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fühlen Über-Fühlen
Fühlen, tr., refl., intr. (haben):
das Bewusstsein einer Empfindung haben; durchs Gefühl (s. d.) tastend od. allgm. durch körperliche od. durch geistige Empfindung etwas in uns Liegendes od. auf uns Einwirkendes wahrnehmen u. erkennen, u. daher (prägnant): lebhaft von etwas nam. schmerzhaft auf uns Einwirkendem afficiert werden. 1) tr., und zwar zunächst mit sachl. Objekt:
a) Glatt sind Körper, an denen wir keine Unebenheit f.; Dem Kranken den Puls f. (vgl. 3a); Der Bergmann fühlt das Gestein, erkennt den Festigkeitsgrad durch Beklopfen mit dem Fäustel; Umhertappend ein Loch in der Wand f.; Ich bin es selbst, fühlet mich [an] und sehet. Luk. 24, 39; Ob sie doch ihn f. [,,mit Händen greifen“ Eß] und finden möchten. Ap. 17, 27; Sprchw.: Das kann eine blinde Frau mit dem Stock f. Kinkel E. 134 [ist handgreiflich]; -Den Unterschied zweier Synonymen f., aber nicht aussprechen können; Das Kind fühlt das Unrecht wohl, allein, weil es ein Kind ist, weiß es das Unrecht nicht auseinanderzusetzen. L. 12, 483; Den Unterschied der beiden Tücher schon am Gewicht f.; In dir ist edles Mark, | ich fühl’s am Druck der Hand. Uhland 240; Mark. 5, 30; So fühlt man Absicht und man ist verstimmt. G. 13, 131; Was wir gefühlt und was nur du erkennst. 122; Das Eine fühl’ ich und erkenn’ es klar etc. Sch. 515b; Was zu wünschen ist, ihr unten fühlt es; | was zu geben sei, die droben wissen’s. G. 10, 314 etc. Schmerz, Kummer, Freude, Lust, Wonne, Neigung zu Etwas, Liebe zu Einem, Mitleid, Reue etc. f., vgl. empfinden (s. d.) u. haben, wovon sich f. durch das im Einzelnen hervortretende Bewusstsein unterscheidet, s. 2d u. vgl.: Er hatte eine tiefe Wunde, die er aber erst beim Erwachen fühlte; Ich habe Kopfweh und zwar fühl’ ich den Schmerz hauptsächlich auf der linken Seite; Mein Freund empfindet tiefen Schmerz über seines Vaters Tod und ich fühle diesen Schmerz mit ihm [theile ihn]; Kraft, Ausdauer, den Beruf zu Etwas f., in sich f., sich (Dat.) Kraft etc. f. (z. B. Sch. 610b etc.), das Bewusstsein haben, daß man Kraft etc. habe: Wer sich eine gute Rüstung und Muth und Talente fühlt. Claudius 6, 7; Dazu fühle ich mir keinen Muth. G. Sch. 1, 74; Der Landsknecht fühlt sich frisches Blut. G. 12, 59; Sich Werth und Kraft f. 13, 299; 27, 31; Sich einiges Recht f. 15, 233; In der Armuth sich einen unendlichen Reichthum f. Mörike N. 333; Sch. 713a etc.
b) prägnant: Ein Glied nicht mehr f., die Empfindung desselben verloren haben, nicht wissen, daß man es noch hat, z. B.: Keinen Fuß mehrf. W. 12, 161 = nicht mehr aus der Stelle können etc.; ferner: Etwas f., es tief u. eindringend empfinden etc.: Ernstliche Schläge, die man fühlt. Spr. 20, 30; Ich will sie ängsten, daß sie es f. sollen. Jer. 10, 18; Dein Rücken hat’s gefühlt. Ramler F. 2, 449 etc. So nam. auch: Einen, veraltet (doch z. B. noch Iffland 5, 3, 22; L. 11, 26; Rabener 4, 369; Streckfuß Rol. 12, 41 etc., s. lassen): Einem Etwas f. lassen; Er lässt mich seinen Zorn, Unwillen, Ärger, Verdruß etc., meinen Fehler, die mir erwiesene Wohlthat oft f. Ferner: Ge- fühlt, als Ew. = tief empfunden: Jede Form, auch die g–este, hat etwas Unwahres. G. 31, 15; Die gedankenreichste und g–este Predigt. HHerz 162; Der seinen g–esten Dank aussprach. König Jer. 3, 214; Mit g–estem Behagen. Waldau N. 3, 26.
