Faksimile 0603 | Seite 595
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Gleichen
I. Glēīchen, glich (gleichte), geglichen (gegleicht) [Anm.]:
1) tr.: gleich machen:
a) Etwas gleich (s. d. 1f— h) d. h. grade, eben, glatt machen: Den Fußboden, das Stabeisen g.; Sie schmälert, gleicht und schwärzt der Augen dünnes Haar. Rachel 1, 347; Wie hast du .. meiner Stirne Falten .. gegleicht! Thümmel 1, 162 etc. Auch übertr. (s. Aus-g.) = Etwas ins Gleiche (s. Gleich II. 2d) bringen: Musst all die garst’gen Wörter lindern | Und gleich das Alles so fortan, | wie du schon ehmals wohl gethan. G. 6, 68.
b) Etwas g., in Bezug auf etwas Andres, als Maß oder Maßstab Dienendes, es Diesem gleich machen: Münzen g., justieren; Gewichte g., eichen; Eine Wage g., beide Arme gleich schwer machen; März ist ein lieber Mond | Tag und Nächte kann g. Arndt 51; Es gleichte schon die Wage | an dem Himmel Nächt’ und Tage. Sch. 59b (s. Nachtgleiche und Gleicher). Auch: Seine Tapferkeit | ersetzt die Zahl und gleichet diesen Streit [macht den ungleichen gleich]. Alxinger D. 127. Und refl.: Darum sollt ihr euch ihnen nicht g. [es nicht so wie sie machen]. Matth. 6, 8; Er gleichte sich diesem oder jenem Helden [nahin dessen Gestalt an] und freilich in dieser Gleichung war der Gott nicht zu erkennen. H. 4, 173.
c) Etwas (Einen) einem Andern g., es ihm in der Schätzung gleich stellen; urtheilen, daß Beides gleich sei (s. Ver-g.): Auf Erden ist ihm Niemand zu g. Hiob 41, 24; Klagel. 2, 13; Hes. 31, 8; Spr. 3, 15; Meinem Roß an Pharao Wagen | gleich ich, o Freundin, dich. H. R. 7, 10 (Hohel. 1, 9). Auch refl.: Schwerlich vermag dir | irgend ein Mann sich zu g. V. Od. 23, 126 etc. (s. 2). 2) intr. (haben): gleich sein: Sich (Dat., einander, Einer dem Andern) g. wie ein Ei (Blatt, Halm, Tropfen) dem andern; Einem an Gestalt, Geist, Rang, Werth g.; Sich (Dat.) in einem Porträt g. (z. B. Lichtenberg 3, 325), getroffen sein; Gold und Diamant mag ihr nicht g. Hiob 28, 17; [Das Kind] gleicht euch, wie aus dem Gesicht geschnitten. Kinkel E. 131; Sie g. sich unter einander alle bis aufs Härchen. Kohl E. 1, 150; Keinem, der ihr gleicht an Tücke. Tieck Cymb. 1, 6; Ihm gleicht an Werth kein Edelstein. Sch. 74a; Der Spinnen kriechendem Gewürme gleicht es, wenn es die Füße regt. 74b; Ähnlich oder vielmehr g–de. Zelter 2, 339 etc. Auch im Infin. als sächl. Hw.: Ist Dies nicht die Bildung des Majors? Solch ein G. [solche Ahnlichkeit] habe ich nie gesehen. G. 15, 268. Ähnlich auch, nam. früher, refl. (s. 1c): Sich Einem g., ihm gleich sein (ohne das Streben danach): Der Vogel gleichet sich dem Wassertäuchle. Ryff Th. 96; Daß Nichts sich ihnen gleicht. Opitz 2, 232; Weichmann 1, 12 etc.; [Ossian, du] gleichest dich dem Griechen, trotzest ihm. Kl. Od. 1, 259.
