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Gleichen
I. Glēīchen, glich (gleichte), geglichen (gegleicht)
[Anm.]: 1) tr.: gleich machen: a) Etwas gleich (ſ. d.
1f— h) d. h. grade, eben, glatt machen: Den Fußboden,
das Stabeiſen g.; Sie ſchmälert, gleicht und ſchwärzt der
Augen dünnes Haar. Rachel 1, 347; Wie haſt du .. meiner
Stirne Falten .. gegleicht! Thümmel 1, 162 ꝛc. Auch
übertr. (ſ. Aus-g.) = Etwas ins Gleiche (ſ. Gleich
II. 2d) bringen: Muſſt all die garſt’gen Wörter lindern |
Und gleich das Alles ſo fortan, | wie du ſchon ehmals
wohl gethan. G. 6, 68. b) Etwas g., in Bezug auf
etwas Andres, als Maß oder Maßſtab Dienendes, es
Dieſem gleich machen: Münzen g., juſtieren; Gewichte g.,
eichen; Eine Wage g., beide Arme gleich ſchwer machen;
März iſt ein lieber Mond | Tag und Nächte kann g. Arndt
51; Es gleichte ſchon die Wage | an dem Himmel Nächt’
und Tage. Sch. 59b (ſ. Nachtgleiche und Gleicher).
Auch: Seine Tapferkeit | erſetzt die Zahl und gleichet die-
ſen Streit [macht den ungleichen gleich]. Alxinger D. 127.
Und refl.: Darum ſollt ihr euch ihnen nicht g. [es
nicht ſo wie ſie machen]. Matth. 6, 8; Er gleichte ſich die-
ſem oder jenem Helden [nahin deſſen Geſtalt an] und frei-
lich in dieſer Gleichung war der Gott nicht zu erkennen.
H. 4, 173. c) Etwas (Einen) einem Andern g., es ihm
in der Schätzung gleich ſtellen; urtheilen, daß Beides
gleich ſei (ſ. Ver-g.): Auf Erden iſt ihm Niemand zu g.
Hiob 41, 24; Klagel. 2, 13; Heſ. 31, 8; Spr. 3, 15;
Meinem Roß an Pharao Wagen | gleich ich, o Freundin,
dich. H. R. 7, 10 (Hohel. 1, 9). Auch refl.: Schwerlich
vermag dir | irgend ein Mann ſich zu g. V. Od. 23, 126 ꝛc.
(ſ. 2). 2) intr. (haben): gleich ſein: Sich (Dat.,
einander, Einer dem Andern) g. wie ein Ei (Blatt, Halm,
Tropfen) dem andern; Einem an Geſtalt, Geiſt, Rang, Werth
g.; Sich (Dat.) in einem Porträt g. (z. B. Lichtenberg 3,
325), getroffen ſein; Gold und Diamant mag ihr nicht g.
Hiob 28, 17; [Das Kind] gleicht euch, wie aus dem Geſicht
geſchnitten. Kinkel E. 131; Sie g. ſich unter einander alle
bis aufs Härchen. Kohl E. 1, 150; Keinem, der ihr gleicht
an Tücke. Tieck Cymb. 1, 6; Ihm gleicht an Werth kein
Edelſtein. Sch. 74a; Der Spinnen kriechendem Gewürme
gleicht es, wenn es die Füße regt. 74b; Ähnlich oder viel-
mehr g–de. Zelter 2, 339 ꝛc. Auch im Infin. als ſächl.
Hw.: Iſt Dies nicht die Bildung des Majors? Solch ein
G. [ſolche Ahnlichkeit] habe ich nie geſehen. G. 15, 268.
Ähnlich auch, nam. früher, refl. (ſ. 1c): Sich
Einem g., ihm gleich ſein (ohne das Streben danach):
Der Vogel gleichet ſich dem Waſſertäuchle. Ryff Th. 96; Daß
Nichts ſich ihnen gleicht. Opitz 2, 232; Weichmann 1, 12 ꝛc.;
[Oſſian, du] gleicheſt dich dem Griechen, trotzeſt ihm. Kl.
Od. 1, 259.
Anm. Für 2 gelten als Regel die ſtarken Formen:
Glich, geglichen, doch findet ſich Gleichte z. B.
