Faksimile 0638 | Seite 630
Faksimile 0638 | Seite 630
Faksimile 0638 | Seite 630
groß
Grōß, a., größt: Ggſtz. von klein (ſ. d.), ent-
weder mit beigefügter Maßbeſtimmung in Bezug auf
räumliche Ausdehnung oder ohne ſolche in weitrem
Sinn —: das Gewöhnliche, welches dann als Maß-
ſtab dient, in Bezug auf die Eigenſchaft, für welche
dies verglichen wird, überragend: 1) mit beigefügter
Maßbeſtimmung, zumeiſt im Accuſ., die räumliche
Ausdehnung ſowohl von Linien als auch von Flächen
und Körpern bezeichnend: a) mit Accuſ.: Einen Fuß,
Quadratfuß, Kubikfuß g.; Ein 10 Quadratruthen g–er Gar-
ten ꝛc. Auch in Bezug auf eine beſonders hervortre-
tende Ausdehnung: Wie g. [hoch] iſt der Baum? Ein
6 Fuß g–er Soldat ꝛc. b) mit ſo wie: So g. wie
eine Hand, wie ein Thaler ꝛc. Dafür namentlich
früher mit Genit. (vgl. Breit 1): Nebſt einem klei-
nen etwa eines Thalers g–en Stückchen Papier. Chamiſſo 5,
7; Einer Erbſe g. G. 2, 147; W. 10, 259; Hier einer Nuß,
dort einer Erbſe g. Ramler F. 1, 74; Und wärſt du eines
Kirchthums g. Reithard 110; Eines Fingerringes g. Rückert
Morg. 1, 59 Eines Nadelöhrs g. 60; Daß kaum noch einer
Linſe g. | davon zu ſehen war. W. 11, 199. c) in
Zſſtzg.: Den hand-g–en Bläuling. Burmeiſter g. 2, 266;
Haſelnuß-g–e Löcher. Mitſcherlich 2, 2, 305; Haupt-g–e
Nüſſe. Mühlpforth 2, 45; Von ihren Forderungen nicht na-
gels-g. nachzulaſſen. Mörike N. 141; Die Erſcheinung war
ſo rieſen-g., daß ich mich recht als Zwerg empfinden ſollte.
G. 11, 28; Mit Feueraugen tellers-g. B. 24a ꝛc. 2)ohne
Maßbeſtimmung, mit verſchieden nüancierten, vielfach
in einander übergreifenden Bedeutungen, je nach dem
gedanklich zu Grunde liegenden Vergleichspunkt, nam.
(wo im Gegenſatz faſt überall „klein“ ſtehen kann):
a) räumlich bedeutend an Ausdehnung, Umfang ꝛc.
(ſ. 1): G–e [hohe] Soldaten, Bäume ꝛc.; G–e Thiere,
Berge, Gebirge, Flüſſe, Seeen, Gärten, Schlöſſer, Häuſer,
Städte (ſ. i); Gott machte 2 g–e Lichter, ein g–es Licht,
das den Tag regieren und ein [in Vergleich zu dieſem g–en]
kleines Licht. 1. Moſ. 1, 16; Kleines und g–es Vieh. 26,
14; Die Geſtirne des g–en und des kleinen Bären; Die g–e
und die kleine Are der Ellipſe; Zimmer g. und klein. W. 12,
12, 67 ꝛc.; Die g–e Zeh; G–e Bücher; Die g–en [um-
fangreichen] Propheten (ſ. k) in der Bibel, Ggſtz.: Die
kleinen; Ein g–es Stück, ein g–er Theil des Ganzen; G–e
Entfernung; G–e Märſche, Reiſen; G–e Schritte nehmen;
G–e Augen machen (ſ. 1); Das Waſſer wird g. [ſchwillt
an]; veralt.: G–en [ſchwangern] Leibes. Zinkgräf 1, 176;
G–e Meile. Stumpf 395a; 605a, länger als die gewöhn-
liche, vgl. e, während: Eine kleine Meile eine knappe be-
zeichnet, die es nicht ganz oder doch nur kaum iſt, ſo
