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Griff 1)
Griff, m., –(e)s; –e; –chen, lein; -: 1) das
Greifen: Einen G. nach, in Etwas thun; Der Habicht giebt
der Taube einen G., ſchlägt die Fänge ein; Der Ton auf
einer Harfe, wo er nach dem G–e noch forthallt. Engel 8,
340 (ſ. 2b); An dieſem G. der ſtarken Fauſt | empfinde ꝛc.
G. 10, 288; Er fand nirgend eine Handhabe zu einem chriſt-
lichen G. Gotthelf U. 2, 304; Packte er mit ſicherm G. am
Hals. Hebel 3, 167; Legte ſich Hammer und Zange zum G–e
bereit. Immermann M. 1, 253 ꝛc. (ſ. 2). 2) die Art,
wie Etwas gegriffen wird oder zu greifen, anzufaſſen
iſt, z. B.: a) Es iſt nicht ſchwer zu heben, wenn man den
rechten G. [Hand-G.] heraus hat; Etwas am, im G. ha-
ben (wie der Bettler die Laus), durch Übung ſchon beim
bloßen Angreifen einer Sache das Nöthige davon wiſſen,
damit leicht und gehörig umzugehn wiſſen (ſ. 3b und
Dreh-G.); Der weder Art noch G. | zum Steuern weiß
und kann. Opitz. b) (ſ. a) Muſ.: die Art u. Weiſe
des Greifens beim Spielen: „Seht ihr, Dies ſind die
G–e“. Aber die habe ich eben nicht in meiner Gewalt, um
irgend eine Harmonie hervorzubringen. Schlegel Sh. 3, 261;
Gerücht iſt eine Pfeife .. von ſo leichtem G–e, daß ſogar ..
die wandelbare Menge | drauf ſpielen kann. 6, 187; G. 18,
305 ꝛc. c) Turnk.: G. beim Ringen ꝛc., und z. B.
nach der verſchiedenen Richtung der Hand und ihrer
Theile: Auf-, Ellen-, Kamm-, Riſt-, Speich-, Unter-G. ſ.
Jahn Turnb. 69 ff.; Zwie-G., Verbindung von zwei ver-
ſchiednen Griffen für die beiden Hände ꝛc. d) (ſ. a)
namentl. auch von Ränken, Schlichen, Kniffen, Prak-
tiken, wodurch man Etwas zu erreichen ſtrebt, vgl. 5a
und Geiers-G.: Allerhand G–e brauchen; Arge, liſtige,
krumme G–e; Ein feiner G. L. 3, 351; Der Kern des gan-
zen Rechts, das Ränk’ und G–e lehrt. Lichtwer 152; Dem
Reich Chriſti muß er mit andern G–en zuſetzen. Luther 6,
317a; Hat das G–lein gefunden. 8, 256b. 3) der Ort,
wo Etwas gegriffen wird, zu greifen, anzugreifen iſt,
z. B.: a) Der G. eines Schloſſes, einer Kurbel, einer Ahle,
eines Bohrers, eines Ruders, eines Degens ꝛc. (vgl. Hand-
habe): Er faſſt die Klinge mit der Hand und bietet ſeinem
Widerſacher den G. dar. Börne Frz. 104; Klingen | mit dia-
mantbeſetztem G. Freiligrath Gd. 1, 132 ꝛc.; Der meſſingne
(oder Meſſing-) G. einer Kommode, zum Aufziehn derſel-
ben; Der G. einer Violine, Laute (ſ. Griffbrett) ꝛc., u. ſo
auch in Zſſtzg.: Schloß-, Kurbel-, Riegel- ꝛc., Degen-,
Rapier- ꝛc., Geigen-, Lauten-G. (vgl. 2b) u. ä. m.
b) Schlachter: die Stellen am Rindvieh,
wohin man greift, um zu prüfen, wie fett es iſt. ſ.
Stalder 1, 479; Der G. [der Kuh] vom Kinn anfangend und
auf die Knie niederhängend. Tſchudi Th. 594. 4) als
Maß, ſoviel man mit einem Mal greifend faſſen kann,
z. B.: a) Forſtw. = Spanne, ſ. Grifſig.
b) Landwirth: Armvoll gemäheten Getreides (ſ.
Froſch 8): Längs dem Schwad’ hinſanken die häufigen G–e
zur Erde . . Hinter den Mähern | ſammelten Knaben die G’.
