Faksimile 0445 | Seite 437
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fett
I. Fétt, a., –est (s. feist und den Ggstz. mager):
1) wohlgenährt und daher viel Fett habend, von Menschen und Thieren: Sieben schöne f–e Kühe. 1. Mos. 41, 2; Vieh f. machen, mästen etc.; Selber essen macht f. Hebel 3, 195 etc. Oft durch einen Vergleich hervorgehoben: F–er als ein f–es Schneckchen. B. 58a; So rund und so f. wie ein Schneckchen. Langbein 2, 9; F. wie junge Wachteln. Grimm M. 282; F–er als die Dächse. Ramler F. 1, 77 etc. S.: Speck-, Spick-, Schnecken-, Schwappel-f. Frommann 1, 232. Nam. bibl. auch oft übertr. = in Fülle, Wohlstand lebend, gedeihend, kräftig, stark: Darum wird der Herr .. unter seine F–en die Darre senden, Jes. 10, 16; Esset das Gute, so wird eure Seele in Wollust f. werden [vgl. jedoch 5]. 55, 2; Ihre F–en schließen fest. Mendelssohn Ps. 17, 10 etc.
2) von Speisen, viel Fett enthaltend, sei es von Natur oder besonders hinzugethan, gefettet: F–es Fleisch essen; F–e Milch, Butter; Ein f–er Ziegenkäs. Nicolai 1, 10; F–e Speisen, auch im Ggstz. der magern oder Fastenspeisen; Das Gemüse, das Kraut, den Kohl f. machen etc. Auch übertr.: Das macht die Suppe (G. 14, 99), das Kraut (G. Lav. 33), den Kohl nicht f., fördert, hilft nicht Viel, ist nicht von Belang etc. (s. Schütze 1, 312), vgl.: Der Schwanz ist nicht so f. [meine Anmerkungen, der Anhang fällt nicht zu reichlich aus, gewährt keine reiche Ausbeute]. L. 13, 12 etc., s. 4.
3) auch sonst von Körpern, die viel Fett enthalten, z. B.: Überfluß von f–em Kien. W. 20, 225; nam.: F–e [Ggstz. flüchtige] Ole. Karmarsch 2, 769 etc.
4) übertr.: viel Nahrungsstoff, viel Saft enthaltend, viel Ausbeute gewährend, fettmachend, einträglich, reichlich, üppig wuchernd, reich etc., z. B.:
a) F–er Boden, der viel Nahrung für die Pflanzen enthält, so daß diese darauf üppig wachsen; F–er oder Marschboden; Ob das Land f. oder mager sei. 4. Mos. 13, 21; F–es, ergiebiges Erdreich. Forster Ans. 2, 16; So wird des Himmels Thau die f–en Furchen segnen. Lichtwer 250; Auf den hoch-f–en Plätzen. Tschudi Th. 619; V. Georg. 1, 64 etc. Jur.: Sog. f–e Ländereien, wo der Schuldner das dem Gläubiger überlassene Land selbst düngt und pflügt, um den Todbau soviel geschwinder zu bewirken. MöserPh. 2,104. —b) von Pflanzen, üppig wachsend, saftig etc.: Es wächset dieses Holz f.,doch ..Iwimmerig. Döbel 3, 15a; F–es Gras; F–e Weide; Die Beer’ am f–esten | Gezweig des Ölbaums ausgewählt. V. Hor. 1, 307; Die Kastanien hatten ihre f–en Kapseln aufgethan. Tieck GsNov. 1, 101 etc. F–e Henne (Sedum telephium), eine bes. saftreiche Pflanze. S. auch: Fett-gelbe Rübsenflächen. IP. 26, 55, deren gesättigte Farbe den üppigen Wuchs kund thut. c) F–e [nicht rein ausgebeutelte, noch Mehl haltende] Kleie. d) (Gießerei): F–er Formsand, der thonhaltiger ist als der magre, welcher auch wohl nur schlechtweg Sand heißt. Karmarsch 2, 105. e) F–e [die Wachsscheiben ganz mit Honig ausfüllende] Bienen. f) vgl. 1. Mos. 41, 18 ff.: Die Almanache sind nicht alle f., die magern Kühe treiben ihr Unwesen. HVoß JP. 96; Wenn auch die f–en Zeiten .. nicht wiederkehrten. Prutz Mus. 2, 37; F–e Stellen, Ämter, Pfründen, wobei der Inhaber —, f–e Processe, wobei der Anwalt sich gut steht; Ein magrer Vergleich ist besser als ein f–er Proceß; F–e [reiche] Mitgift; Für den Beichtstuhl f–e Lasten. V. 4, 123; F–e Beute; F–er Raub. Mühlpforth Hochz. 3; Man sahe kein Altar von f–em [reichlichem] Weihrauch rauchen. ebd. g) fettmachend, stark: Im Durchschnitt wenigstens 2¹½ Elle stark, welches er dem f–en Biere zu danken hat. Rabner 3, 25 etc.
