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Gift
II. Gift, n. (m.), –(e)s; –e; -: jeder Stoff, der
in einen lebenden Körper eindringend auf das Leben
zerſtörend oder tödtlich einwirkt: 1) eig.: Blauſäure und
Arſenik ſind ſtarke G–e; Das G. der Schlangen; Langſames
Gift
G.; Einem G. miſchen, eingeben, beibringen, ihn mit G. ver-
geben (veralt.: hinrichten. Zinkgräf 1, 317) ꝛc.; Den Mäu-
ſen, Ratten ꝛc. G. legen, ſtellen. G. 11, 87 ꝛc.; Ich habe
ſelbſt den G. [die tödtliche Arznei] an Tauſende gegeben.
45; In ganz geſunden Leib | verzehrend heißes G. ergoſſen.
179; Daß das G. alle Wirkung gethan .. Ich weiß wohl,
daß es G. iſt und wer mir ihn gegeben. 29, 119; 123;
Der G. jener böſen Ausdünſtungen ergriff den Kardinal. 126
ꝛc. Sprchw.: Darauf kannſt du G. nehmen, z. B. Keller
LvS. 229 = Das iſt zuverſichtlich wahr, vgl.: Auf
Etwas ſterben ꝛc. S. auch Grün 8. 2) übertr.
auf Geiſtiges: Dies ſei das G. meiner Tage. Chamiſo 4,
272; 3, 265; Das G. der Sittenloſigkeit verderbt endlich
die ganze Maſſe. Forſter A. 1, 102; Verdirbt mir der G. die-
ſes Parteigeiſtes die ſchönſten Augenblicke. G. 20, 122; Es
liegt in ihr [der Theologie] ſoviel verborgnes G. | und von
der Arzenei iſt’s kaum zu unterſcheiden. 11, 80; 14, 106;
Ob die Wangen gleich des Grames G. erfahren. Nicolai 3,
16; Angefreſſen von dem ätzenden G. der abſtrakten Nega-
tion. Prutz DM. 1, 2, 519; Jammer und du Reue .. .,
ewige Zerſtörerinnen und ewige Schöpferinnen eures G–es.
Sch. 113a; Geh! | G. biſt du meinem Blut. Tieck Cymb.
1, 2; So ſoll man ihm ein jung Weib geben. Das ſei eines
Alten gewiſſes G. Zinkgräf 1, 63 ꝛc. Seltner von dem
etwas Schlimmes Zerſtörenden: Tod, ich will dir ein G.
ſein. Hoſ. 13, 14; Freiheit! .. du aller Tugend Same, | du
aller Laſter G. L. 3, 334 (vgl. Grillen-G.). 3) oft
auch = Wuth, Bosheit, inſofern ſie dem Andern zu
ſchaden, ihn zu zerſtören ſtrebt (ſ. Giftig 2): Jch biß
die Zähne zuſammen für [vor] G., daß meine Sinne ſo ſtumpf
waren. Klinger Th. 2, 197; Die Reutlinger, auf unſern
Glanz | erbittert, kochten G. Sch. 12a; Was haben Die?
ſind voller G. 326b; Voll Schmerz und G. Streckfuß Rol.
8, 13; Meinen ganzen G. und Galle .. gegen Sie auszu-
ſchütten. Merck’s B. 1, 274, und ſo oft in Verbindung
mit Galle (ſ. d.) und mit Geifer (ſ. d.).
Anm. S. I. Im Allgm. gilt heute das neutr. Das
masc., das G. (ſ. o.) daneben noch oft gebraucht, findet ſich
z. B. auch: Brockes 9, 481; Claudius 1, 111; Gleim (L.
13, 622); Lichtwer 14; Lüther 8, 256b; Mühlpforth 2, 25;
Rachel 6, 16; W. 27, 168, und in Bed. 3 läſſt Adelung nur
das masc. gelten. Außerdem findet ſich auch das fem. (ſ. Spate
1, 651 und 2, 62) z. B. Jak. 3, 8; Wie ſchmeißt und friſſt
die [„der“ 54] G. um ſich! Luther SW. 61, 51; Ein G.
zu ſuchen, ſeine Waffen .. zu vergiften. Als er ſolche G.
..nit mügen bekommen. Schaidenreißer 3a und oft bei Opitz
z. B.: Die Glieder ganz und gar mit ihrer G. durchfahren.
1, 180; Die ſüße G. der ſchnöden Eitelkeit. 1, 342, und
Stellen, die nam. den Übergang der Bed. von I. in II. zei-
gen, vgl. lat. venenum, gr. Hαρμczοz: Der blinden
Venus’ Werk, die ſüße G. zu lieben | und ſchöne Zauberei.
228; 229; 315 ꝛc. Vgl. Wortſpiele wie: Hie iſt kein
Geben | ohne G., das ihm abſtrick ſein Leben. Rollenhagen Fr.
207; Fiſchart B. 45a.
Zſſtzg. (außer veralt. mit Vorſ. wie: An-G. (m.):
Anſteckung. Luther 1, 214a ꝛc.; Ver-G. [Gift]. SW. 64,
344 ꝛc.) vielfach, wobei das Bſtw. theils (a) Das bez.,
woher das Gift rührt, theils (b) Das, worauf es töd-
tend, zerſtörend einwirkt, z. B.: Āūgen- (b): was
den Augen ſchadet, ihnen unangehm iſt: Der kleine Druck
iſt ein wahres A.; Der Blumen Schmelz, der Nachtigall
Sang | nur A. und Ohrenqual. Matthiſſon 205. Bánn-:
Zauber-G., den Geliebten herzubannen. V. Ländl. 2,
387. Bláttern-: der die Blattern erzeugende
Stoff. Dráchen- (a): tödtliches Gift ꝛc.: In gä-
rend D. haſt du | die fromme Milch der Denkart mir ver-
wandelt [3]. Sch. 544a. Flīēgen- (b). Fül-
len-: eine bei Pferden innerhalb der Schaf- und der
Harnhaut und im Magen des Fötus gefundne zähe
Maſſe, ippomanes (ſ. Falke 1, 298), die Fabeln der
Alten darüber, ſ. V. Georg. 197. Gêgen-: Etwas,
das dem Gift entgegenwirkt, ſeine Wirkung aufhebt:
Leſern, denen das G. beſſerer Schriften nicht zugänglich iſt.
Gentz 1, 110; Noch hat ſeiner Natur Kraft ... der Fäul-
nis, | ein G., widerſtanden. G. 2, 35; Sie ſucht im rauhen
Feld des Hungers G. Haller 149 u. o. Gríllen-
(b): ſcherzh. [2] Wein ꝛc. als Grillenvertreiber, Sor-
genbrecher: NSchoppen G. Kurz Sonn. 61. Klátſch-:
giftige Klatſcherei, Skandalgeſchichten. Gutkow R. 4,
146. Māūſe-, Mǟūſe- (b): gewöhnl. Arſenik.
Náttern- (a): übertr. zur Bezeichnung des ſtärk-
ſten Gifts: Das N. Verleumdung. Tieck Cymb. 3, 4.
Ottern- (a): ſ. Nattern-G. Pſ. 140, 4. Péſt-.
Pócken-: ſ. Blattern-G. Pfêrde-: Füllen-G.
Rátten-: ſ. Mauſe-G. Schlángen- (a):
G. 4, 20. Schwāben- (b): ſ. Giftmehl.
Sítten-: etwas die Sitten Vergiftendes: Wann S.
von Thronen rinnt. Tiedge Ep. 1, 116. Vīpern- (a).
Zāūber-: Zauber wirkendes ꝛc.