Faksimile 0594 | Seite 586
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Beginnen
Beginnen, begann, begänne (begönne); begon-
nen: 1) tr.: anfangen (ſ. d.), anheben: a) mit Hw.
oder Fw. als Obj.: Du endeſt leicht, was du begonnen
haſt. G. 13, 61; Das von oben herein zu vollenden, was er
von unten herauf begonnen hatte. 15, 19; Jſegrim aber, der
Wolf, begann die Klage. 5, 124; Eh ich den ſchweren Strauß
begann. Sch. 66b; Witz und Entzücken begonnen [Anm.]
nun ihren Wechſel. Schlegel Luc. 9 ꝛc. b) oft tritt der
Begriff des Anfangs hinter den des Thuns, Vorhabens
überhaupt zurück (ſ. 2b, 3 und 5): Verruchter Kaſka,
was beginnſt du? [was haſt du vor? was thuſt du?];
Was willſt du damit, mit ihm b.?; Den Streit zuerſt be-
gonnen. G. 13, 149; Wer that’s, daß du dem Bron-
nen | und der Brüder Neid entronnen? | Joſeph ſpricht:
Gott hat’s begonnen. Rückert Morg. 1, 25; Was wer-
den wir jetzt b. [treiben] . ., | auszufüllen die Leere der
Stunden? Sch. 497a; Als begänne [Anm.] ſie den Flug
in die Wolken [als wolle ſie fliegen]. Hölderlin H. 1, 97;
Auch begänne [Anm.] ſie Geſänge. Salis 26; Junge Win-
zerinnen | winken und b. [heben an, tanzen] | deutſchen
Ringeltanz. 58; Matthiſſon A. 11, 30 ꝛc. 2) mit ab-
häng. Zeitw.: a) mit Infin. und zu: Wenn die Sonne
beginnet, heiß zu ſcheinen. 1. Sam. 11, 9; Als zu graun be-
gann der nächſte Morgen. Platen 4, 280 u. o. b) als
Umſchreibung eines Thuns (ſ. 1a und 3): „Ach wie!“
begann er nun zu klagen; Zuletzt begann des Greiſes Sohn |
um Mord ihn anzuklagen. Chamiſſo 3, 213 ꝛc. 3) intr.:
oft mit zu ergänzendem Obj. oder Infin. (ſ. 1 u. 2),
mit haben, woran ſich jedoch auch die Fügung mit
ſein, eig. als Paſſiv von 1, ſchließt, z. B.: Ja, es
hat nicht gut begonnen [keinen guten Anfang gehabt], |
glaubt mir, und es endet nicht gut. Sch. 497; Der Streit,
Kampf, die Schlacht, der Ball, Tanz, das Schauſpiel, der
Tag, die Nacht beginnt, hat begonnen ꝛc.; Wie die Belage-
rung von Mainz ſchon begonnen war. Forſter B. 1, 125;
Nun war des Maien ſüße Zeit begonnen. AWSchlegel 1,
102 ꝛc.; Klein begonnen, groß gewonnen. (Sprchw.)
Benedix 10, 8; Als wäre die alte Welt geſtorben und eine
neue begöönne [Anm.] mit uns. Hölderlin H. 1, 132; Es
war ihm, .. eine ſelige träumeriſche Verwirrung beg änne
[Anm.] in ſeinem Haupte. Kinkel E. 22; Das wilde Ge-
birg beginnt. Kohl A. 2, 148; Mit der Kunde, daß die Ein-
fälle der Litthauer wieder begännen [Anm.]. Laube Band.
1, 58; Ha, wenn es ſo begö nne [Anm.]. Müllner 3, 70;
Wenn man mit Etwas begö nne [Anm.], das ſo einfach
ſei. Raumer Päd. 3, 1, 180; Durch die Zeit beginnt die
Liebe. Schlegel Sh. 3, 316; Er duldete es nicht, daß ich
wieder vom Vorigen [zu reden ꝛc.] begänne [Anm.].