V. Il. 18, 453 ff. c) Nadler: Ein G. Nadelſchäfte,
ſoviel der Zuſpitzer mit einem Mal greift, 25—40
Stückꝛc. 5) Das, womit man greift, das Greifende,
namentl.: a) weidm.: die Klaue der Raubvögel;
übertr.: Da Städt’ und Länder kaum der Großen G–e fül-
len. Hagedorn 1, 56, ſ. Geiers-G. Schleſien ſeinem
[Friedrich des Gr.] eiſernen G. zu entreißen. Steger Biogr.
90. b) am Hufeiſen im Gegenſatz der ſeitlichen
Stollen das vorn hervorragende Stück, womit das
Pferd gleichſam in die Erde eingreift.
Zſſtzg. ſ. 3a und 2c und vgl. die von Greifen; fer-
ner z. B.: Adlers- [5a]. Án-: das Angreifen
(ſ. d. namentl. 1a, b und e), ſo: 1) veralt.: die Ver-
haftung Jemands und das Recht dazu; Der zweite A.,
im Ggſtz. jenes erſten, die Tortur; ferner im Lehns-
recht: Den A. verrichten, an den Mantel des Belehnten
greifen als Zeichen der Mitbelehnung, ſ. Mantel-G.
2) das Hand-Anlegen, das Anfangen, Beginnen
von einem Thun: Ein Werk, einen Bau, eine Schrift (Guh-
rauer L. 1, 242) ꝛc. in A. nehmen, angreifen, anfangen;
Den A. des Geſchäfts zu beſchleunigen. G. 27, 326; Ich
kann mir immer ſchon ein Stückchen abſchneiden für den erſten
A. Immermann M. 3, 300; Die Weber ſchlichten zum A.,
ſo daß ſie anfangen können zu weben. 3) das An-
rücken gegen Jemand in feindlicher Abſicht, thätlich
oder mit Worten ꝛc.: Der A. auf die Feſtung, auf Jeman-
des Ehre; Nachdem ſogar auf ein ſo edles Leben ein A. ge-
ſchehen war. Sch. 858a ꝛc.; Der A. des Feindes [ſubjekt.
oder objekt. Genit.]; Sich vielen A–en ausſetzen; Seine
Frömmigkeit hat nicht einmal dem allerſchwächſten A. wider-
ſtehen können. Möſer 4, 193 ꝛc. Auch Zſſtzg. z. B.: Sich
einem Flanken- oder Rücken-A. auszuſetzen. Pz. 3, 178;
Ohne Jhren entſchloſſenen Gegen-A. 183; Seydlitzens
ſtürmiſcher Reiter-A. ebd.; Ein Parallel-A., bei wel-
chem der blaue Himmel als Reſerve dient. 191; Zur Zeit des
Haupt-A–s. ebd. ꝛc. 4) ſelten ſt. Griff, Hand-G.
eines Werkzeugs, doch an den Riegeln der Schlöſſer
die Zähnchen, an die der Schlüſſel angreifen muß.
Be-: 1) ſ. Begreifen 1e: Im B. ſein, ſtehn, Etwas zu
thun, gerade, eben dabei ſein, ſich dazu anſchicken, da-
mit beſchäftigt ſein: Der Alte, juſt im B., ein Plänchen
auszufeilen. W. 11, 181 ꝛc., ungw. mit paſſ. Infin.:
Er entwiſchte allemal, wenn er im B. war gefangen zu wer-
den. 1, 23, vgl.: ſich fangen zu laſſen oder: wenn Jener
im B. war, ihn zu fangen. 2) (ſ. Begreifen 1c) Das,
was Etwas in ſich faſſt oder begreift, umſchließt, der
Umfang (veralt.): Das Schloß Altenburg iſt eines ziemlich
weiten B–s geweſen. Stumpf 538a ꝛc. 3) (ſ. 2) Das,
was den weſentlichen Inhalt von Etwas zuſammen-
faſſend in ſich begreift, nam. von Schriften, Kern:
Kurzer B. der chriſtlichen Lehre ꝛc., aber auch: Die Jung-
fern .. ſind éin kurzer B. von allen Zierlichkeiten. Logau
1258 ꝛc., häufiger In-B. 4) (ſ. 2 und 3 und Be-
greifen 1e) eine das Einzelne der Erfahrung in ſich
zuſammienfaſſende Vorſtellung von Etwas: Die B–e,
welche auf dem Wege der Erfahrung in den Verſtand des
bloß ſinnlichen Menſchen kommen, von den Jdeen, welche
ſchlechthin ohne alle Erfahrung durch das in ſich ſelber ſelb-
ſtändige Leben in dem Begeiſterten ſich entzünden, ſtreng zu
unterſcheiden. Fichte 7, 69; B. iſt Summe, Jdee Reſultat
der Erfahrung; jene zu ziehen, wird Verſtand, dieſe zu
erfaſſen Vernunft erfordert. G. 3, 324 (vgl. 202; 266;
39, 18 ff.; Zelter 1, 232); Vom menſchlichen Körper ..
habe ich nur einen allgemeinen B., der eigentlich gar kein B. iſt.