auch: Kleine zwei Meilen. Droyſen Y. 1, 147, im Ggſtz.:
Starke zwei Meilen. 148 ꝛc. Ähnlich zeitlich: Eine kleine
Stunde, Ggſtz.: eine volle [gewöhnl. nicht: g–e] Stunde,
vgl.: Eine kleine Weile, Zeit, einen kleinen Augenblick war-
ten ꝛc., wo g. als Ggſtz. unüblich iſt (ſ. i), dochz. B.:
Eine kleine, eine g–e Pauſe tritt ein ꝛc. b) übertr.: um-
fangreich, umfaſſend, folgenreich: G–e Irrthümer, Ver-
ſehen; Wie g. (vgl. k) iſt des Allmächtigen Güte; Das
zieht g–e Übelſtände nach ſich; Das Größte bleibt noch zu
thun ꝛc. S. auch: Kleine Diebe hängt man, g–e läſſt
man laufen [ſolche, die Viel, in bedeutendem Umfang
ſtehlen, ſ. k, vgl. g]; Männer, die gleich ins Weite und
G–e gehen. G. 15, 29; Wenn man das Handwerk ins G–e
prakticiert. Sch. 108a ꝛc. (ſ. c). c) Das G–e, das
Ganze im Ggſtz. des Zertheilten (ſ. f), das Allgemeine
im Ggſtz. des Beſondern: Er verkauft nur im G–en; Ein
Buchhändler in G. und Klein [en gros und en détail,
Verlags- und Sortimentsbuchhändler]. Nicolai 1, 171;
Die Menſchheit im Ganzen und G–en. Gutzkow R. 1, 26;
Das Vuch im Ganzen und G–en verdient Lob, obgleich, wer
ins Einzelne und Kleine geht, manche Ungenauigkeit zu tadeln
hat ꝛc., ſ. auch Klein 1d. d) (ſ. a) von Menſchen
und Thieren = erwachſen: G–e Mädchen müſſen nicht
mehr mit Puppen ſpielen; Ein kleines Kind g. päppeln; Vieh
g. ziehn; Das Kind wird nicht g.; Wenn G–e (g–e Leute)
ſprechen, müſſen kleine Kinder ſchweigen; G. und Klein (ſ. g)
= Alt und Jung; veralt., im Komparativ: Japhet,
des Größeren Bruder. 1. Moſ. 10, 21; 25, 23; vgl.: S.
Jakob den Kleinern. Luther 1, 114b; Hob am Größeſten an
bis auf den Jüngſten. e) bedeutend an Zahl, Menge
ꝛc.: G–e Vorräthe, Mengen, Maſſen, Zahlen; G–es Ge-
folge, Leichenbegängnis, Gaſtmahl; Der g–e Haufe, die g–e
Maſſe des Volks [das gemeine Volk]; Der g–e [äußre,
viele Mitglieder zählende] Rath, Ggſtz.: Der kleine oder
engre Rath ꝛc. Veralt.: Ein g–es Hundert [12 mal 10
ſtatt 10 mal 10, vgl. Groß = 12 mal 12]; ein g–es
Tauſend [1200], im Ggſtz. zum „kleinen“ oder ge-
wöhnlichen Hundert, Tauſend. f) bedeutend an
Werth: G–es Vermögen; Ein großes Geſchenk; Ein g–er
Gewinn; Das g–e Loos; G–es Geld = g–e Summen.
G. 29, 10; Rückert Mak. 1, 92; ferner: ſ. Thaler; auch
(ſ. c) hartes Geld, im Ggſtz. des „kleinen Gelds“,
der Scheidemünze. g) bedeutend an Dem, was äu-
ßern Werth verleiht, reich, mächtig, vornehm, hoch-
geſtellt: Er ward ein g–er Mann .., daß er viel Gut hatte.
1. Moſ. 26, 13, vgl.: Die kleinern auf dem Lande wohnen-
den und gewerbenden Menſchen. Arndt E. 294 ꝛc.; Ein g–er
Mann bedeutet bei den Holländern ebenſoviel als ein reicher
Mann. Kant SchE. 93; G–e Handlungshäuſer ꝛc.; Moſe
war ein ſehr g–er [angeſehner] Mann in Ägypten. 2. Moſ.