c) das Objekt kann auch ein abhängiger Satz sein: Er fühlt sein großes Unrecht, daß er sehr Unrecht hat, wie sehr er Unrecht hat etc.; Sie fühlte es am Leibe, daß sie war gesund geworden. Mark. 5, 29; Daß der gemeine Mann nicht errathe, was wir wollen, sondern fühle, was wir gewollt. Börne 2, 8; Und schienst noch kurz vorher so rein zu f., | wie Held und Dichter für einander leben. G. 13, 125; Tief fühlt ihr .., daß Abgeschiedenheit euch unnatürlich ist, | fühlt Kraft. W. 20, 249 etc. Selten mit Infin. u. zu: Weil er die Armuth des Stoffs durch den Reichthum seines Genie’s ersetzen zu können fühlte. Sch. 1237b etc. Ofter mit sogen. Accus. u. Infin., vgl. hören, sehn etc. u. s. 2b: Fühlt’ er wieder | so wunderbar verjüngt den Busen schwellen, | so hohe Kraft durchströmen seine Glieder. Chamisso 4, 80; Ich fühle junges, heil’ges Lebensglück | neuglühend mir durch Nerv’ und Adern rinnen. G. 11, 21; Wer fühlte nicht an ihrem Arme Himmel und Erde in wonnevollsten Harmonien zusammenfließen. 31, 17; [Ich] reichte, da ich | diese Hände reichen fühlte. 7, 231; So fühlt er bald die Sehnen ihm versagen. W. 3, 167 etc. u. mit Fortlassung des Infin. „sein“: Er fühlte ihn so unglücklich, er fand ihn als Verbrecher selbst so schuldlos. G. 14, 118; Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben. 11, 22; Fühlt der Dichter sich [s. d.] das Herz bang. 4, 13 etc.
d) Eine Person f., sie mit seinem Gefühl um- u. erfassen; [Er] fühlte den Geschiednen, sann | ein bleibend Bild. G. 2, 27; Sie begegnen sich und Eins im Andern | fühlt sich [s. 2c] ganz und fühlet ganz das Andre. 10, 313; Kann ich sie mit halber Seele f., sie, die um und um so innig Eines ist? Hölderlin H. 2, 80; Die ihn nur fühlt [deren ganzes Fühlen, deren Seele er erfüllt]. Schlegel Al. 34, vgl. denken 4d.
e) s. 2a: Wie er sich seinen Weg an den Häusern weiter fühlte. Heine B. 319 = ihn tappend ausfinden. 2) refl.:
a) sich fühlend, tappend wohin bringen: Der Blinde fühlt sich ans Bett (hin), fühlt sich weiter, fühlt sich zurecht etc.; Wenn man einen Fingerzeig nur hat, | lässt sich’s schon eher weiter f. G. 11, 81 etc. Ähnlich auch: sich durch das innere Gefühl wohin versetzen: Wenn Fremde sich in unsre Lage (vgl.
