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Guss
Gúſs, m., –es; Güſſe; Güßchen, lein; -: ſowohl
das Gießen (ſ. d., namentl. 1a; 1d und 2), als auch
das Gegoßne, und in einigen Fällen auch Etwas, wor-
aus oder wohinein gegoſſen wird ꝛc.: 1) das Gießen
[1a] einer Flüſſigkeit und die mit einem Mal auf- oder
eingegoßne Flüſſigkeit: [Er] iſt ſchon an dem Fluſſe | und
mit Blitzesſchnelle wieder | iſt er hier mit raſchem G–e. G.
1, 156; Immer neue Güſſe | bringt er ſchnell herein. ebd.;
Zu einem Gebräude gehört ſo und ſo viel Schutt [Malz],
G. [Waſſer] und Hopfen ꝛc.; Die Götter .. vermag . . |
durch Wein-G. und Gedüft der Sterbliche umzulenken. V.
Il. 9, 500. Ferner (vgl. Gießen 2: Es gießt): ein
heftig gießender Regen ꝛc., vgl.: Der Regen . ., | auf
deſſen G. ihr nun mit Schmerzen harrt. W. 10, 282; Bis
durch Sturm und G. der ſpäte Abend | ihn in ſeine friedliche
Behauſung | . . brachte. Seume Gd. 79 ꝛc., ſo auch Zſſtzg.:
Mit jedem Regen-G–e | ändert ſich dein holdes Thal. G.
1, 97; Nach den Regengüſſen des vorigen Tages. 31, 362
ꝛc.; Wie den Strom der Wetter-G. .. ſchwellt. Pfeffel
Po. 3, 177 ꝛc. Ähnlich auch: Unter Thränengüſſen.
Rückert 1, 348; Indem ein Thränen-G. | ſein ſtarres Auge
wäſcht. W. 12, 209 ꝛc.; Beim Geräuſch von kleinen Waſ-
ſer-Güſſen [Bächen]. Haler 4 ꝛc.; Dein [des Lichts]
Strahlen-G. regnet | erwärmend hernieder auf Anger und
Au. Sch. 8b ꝛc. Laß die Güß [das Trinken], ſo laſſen
dich die Flüß. Franck Laſt. C2b. Ferner heißt auch bei
Backwerken flüſſig aufgegoßner oder aufgeſtrichner und
dann hart gebackner Zucker mit Eiweiß ein G. (Glace):
Zwieback mit einem G.; Die Schneefläche, die wie ein himm-
liſcher Zucker-G. blitzte. Goltz; ferner: Der Kalk-G.,
über der Oberfläche einer Grundmauer ꝛc. 2) in
Bezug auf Gießen (1d): das Erzeugen eines Körpers
durch Gießen in beſtimmter Form und der ſo hervor-
gebrachte Körper (Gußſtück): Der G. einer Kanone,
Glocke, Gipsfigur ꝛc.; War beſorgt, der G. möchte mir nicht
gerathen. G. 29, 28; 53; Uns gute Güſſe der Antiken ſchaf-
fen. Stolb. 132; Der Gießer .. macht einen neuen G.; Die
ganze Reihe von Handgriffen verläuft mit ſolcher Schnellig-
keit, daß z. B. von Garmondſchrift ein fleißiger Gießer
12 Güſſe in einer Minute macht. Karmarſch 3, 185; 2,
104 ꝛc.; in der Eiſengießerei z. B. auch der im Stück-
ofen geſchmolzne Eiſenklumpen. 1, 185 ꝛc. Auch
übertr.: Ein Werk, eine Schrift ꝛc. iſt aus einem G., aus
einem Stück, nicht zuſammengeſtückt, ein in ſich vol-
lendetes Ganze: Alles in einem Sinn gedacht und wie
aus einem G–e gleichartig einklingend. Schleiermacher 3, 2,
29; W. 12, 30 ꝛc.; ferner: Ich arbeite es jetzt nur aus dem
G. des Diktierens ins Reine. G. Sch. 2, 18 ꝛc. Zſſtzg.
vielfach, vgl. die von Gießer, z. B.: Der Blei-G.
