Faksimile 0529 | Seite 521
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Fürst Fürstin
Fürſt, m., –en; –en (~in, f.; –nen): eig. der
Vorderſte, Oberſte, Erſte. 1) im allgm. Sinn (vgl.
Schergen-F. ꝛc.): Die Oberſten der Gemeine, die F–en
Iſraels. Joſ. 22, 30; 1. Chr. 5, 38; Da er den König
wegführete gen Babel ſammt allen F–en [,,Edlen“ Zunz]
in Juda. Jer. 27, 20 ꝛc. So auch: Der F. der Prieſter
[der Papſt]. WHumboldt 1, 344; Dem Kardinal von Guiſe
.. .Das Muſter eines königlichen Prieſters, | ein F. der
Kirche, wie ich keinen ſah. Sch. 410a; Atreus’ Sohn, der F.
[oberſte Führer] der Schaaren. 53a; Zeno und Chryſippus,
die F–en der Stoa. FSchlegel GrR. 278; Goethe war ein ge-
borner F., weil er ein Erſter und Vorderſter war an Men-
ſchenwerth, an Geiſtes- und Herzensadel. Stahr Weim. 280 ꝛc.
So heißt bibl. Chriſtus: Der F. des Lebens. Apoſtelg.
3, 15 ꝛc., andrerſeits (vgl. 2) der Teufel: Der F. dieſer
Welt. Joh. 12, 31 ꝛc.; Der F., der in der Luft herrſcht.
Epheſ. 2, 2 und übertr. von Jeruſalem: Die eine
F–in war unter den Heiden und eine Königin unter den Län-
dern, muß nun dienen. Klagel. 1, 1. Ahnl.: Den F.
[Anm.] der Jahreszeiten [Frühling]. Lichtwer 260; Den
F–en der deutſchen Weine. Ramler 22 ꝛc.; Ein Strom-F.
[der Rhein]. Freiligrath Garb. 139, vgl. König ꝛc. und
ſ. 2. 2) der regierende Herr eines Landes (vgl.
Prinz): Kaiſer, Könige und andre F–en; Völker ver-
rauſchen .., aber der F–en | einſame Häupter | glänzen er-
hellt . ., als die ragenden Gipfel der Welt. Sch. 492a.
3) Bez. einer beſtimmten Würde, eines Hoheitsgrades,
ſo z. B. früher die eigentl. Mitglieder des Fürſten-
raths; die Mitglieder des zwiſchen Kurfürſten und
Grafen mitten inne ſtehenden hohen Adels; im engſten
Sinne die regierenden Herren eines Fürſtenthums, wie
auch gefürſtete, d. h. in den Fürſtenſtand erhobne
Perſonen.
Anm. S. Firſt. Superlativ zu für = vor, ahd.
der fur(i)sto ꝛc. Veralt., mundartl. Genit.: Des F–ens.
Schaidenreißer 13b. Häufiger findet ſich noch Dat. und
Acc.: Dem, den F. (ſ. o.): Bis mich ihr . . Wunſch . . zu
ihrem F. erhob. Böttger Byr. 8, 224. Ohne Uml.: Lan-
desfurſten. Luther 8, 10a. Als Titel vor Namen, wenn
ohne Artikel, auch ohne Flexionszeichen, ſ. Graf, Herr ꝛc.:
F. [des F–en] Blücher’s Thaten; Von F. [vom F–en] Blücher;
Er lobte F. [den F–en] Blücher.
Zſſtzg. vielfach (ſ. 1), vgl. die von König, Prinz ꝛc.,
z. B.: Allēīn-: gewöhnlicher: Alleinherrſcher. Bagge-
ſen 2, 351. Apóſtel-: Papſt. Platen 2, 158.
Béttel-: armſeliger Fürſt. Zinkgräf 2, 18. Bīē-
der-: wackrer Fürſt. Ramler L. 84. Bǖcher-:
Bez. eines auf dem Büchermarkt herrſchenden Buch-
händlers. Platen 6, VI. Díchter-: ein ausgezeich-
neter, die andern überragender Dichter. G. 4, 190.
