Faksimile 0814 | Seite 806
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hungern
Húngern: 1) tr.: Einen h. (ſelten, mundartl.), in
ihm das Gefühl des Hungers erregen, ſ. Schm. und
z. B.: In 60 Tagen werden ſie feiſt, und ſonderlich, ſo man
ſie drei Tag vorhin hüngeret, eh man ſie auf die Möſt
[Maſt] legt. Eppendorf 85 ꝛc. (vgl. dürſten und dur-
ſten ꝛc.). Auch paſſiv: Mein Falk iſt ſcharf gehungert und
ganz leer. V. Sh. 3, 411 ꝛc., ſ. aus-h. ꝛc. Dazu
auch: 2) unperſ.: Es hungert mich, es, d. h. ein Unbe-
kanntes, nur aus ſeinen Wirkungen zu Erkennendes,
erregt in mir die Empfindung des Hungerns = ich
habe Hunger, ſ. 3 und Herrig 18, 107 ff., nam. 125
über den Wegfall des ,es“ im Ausſageſatz bei voran-
ſtehendem perſönl. Accuſ. oder eines Adv., oder im
Frageſatz und in abhängigen Sätzen: Mich hungert;
Hungert dich?; Hungert deinem Feind, ſo ſpeiſe ihn. Bibel;
Da ihn hungerte. ebd.; Selig ſind, die da hungert und dür-
ſtet nach der Gerechtigkeit. ebd.; Schon hungert ihn nach dem
Vermögen Anderer, welches er als ſeine Beute anſieht. Rabner
4, 366; Was brauchte wohl ein Menſch, den ſo ſehr nach
Wundern hungert, mehr als dieſen Wahn? W. 18, 99; Mich
hungerte wie ſechshundert Wölfe. 27, 149 ꝛc. 3) intr.
(haben): Hunger haben (ſ. 2): H. wie ein Wolf, wie
ein Bär (vHorn Schmj. 23); Wenn man ſatt iſt, ſoll man
gleichwohl denken, daß man wieder h. kann. Bibel; Er ließ
dich h. ebd.; Jſt Freiheit das unerſetzliche Nahrungsmittel der
Völker, welches Volk hat mehr daran gehungert [gedarbt]
als das griechiſche? Börne 3, 152; Innerlich hungert er lö-
wengleich nach Menſchenfleiſch. G. 30, 437; Ich hungere
ſchon lange nach einem Augenblick Umgang mit Euch. JvMüller
13, 151; Herrſchſucht hungert beim Raube derganzen Natur.
Sch. 172b; Es harren Viele daraufund ich hungere darnach.
Zelter 1, 221ꝛc. Auch im Infin. als ſächl. Hw. Phil. 4, 12,
im Partic. als Ew.: Abends findet er zu Hauſe | die Seinen
h–der als geſtern. Rückert Morg. 1, 104, und: Die Hung-
rer. Freiligrath H. 111; Lungerer und Hungerer. Muſäus
M. 5, 109; Jahn M. 3 ꝛc. a) Gärb.: Die Leder
haben in der Grube gehungert, nicht Lohe genug, nicht den
gehörigen Satz bekommen. 4) refl., mit Angabe der
Wirkung: Ich verderbe mir den Magen und hungere mich
wieder geſund. Forſter 1, 164; Sich todt h. ꝛc.
Zſſtzg. z. B.: Áb-, tr. und rel.: durch Hunger
abmagern ꝛc.: Hungre dich zum Schatten ab. Prutz Woch.
17; Die unbequeme Speckhaut a. [weg-h., durch Hungern
fortbringen]. Zelter 3, 476, namentl. oft: Abgehungert,
z. B. Dingelſtedt 65; Forſter R. 1, 32 ꝛc. = abgemagert,
mager und ſo übertr.: Die abgehungerte [magre, dürf-
tige] Phraſe. Zelter 6, 26. Aūs- (aushüngern Fiſchart
B. 8a; Ryff Th. 11 ꝛc.), tr., refl.: durch Hungern voll-
ſtändige Leere und die Wirkungen. derſelben erregen,
z. B.: Einen a.; Wer ſich den Magen überladen, muß ſich
a. [durch Hungern kurieren]; Eine Stadt, Feſtung a., ſie
belagernd durch Hunger zur Übergabe zwingen, und
danach auch von einem Kartenſpiel, dem ſogenannten
„A.“: Einen a., ihm alle ſeine Karten abnehmen, wo-
mit das Spiel beendet iſt (vgl. ſchwzr. Aushüngeln);
Die hungrigen Seelen a. Jeſ. 32, 6, ihnen alle geiſtige Nah-
rung vorenthalten; Seine ausgehungerten Gedärme zu er-
quicken. G. 22, 335; Beide Armeen ziehen ſich in das aus-
gehungerte Heſſen. Sch. 993b; Den Hengſt .. ſoll man mä-
ſten, die Stute .. a. [vor der Begattung]. V. Ge. 177.
Be-: veralt. ſtatt aus-h., z. B.: Eine Stadt b.
Franck Chr. 52b; Je mehr dem Geizigen trägt ſein Vermö-
gen ein, | je mehr muß er beſcharrt und wohl behungert ſein.
Rachel 8, 472. Entgêgen-, intr.: hungernd ſich
einem Gegenſtande entgegenſehnen ꝛc.: Während ihr ..
der Unſterblichkeit entgegenhungert. Heine Lut. 1, 31. Er-,
tr., refl. u. intr. (ſein): durch die Wirkung des Hun-
gers aufreiben und aufgerieben werden: Daß es ein
allmähliches E. giebt, welches in einem Zeitraum von zwan-
zig bis dreißig Jahren ſeine Reſultate liefert . .. Dies E. iſt
es eben, was ... jedes folgende Geſchlecht gegen das frühere
körperlich ſchwächer, geiſtig ſtumpfer und willenloſer macht.
Jahrhund. 2, 399; Die Menſchen zu e. und vertilgen. Luther
5, 468a; 8, 170b; Ich bin erhungert alſo ſehr. Uhland V.
650; Schweinichen 2,51; Sich e. LSchefer Rom. 5, 164 ꝛc. Mit
Uml. ſchwzr. Wackernagel 3, 1, 258 Z. 1 ꝛc., ſ. Ver-h.
Ver-, tr. und gewöhnl. intr. (ſein): er-h.: Zer-
lumpt, verhungert, hager und bleich. Chamiſſo 3, 225; Sie
war nicht .. ., | daß Nahrung ein ſie nehme, zu bewegen. |
So ließ ſie ſich ver-h. 4, 73; Ob er faſtet oder über ſeine
Autorſchaft verhungert. Muſäus Ph. 1, 136; Sie nicht zu
feiſt ziehen, noch zu gar verhüngern, daß ſie zu mager wer-
den. Ryff Th. 12.