Faksimile 0863 | Seite 855
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kälten
Kä́lten, tr.: kalt machen, Kälte erregen (ſ. kalten
2 und vgl. kühlen): Tödteſt du die Seele, kälteſt | du den
Luftkreis, G. 4, 72; 40, 4; Die Erdſtriche zu heizen .. und
ſie zu k. wie Eiskeller. Jahn M. 115; Drei Winde, die k–d
den Kocht mit Eis verſchloſſen. Kohl A. 3, 320; Das ſtärkt
die erfrornen Gelenke, | Das hilft für das k–de Weh. Lichtwer
265; Darum müſſen ſie [Schnee, Reif, Froſt] auch nicht
weiter kalt ſein noch mehr uns k. [„kelden“] denn er will.
Luther 5, 468b; Dies Verſtandesabrichten, das junge Herzen
kältet und vor der Zeit alt macht. Raumer Päd. 3, 1, 151;
Kann ein Wort aus fremdem Mund | ſo dich k.? Rückert 1,
385; K–de Kräuter. Ryff Sp. 90a; 132b; Gewärmt und
gekältet von eben dem Winter und Sommer als ein Chriſt.
Schlegel Kaufm. 3, 1; Doch hat das Ganze etwas eiſig
K–des. Stahr Par. 2, 121; Wenn es donnert, wettert,
blitzet, | hagelt, kältet oder hitzet. Tſcherning (Matthiſſon A. 1,
143); Sie durchfeuchten und k. Luft und Boden. Tſchudi Th.
23; Saal .., | den ein großer Kamin und lockere Thüren
mit Zugluft | kälteten. V. 1, 195; K–de Nebel. 66; In
k–der Angſt. Ov. 1, 81; Noch jetzt fährt k–der Schauer | ..
ins Gebein. 2, 146; K–de Schlangen. Th. 15, 58; Myth.
1, 262; W. 26, 4; Willkomm Banko 2, 51 ꝛc., auch refl.:
Wenn der Erdboden ſo lange beſteht und ſich nach und nach
kältet. Iv Müller 1, 104.
Zſſtzg. z.B.: Áb-: ſtärker als „abkühlen“: Ohne
ſich von dieſer a–den Bemerkung beirren zu laſſen. Kompert
Pfl. 1, 118; Boden und Luft ſind kälter . .. und durch die
Ausrottung der Wälder .. noch mehr abgekältet worden.
Koſegarten Rh. 2, 81; Abgeſtumpft durch den Eigennutz, ab-
gekältet durch Wollüſte. 3, 335; Könnt’ ich das Herz a., zum
Beſſeren ginge noch Alles. V. Th. 14, 50 ꝛc.; Ohne Ab-
kältung durch fremde Medien. Immermann Schr. 12, 148;
261; Einer ſeitherigen Abkältung unſeres Erdſtriches. Tſchudi
Th. 255 ꝛc. Án-: kältend anhauchen ꝛc.: Etwas leb-
los Starres, A–des. Scherr Nem. 1, 8; Der ruſſiſche Miß-
hauch, der mich aus dem Buch ankältete. V. Br. 2, 245 ꝛc.
Aūs-: das Jnnre kälten: Mir ſtoßen ſoviele .. Män-
gel auf, die mich ſo ausgekältet haben, daß ich gar nichts
Liebenswürdiges mehr an dem Menſchen finde. Muſäus Ph. 3,
56. Durch-: durchdringend kälten: Der Regen, der
mich ſo durchkältete, daß mir die Zähne klapperten. Hackländer
Hdl. 1, 141; Lewald W. 3, 262; Das Alles marterte An-
fangs und durchkältete endlich ſein Herz. Sturz 1, 242;
Zſchokke 8, 157; Durchkältung. Willkomm Banko 1,
146 ꝛc. Entgêgen-, intr. (haben): Einem käl-
tend entgegenhauchen ꝛc.: Überall kältet ihm die bitterliche
Feuchte entgegen. Keller gH. 4, 277. Er-: 1) tr.:
kalt werden (oder erkalten) machen: Den Rauſch erkältet
der Betrieb. Beck Arm. 7; Einſt hatte gerade dieſe Ähnlichkeit
ſein ganzes Herz gefangen genommen, heute erkältete ſie ihm
die Seele. Freytag Soll 3, 12; Welches mich anfangs beun-
ruhigte, nachher aber meine Neigung einigermaßen erkältete.