b) f., | sind sie wohl näher als die Nächsten. 13, 309; Fühlst du dich nicht in deine Brüder, | so fühlt in dich sich Niemand wieder. H. 15, 328. b) (s. 1c) mit Infin.: in Bezug auf sich durch das Gefühl Etwas wahrnehmen: Jch fühlte mich besser danach werden. B. 499b; Als ich mich .. beim Ärmel anhalten [gewöhnl.: angehalten, s. u.] fühlte. Chamisso 4, 280; Wider Vermuthen fühlt’ er sich schwimmen. G. 5, 141; Er fühlte sich freier athmen. Lewald Ferd. 1, 284; Man fühlt sich selbst in allen Wesen leben. W. 12, 134 etc. Häufiger mit Fortlassen des Infin. „sein“: Sich glücklich, unglücklich, gesund, wohl, krank, groß, klein, niedrig f., seinem Gefühl nach glücklich etc. sein; Die Eine wünscht, die Andre fühlt sich frei. G. 12, 31; Ich fühlte mich elend. Tieck Gs. N. 1, 145; Ein Mensch, über den er sich so weit hinaus [erhaben] fühlt. Engel 1, 162 etc. So auch: Sich in einer schlimmen Lage (vgl.
a) f., sich außer Stande zu Etwas f. etc. Jst das Prädikat bei dem ausgelassnen „sein“ ein Hw., so steht es mit od. ohne „als“ (s. d.) im Accus., aber auch im Nomin.: Fühlte er sich wieder ganz den Alten. Duller Grabbe 50; Ein Mensch, der sich als seinen eigenen Antipoden fühlt. Gutzkow R. 5, 497; Ich fühle mich gerade jetzt einen rechten Bettler. Kürnberger Am. 161; Weil ich mich als einen Solchen fühle. Rückert 1, 174; Schwelgtest, wo ich einen Gott mich fühlte. Sch. 282a; Fühlte sich Adlerfels als den glücklichsten Menschen. Tieck N. 3, 198 etc. Ich fühle mich ein Fürst. Börne Par. 1, 53; [Er] fühlt, was er ist und fühlt sich bald ein Mann. G. 13, 104; Ich fühle mich oft einer der miserabelsten Sterblichen. Hackländer Hdl. 1, 133; Der Dichter, der wahre, wie ich mich einer fühle. Tieck N. 6, 157; Voigt’s H. 98 etc.; Apoll, sobald er Mensch sich fühlte. W. 12, 131. c) daran schließt sich: sich Etwas (s. d.) f., seinem Gefühl nach Etwas d. h. in prägnantem Sinn: etwas Ordentliches, Bedeutendes sein, ein Gefühl seines Wertheshaben: Resli fühlte sich auch Etwas und glaubte nicht, daß für ihn leicht Eine zu vornehm sei. Gotthelf G. 48; König Kl. 2, 355 u. o. So aber auch: Sich f., sowohl: sich seines Zustandes, als auch: sich seines Daseins u. prägnant: sich seines Werthes, seiner Kraft fühlend bewusst werden (s. Selbstgefühl): Ein Ohnmächtiger fühlt sich, kommt wieder zu Bewusstsein; Faß dich, Johanna! Fühle dich! Sch. 479b; Ein Kranker fühlt sich, entweder als krank, oder in seiner sich wieder regenden Kraft etc.: Waffen, zu deren Gebrauch Keiner, der sich fühlt, Demuth genug hat. Börne 2, 381; Völker, welche anfangen sich zu f. Forster A. 2, 41; Ein Gelehrter .. durfte sich neben ihm f. und von ihm sagen, daß er wenig Latein .. besessen. Gervinus Sh. 1, 38; 37; Fühl’ ich mich selber? [bin ich bei Bewusstsein, od. außer mir]. G. 8, 122; Für einen Hagestolz bekannt, | fing um die Sechzig er sich wieder an zu f. [als Mann]. L. 1, 121; Ich fühle mich [in meiner Schwäche etc.], sobald ich so Etwas gemacht habe, und schäme mich. 13, 146; Ich