Faksimile 0505 | Seite 497
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frieden
II. Frīēden, tr. (ſ. I. Frieden 1 und 2): ein-
hegen und ſo beſchirmen: Daß auf ſeinem gefriedeten
Raſen | ein fremdes Thier wagt mitzugraſen. Rückert Morg.
1, 169; Die Friedigungen (ſ. Anm.) an denen ein-
gezäunten oder Binnen-Gründen. Möſer Ph. 3, 212.
Anm. Häufiger ſind die Zſſtzg., in denen auch die Nbnf.
friedigen erſcheint und eine ſich an I. Frieden 2 anſchlie-
ßende Bed., vgl.: Gefriedigte Werkeltage [im Ggſtz. der
Fehdetage]. IP. 3, 97.
Zſſtzg. z. B.: Be-: 1) durch eine Umzäunung ꝛc.
ſchützen: 2. Macc. 1, 34; Mein Gut befriedet und ver-
heget. Luther 6, 313a; Den Acker friedigſt du von außen ein
vorm Wild, | doch unbefriedet bleibt im Innern dein Gefild.
Rückert W. 1, 221. Mit lebenden Hecken befriedigt.
WHumboldt 3, 230; Ein Volk darf nur dann erſt auf ſichern
Frieden rechnen, wenn ſein Land befriedigt iſt. Jahn M. 152;
Dorngeſträuch, daß befriediget würde der Fruchthain. V. Od.
24, 224; Ländl. 2, 409 ꝛc. 2) Einen, Etwas mit
Frieden, mit Schutz vor Gefahr, mit Ruhe, Zufrie-
denheit ꝛc. verſehn: a) Einen Krieg, Streit, Zwiſt b., bei-
legen, zum Frieden bringen; Ein Land, ſtreitende Par-
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teien ꝛc. b.: Europa verherrlicht und befriedet. Arndt Ber.
391; Öſterrelchs befreietes, befriedetes Volk. Hackländer
SoldKr. IX; Als eine große Familie, befriedet und einig.
Heine Sal. 1, 4; Mit ihren klügſten Anſchlägen .. ihre
Königreiche befrieden. Luther 1, 444a; Die in Kriegesgefah-
ren | mit ſtarkem Arm befrieden. Rückert Mak. 1, 116; Wie
der [Krieg] einmal befriedet, aber durch Schmachred wieder
erweckt .. ward. Stumpf 745a; Serbien läſſt nimmer ſich be-
frieden [zur Ruhe bringen]. Talvj 2, 275; 273; Be-
ſchloſſen wir mit unſerm Stiefſohn .. uns wieder zu befrie-
den. Uhland Ernſt 30. Wie dieſe Staaten wieder zu be-
friedigen. G. 9, 210; So daß ich nach dem erklärten Frieden
hoffen kann, Sie auch auf einem befriedigten, obgleich ſehr
zerrütteten Boden wieder zu ſehen. 26, 7; Der wird kein
Land befriedigend regieren. Laube DW. 8, 119; Deßhalb
auch Graf Wernher .. in einem beſondern Brief ſich mit
vielgedachten Landleuten von Schwyz gänzlich befriediget.
Stumpf 722a; Dieſen Krieg .. endlich befriediget. 725a.
b) Einen (geiſtig), ſeinen Sinn, ſein Herz b., mit Frieden,
innrer Ruhe erfüllen: Plötzlich mildert ſich die Gluth, | wie
du uns befriedeſt. G. 12, 306; Luther 1, 63b; Gott ſegne
und befriede dich! Rückert Morg. 1, 91; Im Herzen ſelig-
lich befriedet, | wenn um ſie Sturm und Wetter toſt. Schwab
463; So entläſſt euch ſelber das Entſetzliche . ., durch des
Dichters Kunſt | befriedet, mit dem Jammerſchickſal ſelbſt
verſöhnt. 111. Alle Näh’ und alle Ferne | befriedigt nicht
die tiefbewegte Bruſt [ſ. c]. G. 11, 15; 13, 68; Ein Stück-
werk, das gefällt und anregt, aber nicht befriedigt. 15, 27;
Weil Handeln und Schaffen .. hier kaum lindernd, geſchweige
denn befriedigend wirken wollten. 18, 269 ꝛc. c) ſo
nam. in Bezug auf Forderungen und Verlangen, ſei
es daß Andre ſie an uns richten, ſei es daß ſie ſich in
uns ſelbſt regen = ein Verlangen erfüllen und dadurch
ſtillen, das Geforderte leiſten, ſo daß der Fordernde
zufrieden geſtellt iſt: Befriede dich mein Sinn! erwarte
deine Zeit. Mühlpforth 2, 104 ꝛc.— In dieſer heute gewöhn-
lichſten Bed. gewöhnlich: Befriedigen, z. B.: Die
Fordrungen der Gläubiger, die Gläubiger b. [bezahlen];
Eines Andern oder die eignen Wünſche, Lüſten, Begierden,
Leidenſchaften, ſeinen Hunger, Durſt, ſeine Neugier, Rache b.;
Eine b–de Antwort, Arbeit ꝛc.; Sucht nur die Menſchen zu
verwirren, | ſie zu b. iſt ſchwer. G. 11, 8; Wie ſchön befrie-
digt fühlt ſich jeder Wunſch. 13, 166; Solang die Rache
meinen Geiſt beſaß .., doch jetzt, da ich befriedigt wieder-
kehre. 12; Weil wir nur immer halb befriedigt ſind, wenn
unſre Seele [ohne den Körper] genoſſen hat. 14, 254; 246;
Dieſe Neigung, welche zu b. ſie vollkommen im Stande
waren. 30, 68; Sich b., ja vielleicht auch nur beſchwichtigen
laſſen. Zelt. 4, 131; Er ſieht ſeine Wünſche erfüllt, ſein
Glück begründet, ſeine Hoffnungen überbefriedigt [mehr
als, überreich befriedigt]. 30, 22; Unbefriedigt von
irgend etwas Vorkommendem. Immermann M. 1, 397;
144; Unzubefriedigender! [Unerſättlicher]. Klinger F. 74;
68; Ich befriedigt’ den Abend noch mein Reiſejournal [trug
das Nöthige ein]. Muſäus Ph. 2, 85; Was entweder bloß
den gelehrten Leſer intereſſiren oder was bloß den nichtgelehr-
ten b. kann. Sch. G. 1, 3; Meine Sehnſucht .. iſt alſo end-
lich erfüllt. aber nicht befriedigt worden. Tieck DrBl. 2, 141;
Ein un-b–der Beſcheid; Doch drückte ihn die innere Unzu-
friedenheitund Unbefriedigung ſelbſt. Gervinus Lit. 5, 77.
