Faksimile 0852 | Seite 844
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Junge
I. Júnge, m., –n; (–ns); –n, (–ns); Jünglein,
Jüngelchen; –n-: 1) Perſon männlichen Geſchlechts
von der Geburt ab die Jahre der Entwicklung hindurch
bis zur männlichen Reife, im Ggſtz. von „Mädchen“
einerſeits und von „Mann“ andrerſeits, in der gw.
und traulichen Sprache, vgl. Knabe, Bube, Burſche,
Bengel: „Die Frau iſt entbunden.“ Von einem J–n oder
von einem Mädchen?; Dieſer Knabe iſt ein wilder, aber gu-
ter J.; J–n müſſen wild, keine Stubenhocker ſein; Der
große Junge ſitzt noch in Quarta; Ein unartiger, ungezog-
ner, durchtriebner J.; Ein artiger, ein lieber J.; Lieber J.,
alter J., trauliche Anrede auch für Erwachsne, ugw.
dagegen von Thieren, ſie gleichſam perſonificierend:
Der Knapp gießt ſeinem Thier [Pferd] . . Wein .. auf die
Zunge: | Da, ſpricht er, trink, du guter, treuer J.! W. 20,
94; Grüner J., die Unreife des Urtheils bezeichnend;
Dummer J., eine Perſon, die ihre geiſtige Unreife und
Dummheit namentl. in dem beleidigenden Benehmen
gegen Andre zeigt, vrſch.: Der J. iſt dumm, er begreift
ſehr ſchwer ꝛc.; Auf meine Knie! macht’s euch bequem, ihr
J–n! Freiligrath Garb. 100; Und horcht, ihr J–ns [Ma-
troſen] die Muſik! | der Wind erhebt ſich laut. 170; Der
Alte . . | ſah ihm [dem Jäger] ruhig nach . .: | Ja, flucht
nur, Herr J.! Pol. 2, 38; Die kleinen J–ns .. mit ihren
Schuſſern. G. 7, 157; Wir hielten immer redlich zuſammen
als brave J–n [,J–ns“ 35, 26]. 9, 25; Sich und die J–ns
[die zu unterrichtenden Studenten] ennuyieren. 11, 74;
Umarme mich, edler J. [junger Mann]. 34, 302; Daß
alle brave Leute in ihrer Jugend gute J–ns waren. ebd.; Das
freundliche Geſicht | dieſes J–ns. Göckingk 2, 59; Sein J.
den liebt er, wie ein Affe ſeine J–n [ſ. I]. Gutzkow
R. 2, 287; Beide alte J–ns. Hartmann Unſt. 1, 39; Liebe
J–ns! Heine Reiſ. 3, 68; 2, 71; Die J–ns werden rein
dumm vom vielen Lernen. Immermann M. 3, 247; Spieß-
bürger . ., | die man im Gegenſatz zu den „bönniſchen J–n“
die „bönniſchen Männchen“ nennt [in Bonn]. Kinkel E.
159; Der dümmſte J. würde ihm antworten. L. 3, 385;
Hundevolk und dumme J–s. Merck’s Br. 2, 135 (W.); Wie
er ſich in dem Dorf mit den J–ns herumjagte. Sch. 634a;
J–ns, die ſchreiben und rechnen. G. 2, 97; An den ſchönen
Eigenſchaften ſeines J–ns [Sohn]. Stilling 1, 92; Große,
vierſchrötige J–ns. 2, 49 ꝛc. 2) mundartl. (vgl.
Burſche, Bube) ſtatt Geliebter: Ich war nun, wie man
am Rhein zu ſagen pflegt: dem Nieschen ſein J., durfte ſie
bei Spaziergängen am Arm führen. Kinkel E. 154 ꝛc.
