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frisch
Friſch, a., –eſt: 1) erquickend kühl, belebend ꝛc.
(ſ. 2): F–e Luft ſchöpfen; Wie der Hirſch ſchreit nach f–em
Waſſer. Pſ. 42, 2; 23, 2; Steffens las nie vom Blatte;
was er im Augenblicke geſchöpft, reichte er f. undhell [ſ. 2b].
Börne 2, 15; Zum f–em Trunk. G. 2, 170; Und f–e Nah-
rung, neues Blut | ſaug’ ich aus freier Welt. 1, 63; Wie
durchs Gebüſch | die Winde ſo 64; Am f–en Morgen. 8,
70; Das übermüthige Blut im Bade zu kühlen. Hölder-
lin H. 2, 25. a) F–es Waſſ. ’vgl. 3a] in Salz-
bergw. auch = ſüßes. Schm. 1, 61 ſ. ausfriſchen.
b) Zuweilen auch nur, indem der Beg fdes Erquicken-
den ꝛc. mehr zurücktritt = kühl: Morgens, wenn’s noch
ſo f. war, ging er ſpazieren, nackt und bloß. Hebel 3, 176 ꝛc.
2) (ſ. 1) erquickt, belebt, gekräftigt ꝛc., vgl.: Der
f–e [1] Thau fällt auf das Gras; Wie ſteht im Thau ſo f.
das Gras; Die Wieſen grünen und duften ſo thauig f.
Tſchudi (Körner Schr. 3, 305) ꝛc. 3) Daher nam. von
Allem, was ſich in kräftiger Urſprünglichkeit und Un-
verdorbenheit zeigt, unberührt von der ſchädlichen Ein-
wirkung der Zeit, im Ggſtz. z. B. von abgeſtanden,
anbrüchig, faul, welk, abgeblaſſt, matt, ſchlaff ꝛc. in
Bezug auf Körperliches und Geiſtiges, z. B.: a) F–es
[ſ. 1; Ggſtz. abgeſtandnes] Waſſer; F–e [Ggſtz. alte,
verdorbne] Eier, Butter, Fiſche, Auſtern, Häringe; F–es
[grünes, im Ggſtz. des eingeſalznen oder geräucherten]
Fleiſch; F–e [Ggſtz. welke, verdorrte oder gedörrte] Kräu-
ter, Blumen, Pflanzen; F–es Gemüſe, Obſt [Ggſtz. des ein-
gemachten]; Bergb.: F–es [feſtes, Ggſtz.: brüchiges]
Geſtein; Hüttenw.: F–e[flüſſige, nicht todtgebrannte]
Erze, Schlacken; F–es Blei [nicht orydiertes, nam. das
aus dem Oryd in den urſprünglichen metalliſchen Zu-
ſtand zurückgeführte, ſ. Friſchblei und friſchen];
Weidm.: F–e [Ggſtz.: kalte] Fährte; Mal.: F–e
[lebhafte, kräftige] Farbe; Das mancherlei f–e Grün. G.
18, 278; Nicht das Falbe, | nur was f. und lebensroth.
Kinkel 4; F. noch erglänzt die Wand von heiter brennenden
Farben. Sch. 83a. Ahnlich auch: Ein f–er [unver-
wiſchter ꝛc.] Eindruck; Etwas bleibt in f–em Andenken. G.
39, 328 ꝛc. b) übertr. (ſ. a), nam. ſich geiſtig
oder leiblich kräftig fühlend, von ungeſchwächter
Wirkſamkeit ꝛc.: Und wenn ſie gleich alt werden, werden ſie
dennoch blühen, fruchtbar und f. ſein. Pſ. 92, 15; F. und
geſund. Hiob 21, 23; Die junge und f–e Natur. Auerbach
Ab. 152; Neumond und geküßter Mund | ſind gleich wieder
hell, f. und geſund. G. 3, 12; 4, 31; Wo man ſich inner-
lich f. fühlt. 18, 208; 239; Dieſe allerliebſten Dinge, ſo f.