Anm. Dazu: 1) Befrieder [nam. 2a]: Der Welt
B. Rückert Morg. 1, 228; Unſern Frieden, Welt-B., mache
neu. Gd. 2, 428; Der Volks-B. Nal. 95 ꝛc. 2) Be-
friedung: Durch Landen in einem Hafen des Beſitzes und
der B. [1]. DMuſeum 1, 1, 11 ꝛc., häufiger: Befrie-
digung = Einzäunung [1] ꝛc. G. 10, 267; 31, 207;
Preuß. allgm. Landr. 1, tit. 8 § 151; Ruge Nov. 310; V.
Georg. 255 ꝛc. [2c]: Die B. der Gläubiger, eines Wun-
ſches ꝛc.; Die einzige der vielen B–en [Anſprüche ꝛc.] der
Mächtigen und Reichen, der ſie nicht auf Koſten der Kleinen
Genüge leiſten. Klinger 11, 157; Gervinus Sh. 2, 10 ꝛc.
So auch: Da fühlte ſie eine Leere, eine Nicht-B., die ſie
früher nicht gekannt. Gutzkow 11, 247; R. 5, 184 ꝛc.;
Empfand . .. den brennenden Schmerz der Unbefrie-
digung. Gervinus Lit. 5, 88. Das Wohlgefühl dieſer
Selbſt-B. B. 350b [des Zufriedenſeins mit ſich ſelbſt];
Sie zum leidenden Werkzeug ſeiner Selbſt-B. [der B. ſeiner
Leidenſchaft, ſeiner ſelbſt] machen. W. 9, 357 ꝛc. Die
Un-B., die er innerlich empfand. Lewald W. 3, 107; 2,
63
418; Schlegel Luc. 163 ꝛc. Mich nach Wunſch-B.
umzuſehen. Rückert Mak. 1, 91 ꝛc. 3) Ferner: Wo
Goethe im behaglichen Gefühl einer befriedigten Exiſtenz das
Bild der Unbefriedigtheit, ſeinen Fauſt ſchrieb. Ger-
vinus Lit. 5, 163; Auerbach Ab. 16; DMuſ. 1, 1, 544 ꝛc.
das Unbefriedigtſein. 4) Er iſt ſo unbefriedlich. L.
11, 449, nicht zu befriedigen; Und unbefriedigt, unbe-
friedbar nun. Schefer Laienb. 132 u. ä. m.
Eīn-: be-f. [1], ſchützend einſchließen: Wo ein
Weideplatz ergrünt . ., dieſen friedet er ein. Rückert Morg.
1, 167 ꝛc. Gewöhnl.: Einfriedigen. Fallmerayer Or. 1,
51; 2, 9; 32; Gutzkow R. 3, 78; Kn. 1, 114; Immer-
mann M. 2, 189; Rückert Weish. 1, 221; V. 1, 11; 2,
9; 194 ꝛc. Einfriedigung. Gutzkow R. 9, 529. Um-:
be-f. [1], ſchützend umſchließen: Das umfriedete und ein-
gehegte Kleinleben. Auerbach Tag. 35; Ein umfriedetes Heim-
weſen. 58; Ein umfriedetes und geſundes Leben. Dicht. 1,
202; Wohnſt du doch immer ſtill umfriedet, | indeß zu krei-
ſen mich erfreut. G. 12, 122; Sie leben ein begrenztes und
umfriedetes Familienleben. Heine Reiſ. 4, 145; 1, 126;
Mein Gemüth war wieder umfriedet von dem Geiſte der
Dichtkunſt. Sal. 1, XI; Eine von weißen Mauern umfrie-
dete Kirche. Waldau Nat. 2, 259. Das mit einem zier-
lichen Gärtchen umfriedigte Häuschen. Gutzkow R. 1, 35.
In des Vaterhauſes ſtille Umfriedung. Lewald W. 2, 406 ꝛc.
Wie ich in die Umfriedigung trat. Hartmann Unſt. 2, 10.
Ver-: be-f. [1] u. ä. m.