14, 169; Durch ſinnliches Anſchauen, durch B–e mit ihnen
[den Kunſtwörtern] verſöhnt. 15, 45; Eben wo B–e feh-
len, | da ſtellt ein Wort zur rechten Zeit ſich ein. 11, 81;
Beide, der Gegenſtand und der B. müſſen genau Einerlei
enthalten. Kant ph. Rel. 57; Wenn Beide ſodann einerlei
Worte brauchen, werden ſie auch einerlei B–e damit verbin-
den? F. 11, 113; Läſſt ſich das ganze Leben Wilhelms voll-
kommen unter dieſem B–e faſſen und erſchöpfen. Sch. G. 2,
118; Von den B–en der Dinge. ChrWolff; Keinen B. von
Etwas haben; Das überſteigt alle B–e ꝛc. 5) (ſ. 4) die
Fähigkeit des geiſtigen Begreifens: Leichten, ſchweren
B–s ſein ꝛc. 6) in vielen Zſſtzg. z. B.: Gattungs-
B. (1). Schelling 2, 2, 25. Man gelangt nicht zum Ge-
mein-B–e (4), weil ſich Alles in Einzelnheiten auflöſt.
Auerbach SchV. 23. Grund-B. (4). Schelling 2, 2,
69. Haupt-B. (4). In-B. (3), z. B.: Du
In-B. der holden Schlummerſäfte, | du Auszug aller tödt-
lich feinen Kräfte. G. 11, 31; Muß ich an dieſem hinge-
ſtreckten Leibe | den In-B. von allen Himmeln ſehn? 103 ꝛc.,
ſeltner, veralt. (ſ. 2): Daß darunter ein Erſtreck und In-
B. von 300 Scheffeln Einfall .. verſtanden wird. Erbvergl.
§ 8. Der eigentliche Lehr-B. (3) der römiſchen Kirche.
L. 10, 245 U. v. Dieſe wenigen unerheblichen Miſs-
B–e (4, falſchen B–e) von geſchehenen Dingen. 55; Der
immer thut, als ob er den B. nicht ſähe oder immer ſich
einen Schatten von Miß-B. ſchafft, an welchem er zum
Ritter werde. 212. Aller Tadel heraufwärts oder hinab-
wärts iſt mit Neben-B–en (4) und Kleinheiten vermiſcht.
G. 10, 190. Das Sokratiſiren, welches vermeintlich an-
geborene Religions-B–e (4) aus dem Kinde herausfra-
gen will. Raumer Päd. 3, 1, 33. Meiſt aus Albernheit
un-B. (5, Mangel an Begriff) und Enge. G. 14, 80;
Die Künſtler büßen offenbar den Fehler und Un-B. der Zeit
am ſchwerſten. 26, 72; Der Dünkel der Unternehmer iſt dem
Un-B. gleich. Sch. 5, 87. Werke, zu deren Verſtändnis
er mit ſeinen erworbenen Vor-B–en (4, die ſchon vor-
handnen, die vorhergehenden Begriffe) ausreichte. 32,
293; Schelling 2, 2, 25 ꝛc. Einen ſo hellen, von Vor-
urtheilen und Wahn-B–en (4, falſche Begriffe) ſo ge-
reinigten Verſtand. W. 22, 45; 18, 100; 127; 19, 193;
24, 223; Sch. 410a u. ä. m. Dīēbs- [2d].
Dráchen- [3]: Griff in Form eines Drachens: Meſſer
mit einem D. Arnim Kron. 1, 284. Drêh-: [3a],
auch übertr.: Sie hatte die Achſe der Welt am D. Gutzkow
R. 8, 60. Eīn-: ſ. Eingreifen 1 und 2: E. des
Kammrads in das Getriebe; Ein E. in mein Recht, Amt ꝛc.
