fest
I. Fést, a., –est:
eig. von solchem Zusammenhang, daß eine Trennung schwierig ist, sowohl in Bezug auf die Theile eines, als auf verschiedne, mit einander verbundne Körper: 1) F–e Körper (s. 5g), Ggstz. flüssige; Flüssiges Wasser wird als Eis f. etc.; F–es Land, Ggstz. Wasser, dann aber auch: große, zusammenhängende Ländermasse, Ggstz. Insel, auch übertr.: Ein Kopf, in dem sich solche vermeinte Inseln [Einzelheiten] an irgend ein f–es Land schließen. 11, 60 etc. — 2) unter den f–en Körpern (1) von einem bed. Grade des Zusammenhangs der Theile, die der Trennung einen starken Widerstand entgegensetzen, im Ggstz. von „weich“, ferner von „locker“, „zerbrechlich“ etc.: F–es [derbes] Brot, Gewebe, Tuch, Holz etc.; bergm.: F–es Gestein, das durch Sprengarbeit, höchst-f–es, das durch Feuersetzen bearbeitet werden muß, s. 1, 166 ff.; Wollte der Bildhauer dem spröden Alabaster bieten, was er dem f–en Marmor zumuthen darf. W. 3, 149 etc.; Etwas f. stampfen, pressen, kneten, stopfen, klopfen etc., es durch Stampfen etc. fest machen, den Theilen einen innigern Zusammenhang geben. — 3) in Bezug auf einen andern Körper, woran oder wodurch Etwas befestigt ist, so daß es nicht oder doch nicht leicht los, von der Stelle kann: Einen f–en Zahn losbrechen; (Schiff.) F–es oder stehndes Tauwerk, das stets an seiner Stelle bleibt, im Ggstz. des laufenden; F–e [Fir-] Sterne; Dieser [Tag] steht so f. [im Ggstz. der beweglichen Feste]. 6, 78; Die .. in friedliche f–e Hütten | wandelte das bewegliche Zelt. 55a; Ein nie am Eiteln f–er Wille. 180 etc., nam. oft neben Zeitw. auch zur Bez. der Wirkung derselben, vielfach übertr.:
a) neben Trans., z. B.: Etwas f. binden (in Bezug auf Anzubindendes, so daß es nicht los — aufZuzubindendes, daß es nicht aufgeht); Etwas f. knüpfen, schnüren, zusammenziehn, schrauben, schließen, zumachen, kleben, stecken, nageln etc.; Etwas oder Einen, z. B. einen Flüchtling f. fassen, halten, packen, nehmen, schließen etc.; Das halte f. und Niemand laß dir’s rauben. 4, 39; Das lose geknüpfte Band noch f–er zuziehen. 18, 256; Sogleich wurd’ ich von einer weichen Hand f. gefasst. A. 1, 168; Von Feinden f. umschlossen. 6, 20; F. schnüren möchtest du am Leib dein Gürtelband, | es würde locker. Rost. 80a; F. gemauert in der Erden | steht die Form. 77a etc. — Mehrdeutig nam.: F. machen, z. B.: Einen Handel [bündig etc., so daß er nicht zurückgeht]. F. 141; einen Flüchtling [gefangen nehmen]. 139; Die Missethäter wurden hand-f. gemacht und dem Richter übergeben. 3, 160; auch: Einen f. machen [durch Verheirathung]. Vogt 1, 93 etc. —
b) neben refl.: Er hatte sich [mit dem Kahn] f. gefahren und seine Bemühungen, wieder los zu kommen, waren vergebens. 15, 106; Weil sie sich in veraltete Gattungen so f. gerannt [verrannt]. 81; Er hat sich einmal in die Vortrefflichkeit seines Programms so f. geritten. Parn. 2, 115; Der Dieb hat sich f. gelogen, geredet, geschnackt, durch seine Lügen etc. in eine Lage gebracht, aus der er nicht heraus kann, Ggstz.: sich frei, sich heraus lügen; Er hat sich im Gasthaus f. getrunken, er konnte nicht von der Flasche, von der Gesellschaft fort, oder auch: Der Wirth hielt ihn, weil er sich von der Zeche nicht lösen konnte, fest; Sich als Soldat f. losen, Ggstz. sich frei losen u. ä. m. —