fühle mich. Was Jhre Albaleisten, | Das kann auch Karl [ich]. Sch. 255a; 256a; Sich jenen .. Autoritäten gegenüber mehr zu f. G. 2, 102; Wenn wir uns itzo nicht sehen, so geschieht es niemals. Man lebt nur wenige Augenblicke, ich fühle mich [schwach, dem Tode nahe]. Sturz 2, 16; Sie fühlt sich wieder selbst, doch ... wacht zugleich | Bewusstsein ihres Unglücks auf mit ihr. W. 25, 273 etc. Auch mit abhäng. ,,daß“: Er fühlte sich [hatte das Bewusstsein von sich], daß er .. die Fehler zu eben soviel Tugenden umstempeln könne. Gervinus Sh. 1, 94; Zelter 1, 26 etc. d) Etwas fühlt sich, wird durchs Gefühl wahrgenommen: Verlust denkt sich nicht, er fühlt sich nur. G. 31, 165. 3) intr.:
a) irgendwohin fassen, um Etwas zu fühlen, durchs Gefühl zu erfassen, zu erkennen etc.: Der Blinde fühlt [sucht tastend] nach dem Buch; Einem an den Puls f., auch übertr.: um zu sehn, wie es mit ihm (eig. mit seiner Gesundheit) steht. Claudius 5, 72; Ebenso: Einem auf den Zahn f., ihn ausforschen, ihn auf die Probe stellen. Danzel 151; G. 2, 145; Gutzkow R. 3, 117; 8, 396 etc. Zuw. auch: Einen auf den Zahn f. L. 8, 418 etc., vgl. Herrig 15, 60.
b) Gefühl haben, in seinem Empfindungsvermögen afficiert werden, auch (s. 1b): Wer nicht hören will, muß f. [empfindliche Strafe leiden]. Götzen, deren Finger nicht f. können. Weish. 15, 15; Dan. 5, 23; [Ich] sehe mit f–dem Aug, fühle mit sehender Hand. G. 1, 227; Zufällig naht man sich, man fühlt, man bleibt. 11, 9; Wenn sie richtig fühlt und weise spricht, | so fehlt’ noch Viel, daß sie gemessen handle. 13, 264; Ich denke gar nicht ..., ich fühle nur. Gutzkow R. 2, 305; 6, 23; Da lebte mir der Baum ..., es fühlte [empfing Leben, Gefühl] selbst das Seelenlose | von meines Liedes Wiederhall. Sch. 48b; Er fühlte aus ihrer Brust [ihnen nach, sich in ihre Seele versetzend]. W. 20, 250 etc.
c) so nam. auch das Part.: Fühlend, oft als Ew. = empfindend, fühlbar (s. d. 2.), empfindungs-, gefühlvoll, oft mit Adverbien, die Art des Gefühls bestimmend: Die Natur gab ihr einen zarten Körperbau mit einer f–den Seele [Ggstz.: „ehernes Herz“]. G. 29, 235; Ein zart-f–der Zuschauer. 26, 210; Einen zarten fein-f–den Sohn der Natur. 6, 332; Von meiner Krankheit, an der jeder F–de theilgenommen. Gutzkow R. 5, 358; Rein- u. scharf-f–de Herzen. Heinse A. 1, 262; Vom Meißel beseelt, redet der f–de Stein. Sch. 76a; Mit dem f–dsten Herzen. Zachariä Tag. 4 etc. So auch im Ggstz.: un-f–d: kein Gefühl habend, nicht fühlend versch. miß-f–d (s. d.): Un-f–d | ist die Natur: | es leuchtet die Sonne | über Bös’ und Gute. G. 2, 67; Hoch baut die Schwalb’ an das Gesims | un-f–d, welchen Zierrath | sie verklebt. 171.
d) ferner: das F., Gefühl, Empfindung, Bewusstsein, s. Fühlung. Da war.. keine Stimme noch F. [Empfindung in dem verstorbnen Knaben]. 2. Kön. 4, 31; All sein F. und Hoffen. Auerbach Ldlb. 138; Seine Küsse paradiesisch F.! Sch. 1a; Ich hab’ Euch nie geliebt und nie gehasst, | nie eines warmen F–s werth gehalten. Waldau N. 3, 83 etc.