Anm. Für 2 gelten als Regel die starken Formen: Glich, geglichen, doch findet sich Gleichte z. B. Brockes 1, 100; SClara EfA. 12, 627; JvMüler 1, 31; Mylius (s. Danzel 18); Zinkgräf 1, 221 etc. und selbst noch Nat.–Zeit., 8, 283 (Semper); umgekehrt findet sich nicht selten zu 1, wo die schwachen Formen: Gleichte, gegleicht die richtigen sind, die starken, die nam. bei den Zsstzg. fast ganz durchgedrungen sind.|
Zsstzg. z. B.: Áb- [1a]: Etwas durch Abnehmen, Fortschaffen der Unebenheiten und Verschiedenheiten gleich machen, z. B.: Der Asphalt wird .. mit einer Art große Kelle abgeglichen und geglättet. Karmarsch 1, 75; 749; Der Handschuhmacher . .. überarbeitet die Felle mit dem Doliermesser, um die Fleischseite möglichst abzugleichen. 2, 221; 841; Die Knöpfe werden auf der Drehbank an den Rändern abgeglichen. 446; [Schichten] in welchen die Wärmeschwankungen der Jahreszeiten nicht mehr bemerkbar, sondern zur mittleren Jahreswärme abgeglichen sind. Volger EE. 212; 537; Stets nach Abgleichung strebend. 94; 96; u. ä. m. Kaufm.: Schuld und Fordrung gegen ein- ander aus-g. Veralt.: Etwas a., ein genaues Abbild davon liefern. Logau 13 (s. L. 5, 304). Án- [1c]: Etwas einem Andern (auch von Pers.) a., ähnlichen, anähnlichen, assimilieren: Indem er sich [Accus.] dem kühnen, außerordentlichen Aristophanes anzugleichen suchte. G. 27, 434; Diese verfluchte erste Grundfaser hat sich [Dat.] alles Übrige angeglichen. 29, 295 etc.
Āūs-:
1) [1a] Etwas vollständig gleichen, ins Gleiche bringen, die Unebenheiten etc. herausbringen, fortschaffen, oft übertr. (s. Ver-g. 2): Eine Differenz, Rechnung, einen Streit, Zwist, Wirren etc., dann auch: Die Streitenden mit ein- ander a.; Die Parteien haben sich ausgeglichen; So haben wir alles Böse wieder ausgeglichen [gutgemacht]. G. 4, 284; An des Berges ausgeglichner [geebneter] Seite. 6, 279; Schien sich in die Welt zu finden, an ihr sich auszugleichen [abzuschleifen, seine Herbheit zu verlieren]. 18, 132; 268; Alles Scharfe zu mildern und das Unebene auszugleichen. 22, 141; 220; Berg und Thal .. gleichen sich vor ihnen aus. 32, 263; Den verschiedenen einander entgegengesetzten nicht auszugleichenden Denkweisen. 33, 49; Sich nachgeben, sich wechselseitig a. 35, 149 u. v. 2) intr.: Das Pferd hat ausgegleicht, seine Eckzähne sind den übrigen an Länge gleich geworden, was im achten Jahr geschieht. Campe.
Anm. Veralt. in Bed. 1. Ausgegleicht z.B. Lohen- stein A. 1, 75; 681 etc. Eīn- [1a]: ins Gleiche bringen, durch Ausgleichung einrichten (selten): Nach Theaterkonventionen Natur und Wahrheit zu verschneiden und einzugleichen. G. 7, 222. Ver-:
1) [1a und b] gleich, grade, eben machen, einem Dinge die gehörige, passende Form, Schwere etc. geben, z. B.: Eisenstangen v. [grade richten]; Daß man die zufällig entstandnen .. Hügel vergleiche [ebne]. G. 15, 155; 152; 18; [Der Gipsmarmor] wird auf nassen Kalk gemalt und hinterdrein vom Maurer verglichen [geebnet, geglättet]. 26, 90; Aus dem Äscher werden die Felle ausgespült, verglichen [1b], d. h. die Zipfel von Füßen, Schwanz und Kopf abgeschnitten. Knapp Techn. 2, 581, gleich groß gemacht; Der Töpfer vergleicht den Thon, macht ihn durch Knoten gleichförmig; Der Goldschläger vergleicht die Goldblättchen, sortiert die gleichschweren zusammen u. ä. m.