c) neben Intr.: Etwas sitzt, steckt, hackt, klebt, hängt f. etc., so daß es nicht leicht los kann; Ein Gefangner sitzt f.; Auf einem Orlogsschiff f. werden [sich anwerben lassen, vgl. b: sich f. losen]. V. 66 etc. — 4) metonymisch, zuw. auch von dem Ggstd., wodurch ein andrer gehalten wird, z.B.: Ein f–er [f. haltender] Knoten; F–es Freundschaftsband; F–e Eimer [das Wasser haltend, Ggstz. leck]; Ein f–er Schlaf [der Einen so umfängt, hält, daß man nicht leicht daraus erwacht], so auch: F. schlafen etc. — 5) mehrfach übertr., von Dem, was sichern Halt hat, daher sowohl selbst den darauf einstürmenden schädlichen Einwirkungen Trotz bieten, als auch Andern Schutz gewähren kann, wovon man deßhalb nicht abgeht und nicht weicht, also = unwandelbar, unerschütterlich, unumstößlich, kernig, dauernd, dauerhaft, sicher, zuverlässig etc., namentl.:
a) unerschütterlich, Ggstz. schwankend, haltlos etc.: [Die Natur] liegt an dem ew’gen Ankergrunde f., | wenn alles Andre auf den sturmbewegten Wellen | des Lebens unstät treibt. 492b; Sei f. und unerschütterlich! Br. 1, 397; Steh f., er bringe, was er will. 13, 66; Er war hart, wo er f.; morsch, wo er weich sein sollte. 1, 216 etc. —
b) tapfer, mannhaft. 1. 43, 31; 12, 19; so früher namentl. als Titel der Ritter, z. B. f. 13, 439. —
c) F. [sicher vorm Fall] stehn; F. im Sattel sitzen. 14, 221; Sattel-f. sein; F. in seiner Kundschaft stehn [so daß ihn Keiner verdrängen kann], eine f–e [zuverlässige] Kundschaft haben etc.; Eine f–e [zuverlässige, sichre] Hand (vgl. g) haben, schreiben; Den Pinsel immer f. und genau führen. 2, 159: Ein f–es Auge haben, Einen f. ansehn etc. —
d) In einem Fach, in einer Wissenschaft f. [sicher, gründlich zu Hause] sein, bibel-f. etc. —
e) unumstößlich gewiß, unerschütterlich, sicher, wovon man nicht weicht und abgeht: Ein 53* f–er Glaube, Entschluß; F–e Überzeugung, Preise [von denen Nichts abgeht]; Der Satz steht f.; Etwas für f. gehört haben. Br. 1, 275; Etwas f. glauben, behaupten; F. an Etwas hängen, halten etc.; oft verstärkt: Steif und f. Etwas behaupten. 1, 177; 3, 78; 39, 390 etc.; halten. 1, 18; hoffen. 2, 53; bekennen und lehren. 6, 545b; sich in den Kopf setzen. Engl. 1, 107; sich an Etwas halten. 12, 26 etc. —
f) dauerhaft: Eine f–e Gesundheit, einen f–en und harten Leib 6, 12b) haben etc. —
g) dauernd, beständig: Die f–en Körper (1) haben eine f–e Gestalt, während die flüssigen die des jedesmaligen Gefäßes annehmen; Eine f–e Anstellung; Ein f–es Domicil; Sich f. niederlassen; Sich an einem Ort, in einem Land f. setzen, nam. von einem Heer, das nur mit Mühe daraus vertrieben werden kann; F–en Fuß fassen etc. — Mein f–er Kunde [der immer von mir kauft, s. c]; Die f–e Hand (s. c) [der immer gleiche Preis einer Waare] etc. —
h) nicht leicht einnehmbar und daher Schutz und Sicherheit gewährend: F–e Plätze, Städte, Schlösser, Burgen, Mauern etc.; Eine f–e Burg ist unser Gott. etc. —
i) unverwundbar, gefroren (s. frieren 2b); gegen verletzende Einwirkungen gehärtet, ihnen widerstehnd, nam. auch durch einen Zauber gefeit: Kein Zaubrer ist so f., | daß nicht an dem gestählten Leibe | ein Fleckchen schwach und tödtlich bleibe. 1, 300; Warum ist dieser Leib nicht wider Stahl und Pest | und mein Verstand nicht wider Irrthum f. ? 91; Er ist nicht zu verwunden, er ist f. 398a; 323a; Ich, durch Schmerzen f. gemacht, | fand nicht den Tod. Cymb. 5, 3; Der f. war, ob’s auch Kugeln hätt geregnet. Febr. 138 etc.