Anm. Ahd. fuolan, vgl. altnord. fâlma, betasten, was Wackernagel mit lat. palma, griech. πcλαμ, die flache Hand (als tastendes Glied), zusammenstellt. In der Basler Bibel noch alse, ausländig“ erklärt durch „empfinden“.
Zsstzg. z. B.: Áb-: Einem Etwas a., durch theilnehmendes Fühlen es an ihm bemerken, ihm abmerken, s. an-f. 2: Daß man vielen dieser Reime wohl das Element des wilden und stürmischen baltischen Meers, in welchem ich geboren bin, n. wird. Arndt Gd. IV; Du hast dem Büchlein Sorgfalt und Sinn abgefühlt. G. Z. 3, 76; Dem möcht’ ich ansehn, dem a., wie er lieben könnte. Gutzkow R. 8, 9; Höfer B. 88; DMuseum 1, 1, 147.
Án-:
1) Etwas a., fühlend anfassen: Du fühlst dich an und weißt nicht, ob du lebst. G. 13, 179 u. o. Auch refl.: Etwas fühlt sich rauh, glatt etc. an, erscheint dem Gefühl des Anfassenden so; Seine Hand fühlte sich ihm selber eisig an. Gutzkow R. 7, 54, und so in Bezug aufs geistige Gefühl: In tugend- *haften Menschen ist etwas Großes und Ewiges, sie fühlen sich unsterblich an. Claudius 5, 19.
2) Einem Etwas a., durchs Gefühl anmerken, vgl. ab-f.: Dann konnte ich ihm recht a., wie glücklich er war. G. 17, 205; 301; Möchtest du diesem Blatt recht a., wie lieb du mir bist. Stein 3, 82; Es war Stimmung, was Sie mir eben angefühlt haben. König J. 3, 361.— Aūs-: durchs Gefühl ausforschen. IP. 10, 173; 26, 149 etc. Be-: Etwas b., betasten, um daran durchs Gefühl Etwas zu erkennen: Das Huhn, den Puls b.; Den Kopf b. G. 6, 332; Sich die Stirne (s. d.) b. W. 3, 172; Alles mit Augen b. JP. 53, 49. Dúrch-:
1) Etwas hindurch-f.; es fühlen, indem man durch etwas davor Befindliches, es Verdeckendes hindurchdringt: Wer fühlte nicht in solchem Lobe einen leisen Tadel durch?; Diejenige [Poesie], die nur das Innere darstellt . ., ohne das Äußere durch das Innere d. zu lassen. G. 3, 161 etc.
2) Etwas mit dem Gefühl allseitig durchdringen, es erschöpfend fühlen: Dann traten mir alle meine Verbindungen vor die Seele, ich habe sie durchgedacht, durchgefühlt. G. 15, 261; Er muß die un- endliche Leere in der Brust eines Tyrannen, das marternde Mißtrauen d. (s. II). Herrig 16, 274. II. Durch- (⏑–⏑) = I. 2: Die verwickelte Lage nicht durchdacht, sondern durchfühlt. König Kl. 2, 105; H. 16, 95, s. durchdenken. Er-: fühlend erkennen, z. B.: Das Innere e. Kerner 533. Férn-: ahnen, vgl. vor-f.: Wie es die Eltern prophezeit und die himmlische Mutter ferngefühlt. Goltz 1, 51. Hêr-, Hín- etc.: s. [2a] u. durch-f., z. B.: Fühl her, wie meine Wange glüht. Sch. 611a; Der Blinde fühlt sich zu mir her, zu ihm hin, durchs Gewühl hindurch, in sein Stübchen hinein etc. Wenn Einer alles Wesentliche von einem Gegenstande heraus- fühlt und nachahmt. Heinse A. 1, 285; Stahr Par. 2, 249; Daß wir . ., was in der Seele vorgeht, feiner herausfühlen oder herausahnen als ihr. Zschokke 1, 237. Fühlte die Theilnahme aus der .. äußerlich strengen Art, mit der der Justizrath ihn examinierte, hinaus [heraus]. Gutzkow R. 8, 124. Ich fühle mich vollkommen hinein in Das, was Sie denken. 