5) zuw. schwerfällig, plump: Mache mir .. nur nicht f. auch den Witz. V. Hor. 2, 176 (s. feist); Ein gutes Mädchen .. an Leib und Seele rund, nur .. ein wenig zu platt und ein wenig zu f–e. W. 15, 5. Die Stimme, wo sie nicht den Metallmangel durch starkes Schreien ersetzen konnte, klang f. und schwerfällig. Stahr (Nat.Z. 8, 43); Hackländer Nam. 1, 57; FSchlegel Flor. 1, 126 etc., s. kleberig. 6) dick, breit etc. (nam. Mal., Kupferst., Buchdr.): F–er Pinsel, reichlich, dick aufgetragne Farbe; F–e [breite] Züge, Schraffierungen; Das Durch- einanderwerfen von f–en, plumpen Rubrikschriften mit der matten Textschrift. Franke Buchdr. 3; Für kleinere Geschäfte sind zwei Sorten von Linien, feine und f–e, auf Viertelpetit- Kegel ausreichend etc. 18. 7) dem Gefühl nach dem Fett ähnlich: Erdöl ist f. anzufühlen. Burmeister Gsch. 265. Vgl.: Der eigentliche plastische Thon ist stets fettiger anzufühlen. 264; Der Speckstein fühlt sich besonders an den durch Reibung geglätteten Stellen sehr fettig an. Karmarsch 3, 336 etc., wofür Manche ohne daß der Gebrauch sich fügt noch genauer „fetticht“ verlangen. Aber auch sonst findet sich zuw. f. statt „fettig“, wo es nicht sein soll, an der Oberfläche mit Fett beschmiert und dies fahren lassend, fettbefleckt, vgl.: F–e (1) und fettige Hände; Was man mit fettigen Händen anfasst, wird fettig; aber: Die Wolle wurde .. zum Zeddel gespult, fett gemacht [gefettet] und gestärkt. Hebel 3, 391 etc. Ungew.: Der gemästete Schuft mit fettigem, immer lächelndem Gesicht. Grabbe Hann. 63. Doch mundartl. nach Adelung: F–e [allgm. = schmutzige] Wäsche, Kleider etc. u. bergm.: F–e Schlacken, von leichtflüssigem Silber- und Bleierz, die sich vom Werk und von den Steinen nicht leicht abheben lassen. Campe, dagegen schwzr.: Fettig = weich, linde, Ggstz. von fest. Stalder, vgl.: Des Leibs Lust zu fettigen [lindern, stillen]. Eppendorf 90, wenn nicht Drckf. statt sättigen.
Anm. S. Feist. Dazu: Féttlich, a.: ein bischen fett. G. 29, 226; Ferner: Fétte, f.; 0: das Fettsein, die Fettheit und auch das Fett selbst, das Fette: Jes. 10, 27; Wenn er [der Hirsch] seiner F. empfindet, verbirgt er sich. Eppendorf 66; Vor der Mägere wegen würde den Jungen Milch gebrechen, aber von der F. würde die Milch ungesund. Ryff Th. 12; Bibergeil .. sammt der F. säuberlich ausgetrocknet. 20 etc. und so noch: Schling .. des Lebens Süße und F. [Datteln und Rahm]. Rückert Mak. 1, 127; Kannen .., gefüllt mit der F. des Ölbaums. V. Ländl. 1, 229 etc. Gw.: Féttigkeit, f.; –en: sowohl das Fett- als das Fettigsein und das Fett. Richt. 9, 9; Mit Speck und sonstigen F–en. G. 25, 259; Das mächtige Brustbein ist mit nerviger F. überzogen, daß man es kaum merkt. Heinse A. 2, 70; Er ist gedrungen ohne F. Sturz 1, 10; An allzugroßer F. sterben. Tschudi Th. 415 etc.