Anm. Ahd. festi, fasti, mhd. veste, wohl zum Stamme „fassen“ (s. d. und fast); ältre Schreibw. — nam. noch in den Kanzleien als Titel 5b — vest. — Scherzh. Komparativ vom Superl.: Festester. 5, 131; vgl. „allerliebst“. — Nbnf. des Adv.: Festiglich, z. B. 80, 16; 119, 38; Daß man ihn f. voraussetze. 7, 417; Solang ich f. | noch am Rheinstrom weile. 2, 314; Wie ich fröhlich und f. glaube. G. 1, 220; Ich glaub’ es f. 11, 32; 12, 87 etc.; Mit der goldnen Krone das Reichihm festlich versichern. 5, 178. — Dazu: Féstigkeit, f.; –en: das Festsein, z. B.: Die Häuerarbeiten sind verschieden nach dem Grade der F. des Gesteins. 1, 166; Hier dank’ ich den Göttern, daß sie mir | die F. gegeben, dieses Bündnis | nicht einzugehen. 13, 21; Daß der ungebildete Mensch bloß Zähigkeit, der gebildete aber F. des Charakters besitzt. SchwM. 1, 143 etc. — Seltnere Nbnf.: Festheit. S. auch Feste und vgl.: Festigen etc.
Zsstzg. vielfach, z.B.: Ángel-: fest in den Angeln ruhnd: Du derber a–er Erdball. B. 294a. — Bánd- [3]: s. Erd-f. —
Bāū-: sicher zum Bau: Den Grund .b. machen. Kant 2, 293. — Bāūm- [5c]: fest wie ein Baum. — Bībel- [5d]: Der b–e Pfarrer. V. 4, 26; Daß wie man b–e Männer hat, wir uns nach und nach in Shakespeare befestigten. G. 22, 56; 21, 147; s. nam. 4, 199 und vgl. kapitel-f. —
Bīēder-: von zuverlässiger Biederkeit. H. 15, 249. — Bómben- [5c]: B–es Gewölbe; übertr. = sehr fest, zuverlässig. Gotthelf Sch. 191. —
Bránd-: feuer-f. Börne 3, 345. —
Bǖgel-: fest im Steigbügel, s. sattel-f.: So zügel- und b., dem sein Roß nie bäume und der den Sattel nie raume. Rückert Mak. 1, 43. — Charákter [5a]: Gutzkow R. 3, 340; Ch–igkeit. Heine Verm. 1, 102. — Dêgen- [5i]: So gut umpanzert, daß er schuß- und d. war. Sch. 731a. —
Díng-: eig., rechtlich festgestellt; dann allgem. = fest, z. B.: D. gemachte und wieder ausgerissene Knopflöcher. Goltz 1, 90. —
Edel-: vgl. ehren-f., z. B.: Das wohledelveste Fräulein. Pestalozzi 4, 276. — Ehren- [5b]: eig., von fester unerschütterlicher Ehre; wacker, tüchtig, brav, dann als veralt. Titel — vgl. ehrsam —: E. ziehen die Pferde. Gotthelf G. 331; Nun war der E–e [,,der nótveste“ gekommen in das Land. Simrock Gudr. 621; spöttisch von einem alten Freier etc.: Um e. zu werben etc. V. 3, 150;. Findet deinen Ton und deine strengen Sitten | . . zwar e., doch etwas lächerlich. W. 3, 239 etc. —
Eīd-: Ggstz. eidbrüchig. Freiligrath 2, 103. —
Ēīsen-: fest wie Eisen: Immermann M. 1, 46; Rabener 1, 88 etc. — Erd- [3]: in der Erde befestigt, wie nagel-f., durch Nägel befestigt, angenagelt etc., im Ggstz. der beweglichen Güter: Was erd-, wand-, band-, mauer-, niet- und nagelfest in einem Grundstück ist. Glück Pand. 2, 525; Möser Ph. 4, 342. —
Félsen-: unerschütterlich wie ein Fels etc. G. 1, 97; Gutzkow R. 9, 339; Platen 6, 17 u. o. — Fēūer- [5i]: F–er Thon. Karmarsch 2, 135; 1, 764 u. o.; auch: Sie gegen das Verderben einbalsamieren und f. machen. Claudius 5, 54. — Glāūben- [5a]: Treu und g. V. 3, 227. —
Góld-: treu, echt wie Gold. JP. HV. 86. —