11, 3; Der g–e [mächtige] König; Die g–e [vornehme]
Welt; Der g–e Name [Ruhm]. Sch. 53b; Die kahle Ehre,
die ein G–er Jhnen erwieſen hat. L. 12, 411; Um ihn die
G–en der Krone (vgl. Grande). Sch. 70a; Klein und G.
(ſ. d) = Leute jedes Standes, vornehm und gering ꝛc.
h) (ſ. g) zuweilen mit dem Nebenbegriff des Unbe-
gründeten, Prahlenden, z. B.: Der g–e Hans (ſ. d.);
Sich ein g–es Anſehn geben; Eine g–e Miene annehmen;
Sich g. machen; g. thun mit dem ſcherzhaften Ggſtz.
„klein thun“. G. Zelt. 1, 431 g. prahlen, ſprechen (ſ. l),
dazu: Großprahler, Großſprecher, ugw.: Ich bin kein g–er
Sprecher. W. 15, 112. i) bedeutend durch innre dem
Geiſt imponierende Eigenſchaften: G. u. edel denken (ſ. 1);
G–e Gedanken, Thaten; In einer g–en Zeit leben; Ein g–er,
bedeutungsvoller Augenblick; Ein g–es [großartiges] Schau-
ſpiel; Eine g–e Stadt (verſch. a), die den Ggſtz. eines klein-
lichen, kleinſtädtiſchen Treibens zeigt; Die g–e Welt (ſ.
d.); G–e Männer; Keine Kleinheit unter einem g–en Scheine
ertragen. G. 10, 190; Ein g–er Charakter. 39, 293;
Meine Wünſche ſind, wie meine Gaben (ſ. f), | g. und
kühn. Platen 4, 276; Kleinſtes wird an Dem getadelt, | der
in Menge Größtes adelt. Rückert Morg. 1, 185; Eine g–e
Epoche hat das Jahrhundert geboren, | aber der g–e Mo-
ment findet ein kleines Geſchlecht. Sch. 94a; Der kleine g–e
[ſich g. dünkende] Mann. 97b; Es iſt etwas G–es, ich
muß es verehren, | um einer Herrſcherin fürſtlichen Sinn.
492b; Seine bloße Schuldigkeit thun, hat nichts G–es.
1132a; Was ich eine ſchöne und zugleich eine g–e Seele
nenne. W. 29, 133 ꝛc. k) bedeutend der Intenſität
nach; die Eigenſchaften, welche das Weſen des Ge-
nannten ausmachen, in hohem Grad beſitzend: Eine
g–e Kleinigkeit [etwas ſehr Geringfügiges]; G–e Kälte,
Hitze; minder gw.: Iſt ſolcher g–er [ſtrenger] Winter ge-
weſen. Hammer RH. 385; Jm größten Sommer. Kompert
Pfl. 1, 111 ꝛc.; G–e Angſt, Furcht, Freude, Unruhe, Auf-
regung, Dummheit, Laſt; G–er Eifer, Fleiß, Tumult, Jubel,
Lärm, Schreck, Kummer, Schmerz, Hunger, Durſt; G–es
Glück, Unglück, Leiden, Verbrechen, Laſter; G–er Dichter,
Muſiker, Künſtler, Prophet (verſch. a), Narr, Lügner, Trin-
ker, Säufer, Spieler, Sünder, Spitzbube, Dieb (ſ. b) ꝛc.;
Daß ich einen kleinen etwas g–en Zank mit Jhnen an-
fange. Zelter 1, 300. Jn manchen Fällen minder
gw.: Schwur den g–en [hohen] Eid. Stolberg Jl. 19, 113;
Mit g–em [heftigem] Weinen. Streckſuß Rol. 8, 44; In
ſeinem g–en [hohen] Alter. Weidner 40 ꝛc. l) der Ge-
brauch als Adv. iſt ebenſo wie bei Gering und Klein
ſehr beſchränkt und in manchen Fällen dabei auch mehr
elliptiſcher Natur, z. B.: Einen g. anblicken, anglotzen
= mit g–en [weitaufgerißnen] Augen; G. denken =
mit g–em (edlem) Sinn; G. anfangen, auftreten, als
ein Großer oder Vornehmer ꝛc., vgl.: Er hatte klein
angefangen [als kleiner, unbedeutender Kaufmann]. Engel
1, 97; Klein von Jemand denken, urtheilen; G. ſprechen,
thun [als ob man g. wäre] ꝛc. In: Einen (ſich) g. machen
aber iſt g. prädikat. Ew.: machen, daß er g. wird,
ähnlich auch: Einen, Etwas [für, als] g. achten ꝛc. Ver-
alt.: G. halten von Einem, von ſich. Richter 5, 16; Apoſtelg.
