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Fieber
Fīēber, n., –s; uv.; –chen; -: allgm. Bez. einer
Menge von Krankheiten, deren Zufälle nach gewiſſen
Perioden ſteigen und fallen und wobei die Maſſe des
Bluts in ungeregelter Bewegung iſt, der Pulsſchlag
häufiger und ſchneller erfolgt, das Wärmegefühl in
verſch. Graden verändert wird, ſo daß meiſt Hitze
oft verbunden mit Phantaſieren des Kranken und
Froſt abwechſeln ꝛc.; auch dieſe Symptome als Krank-
heitserſcheinung: Wird in Folge einer krankhaften Um-
ſetzung der belebten Körpertheile ein größeres Maß von Kraft
erzeugt, als zur Hervorbringung der normalen Bewegung er-
forderlich iſt, ſo zeigt ſich Dies in einer Beſchleunigung aller
oder einzelner unwillkürlichen Bewegungen, ſo wie in einer
höhern Temperatur des kranken Körpertheils. Dieſer Zuſtand
heißt F. Liebig Th. 233; Man unterſcheidet akute oder hitzige F.,
die in einer beſt. Zahl von Tagen zumeiſt ſieben oder einem
Vielfachen davon verlaufen und chroniſche F., die längre,
unbeſt. Zeit dauern; anhaltende F., wo die weſentlichen Sym-
ptome während der ganzen Krankh. dauren, entw. in gleicher
Stärke oder in abwechſelnder, ſ. g. nachlaſſendes F.; aus-
ſetzende, intermittierende oder Wechſel-F., wo die weſentlichen
Zufälle nach jedem Anfall nachlaſſen und zwar hat man hier,
je nachdem das F. jeden Tag oder je den dritten (einen Tag
um den andern) oder den vierten wiederkehrt, tägliche, drei-,
vier-tägige (ſ. d.) F. Dieſe Wechſel-F., im Ggſtz. der hitzi-
gen, auch kalte F. genannt, heißen im gw. Leben meiſtens
bloß F. Zuw. auch mit Auslaſſung von F,: Du ſtirbſt
weder am warmen noch am kalten. Weiſe Jak. 213. Außer-
dem nach den hauptſächlich angegriffnen Theilen, der
entferntern Urſache, dem Auftreten der Krankh., z. B.:
gaſtriſches, katarrhaliſches, nervöſes, ſchleichendes, bös-, gut-
artiges F. ꝛc. (ſ. Zſſtzg.); ferner: Gelbes F., eine nam.
in Weſtindien heimiſche, peſtartige Krankheit, wobei
das Fieber mit Gelbſucht und ſchwarzem Erbrechen
verbunden iſt u. ä. m. Übertr. auch auf eine heftige,
krankheitsähnliche Erregung des Geiſtes, der Seele, da-
her in manchen Zſſtzg. = Sucht: Mich dünkt, die Alte
ſpricht im F. [irre]. G. 11, 108; 1, 158; Das Alter iſt
ein kaltes F. | ein Froſt von grillenhafter Noth. 12, 92;
Langeweile, du biſt ärger als ein kaltes F. 9, 59; Wie
tückiſch ſeine Zunge .. mich verletzt . . ., wie er das F. | nur
mehr und mehr erhitzt. 13, 150; Bin ich im F.? Jſt das
ein Spuk | der nächtlichen Phantaſei? Heine Rom. 82; Kre-
piert, ich weiß an welchem F. nicht, | war’s gelb, war’s
ſcharlach oder war es faul. HKleiſt Krug 46; Ei, daß dich
doch das F.! Müllner 7, 255 (häufige Verwünſchung);
Am andern Morgen brach die Wuth | des F–s aus und wuchs
mit ſolcher Macht. W. 11, 150; Dieſe Art von F. [Herzens-
unruhe], woran Roſinchen litt .. Sie will und will auch
nicht ꝛc. 204; Faſelſt du im F.? 230; 12, 247; Der Luxus
ein auszehrendes F. für jeden Staat. 8, 189; 3, 46 ꝛc.
Anm. S. Matth. 8, 14 mit der Randgloſſe: Das iſt
den „Ritten“ auf deutſch, F. iſt latiniſch. Luther SW. 64,
190. Lat. febris, bei Ältern auch z. B.: Das (viertäglich
Feber. Eppendorf 30; 31; 67 u. o.
Zſſtzg. ſehr zahlreich, z. B.: Ángſt-: fieberhafte
Aufregung vor Angſt. Hausbl. (58) 2, 247. Brúſt-:
von der Bruſt, nam. von einem Fehler der Lunge her-
rührend. L. 13, 326; ähnl. Zſſtzg. mit andern Körper-
theilen. Brétter-, Bühnen-: die Aufregung
und Angſt, die Jemand beim Auftreten auf der Bühne,
beſ. das erſte Mal empfindet, vgl.: Lampen-, aber auch
Schauſpiel-F. Dárm-: vgl. Bruſt-F. Eīte-
rungs-: vgl. Wund-F. Fāūl-: wobei das Blut
in Fäulnis und Zerſetzung übergeht, Febris putrida;
in ſcherzh. Wortſp. auch wie Faulkrankheit ꝛc., vom
Faulſein, Unfleiß. Fléck-: ein Faulfieber, wobei
ſich Flecken auf der Haut zeigen, Petechial-F.