Brockes 1, 100; SClara EfA. 12, 627; JvMüler 1, 31;
Mylius (ſ. Danzel 18); Zinkgräf 1, 221 ꝛc. und ſelbſt noch
Nat.–Zeit., 8, 283 (Semper); umgekehrt findet ſich nicht ſelten
zu 1, wo die ſchwachen Formen: Gleichte, gegleicht
die richtigen ſind, die ſtarken, die nam. bei den Zſſtzg. faſt
ganz durchgedrungen ſind.|
Zſſtzg. z. B.: Áb- [1a]: Etwas durch Abnehmen,
Fortſchaffen der Unebenheiten und Verſchiedenheiten
gleich machen, z. B.: Der Asphalt wird .. mit einer Art
große Kelle abgeglichen und geglättet. Karmarſch 1, 75; 749;
Der Handſchuhmacher . .. überarbeitet die Felle mit dem
Doliermeſſer, um die Fleiſchſeite möglichſt abzugleichen. 2,
221; 841; Die Knöpfe werden auf der Drehbank an den
Rändern abgeglichen. 446; [Schichten] in welchen die Wärme-
ſchwankungen der Jahreszeiten nicht mehr bemerkbar, ſondern
zur mittleren Jahreswärme abgeglichen ſind. Volger EE. 212;
537; Stets nach Abgleichung ſtrebend. 94; 96; u. ä.
m. Kaufm.: Schuld und Fordrung gegen ein-
ander aus-g. Veralt.: Etwas a., ein genaues Ab-
bild davon liefern. Logau 13 (ſ. L. 5, 304). Án-
[1c]: Etwas einem Andern (auch von Perſ.) a., ähn-
lichen, anähnlichen, aſſimilieren: Indem er ſich [Accuſ.]
dem kühnen, außerordentlichen Ariſtophanes anzugleichen ſuchte.
G. 27, 434; Dieſe verfluchte erſte Grundfaſer hat ſich [Dat.]
alles Übrige angeglichen. 29, 295 ꝛc. Āūs-: 1) [1a]
Etwas vollſtändig gleichen, ins Gleiche bringen, die
Unebenheiten ꝛc. herausbringen, fortſchaffen, oft übertr.
(ſ. Ver-g. 2): Eine Differenz, Rechnung, einen Streit,
Zwiſt, Wirren ꝛc., dann auch: Die Streitenden mit ein-
ander a.; Die Parteien haben ſich ausgeglichen; So haben
wir alles Böſe wieder ausgeglichen [gutgemacht]. G. 4,
284; An des Berges ausgeglichner [geebneter] Seite. 6,
279; Schien ſich in die Welt zu finden, an ihr ſich auszu-
gleichen [abzuſchleifen, ſeine Herbheit zu verlieren]. 18,
132; 268; Alles Scharfe zu mildern und das Unebene aus-
zugleichen. 22, 141; 220; Berg und Thal .. gleichen ſich
vor ihnen aus. 32, 263; Den verſchiedenen einander ent-
gegengeſetzten nicht auszugleichenden Denkweiſen. 33, 49;
Sich nachgeben, ſich wechſelſeitig a. 35, 149 u. v.
2) intr.: Das Pferd hat ausgegleicht, ſeine Eckzähne ſind
den übrigen an Länge gleich geworden, was im achten
Jahr geſchieht. Campe.
Anm. Veralt. in Bed. 1. Ausgegleicht z.B. Lohen-
ſtein A. 1, 75; 681 ꝛc.
Eīn- [1a]: ins Gleiche bringen, durch Aus-
gleichung einrichten (ſelten): Nach Theaterkonventionen
Natur und Wahrheit zu verſchneiden und einzugleichen. G.
7, 222. Ver-: 1) [1a und b] gleich, grade, eben
machen, einem Dinge die gehörige, paſſende Form,
Schwere ꝛc. geben, z. B.: Eiſenſtangen v. [grade rich-
ten]; Daß man die zufällig entſtandnen .. Hügel vergleiche
[ebne]. G. 15, 155; 152; 18; [Der Gipsmarmor] wird
auf naſſen Kalk gemalt und hinterdrein vom Maurer ver-
glichen [geebnet, geglättet]. 26, 90; Aus dem Äſcher wer-
den die Felle ausgeſpült, verglichen [1b], d. h. die Zipfel
von Füßen, Schwanz und Kopf abgeſchnitten. Knapp Techn.
2, 581, gleich groß gemacht; Der Töpfer vergleicht den
Thon, macht ihn durch Knoten gleichförmig; Der Gold-
ſchläger vergleicht die Goldblättchen, ſortiert die gleich-
ſchweren zuſammen u. ä. m. 2) übertr. zu 1 (ſ.
