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Gabel
Gābel, f.; –n; Gäbelchen, ein; -: ein Werkzeug,
das an einem Stiel zwei oder mehr Spitzen (Zinken)
trägt und womit man Etwas anſpießend aufhebt, dann
auch überhaupt Dinge von ähnlicher Form: 1) bei
Tiſch, zum Eſſen dienend: Eß-, Tiſch-G.; Verkl.: Meſ-
ſerchen und Gäbelchen. Rückert 6, 38; Platen 4, 58.
Ahnliche Werkzeuge in der Wirthſchaft werden gw.
durch Bſtw. näher bez., ſ. Zſſtzg., doch z. B.: Des
Feldbau’s friedliche Rüſtung. .. Da troff vom Blute G. und
Senſe. G. 5, 55. Wir erwähnen hier Übertragungen,
z. B.: Als er geglaubt, er habe den Schuldner auf der G.
Gotthelf Sch. 328 = er könne ihn nach Belieben ab-
werfen, hergenommen von der Heu- oder Miſt-
gabel ꝛc.; Er kann Keinen auf die G. nehmen [nicht dar-
auf ſchwören, hergenommen von den beim gericht-
lichen Schwur gabelförmig in die Höh gehaltnen Fin-
gern, vgl.: Gabeln = beſchwören. Schm. 2, 9], daß es
nicht wahr iſt. Auerbach D. 1, 128 ꝛc., ferner nach dem
Lat. von den durch die demüthigende Niederlage der
Römer bekannten kaudiniſchen Engpäſſen (in Geſtalt
eines V): Wenn das Volk eben durch die kaudiniſchen G–n
der ſiegenden Reaktion hindurchgegangen. Radowitz 66 ꝛc.
2) vielfach in techn. Anwendungen, z. B.: a) Bauk.:
der Ort, wo die Winkelziegel der Dachdecke eines Kapp-
fenſters ſich mit der Decke des Dachſtuhls vereinigen.
b) Bergb.: Ein Gang macht eine G., gabelt ſich,
geht, ſich in zwei Trümmer theilend, auseinander.
Die G. des Leitarms, gabelförmiges Eiſen, worin der
Leitarm des Feldgeſtängs befeſtigt iſt ꝛc. c) Fiſch.:
gabelförmiges Werkzeug zum Fiſch-Stechen, vgl. Speer;
Aal-G. oder Dreiſtachel ꝛc. d) Gärtn.: ein ſich in
zwei Arme theilender Baum-Aſt, Zwieſel; auch die
Fäden und Ranken, womit ſich Pflanzen an andre Kör-
per anklammern: Die kleinen hervorwachſenden Gäblein der
Möhren. Reichart Gart. 3, 157; G–n der Reben. Frommann
5, 339. Man unterſch. nach der Stelle des Hervor-
tretens botan. z. B.: Achſel-, Winkel-G., cirrhus axil-
laris; Blatt-G., c. foliaris; Blattſtiel-G., c. petiolaris;
Blumenſtiel-G., c. peduncularis ꝛc. e) Hammerw.:
Werkzeug zum Auf- und Niederziehn der ausgetieften
Keſſel. f) Küche: am Geflügel das gabelförmige
Knöchlein an der Bruſt zwiſchen den Flügeln.
g) Nähter.: an Mannshemden der Theil der Man-
chette, womit die Offnung des Armels beſetzt wird. —–
h) Pferd.: der leere Raum am Hornſchuh, den der
Strahl (ſ. d.) einnimmt. i) Schachſp.: In die G.
ziehn (z. B. L. Nath. 2, 1), mit der Dame oder mit dem
Läufer nach einem Felde ziehn, von wo aus beide
Steine in diagonaler Richtung zwei feindliche Stücke
zugleich angreifen. k) Schloſſer ꝛc.: ein auf dem
Werktiſch feſtſtehndes Eiſen in Form eines lat. I, zum
Auflegen der Stockſchere beim Blechſchneiden ꝛc.