in der Neujahrsnacht; Steht ſie wie aus Quaderſtein | oder
Eiſen-G–e [Gußeiſen, ſ. u.]. Rückert 1, 77; Saß wie
Blei im Sattel, | wie ein Stück | aus Erz-G. Roſt. 90a;
Schöne Gipsgüſſe der Statüen; Flammofen zum Schmel-
zen der Bronce für den Kanonen-, Glocken- und St a-
tüen-G. Karmarſch 2, 103; Die Miſchungen des Kupfers
mit Zink, welche unter dem Namen Meſſing und Tomback oder
Roth-G. vorkommen. 97; Zink-G. findet nur Anwendung
auf Gegenſtände der Ornamentierung. 98 ꝛc. Ferner in
Bezug auf Das, worin gegoſſen wird: Der Hohofen-
G. 1, 680; Darnach zerfällt der Eiſen-G. (ſ. o.) in die
nachſtehenden 4 Hauptzweige: SandG-. in Formen aus
magerem Sande; Maſſe-G. in Formen aus fettem Sande
. .; Lehm-G. in aus Lehm gemachten Formen; Schalen-G.
in Formen von Gußeiſen. 681 ꝛc. 3) (ſ. 1) eine Off-
nung zum Ausgießen von Waſſer ꝛc., namentl. in den
Küchen (ſ. Goſſe 1), auch Aus-, Durch-G., Gußſtein.
Ahnlich: Dach-G., Rinne für das vom Dach abfließende
Regenwaſſer ꝛc., ferner Speck-G. oder Specktrog auf
Grönlandsfahrern, zur Befördrung des Wallfiſchſpecks
in den untern Schiffsraum ꝛc. 4) (ſ. 2) G. oder
Ein-G., das Gießloch, zum Einſchütten des flüſſigen
Metalls in die Form, z. B. beim Inſtrument der
Schriftgießer. Karmarſch 3, 178 ꝛc.; G. oder Goß auf
Mühlen der Trichter zum Aufgießen des zu mahlenden
Getreides. 5) in der Zſſtzg.: Neſſel-G., Neſſel-Aus-
guß, eine Krankheit, wobei der Körper wie mit Neſſel-
ſtichen übergoſſen erſcheint.
Anm. Veralt., mundartl. fem. z. B.: Ich hab eines
Regens und nit einer G. begehrt. ſ. L. 11, 433, und vgl.
Schm. 2, 76.
Zſſtzg. mit Bſtw. ſ. o., ferner mit Vorſ., vgl.
Zſtzg. von Gießen z. B.: Áb-: 1) [1] Der A. des
Waſſers vom Gemüſe ꝛc., zuw. (vgl. Abhub) das Ab-,
Weggegoßne, z. B.: Der Vielbeſungene, Wunderreiche
[der Rhein], er iſt gleichwohl der A. aus dem Haushalte
von vieler Herren Ländern. Volger EE. 348. 2) [2] Eine
koſtbare Sammlung von Abgüſſen der beſten Antiken. G. 23,
100; Im beſten Gips-A. 181; 201 ꝛc. 3) [3] Sie
hoben die Steinplatte von dem unterirdiſchen A. [Kanal]
hinweg. Auerbach Tag. 202; Aus den Abgüſſen (ſ. 1) länd-
licher Küchen ein karges Brot zu erleſen. Hausbl. (58) 1,
157; Der A. an einer Pfeife, Schwammdoſe (ſ. d.).
Án-: 1) das Angießen. 2) ein beim Gießen ſich an
dem gegoßnen Gegenſtand bildender Anſatz, namentl.
Schriftgieß.: der Guß-Zapfen oder Kopf an den aus
dem Gießinſtrument kommenden Lettern. Karmarſch 3,
187; 419 ꝛc. Aūf-: [1] Die Abſude rother Hölzer ..,
die Aufgüſſe gelber Pflanzen. G. 39, 272; Bei fortgeſetzten
Aufgüſſen kalten Waſſers. 40, 28; Mit Hollunderblumen-A.
Heine Tr. 60; Indem man das angebrätelte Fleiſch ganz in
dem A. verkocht. Rumohr Kochk. 55; Der A. eurer Mühle
rinnt. Rückert Mak. 1, 115. S. Gießen 1. S.
auch: Jnfuſorien, A.-Thierchen, wofür Grimm Aufgüß-
linge vorſchlägt. Aūs-: 1) [1] Der A. des Waſſers ꝛc.