ſie ſich in der Wirklichkeit halten, ſind ſchwarz auf weiß etwas
abgeſtanden. Immermann M. 1, 267; F. auf zu ſein und
durch ſeine Anweſenheit zu erfriſchen. D Muſeum 1, 1, 49;
Ein Jüngling, f. wie ein Zweig der Myrobalane. Rückert
Mak. 1, 63; Wem noch f. das Leben blüht. Sch. 53a; Ich
hab zwei f–e Augen | und kann dem blinden Vater keines
geben. 523a; 524a; Leiſten ſoll euch meine f–e Jugend, |
was euch ſein greiſes Alter ſchuldig blieb. 543a; Empfingen
die Weisheit, die Sie abgeblüht aus der zehnten bekommen,
f. und urkräftig aus der erſten Hand. Tieck GN. 1, 74; Ich
weiß, daß ich Das Alles längſt gewuſſt habe und doch iſt mir
Alles neu, f. und grün. Zelter 1, 298 ꝛc. c) So nam.
im Rückblick auf etwas durch den Gebrauch Angegriff-
nes oder aus dem urſprünglichen Zuſtand Herausge-
kommnes: Die im Kampf ermatteten Soldaten durch f–e
ablöſen; F–e Truppen anrucken laſſen; F–e Hunde anhetzen;
F–e Pferde nehmen; F–e Zufuhr [Erſatz der ganz ooer
theilweis aufgezehrten]; Ein f–es Faß anſtechen, anbrechen;
Bergb.: F–e Fahrten [ſtatt der alten, abgenutzten]
einhängen; Eine f–e Zeile, Seite anfangen [im Ggſtz. der
halb beſchriebnen ꝛc.] u. ſ. w. Vgl.: Ein f–er [rei-
ner] Überzug des Betts, ein andrer [nicht derſelbe, wie
der vorige], ein neuer [erſt gemachter ꝛc.] u. ä. m
So auch: Der Funken letzte Gluthen | von Friſchem [von
Neuem] zu ermuthen. G. 4, 50; 23; 20, 53; 26, 258;
Von F–em anzufangen. L. 11, 51 ꝛc. Vgl.: Alles f. und
neu. G. 11, 5 u. o. d) Rege, aufgeweckt, munter,
muthig, herzhaft, wacker, hurtig, flink, ohne Zaudern
ans Werk gehend ꝛc.: F. ans Werk! G. 11, 62; F. duauf
los! Prutz Muſ. 1, 2, 524; F. von der Leber weg reden.
Gutzkow R. 8, 295 (ſ. friſchweg, dafür veralt.: friſch an.
Luther 1, 298a); F. auf! W. 12, 8; Ausw. deutſch. Lieder
410, wo fünf Lieder ſo anfangen; F., riſch an die Arbeit.
Alexis Hoſ. 1, 2, 303; F., Herr Nachbar, getrunken! G. 5,
10; F., ihr Mädchen, und ſchöpft. Sch. 83b; Jetzt f. mit
dem Türken aus Aſien! 107a u. o. mit zu ergänzendem
Jmperativ als Ermuntrungsruf. Ferner z. B.: Seid
getroſt und f.! 2. Chr. 32, 7 ꝛc.; Alles, was dir vor Handen
kommt, Das thue f. Pred. 9, 10: Das Werk gehet f. von
Statten. Eſra 5, 8; Was Sie verſäumt haben, aus f–er Luſt
zu thun, werden Sie nur zu ſpät aus Überdruß und Lange-
weile nachholen müſſen. Chamiſſo 4, 298; Ich wollt’, ich wär
ein Fiſch, | ſo hurtig und f. G. 1, 23; F. gewagt iſt ſchon
[„halb“ Sprchw.] gewonnen. 46; Bei f–em Knabenblute.
18, 239; Zu f–em Ermannen, zu neuen Lebensfreuden auf-
geregt. 22, 90; Ich will lieber einen f–en [herzhaften, tüch-
tigen] Schnitt durch das Geſchwür, als daß es unter ſich
eitere. Leiſewitz Jul. 12; F. hindurch fahren und ſprechen.
Luther 6, 38a; Die hören auch das Geleier | und tanzen f.
Rückert 1, 419; Sie treibt f. mit dem Thyrſus ihn an. Sch.