1) Uhrmach.: bei Pendeluhren das Eiſen, woran de:
Perpendikel hängt. m) Wagn.: die Deichſel eines
Einſpänners; die die Gurten für das Bockkiſſen tra-
genden Eiſen an der Seite des Kutſchenbocks; an den
Wagenwinden der obre Theil, worauf der in die Höhe
gewundne Wagen ruht (Kabel) ꝛc. n) weidm.:
das Hirſchgeweih, wenn die Stange nur ein Ende
trägt; ein Hirſch mit ſolchem heißt Gabeler, Gabel-
hirſch; zuw. auch die beiden oberſten Enden eines
Hirſchgeweihs; eine Stange mit zwei Spitzen zum
Heben der Garne auf die Forkeln (ſ. d.) und Stell-
ſtangen, auch Hebe-G. genannt; ein Werkzeug, den
Hals eines gefangnen wilden Thiers zu Boden zu
drücken; ein gabelförmiges Birkenreis, Finken aufs
Stechen zu fangen ꝛc., ſ. Gaffel.
Anm. Ahd. gapala ꝛc.; Abſtamm. unſicher; von Benecke
zu Gabe geſtellt, wohin doch wohl nur das veralt. G.,
Gaffel (ſ. d.) = Abgabe, Zins, Schoß, Abzugsgeld ꝛc.;
Zunft gehört, ſ. Schilter 339b, frz. gabelle, Salzſteuer ꝛc.
Diez 158. Dazu veralt.: Begabeln = begaben, z. B.:
Mit Küſſen nektargleich b. Weckherlin 769, vgl.: Wann mich
ihr Purpurmund begabt. B. 13a; ferner: Gabelichſter
[gabenreichſter, d. h. Gaben verleihender] Menſchenfreund.
Droyſen Ar. 1 44. S. auch Forke. Mundartl.: Eine
Gablete [Gabel voll] Klee. Gotthelf G. 281.
Zſſtzg. vielfach, z. B. nach dem Stoff: Eiſen-,
Holz-, Horn-G. ꝛc., ferner nam. nach dem Zweck der
Benutzung: Āāl- [2c]. Achſel- [2d]. Aſt-
[2d]. Tſchudi Th. 101. Báck-: der Bäcker. Frank
Weltb. 197a. Blátt-, Bláttſtiel-, Blūmen-
ſtiel [2d]. Dēīchſel- [2m]. Eſs- [1].
Fíſch- [2c]. Flēīſch-: eiſerne Gabel, das ge-
kochte Fleiſch aus dem Geſchirr zu heben; langſtielige
Gabel, Rauchfleiſch, Würſte ꝛc. an die Fleiſchbäume zu
hängen oder herunterzuheben. Gárn- [2n]: Forkel.
Hêbe- [2n]. Hémm-: zum Hemmen eines
Wagens, vgl. Hemmkette. Hēū-: zum Auf- und
Abladen des Heues. Láng-: Heu-G. im Ggſtz.
zur kürzern Miſt-G. Mēīſch-: in Brauereien zum
Meiſchen. Míſt-: zum Aufladen des Düngers.
Nétz- [2n]: Forkel. Ofen-: das Holz in den
Ofen zu ſchieben und drin zurecht zu legen.
Pflūg-: Pflugſterz. Auerbach Gv. 67. Rêben-
[2d]. Rēīch-: langſtielige Eiſengabel, Heu ꝛc. in
die Höhe zu reichen. Rēīt-, Rēūt-: in den Zinn-
hütten, die Wände aus der Reiſe zu heben und das
Grobe auszuwerfen. Salāt-: ſ. Schwenk-G.
Schóſs-: zweizackige Gabel mit hölzernem Stiel,
womit der,,Zulanger“, „Langer“ oder,,Gabler“ dem
Lader die Garben auf den Wagen hinaufreicht, plattd.
„Stakforke“, ſ. Krünitz 11, 444. Schütt-: gabel-
förmiges Holz, das ausgedroſchne Krummſtroh aufzu-
ſchütten und ſo die noch darin befindlichen Körner zu
gewinnen. Schwénk-: hölzerne Gabel, nam. zum
Durcharbeiten des Salats. Prutz DMuſ. 1, 1, 14.
Sēīfen-: (Bergb.) in den Seifenwerken ein Brett
mit Löchern und Holzzähnen zur Sondrung des Groben
vom Kleinen. Spérr-: Hemm-G. Stímm-:
ſtählerne Gabel, die angeſchlagen einen Ton von be-
ſtimmter Höhe hören läſſt, wonach muſikaliſche Inſtru-
mente geſtimmt werden. Strēū-: gabelförmiges
Holz zum Aufrütteln der Streu. Tíſch- [1].
Wúrzel- [2d] ꝛc.