5, 13 = Großes, große Stücke (ſ. d.) ꝛc. Nam.
aber entſpricht dem intenſiven G. (k) als Adv. im
Allgem. ſehr (ſ. Größlich, Anm.), z. B.: Jch habe
g–en Hunger, mich hungert ſehr [nicht: g.]. Das iſt
mir eine g–e Freude, freut mich ſehr ꝛc., vgl.: Jch habe
einen kleinen Verluſt gehabt, Wenig oder Etwas
verloren; Das war kein kleiner Schreck, ich habe mich
nicht wenig erſchrocken. Trotzdem findet ſich in einigen
Wendungen ſtatt des adverb. Sehr auch g. (doch nicht
der Ggſtz. klein), wofür das oben Bemerkte zu beachten
iſt, z. B.: Haſt g. Recht [= g–es Recht, iron.] hier
zum Geprahle. B. 48b; G. hab’ ich ſo eben Nichts nöthig.
48b; Niemand freute ſich g., wenn ꝛc. Hebel 3, 176; Ob es
ſich überhaupt mit ihr g. der Mühe verlohnen dürfte. L. 12,
277; Sich nicht g. darum bekümmern. Luther 6, 417b;
Meint, ’s hätt’ Nienand g. gehört, aber die Laurer hatten
’s Wort einmal weg. Muſäus Ph. 1, 54 ꝛc. Über:
Möglichſt g. und größtmöglich ꝛc. ſ. Möglich.
Anm. Ahd. mhd. gröz, wahrſcheinl. von einem Stamm
mit der Urbed. des Wachſens, vgl. agſ. gróvan, engl. grow
(wachſen). Der Superlat. zuw. gedehnt: Größ e ſt; veralt.
Steigrung ohne Uml.: Je großer. Ryff Th. 28; 23 ꝛc.
Tadelhaft iſt die geſchärfte Ausſprache des „ö“, der die
Schreibw. Gröſſer, der gröſste entſpräche.
Zſſtzg. ſ. 1c, fernerg. B.: Gérne-: ſ. Gern 1d.
Hímmel-: Die lieben blauen [Augen-] Sterne ſchaun
mich an ſo h. Heine Lied. 289. Hōf- [2g]: Ihr H–en
[vornehme Hofmänner], ihr habt Etwas auf dem
–Klēīn- [2i]:
Kerbholz. Droyſen Y. 1, 51.
deſſen Größe auf etwas in der That nur Kleinem
beruht, große und kleine Eigenſchaften in ſich ver-
einigend ꝛc.: Solch k–e, verächtlich-ſchätzbare Originale.
Leſſing 12, 420. Lêbens-: von Bildern ꝛc. in
natürlicher oder Lebensgröße, nicht in verjüngtem
Maßſtab: L–e Statuen. G. 31, 96. Míttel-: von
mittlerer Größe: M–e Blindſchleichen. Tſchudi Th. 171.
Natūr-: in natürlicher Großheit: Die Schlangen
vollziehen den Befehl des Obern feierlich und n. in ihrer Art,
wie Erdbeben die Länder verwüſten. Heinſe A. 2, 65.
Schēīn-: groß ſcheinend ohne wahre Größe.
Ǖber-: allzugroß, ungemein groß: So ü., das man
ſich zu deſſen Höhe nicht aufſchwingen konnte. G. 31, 357;
39, 84 ꝛc. Ūr-: ungemein groß: Eine u–e Natur.
Kühne Ch. 1, 223. Wúnder-: wunderbar groß:
Den w–en Hirſchen. Schaidenreißer 42a u. ä. m.