G. 22, 230; Die kümmerliche Beſchränkung eines e–den
Sprachpatriotismus. 32, 229; Mit jener negierenden, e–den
Manier. 39, 115; Tief erkältet, durchfröſtelt bis ins innerſte
Herz. Gutzkow R. 9, 439; Die Zärtlichkeit .. war .. durch
Zwiſchenträgereien erkältet und erſchüttert worden. Prutz Muſ.
2, 100; 195; Mit einem Enthuſiasmus, den auch das un-
günſtigſte Wetter nicht e. konnte. W. 31, 460; Sorgen, die
den Geiſt e. HorBr. 1, 77 (V. Hor. 2, 228) ꝛc.; Deine Er-
kältung gegen Agnes. Mörike N. 53; W. 5, 151; Ein
Zutrauen .., welches, eine einzige vorübergehende Erkältung
ausgenommen, ſich bis an ſeinen Tod immer gleich erhielt.
HBr. 1, 7 ꝛc. 2) refl. (ſ. 1) z. B.: a) Die Atmo-
ſphäre erkältete ſich ſehr. G. 17, 120: Die dampfenden Kar-
toffeln ſind ... bedeckt, damit ſie ſich nicht e. HSmidt (Höfer
Hausbl. [56] 1, 301) ꝛc., wofür „erkalten“ üblicher iſt.
b) Gw. aber von Perſ.: durch Kaltwerden des
Körpers ſich ein Unwohlſein („eine Erkältung“) zu-
ziehen, ſ. Ver-k.: Er könnte ſich e. W. 12, 260; Sich vor
Erkältungen in Acht nehmen. Ver-: er-k., doch ſo,
daß dem Begriff des ,,Ver“ (ſ. d. †) gemäß das Kalt-
werden als Etwas, was nicht ſein ſollte oder ſchädlich
iſt, hervortritt: 1) tr., ſ. er-k. 1: V. Sie Sich die Füße
nicht! (ſ. 2b). Forſter Br. 1, 418; Die kalten Glieder des
unglücklichen Geſchöpfs verkälteten ihren Buſen bis ins in-
nerſte Herz. G. 15, 270; Sogar der unſchätzbare Blick über
die Vorgebirge ins Meer wird durch farbige Scheiben ver-
kümmert, welche durch einen unwahren Ton die Gegend ent-
weder ver-k. oder entzünden [ſ. Kalt 2b]. G. 23, 305; Von
Gips, als einer ſehr kalten und v–den Steinart. G. 27, 76;
Zapf mir das Blut ab, verkälte es wie das deinige, erſticke
meine Hitze. Klinger Th. 2, 137; Sie beleben das Alter und
ich verkälte die Jugend. 59 ꝛc.; Weil das Klima .. in einer
fortſchreitenden Verkältung begriffen ſei. Kohl A. 3, 97.
2) refl.: a) (ſ. er-k. 2a) (Auf die Kaſſerolle deutend)
Hier verkältet ſich’s bereits. G. 35, 414. b) (ſ. er-k.
2b): Wirf meinen Überrock über dich, damit du dich nicht
verkälteſt. Möſer Ph. 3, 150; Nun haſt du dich gewiß hier
im naſſen Graſe verkältet. Waldau N. 2, 182; W. 11, 251
ꝛc. Ihre Verkältungen, hoff’ ich, ſind doch ganz vor-
über. Forſter Br. 1, 371; 242; R. 1, 59; G. 25, 166;
Zelt. 2, 463; Sch. 1, 127; Hebel 3, 101; Heinſe Hild. 1,
284 ff.; Immermann M. 3, 61; W. 19, 319 ꝛc. und ſo
auch: Haſt dich verkühlt von dem ſpäten Ritt. Alexis H. 2,
2, 132; 1, 1, 309.