Faksimile 0613 | Seite 605
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Gnug Genug Genung gnung.
Gnūg (am häufigſten: Genūg, oft: Genúng, ſel-
ten Gnúng. H. 15, 120 ꝛc.), a.: ſoviel als nöthig iſt;
ſoviel daß darüber hinaus Nichts erfordert wird; hin-
länglich, ſattſam; die Mitte zwiſchen Zu-Viel und Zu-
Wenig haltend: 1) adjektiviſch neben Hw. oder ſub-
ſtant., theils ohne Hw., theils mit abhängigem Hw.
im Genit. Das Hauptwort kann nach- oder vorſtehn,
Letztres gewöhnlicher: Zuviel kann man wohl trinken, doch
trinkt man nie genug, nie Wein g., nie g. Wein,
nie des Weins g., nie g. des Weins; Brots genug. Spr.
20, 13; Stärke genug. Jeſ. 40, 29; Nun müſſen Bach und
Klee genung | verliebter Zähren ſaugen. B. 7a; Es ſtehen in
unſerm Garten | der blühenden Roſen genung. Chamiſſo 3,
131; Genug und ſatt Menſchen finden. Claudius 5, 72; Ge-
nug hab ich gekämpft und Thränen gnug vergoſſen. Gotter
2, 277; Kaum wirſt du Blicke genug für alle Diener finden.
G. 7, 23; Haben bereits genug Vortheile .. gefiſcht. Heine
Lut. 1, 202; Geben der guten Worte ſatt und gnug. Muſäus
Ph. 2, 90; Auch im Lager | giebt es der braven Männer
gnug. Sch. 358a ꝛc. Hängt das Hw. von einer Prä-
poſition ab, ſo ſteht g. zuweilen vor dieſer: Wie ſoll ich
euch genug mit Freud’ und Segen empfangen? G. 13, 99;
34, 178. a) als Prädikat bei ausgedrücktem oder zu
ergänzendem „ſein“: Es iſt Wein g. (g. Wein, g. des
Weins, des Weins g.) für mich in der Flaſche; Das iſt mir
grade g.; Das iſt nicht Zeug g. zu einer Jacke; Das Auge
ſelbſt iſt ſich nicht genug [genügt ſich nicht, vgl. b]. G.
26, 231; G. des Scherzes! Laß gnug ſein an der Schmach.
Rückert Roſt. 23b; Laß, Vater, genug ſein das grauſame
Spiel. Sch. 64a; Laß des Spiels g. ſein; Es iſt genug, daß
jeglicher Tag ſeine eigene Plage habe. Matth. 6, 34; Es iſt
dem Jünger genug, daß er ſei, wie ſein Meiſter. 10, 25;
Gnug, daß ſie ſich betrügen! G. 7, 20. Daher: G.! =
kurz und gut; wie Dem auch ſei; Das Angegebne ge-
nügt für den Zweck ꝛc.: 6, 59; 8, 13; Er mochte nun
aber hierzu viel oder wenig Grund haben: genung, verſchie-
dene Orthodoxen hatten ihn im Verdacht. L. 11, 601; 610;
30; W. 11, 78; 228; 12, 67 ꝛc. b) als Obj., na-
mentl.: An der Hälfte (vollkommen, hinreichend, mehr als)
g. haben; G. haben [betrunken ſein]; Bald hatte das arme
Thier genung [es ging mit ihm zu Ende]. G. 11, 87;
G. bekommen, kriegen ꝛc.; Einem (G. 6, 24), ſich (12,
61), einer Sache (39, 288) genug thun, ſie befriedigen, ſo
daß ſie Nichts mehr verlangen können. 2) als Adv.,
neben prädikativen Ew. oder Adverbien, in der Regel
nachſtehnd: Wer hat, was er gebraucht, iſt immer reich ge-
nug; Er iſt für dieſe Stelle nicht gelehrt g.; Als Dilettant
ſpielt er fertig g.; Der Gaul iſt ſo mir gut genug, | ich will
für Beßres danken. Chamiſſo 3, 214; Ich bin belohnt genung.
G. 1, 60; 144; 11, 164; Sie ſind vollſtändig genug
[ſ. 4], um zu befriedigen, fragmentariſch genug, um anzurei-
zen, hinlänglich barbariſch, um aufzufordern ꝛc. 18,
193 ꝛc. Bei attrib. Ew. vermeide man im Allgem.
die Verbindung mit G.: Ein Ereignis, das bekannt g. iſt;
Ein hinlänglich [ſ. d.], zur Genüge bekanntes Ereignis; Den
ſattſam [ſ. d.] gefährlichen Zug. Baggeſen 1, 73 ꝛc. S.