(ſ. 5); auch (vgl. 3) = Ausmündung: Wir gingen das
Thal hinauf, den A. des Eisthals vorbei. G. 14, 198.
2) [2] Einen A. des koloſſalen Junokopfes, wovon das Ori-
ginal ꝛc. G. 23, 188; Der Original-A. von Schiller’s Büſte.
26, 67; WHumboldt 3, 341; Merck’s Br. 1, 309 ꝛc.
Ahnlich in Schmelzh. das vom Herde in eiſerne Pfan-
nen ꝛc. Gegoßne. 3) [3]: Alles .. als geſchmackwidri-
gen Unrath in den A. ſchütten. W. 33, 388 ꝛc. So auch der
zum Ausgießen dienende Schnabel (Tülle) eines Gefäßes.
Karmarſch 2, 157; 866 ꝛc.; die Ausgußröhren in Berg-
werken ꝛc. 4) [5] A., Neſſel-A. ꝛc., vgl.: Mich durch-
läuft ein A. [ſ. 5] kalter Schrecken. Haler 140. 5) übertr.
von 1: Er-G.: Mit dem lebendigſten A. und Gebrauſe
einer feurigen Einbildungskraft. Klinger Teutſch. 15; Werk.
2, 406; 410 ꝛc. Be-: [1] Der B. [gewöhnlicher:
das Begießen] der Blumen. Dúrch-: 1) das
Durchgießen. 2) [3] der Ort desſelben, z. B. der
Gußſtein; ein Durchſchlag zum Durchſeihen ꝛc.
Eīn-: 1) [1] das Eingießen und namentl. in der
Thierarzn. ein eingegoßner Trank. Falke 1, 233.
2) ſ. An-G. 2: Man ſchlägt den E. ab, der Topf iſt als-
dann zum Verkauf fertig. Mitſcherlich 2, 2, 90. 3) [3]
Das, worin etwas zu Gießendes eingegoſſen wird, ſo-
wohl das Gießloch, Karmarſch 2, 105; ſo z. B. des
Schriftgießerinſtruments. 3, 178 ꝛc. als auch die
ganze Form, z. B.: Zaine gießt man .. in zweitheiligen
Formen, ſogenannten Eingüſſen von gegoſſenem oder geſchmie-
detem Eiſen. 2, 717; 187; 3, 346; 1, 545 ꝛc., und ſo
Barren-, Platten-, Zain-E. ꝛc. Mundartl. = Jnlett,
Indelt (ſ. d.), wohinein die Bettfedern gegoſſen wer-
den. Er-: [1] ſ. Ausg. 1 und 5; Der E. dieſer
Stoffe. Burmeiſter gB. 1, 49; Der Regen hatte mit einem
einzigen und gewaltig ſtarken E. die Natur erfriſcht. Gutzkow
R. 1, 260 ꝛc.; Den dritten Band ſo recht in einem E. zu
vollenden. Forſter B. 2, 142. Erkenntlich in tönender
Worte E. Chamiſſo 3, 315; In unfreiwilligem E. | muß
ihn ihr Herz für Deinen Vater halten. W. 20, 216 ꝛc.; Her-
zens-E. G. 18, 105; Freude-, Schmerzens-E. ꝛc. Fêhl-:
mißrathner Guß, das das Ziel verfehlende Gießen einer
Flüſſigkeit. Kl. Od. 2, 240, nam. aber [2] Winckelmann
263. In-: mundartl. Ein-G. ūber- [1]:
Douchen .., kalte Übergüſſe. Gutzkow R. 7, 439. Um-:
das Umgießen, namentl. das Umgeſtalten durch andres
Gießen und das ſo Umgeſtaltete. Ver-: [1] Blut-
V. und Tod. Gleim 4, 173; Kl. Od. 2, 43 ꝛc. Zū-
[1]: Dem Waſſer gleich, das eben wirbelnd kochte, | das kal-
ter Z. ſchnell zum Stillſtehn zwang. Streckfuß Rol. 10, 12 ꝛc.