Aus-g.): Eine Differenz, etwas Streitiges, die ſtreitigen
Parteien v., durch gütliche Übereinkunft den Streit bei-
legen, ordnen, ins Gleiche bringen, und refl.: Die
Parteien haben ſich verglichen; Die rechtlich um den Beſitz
ſtritten, .. ſtarben, verdarben, verglichen ſich. G. 22, 96;
Was Übels geſchehn iſt, Das läſſt ſich v. 5, 204; Dann
wollen wir’s in Frieden ſchon v. Sch. 543h; Die Drohung,
ſich mit den Schweden zu v. [Frieden zu ſchließen]. 977b;
Was Wunder, | wenn Klelia .. ſich mit Möglichkeit der
Sache bald vergleicht [ausſöhnt]. W. 11, 191; Seitdem
ſich Beide ſo verglichen [die Übereinkunft getroffen]. 12,
86; Nachdem .. ſich mein zweifelnd Herz kaum mit ſich
ſelbſt verglich [einig war], | ob mich kein eitler Traum
betrogen. 181; 31, 422 ꝛc. 3) [1c] Etwas mit etwas
Anderem, als Maß Dienendem, prüfend zuſammenhal-
ten, um zu ſehen, ob und in wie weit überhaupt oder
in Bezug auf ein beſtimmtes Merkmal eine Ahnlich-
keit, Ubereinſtimmung zwiſchen Beiden ſtattfindet.
Dies wird allgem. bez. durch die Fügung: Etwas
(Einen) mit Etwas (mit Einem) v.; dagegen bez. der
bloße Dat. ſt. mit die Zuſammenſtellung von etwas
wirklich Übereinſtimmendem, Gleichem [1c]: Man kann
z. B. die verſchiedenſten Dinge mit einander, einen klugen
Mann mit einem thörichten, v., eben um ihre Verſchiedenheit
recht zu erkennen ꝛc., aber: Die edlen Kinder Zion’s, dem
Golde gleich geachtet, wie ſind ſie nun den irdenen Töpfen
verglichen! [gleich geworden]. Klagel. 4, 2; Den vergleiche
ich einem klugen Manne .. Der Andre aber iſt einem thö-
richten Manne gleich. Matth. 7, 24; Du ſiehſt ſo ernſt, Ge-
liebter! Deine m Bilde | von Marmor hier möcht’ ich dich
wohl v. .. Mit dir verglichen, zeigt der Stein ſich milde.
G. 2, 5; 1, 278; Da er dieſes heitere Kompliment, mit dem
Urtexte unverglichen, noch ganz artig fand. 18, 241 ꝛc.
Ungw. an ſt. Dat.: Ja, du biſt wohl an Jris zu v. 2,
101. Abweichungen, die ſich hin und wieder finden,
werden Feinhörenden den angegebnen Unterſchied nur
beſtätigen und es verſteht ſich, daß in einzelnen Fällen
mit einer Nüance beide Fügungen ſtehen können, wie
denn auch nam. im Partic. ſowohl der Ggſtd., welcher
als auch der, womit er verglichen wird, wegbleiben
kann, z. B.: V–de Anatomie, Sprachlehre ꝛc.; auch refl.
z. B.: Unſere Zeit vergleicht ſich den ſeltenſten Zeiten. G.
5, 50; Doch war . . ihr keine beider Töchter jemals gleich, |
und ſoll ſich eine ja mit ihr v., | ſo hat Lukretia gewiß das
Recht. 13, 97; Der Leidenſchaften Art vergleicht ſich mun-
tern Pferden. Lichtwer 193; Mit der an Schnelle keine, | an
Wuth ſich keine vergleicht [vergleichen läſſt]. Sch. 74a.
Veralt. dagegen: Seine vordern Füße v. ſich [ſind gleich]
des Hunds Füßen. Ryff Th. 19 ꝛc.
Anm. Früher oft das Partic. Vergleicht z. B. Hiob
13, 12; Luther 1, 540b; 6, 12a; 24b; 328b; Daß Keine
ihr in Fürſichtigkeit müge vergleicht werden. Schaidenreißer
6a; 14a u. o. Daß das Getöne ſich den Schlägen auf Am-
boſſen vergleichte [gleich war]. Lohenſtein (Wackernagel 3,
1, 880 Z. 12). Zu 2 gehört meiſt Vergleich (ſ. d.),
wie zu 1 und 3 Vergleichung.
Zū- [1a]: Münzw.: den Schnitt der Benehm-
Schere am Rande vergleichen, daß er nicht ſichtbar
bleibt.