3) auch ein junger Burſche (ſ. d. 3 und die dort ange-
führten Zſſtzg.) in untergeordneter Stellung inſofern
er von Andern abhängt und gewiſſe ſeinem Alter und
ſeiner Stellung gemäße Dienſte zu verrichten hat, z.B.:
Er hat außer ſeinem Bedienten noch einen J–n, der allerlei
Gänge für ihn geht ꝛc., ſo: Aufwarte-, Lauf-J. ꝛc.; Der
Hirt treibt die Kühe ꝛc. auf die Weide, die Gänſe hütet ein
J.; Der J. ſetzt die Kegel auf ꝛc. Nam. auch = ein Lehr-
ling, bei Kaufleuten, Handwerkern ꝛc.: Der J. iſt aus
der Lehre gelaufen; Jedem J–n oder Geſellen ſein eigenes
Fach anzuweiſen. Möſer Ph. 1, 184 ꝛc., in vielen Zſſtzg.,
wobei zu bemerken, daß z. B. Schneider-J. ſowohl den
Schneiderlehrling als den Sohn (ſ. 1) eines Schnei-
ders bezeichnet ꝛc.
Anm. Ahd. jungo, mhd. junge, eig. das ſubſtant. ge-
brauchte Ew., vgl.: Als ein Bub und Junger mitreiten.
Berlichingen 12 ꝛc. und ſelbſt noch: Was der Storch zuerſt
bringen würde, Junge oder Mädchen. Prutz Muſ. 1, 289.
Die von ſtrengen Grammatikern verpönte Form „J–ns“ in
Genit. und Mz. wird, wie die Bſp. zeigen, von unſern beſten
Schriftſt. angewendet. Verkl. Jungchen. Goltz 1, 61;
68; 71; 140 ꝛc.; Jüngel (jüd.). Kompert Pfl. 1, 22; 2,
167; Jüngelchen. Droyſen A. 3, 419; Immermann M. 1,
421; Keller gH. 2,14; Die empfindſamen Frauenzimmerchen
und Jüngelchen. W. 13, 240 ꝛc. Über die Zſſtzg. wie:
Ein Dummer jungen-Streich; Meine Dumm ejungen-Angſt ꝛc.
ſ. Arm II., Anm. und „Hoher-Prieſter“.
Zſſtzg. vielfach, nam. zu 3 (ſ. d. und vgl. die von
Burſche, Knecht ꝛc.), leicht zu mehren und zu verſtehen
nach den folgenden, vgl. zu [1] die von Knabe: Āūf-
warte- [3]. Bácks- [3]: (Schiff.) der Junge bei
einer Back, der für dieſe das Eſſen zu holen hat ꝛc., ſ.
Schiffs-J. Bāūer- [1]: L. 11, 29 ꝛc. Bérg-
[3]: in Bergwerken die geringern Arbeiten verrichtend,
nam. das Erz von dem Berg ſcheidend. Béttel-
[1]: Strolche und B–n. Stahr Jahr 2, 128. Blítz-
[1]: ſ. Blitz 2c, bewundernde Bez. eines Knaben, ein
verwetterter Junge,, Wetter-J., Pracht-, Kern-J. ꝛc.
Höfer V. 85 ꝛc. Eſſen-: Schornſteinfeger-J.: Ein
ſchwarzer Oſſen-J. G. 27, 211. Fabrīk- [3]: in
einer Fabrik arbeitend. Fálken- [3]: Lehr-J.
eines Falkners. Gä́nſe- [3]: Gänſe hütend.
Gä́rtner- [3]. Gáſſen- [1]: wild und roh,
ſich auf den Gaſſen umhertreibend, Straßen-J. Sch.
104b ꝛc. Grōß-: Etwa mit dem zwölften Jahre wurde
er [der Leibeigene] zur wirklichen Ackerarbeit verwandt, er er-
hielt dann den Titel Kleinjunge und mit demſelben einen Lohn
von 4 bis 5 Mark; mit dem fünfzehnten Jahr aber wurde
er G. mit einem Lohn von 8 Mark. Forchhammer (Mager
Leſeb. 2, 166), ſ. Großknecht ꝛc. Grūben- [3]:
den Bergleuten in den Gruben an die Hand gehend.
Hándwerks- [3]. Hérzens- [1]: herzlieber
Junge. Hírten- [3]. Hōf-: z. B. [3] an
einem fürſtlichen Hof dienend. Klinger F. 397.