Flúß-: Katarrhal-F. ꝛc. L. 13, 83. Fréß-:
Febris famelica, wobei der Kranke einen Heißhunger
empfindet. Gállen-: ſ. Bruſt-F.; von geſtörter
Abſondrung der Galle herrührend. Gīēß-: ſ.
Hüttenkatze. Gülden-: ſcherzh. für Geldſucht ꝛc.:
Die Silberſucht und das G. Luther 8, 88b. Hírſe-:
weißes Frieſel. Húnger-: Freß-F., Hunger-
typhus. Hartmann Unſt. 2, 131. Kanōnen-: die
Aufregung und Angſt in und vor der Schlacht beim
Kanonendonner, ſ. nam. G. 25, 59 und 60; Von dem
allgemeinen K. angeſteckt. Dingelſtedt 145; auch übertr. =
Angſt überhaupt: Ich ſoll eine ſolche Profeſſur erhalten
und geſtehe, daß ich ſehr das K. habe. Chamiſo 5, 249, ſ.
Lampen-F. Katarrhāl-: vom Katarrh herrüh-
rend. Kópf-. Lāger-: Art Faul-F., wie es
nam. im Lager unter den Soldaten auftritt, Febris
castrensis, hungarica. Lámpen-: die fieberhafte
Aufregung, die ein Schauſpieler vor ſeinem Auftreten
auf der Bühne empfindet. Palleske Sch. 1, 109 ꝛc., ſ.
Kanonen-F. Lánd-: epidemiſches Fieber, oder F.,
wie es auf dem Lande, verſch. von dem in Städten,
eigenthümlich auftritt. Līēbes-: krankhaft geſtei-
gerter Trieb zur Begattung, Febris amatoria, auch
nur überh.: heftige Liebe. W. 10, 194 ꝛc. Lún-
gen-. Māgen-: ſ. Bruſt-F. Milch-: der
Wöchnerinnen, von der Milch herrührend. Mút-
ter-: hyſteriſches Fieber. Nérven-: das von einer
Zerrüttung des Nervenſyſtems ausgeht, Typhus.
Néſſel-: wobei der Körper mit Bläschen bedeckt iſt,
wie wenn man ſich mit Neſſeln gebrannt. Ochſen-:
ſcherzh., ein nach reichlichem Genuß von Speiſ’ und
Trank ſich einſtellender Schauder. Weiſe Jſ. 20; nach
Adelung grobes, ungeſchicktes Betragen. Pro-
céß-: Proceßſucht. W. 22, 41. Quartān-: vier-
tägiges F. Rezenſénten-: die Wuth des Re-
zenſierens, Tadelſucht. B. 112a. Revolutiōns-:
vgl. Schauſpiel-F., z. B.: der fieberhafte Drang zur
Revolution. Gervinus Lit. 5, 384. Schárlach-:
fieberhafte Ausſchlagkrankheit, nam. von Kindern, wo-
bei der Körper ſcharlachroth wird und die Haut abſchil-
fert. Schāūſpiel-: Bretter-F., aber auch die
Manie, das übertriebne Verlangen nach Schauſpielen,
z. B.: Das Sch., womit wir bis auf dieſen Tag manche
Städte unſres deutſchen Vaterlandes behaftet ſehen. W. 13,
251. Schlāf-: wobei der Kranke fortwährend
ſchlafen möchte, Febris soporosa. Schlēīm-:
von geſtörter Schleimabſondrung herrührend, oft in
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Faul- oder Zehr-F. übergehnd. Schnúpfen-:
v. Schnupfen herrührend, Katarrhal-F. Schwēīß-:
der engliſche Schweiß. Sēēlen-: fieberhafte Auf-
regung: Indem er ſich im Bette wechſelweis | in Flammen
bald herumwälzt, bald in Eis, | ſein S. noch durch Denken
zu vermehren. W. 11, 222; 20, 148. Soldāten-:
Lager-F.; Kanonen-F. Studénten-: bösartiges
Lager-F. Spate. Tertiān-: dreitägiges F.
Wéchſel-: intermittierendes F.; ſcherzh. auch der un-
angenehme Zuſtand Deſſen, den Wechſelſchulden drän-
gen. Wúnd-: von einer Wunde herrührend.
Wúrm-: von Würmern herrührend, nam. bei Kin-
dern. Zāhn-: vom Zahnen der Kinder herrührend.
Zêhr-: bei der Auszehrung, hektiſches F.
Zēīt-: Das Z., das Einige auch das Fieber der Zeit nen-
nen; Andre nennen es das Zeitungs-F. .. Es iſt eine böſe,
anſteckende Krankheit, die ſich ſogar durch die Luft mittheilt ꝛc.
G. 19, 202, ſcherzh. von der leidenſchaftlichen Erregung,
ſich mit Politik zu beſchäftigen u. ä. m.