
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