Húnde-: 1) [3] der die Jagdhunde zu futtern hat ꝛc.
2) (übertr.) verächtliche, ſchimpfende Bez. eines Men-
ſchen, der die demüthigendſte, niedrigſte Behandlung
verdient: Die H–n .. verdienen, daß man ſie unter die
Füße tritt. Forſter Br. 1, 277; Daß ein Volk kein H. ſei.
Freiligrath Garb. 105 ꝛc. Hütten- [3]: z. B. in
den Glashütten: Ein H., welcher die Waare nach dem
Kühlofen trägt. Karmarſch 2, 137. Jǟger- [3]: ſ.
Jägerburſch. Jūden- [1]: Ein armes Judenjün-
gelchen. König Jer. 3, 60. Kêgel- [3]: die Kegel
für die Spieler aufſetzend ꝛc. Kérn-: ſ. Blitz-J.
Platen 4, 39. Klēīn-: ſ. Groß-J. Küchen-
[3]. Lāden- [3]: bei Kaufleuten im Laden dienend.
Möſer Ph. 2, 317. Lêhr- [3]: Lehrling: Der,
welcher als Lehrjung’ gehudelt worden iſt, Der hudelt,
wenn er Geſell geworden iſt, den neuen L–n ebenſo. Auer-
bach Gv. 333. Marmótten- [1]: Savoyar-
denknabe, der ein Murmelthier ſeine Künſte zeigen
läſſt. W. 19, 330. Mörtel-: Maurerhandlanger.
Zinkgräf 1, 265. Múſter-: z. B. [1] Zögling einer
ſogen. Muſterſchule; [3] Burſche eines Muſterzeich-
ners ꝛc. Stahr Jahr 2, 217. Hber- [3]: ſ. Unter-
J. Pfêrde- [3]: Pferde hütend: Dem Kuhhirten,
dem Schweppen- oder Pf–n. Grube Geogr. 3, 81.
Póch- [3]: Berg-J., der Erz pocht ꝛc. G. 18, 40.
Prácht-: ſ. Blitz-J. Rēīt- [3]: Jockey.
Rēīters- [3]: ein junger Burſch, der ſich zum Rei-
tersmann (ſ. d.) ausbildet. G. 9, 57. Rótz- [1]:
vgl. Rotzlöffel. Schǟfer- [3]. Schíffs- [3]:
junger Burſche, der auf dem Schiff aufwartet und da-
bei das Seeweſen lernt, ſ. Aufläufer. Schnēī-
der- [3]. Schūſter-: [3]; aber auch längliches
Gebäck in der Form einer Schuhſohle, „Schuhſohle“.
Weinhold 5b. Schwéppen-: Pferde-J. (ſ. d. und
vgl. Schwippe). Spīēß-: in fürſtlichem Gefolge.
Schweinichen 1, 53. Spūl- [3]: Weberlehrling,
nach ſeiner Hauptbeſchäftigung, dem Spulen.
Stáll- [3]: für das Vieh in den Ställen, nam. für
die Pferde ſorgend. Strāßen-: Gaſſen-J.
Strēīch- [3]: z. B. in Kattundruckereien der zur
Bedienung des Chaſſis angeſtellte Junge. Karmarſch 2,
356. Strōh- [3]: in den Salzwerken Lehrjunge
der Wagenlader. Tíſchler- [3]. Tēūfels-
Blitz-J. G. 25, 101. Tróſs- [3]: junger Burſche,
beim Troß dienend, Troß-Bube, -Knecht. Unter-
[3]: Hüttenw., die Planen im Unterfaß auswaſchend,
Ggſtz. Ober-J. Wáffen-: ſ. Knappe 2.
Wáſch- [3]: Hüttenw., bei der Erzwäſche beſchäftigt.
Wétter-: ſ. Blitz-J. Zīēh- [3]: (Seiden-
wirk.) die Kegel oder Zampelſchnüre am Zugſtuhl
ziehend; allgem.: ein Knabe, der zieht u. ä. m.