2) übertr. zu 1 (s. Aus-g.): Eine Differenz, etwas Streitiges, die streitigen Parteien v., durch gütliche Übereinkunft den Streit beilegen, ordnen, ins Gleiche bringen, und refl.: Die Parteien haben sich verglichen; Die rechtlich um den Besitz stritten, .. starben, verdarben, verglichen sich. G. 22, 96; Was Übels geschehn ist, Das lässt sich v. 5, 204; Dann wollen wir’s in Frieden schon v. Sch. 543h; Die Drohung, sich mit den Schweden zu v. [Frieden zu schließen]. 977b; Was Wunder, | wenn Klelia .. sich mit Möglichkeit der Sache bald vergleicht [aussöhnt]. W. 11, 191; Seitdem sich Beide so verglichen [die Übereinkunft getroffen]. 12, 86; Nachdem .. sich mein zweifelnd Herz kaum mit sich selbst verglich [einig war], | ob mich kein eitler Traum betrogen. 181; 31, 422 etc.
3) [1c] Etwas mit etwas Anderem, als Maß Dienendem, prüfend zusammenhalten, um zu sehen, ob und in wie weit überhaupt oder in Bezug auf ein bestimmtes Merkmal eine Ahnlichkeit, Ubereinstimmung zwischen Beiden stattfindet. Dies wird allgem. bez. durch die Fügung: Etwas (Einen) mit Etwas (mit Einem) v.; dagegen bez. der bloße Dat. st. mit die Zusammenstellung von etwas wirklich Übereinstimmendem, Gleichem [1c]: Man kann z. B. die verschiedensten Dinge mit einander, einen klugen Mann mit einem thörichten, v., eben um ihre Verschiedenheit recht zu erkennen etc., aber: Die edlen Kinder Zion’s, dem Golde gleich geachtet, wie sind sie nun den irdenen Töpfen verglichen! [gleich geworden]. Klagel. 4, 2; Den vergleiche ich einem klugen Manne .. Der Andre aber ist einem thörichten Manne gleich. Matth. 7, 24; Du siehst so ernst, Geliebter! Deine m Bilde | von Marmor hier möcht’ ich dich wohl v. .. Mit dir verglichen, zeigt der Stein sich milde. G. 2, 5; 1, 278; Da er dieses heitere Kompliment, mit dem Urtexte unverglichen, noch ganz artig fand. 18, 241 etc. Ungw. an st. Dat.: Ja, du bist wohl an Jris zu v. 2, 101. Abweichungen, die sich hin und wieder finden, werden Feinhörenden den angegebnen Unterschied nur bestätigen und es versteht sich, daß in einzelnen Fällen mit einer Nüance beide Fügungen stehen können, wie denn auch nam. im Partic. sowohl der Ggstd., welcher als auch der, womit er verglichen wird, wegbleiben kann, z. B.: V–de Anatomie, Sprachlehre etc.; auch refl. z. B.: Unsere Zeit vergleicht sich den seltensten Zeiten. G. 5, 50; Doch war . . ihr keine beider Töchter jemals gleich, | und soll sich eine ja mit ihr v., | so hat Lukretia gewiß das Recht. 13, 97; Der Leidenschaften Art vergleicht sich muntern Pferden. Lichtwer 193; Mit der an Schnelle keine, | an Wuth sich keine vergleicht [vergleichen lässt]. Sch. 74a. Veralt. dagegen: Seine vordern Füße v. sich [sind gleich] des Hunds Füßen. Ryff Th. 19 etc.
Anm. Früher oft das Partic. Vergleicht z. B. Hiob 13, 12; Luther 1, 540b; 6, 12a; 24b; 328b; Daß Keine ihr in Fürsichtigkeit müge vergleicht werden. Schaidenreißer 6a; 14a u. o. Daß das Getöne sich den Schlägen auf Ambossen vergleichte [gleich war]. Lohenstein (Wackernagel 3, 1, 880 Z. 12). Zu 2 gehört meist Vergleich (s. d.), wie zu 1 und 3 Vergleichung. Zū- [1a]: Münzw.: den Schnitt der Benehm- Schere am Rande vergleichen, daß er nicht sichtbar bleibt.