Zſchokke 1, 140 ꝛc. Nam. oft: Ich beginne = ich be-
ginne zu ſprechen, ſpreche (vgl. 1a und 2b): Freundlich
begann ſogleich die ungeduldige Hausfrau: | Saget uns ꝛc.
G. 5, 7; Endlich aber begann die würdige Hausfrau und
ſagte. 6 (ſ. Und) ꝛc., oder im Zwiſchenſatz: Dies Alles
iſt mir unterthänig, | begann er zu Ägyptens König. Sch.
57a ꝛc. 4) mit Genit. des refler. Fw. (mundartl.
in Meißen): Er beginnet ſeiner [benimmt ſich, hat ſich]
ſehr albern. Adelung; Sie ſehen, wie ſie ihrer beginnt, wenn
ich nur ein Wort erwähne. ChrFWeiße. Ahnlich: Wie er
ſich doch beginnt, in einem Gedicht von 1668 bei Grimm
(ſ. 5). 5) der ſubſt. Infin., nicht nur in der Bed.:
das Anfangen, ſondern noch häufiger (ſ. 1a und vgl.
4 ꝛc.) = das Thun, Treiben, Vorhaben, die That:
Sich beſinnen | vor B. | macht gewinnen. (Sprchw.) Schot-
tel 1136a; Mit feurigem, munterm B. G. 5, 53; Das
frevelhafte B. 54; Böſes genug erlitten vom wüſten B. 55;
Aus dem bunten Welt-B. [Treiben der Welt]. 6,..52;
Bös B., böſes Ende. Hebel 4, 121; Ein kühnes B. iſt hal-
bes Gewinnen. Heine Rom. 155; Mit raſendem B. Sch.
491a; Ein neues Unheil und Gewalt-B. [Gewalt-
that]. 519b ꝛc. Selten Beginnung. Ferner: Vor-
gänger und Beginner der Reformation. Heine Verm. 1,
85, und dichter. von (perſonif.) Sachen: Er hatt’ auch
Alexandros die ſchwebenden Schiffe gezimmert, | jene Begin-
ner des Wehs ꝛc. V. Il. 5, 63.
Anm. Ahd. pi–kinnan, in–kinnan ꝛc., goth. du-gin-
nan. Ohne Vorſ. findet ſich nur mhd. das Imperf. gunde,
wie noch bei HSachs, ſ. Wackernagel 2, 51 Z. 20, und Brem.
Wörterb. 1, 72 Ginn, ſt. Beginn ꝛc. Über die fragliche Ab-
ſtammung ſ. Benecke 1, 528 ꝛc. Zu dem Imperf. begann
findet ſich die Nbnf.: Begonn, z. B. Forſter R. 1, 192;
H. 15, 138; Klinger Graf. 509; FSchlegel Luc. 9; Stilling
3, 179, woraus ſich im Konj. die neben beg änne gewöhn-
lichere Form begönne (ſ. nam. 3 u. vgl. Sanders Orth. 26)
erklärt. Früher oft das Imperf.: Begonnte, z. B. noch
Alxinger D. 356; Gellert 2, 150; G. 11, 137; L. 1, 189;
11, 87; Mühlpforth Hochz. 25; Opitz 1, 146; Ramler F. 3,
266; Rückert 2, 60; Stilling 2, 100; 104; Talvj 1, 146;
W. 12, 25; 20, 40; 265; 10, 271; daneben: Begunde.
1. Moſ. 6, 1; Rückert Mak. 1, 199 ꝛc.; Begunnte.
Mühlpforth Hochz. 4; Opitz 1, 189; Ramler Lichtw. 44;
Stilling 3, 118; Begonſt. Heſ. 16, 50; Luther 6, 82b;
Sie begunſten. 8, 20a; Begonſt. SW. 26, 52 (andre
Lesart: begunnt). Selten das Partic.: Begunt. Opitz
1, 151.
Zſſtzg.: An-: ſelten, und nur in den ungetrennten
Formen: Rechts a–d [von rechts anfangend]. B. 193b;
Im weiten Meere muſſt du a., | da fängt man erſt im Klei-
nen an. G. 12, 153.