Genugſam. Doch findet ſich auch hin und wieder g.
vor dem (prädikat. oder attrib.) Ew. u. Adv., z. B.:
Der Erdenkreis iſt mir genug bekannt. G. 12, 284; Hat es
genug lächerlich gemacht. Heinſe A. 2, 52; Bei ſolchen Ge-
fahren kann man nicht genug behutſam ſein. 259; Die genug
bekannten Antworten darauf herſagen. FHJacobi 5, 104;
Das Wort heißt zu gedehnt und das nicht gnug geſchleift.
L. 1, 181; Seid ihr genug wachſam? V. Ant. 1, 385 ꝛc.,
wo „bekannt ſein“, „lächerlich machen“ ꝛc. gleichſam
als ein Begriff erſcheinen (ſ. 1), vgl. namentl. zu der
Stelle Leſſing’s: Er ſchleift das Wort nicht g. ꝛc. Här-
ter dagegen erſcheint die Stellung z B.: Genug ſelt-
ſamen Ausdruckes mag mein . . Brief ausgefallen ſein. Cha-
miſſo 5, 124; G. Lav. 167 [ſ. 4]; Von einem genug hohen
Punkte müßte man .. das Banat überſehen können. Kapper
Chr. 2, 152; O genug ſchön! V. Th. 15, 3, vgl.: Es ge-
brach der Zung’ an genug unwilligen Worten. Ov. 1, 355,
was nach dem Sprachgebrauch den Mangel an der
genügenden Zahl unwilliger Worte bezeichnet, nicht
aber an Worten, die noch nicht den Unwillen zur Ge-
nüge bekunden ꝛc. —– 3) als attrib. Ew. iſt G. unüb-
lich, obgleich Rückert2, 406 wagt: Gott, der allgenuge
[der Nichts weiter bedürfende], vgl. den verkürzten
Relativſatz: Becher, allgenug für Götterzungen. B. 76a =
der dafür allgenug iſt, ſie befriedigt. S. Genugſam ꝛc.,
ferner zuw. als ſächl. Hw.: Ein ſüßes Genug ſtillt jeg-
liche Sehnſucht. Baggeſen 1, 174. 4) für 1 und 2
beachte man nachfolgende Sätze mit „(um) zu“: Er iſt
reich g. (hat Geld g.), (um) ſo auftreten zu können, ſein
Reichthum genügt zu dieſem Auftreten, macht es ihm
möglich: Ob er gleich zart genug gefinnt war, um zu fühlen,
daß ꝛc. G. 18, 67; Du wäreſt Teufel gnug, mein Glück mir
nicht zu gönnen. 11, 143; Der zwar nicht Manns genung
iſt, ſeine Verdienſte zu ſchätzen, aber doch ein genung zärtliches
[2] Herz hat, ſie zu verehren. Lav. 167; Bin ich denn nicht
Frauenzimmers genug, um einer kurzen Unterhaltung werth
zu ſein? L. 1, 319; Hier ſind ja Ritter gnug, die Marken
zu vertheidigen. Rückert Roſt. 58a; Sei unbeſonnen gnug,
ihm deines Vaters .. Geheimnis preiszugeben. Sch. 359b ꝛc.
Mit pleonaſtiſcher Verneinung: Er hatte genug [zu-
viel] vernommen, um nicht tief ergriffen zu ſein. Gutzkow
Diak. 49. Vgl.: Wir fabeln ſo [ohnehin] genug, als daß
wir dieſe gefährliche Eigenſchaft .. noch ſteigern ſollten. G.
18, 73, wo das „als“ ebenfalls einem bei dem g. ge-
dachten Zu-Viel entſpricht ꝛc.
Anm. Goth. ganōhs, ahd. ginuoc, vgl. goth. ganah,
es reicht hin, vgl. „nah“, inſofern das Hinreichen als ein
Nähern und Erreichen erſcheint. Die ein ſilbige Form (vgl.
Gnade ꝛc.) iſt in den zſſgſtz. Ableit.: Be-, Ver-gnügen durch-
gedrungen. Die Steigrung iſt unüblich.
Zſſtzg.: Áll- [3]. über-: mehr als genug:
Haben noch genug des weißen Brotes, | übergnug auch noch
des rothen Weines. Talvj 2, 174.