Faksimile 0850 | Seite 842
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Jude
Jūde, f.; –n; Jüdchen, –lein; –n-:
1) mit dem weibl.: Jūdin, f.; –nen: theils in engerm Sinn eine Person aus den Stämmen Juda und Benjamin, im Ggstz. der Israeliten, theils in weitrem Sinn, diese mit umfassend (vgl. Hebräer), dann auch: Anhänger der mosaischen Religion (vgl. Mauschel, Hepp etc.): Seit der Zerstörung Jerusalem’s leben die J–n unter allen Völkern zerstreut; Sprchw.: Schlägst du meine J–n, schlag ich deine J–n, wie du mir, so ich dir; Glaubt’s auch ein Jud’, es glaubt’s kein protestantischer Christ. Baggesen 4, 250, vgl. Horat. Sat. 1, 5, 105 etc. Der ewige J–e, nach der Sage von Christus zum rastlosen Umherirren bis zum jüngsten Tage verdammt (Schubart 2, 61; G. 2, 138 etc.), auch: Der ewig laufende Jud. Musäus M. 3, 94; übertr. auch als Bezeichnung eines rastlos Umherschweifenden überhaupt. G. 18, 107; 171 etc. 2) ohne Bezug auf die Religion, ein Wucherer; Einer, der auf schmutzige Weise nach übermäßigem und unredlichem Gewinn strebt: Es giebt zwar einige Kaufleute, die Meubles kommen lassen .., allein diese christlichen J–n fordern so unchristlich. Forster Br. 1, 495; Die J–n sowohl als ihre unbeschnittenen Herren Kollegen ließen sich mehr als zu oft dreißig bis vierzig Dukaten im Voraus zahlen. 513; Es sind J–n und Schelme [die Memnoniten]. G. Merck 1, 265; G. 3, 130; 12, 13; Zwanzig Procent nimmt der allerchristlichste J. L. 1, 483; Zinkgräf 1, 235 etc. 3) burschikos, in Zürich: ein Student, der nicht in einer Verbindung ist = Dachs, Kameel etc. 4) bei einigen Handwerken ein Lehrjunge, wenn er zum Gesellen gesprochen werden soll = Jünger. 5) ein langer Bart: Er soll mir meinen Jud’ runterputzen, man kann sich in so einem Bart morgen bei der Kirchweih doch nicht sehen lassen. Auerbach Dicht. 2, 107. 6) eine Mahlzeit ohne Fleisch. Frommann 4, 132.
Anm. Veralt., mundartl. Jüd(e). Vgl. die nachfolgenden Ableitungen.
Zsstzg. vielfach, leicht zu mehren und zu verstehn nach den folgenden: Bánd-: Jude, der mit Band u. ähnl. Kram einen Hausirerhandel treibt, Hausier-J.
Béttel-: jüdischer Bettler, Schnurr-J. Heine Reis. 4, 68. Būchhändler- [2]: Forster Br. 2, 5, vgl.: Ich habe jetzt wegen des Musenalmanachs mit den Juden- Buchhändlern ordentlich kontrahiert. Sch. G. 1, 52, und s. Korn-J.
Bündel-: mit dem Bündel hausierend umherziehend, Hausier-, Packen-J. Temme SchwM. 1, 47 etc.
Dórf-: auf einem Dorf wohnend, oder dort häufig hausierend. Erz- [1; 2]: der die Eigenschaften eines Juden in sehr hohem Grade hat und bewahrt. Gotter Schausp. 70, vgl. Stock-J. Géld- [2]: Wuchrer.
Hándels-: Jude, der Handel, namentl. Hausierhandel treibt: Herumziehen wie ein H. Scheling 2, 2, 334.
Hausīēr-: s. Handels-, Bündel-J. etc.
Hōf-:
1) Jude, der- einem Hofe in Handelsangelegenheiten fortwährende Dienste leistet etc.
2) unter dem unmittelbaren Schutz eines Hofs stehender Jude, s. Schutz-J. Kórn- [2]: Kornwucherer. Möser Ph. 2, 52; Daher bekennt sich Jeder nach seiner Art zu einem Judenthum und judenzt als Korn- oder Bücher- oder Zucker-J. IP. 31, 72, s. Getreidekauderer und Kornkipperer. Mǘnz-: ein Jude, der die Münzen mit Bruch-Silber und -Gold versieht. Pácken-: s. Bündel-J. Schácher-: schachernder Jude. Falk 57. Schnúrr-: Bettel-J.: Daß jeder Sch. mich 20mal im Tage überlisten kann. Börne 4, 276; Musäus Ph. 3, 103 etc. Schútz-: in Ländern, wo die Juden noch nicht Bürger sind, ein im bloßen Schutzverhältnis lebender Jude. Stóck-: ein steif und starr am Judenthum haltender Jude. L. Nath. 2, 5. Trȫdel-: der einen Trödelkram hat, s. Zins- J. Wúcher- [2]: Wuchrer: Den gekrönten W–n [Louis Philipp]. OMüler Volker 1, 143. Zíns-: Wucher-J.: Zins-, Trödel- und Betteljuden. H. Ph. 10, 116. Zúcker-: s. Korn-J. u. ä. m.