Fāhrt-: Bergb.: Fahrtklammer, ſich beim Ein-
und Ausfahren greifend daran feſtzuhalten. Fêhl-:
falſcher, verfehlter Griff, Irrthum: So will ich ihm ſeine
F–e und meine Kunſtgriffe zeigen. IP. 1, 10. Gêgen-:
Griff, der einem andern entgegenwirkt, dieſen unwirk-
ſam macht: Kein Kunſtgriff nützt, womit der Alte greift und
wehrt, | er hat den G. den Jungen auch gelehrt. Rückert BE.
4. Gēīers- [5a]: Vor euren Klauen und G–en, |
vor euren Praktiken und böſen Kniffen | iſt das Geld nicht
geborgen. Sch. 325a. Glās-: Glash.: Werkzeug
zum Formen, nam. Ausbauchen des Glaſes, ſ. Römer-
Eiſen. Hánd-: 1) das Greifen mit der Hand und
nam. [2a] die Art und Weiſe, wie Etwas, z. B. bei
den Soldaten das Gewehr, anzugreifen, zu handhaben
iſt: Die H–e machen, manoeuvrieren, beſ. aber die durch
Übung erlangte Fertigkeit und Geſchicklichkeit in der
Handhabung; Das, wodurch man leicht, ſchnell und
ſicher zum Ziel kommt: Jede Kunſt, jedes Handwerk hat
beſondere H–e, vgl. Kunſt-G.; Vom Verſuch . . zum ge-
wiſſen H. vorſchreiten. G. 39, 125. 2) [3a] Hand-
habe: H. des Hammers, z. B. auch des Knöchleins im
Ohr, des Degens ꝛc. Hildebrands-, Hílperts-:
[2d] Kniffe, Praktiken, wie LorFries († 1550) ſagt, ſ.
Frommann 2, 21, nach Hildebrand Papſt Gregor VII.
benannt. Kúnſt-: ein kunſtgemäßer Hand-
G. (ſ. d. 1); Vortheil in der Handhabung, wodurch
man ein Ziel zu erreichen ſucht, zuw. auch von Ränken
und Kniffen: Was man ausübte, ſprach man als tech-
niſchen K., nicht als Grundſatz aus. G. 31, 443; Galileī
hatte ſich ſchon einer ähnlichen Wendung bedient .., hier
bedient ſich ein Jeſuit desſelben K–s. 187; Welcher müh-
ſeligen K–e [Ränke] es bedürfen werde, die Anwendung
durchzuführen. 234; Ich ſuchte allerlei K–e, mich ihr zu
nähern. 19, 58; 15, 151; Ein großer Redner-K. Lichten-
berg 2, 325 ꝛc. Lúſt-: Luſt gewährender Griff ꝛc.,
z. B. [2b]: Fortepiano, auf dem er einige L–e that. Heinſe
Hild. 1, 4. Mántel-: Griff an den Mantel, ſ. An-
G. 1. Míſs-: Fehl-G., Verſehn, Fehler, Irrthum:
Das ganze Wörterbuch ſchauſpieleriſcher M–e und Fehler.
Börne 5, 228; Dunkeln Zeiten ſind ſolche M–e nachzuſehen.
G. 39, 80; 18, 165 ꝛc. Schélm- [2d]: Das Hei-
ligthum mit diebiſchen Händen durchbrochen und mit einem
Sch. die geweihten Gefäße entwandt. Sch. 122a. Über-:
(ſ. Übergreifen) Ein-G.: Sich Ü–e in ein fremdes Ge-
biet erlauben. Um-: (ſ. Umgreifen I. und II.):
Wenn ſeine Arme Umfang und U. genug hätten. Arndt E.
239; Die U–e [das Umſichgreifen, die Fortſchritte] un-
ſerer Literatur. Gervinus Lit. 5, 580. Vōr-: (ſ. Vor-
greifen) die Vorwegnahme ꝛc.: Dieſe Philoſophie iſt gar
nicht zu Hauſe in dieſem Zeitalter, ſondern ſie iſt ein V. der
Zeit und ein ſchon im Voraus fertiges Lebenselement eines
Geſchlechtes, das in demſelben erſt zum Lichte erwachen ſoll.
Fichte 7, 309; Ein inſtinktmäßiger V. vor allen Räſonne-
ment. Lichtenberg 2, 28; Ein V. in die folgende Zeit. Schel-
ling 2, 2, 349. Wórt-: (veralt.) raſche, ge-
wandte Rede. Zinkgräf 1, V; Logogryph. Schottel 985.
Zū-: (ſ. Zugreifen): Vieler Z. | hält ein Schiff.
(Sprchw.) Schottel 1122a ꝛc.