83b; Und f. [raſch] wie der Wind ... Reißaus! .. davon!
120a; Sollich f. [unverzagt] um mein Leben ſpielen. 328a;
Wer f. umherſpäht mit geſunden Sinnen. 532a; O hätten
wir’s mit f–er That vollendet! | Verzeih’s Gott Denen, die
zum Aufſchub riethen. 537b; Sag mir die Wahrheit f. und
fröhlich, Tell! 538b; F. rudernd. 541a; Drückt euch ein
Kummer, werft ihn f. vom Herzen. 545a; Der Dichter mache
nur .. ſich f. ans Werk und unverzagt. W. 11, 158 U. 0.
4) erſt kurze Zeit vorhanden, vor Kurzem geſchehn,
empfangen, zubereitet ꝛc., wobei der urſpr. Begriff
des Nicht-Verdorben- und Verletzt-ſeins durch die Ein-
wirkung der Zeit zuw. zurücktritt, verſch.: jung
(ſ. d.), doch vgl. Friſchling: F–e [erſt gelegte] Eier;
F–er, f. gefallner Schnee; F–es, f. gebacknes [Ggſtz. alt-
backnes] Brot; F–e Butter; Das Bier iſt noch zu f.; Auf
f–em [noch nicht trocknem] Kalk malen (ſ. Fresko, Friſch-
malerei); F–e, f. angekommne Waaren; F–e [vor Kurzem
empfangne, Ggſtz. vernarbte] Wunde; Ein f–er Schmerz;
Der ertheilt ihnen | noch f–re [ſpätre] Nachricht. Nicolai 2,
50; F. [gleich] nach der That. Forſter Anſ. 1, 18; Dieſen
Mann ergriff ich über f–er [der eben begangnen] That.
Sch. 536a; Ich habe Ihnen alles Dies nach f–er That hin-
geſchrieben. 744a; Auf der f–en That ſoll ſie ſein Blick er-
greifen. W. 20, 168; 290 ꝛc. Ugw. ſtatt frühzeitig:
Die älteſten Leute konnten ſich eines ſo f–en Abzuges der
Wandervögel nicht erinnern. Willkomm Pom. 2, 210.
Anm. Ahd. frisc ꝛc., dazu ital. fresco ꝛc. Abſtam-
mung unſicher; Friſch u. Adelung, die die Bed. „kühl“ als die
erſte anſehn, leiten es von frieren (lat. frigus, rigor ꝛc.),
vgl.: Anfriſten als Nbnf. zu anfriſchen. Moſcheroſch Phil.
1, 699; 2, 876 ꝛc.
Zſſtzg. vielfach nach Analogie der folgenden: Die
blumen-f–e Pfingſtenzeit. Auerbach L. 1, 11. Das bluthen-
f–e Ausſehn. Schmückt die Stirn mit frühlings-f–em Laube.
Freiligrath Garb. 31; So frühlings-f., ſo maiblühend. Gutz-
kow R 8, 420. Wie geiſtes-f.! [geiſtig f., friſchen
Geiſts]. 7, 459 Die Luft harz-f. [friſch nach Harz
duftend]. Auerbach Leb. 2, 276. Mit grauem Haar noch
herzens-f. Die jugend-f–e Roſe. Tieck A. 2, 24.
Ihren knoſpen-f–en Wuchs. DMuſeum 1, 1, 627; Auerbach
D. 4, 53. Die Sonne blitzle ſo morgen-f. über die Land-
63*
ſchaft. Eichendorf Lärm. 81; Auerbach Ab. 64 ꝛc. Alles
Natur-F–e. Kinkel E. 391; Es iſt oktober-f. [kühl, wie es
im Oktober zu ſein pflegt]. Gutzkow R. 6, 405. Dir
erbleichen die roth-f–en Farben der Wangen. Kühne Ch. 1,
171. Ein thau-f–er, ſonniger Herbſtmorgen. Stahr Par.
2, 65; Eichendorf Lärm. 7. Etwas Unfriſches, etwas Müf-
figes. V. Sh. 2, 31. In ur-f–er Produktionskraft. Dan-
zel 255 u. ä. m.