4, 312; 3, 25; Ich fühle mich als Diesen [oder: Dieser], bald als Jenen | hinein in dich [Natur]. Rückert 6, 342. Raphael’s Figuren sind mit einer Quelle von Leben hervorgefühlt. Heinse A. 2, 10; Tiedge Ep. 1, 73 u. ä. m. Míss-: falsch, irrig fühlen: Wer sich auf sein Sprachgefühl beruft, muß wissen, daß er nicht mißfühlt, nicht mißgefühlt hat etc. Mít-: mit Einem fühlen, Mitgefühl haben: Wie du auf einmal völlig abgeschieden, | hier hinter diesem Bollwerk der Natur, | mein König, dich empfindest, fühl’ ich mit. G. 13, 230; Du willst ihm sagen, wie du fühlst und denkst, und er wird mitdenken, wenn auch nicht m. 18, 107 etc. Nam. im Partic.: Ein zartes, ein m–d Herz. 10, 284, und mit Dat.: M–d unsrer Last und unsern Mängeln. H. 16, 172; A Meißner Gd. 88 etc. Nāch-: Etwas n., etwas schon Vergangnes in der Nachwirkung verspüren; Einem Etwas n., das von ihm vorher Gefühlte, Vorgefühlte, gleichfalls fühlen, sein Gefühl in sich aufnehmen, vgl. mit-f.; Einem Gegenstand n., mit dem Gefühl nachforschen; Ein einziges Buch, tief aufgenommen, dem Verfasser nachgefühlt und nachgelebt, stiftet .. größere Umwälzungen. Gutzkow R. 7, 35; Sie fühlte eine solche Erfahrung fremden Lebens wie ihre eigne nach. 9, 164; Mit einer Gluth von Liebe, die Wenige nachher ihr auch nur nachzufühlen himmlischen Feuers genug in ihrem Herzen hatten. Jacobi Ir. 3, 126; Friedrich fühlte dem Vater auch in diesem Punkte nach. Lewald W. 1, 35; Jeglichem Zeitgeschick, | das ihm zu Theil ward, fühltest und sannst du nach. Platen 2, 152; Der zuerst ein Ganzes der Fantasie n–d zu fassen und dies Gefühl in Worten auszusprechen wußte. Schlegel Mus. 4, 179 etc. I. Über-: bei dem Fühlen Etwas nicht bemerken (ungw.): Eines übersah oder überfühlte doch der Freund in seinem Bestreben. König Kl. 2, 322. II.
Über-, refl.:
sich hinüberf., fühlend in Etwas hinüber versetzen (selten): Roderich schwieg, weil er sich in ihre Seele überfühlte. LDiefenbach Nov. 1, 262. Vōr-:
1) etwas Künftiges ahnend vorausempfinden: Du hast .. im engen Raum die Weite vorgefühlt. G. 6, 108; O, wär’ ich doch gewürdigt, nun für dich, | was dir am besten frommte, vorzufühlen. 13, 344; Fühl’ es vor! du wirst gesunden. 12, 5; Vögel fühlen den Winter vor. Rückert (Wackernagel 2, 1562) etc.
2) in Bezug auf einen Nachfühlenden (s. nachf.).
3) Etwas durch das Gefühl als vorwiegend bemerken: Das Volk fühlt sich immer vor. G. 23, 52, macht sich immer im Vordergrund bemerklich. Vorāūs-: vor-f. 1: Wie du .. deine Hand ihm reichtest, | fühlt’ er Alles voraus, | was ihm für Seligkeit | entgegen keimte. G. 2, 39; 29, 210 etc. Wég-: Etwas durch das Gefühl von einem Ggstd. abziehn, abstrahieren. Heinse A. 2, 65. Wīēder-: tr.: Etwas wiederholt, aufs Neue fühlen. refl. [2c]: wieder zu sich, zu Bewusstsein kommen. L. 1, 142 u. o.