Erb-: Erbprinz ꝛc. ThKönig Luther 1, 46. Flīē-
gen-: verächtliche Bez. des Teufels, vgl. Beelzebub,
Fliegengott, Weſpenkönig ꝛc. Hagedorn 2, 125.
Frīēde-: Jeſ. 9, 6, und danach oft als Bez. Chriſti.
Claudius 6, 92; H. 16, 269 ꝛc.; aber: Brabant ernennt
ihn zum Ruhewart (Friedensfürſt, ſchlecht überſetzt).
Dingelſtedt 94; Sie ſehn im Herzog einen Friedensfür-
ſten [Fürſten, der den Frieden bringt]. Sch. 396b, und
nam. als Bez. des ſpaniſchen Günſtlings Godoy,
„wegen ſeiner Thätigkeit beim Abſchluß des Friedens
mit Frankreich“ (1795), Principe de la paz.
Gēīſtes-: Fürſt auf geiſtigem Gebiet, vgl. Dichter-
F. ꝛc. Börne 2, 177. Gēīſter-: ſ. d. vor., Fürſt
im Reich der Geiſter, z. B. Oberon. W. 20, 4.
Grōß-: eig. ein Fürſt über andre Fürſten, ſo mehr-
fach als Titel, jetzt nam. des ruſſiſchen Thronfolgers;
übertr.: Joſeph Scaliger, der G. der Philologen ſeiner Zeit.
W. HB. 1, 69. Hāūs-: (veralt.) 2. Chron. 28, 7:
„Vorſteher des Hauſes“ Zunz. Hêêr-: (veralt.)
Heerführer. 2. Chr. 16, 4; Jer. 52, 25, ſ. Kriegs-F.
Hímmels-: z. B. Die H–in, von der Jungfrau Ma-
ria, vgl. Himmelskönigin, aber auch z. B. v. der Sonne.
G. 1, 292 ꝛc. Hōch-: (ugw., vgl. Groß-F. und hoch-
fürſtlich). V. Ov. 2, 204. Höllen-: Teufel, Satan.
Hólz-: (veralt.) Oberaufſeher eines Forſtes. Nehemia
2, 8. Jūgend-: Anführer, Erſter der Jugendſchaar.
G. 26, 210. Kírchen- [1]: Papſt, geiſtlicher Fürſt ꝛc.
Heine Verm. 1, 114. Krīēges-: ein ausgezeich-
neter, den andern überlegner Feldherr, Kriegsführer:
Euer Gnaden [Wallenſtein] ſind bekannt für einen hohen
K–en. Sch. 363a; Der morgende Tag ſollte Europa ſeinen
erſten Kriegsfürſten kennen lehren. 963a. Kūr-: im
frühern deutſchen Reich ein Reichsfürſt, der den Kaiſer
mit zu küren oder zu wählen hatte, jetzt noch Titel des
Herrſchers von Heſſen-Kaſſel. Lāīen-: weltlicher
Fürſt, ſ. auch Luther 1, 155a. Lándes-: der fürſtliche
Landesherr. Lǖgen-: Teufel ꝛc. Lúmpen-:
Bettel-F. Märtyrer-: der erſte Märtyrer, Ste-
phanus. Mêêr-: Herrſcher des Meers, Neptun ꝛc.
Pfáffen-: verächtl. Bez. eines Kirchenfürſten,
nam. auch eines von Pfaffen regierten Fürſten, vgl.
Pfaffenknecht. Rēīchs-: Fürſt eines Reichs, nam.
früher im deutſchen Reich einer, deſſen Fürſtenthum
ein unmittelbares Lehen war. Rēīſe-: (ungw.)
Fürſt, der Reiſen macht. G. 6, 22. Schérgen-:
der Oberſte der Schergen, „der erſte Häſcher“. Platen
4, 286. Vīce-: Schalt-F., ein den Fürſten ver-
tretender Statthalter. Vīēr-: Tetrarch, Fürſt über
den vierten Theil eines eigentlichen Fürſtenthums:
Herodes, der V. Matth. 14, 1 ꝛc.; Sch. 107a. Wāhl-:
1) Kur-F. 2) ein gewählter Fürſt, im Ggſtz. des
erblichen. Börne 2, 177 u. ä. m.