Grúnd-: bau-f., unerschütterlich. Jahn M. 145; Schaidenraißer 56a. — Gründe- [5i]: Die Weiber, als hätten sie mit dem Bösen ein Bündnis geschlossen, sind g., es dringt keiner durch. Börne 2, 214. — Guillotīnen- [5i]: Daß ein bischen Salböl keinen menschlichen Kopf g. machen kann. Heine Reis. 4, 115. — Hāgel- [5i]: s. kugel-f. —
Hánd-: von kräftiger Faust, stark, derb etc.: H–e Arbeitsamkeit. Gervinus 3, 136; Jhre alten h–en Kerle. G. 9, 142; Unser h–er Ehrenmann. Hebel 3, 4; 342; Nimm sechs der H–esten, breche hier ein. Lichtenberg 3, 194; Mann von h–em Fleiß. 4, 279; Unter h–en Späßen. Monatbl. 2, 231b; Möser Ph. 3, 254; Musäus M. 2, 69; V. Ov. 2, 313 etc. — Hat sie die freie Kraft, fast die ungenierte H–igkeit des Mannes. Kühne Char. 1, 86 etc. — Ferner [3a]: Einen Verbrecher, einen Kauf h. machen etc. — Hīēb- [5i]: Hieb-, stich- und kugelfest. Zschokke Nov. 3, 9. — Hȫchst- [2]. —
Kapítel-: bibel-f., die Sprüche nach Kapitel und Vers wissend; allgem. = fest, z. B. Claudius 4, 131. —
Kérn-: K. und auf die Dauer. 87; vgl. Kern 2. — Kūgel- [5i]: Sturm-, hagel- und k–e Laternen. Kohl Engl. 3, 264. — Mánn- [5b]: M–er Ritter. Musäus M. 2, 113. —
Māūer-: s. erd-f.; auch: Die m–e Jlion. B. 143b [,,festummauerte“ 186b]; Ohne Pracht und m–e [in festen Mauern abgehaltne] Konvente. Falmerayer Or. 2, 22 etc. —
Metáll-: fest wie Metall. Arndt Erinn. 24. —
Nāgel-: s. erd-f. — Natūr- [5h]: von Natur fest. Jahn M. 69. —
Nīēt-: s. erd-f. — Nōth- [5b]: unerschütterlich und mannhaft in der Noth, s. ehren-f.: N–r Ulysses. Schaidenraißer 44b; Zwingli 2, 1; auch = derb: N–e Schultern, tücht’ge Hände. W. 12, 61. —
Ort-: unbeweglich. Jahn M. 301. —
Prōbe-: die Probe der Festigkeit bestehnd: Meine Vernunft ist p. und auf die Dauer gearbeitet. Tieck Nov. 3, 122; P. in Leiden wie in Freuden. W. 20, 172; 234 etc. —
Rīēgel-: R. verschloß er die dicht einfugende Pforte ser verriegelte sie fest]. V. Od. 2, 345. — Sáttel- [5a]: fest im Sattel sitzend. B. 33b; übertr.: Im Pädagogischen s. Gutzkow R. 3, 304; Forster Br. 2, 20 etc. — Schúss- [5i]: s. degen-f.: Sch–igkeit. Kohl Alp. 3, 339. —
Sēē-: von einem Schiff, das die See gut halten kann. Bobrick; auch von einem Menschen, der nicht von der Seekrankheit ergriffen wird etc. —
Stāhl-: fest wie Stahl. Heinse A. 1, 96. —
Stánd-: standhaft. Schaidenraißer 12a; Vorr. 3; St–e[Fir-] Sterne. Spate etc. — Stích- [5i]. — Stúrm- [5i]: dem Sturm trotzend: Ein st–es Dach. Sch. 448b; St. steht der Boden. 451b etc. —
Tákt-: nicht aus dem Takt kommend, sicher: Weder theoretisierend, noch experimentierend völlig t. G. 39, 280, s. zug-f. —
Trāūm-: fest an Träume glaubend, ihnen folgend. Kant Geogr. 2, 240. —
Trēū-: von fester Treue. Arndt 217. —
Tūgend-: von fester, unerschütterlicher Tugend. —
Un-: ohne Festigkeit: U–igkeit, böses Gewissen. Lavater 1, 89. —
Ur-: ursprünglich fest, kern-f. etc.: Im u–en [⏑–⏑] deutschen Land. Kerner 173. —
Wánd-: s. Erd-f. — Wásser- [4]: wasserdicht. Hebel 3, 293. — Wétter- [5b]: s. sturmf.: Engstehende Bäume haben keine W–igkeit, wie freistehende. IP. 21, 154. —
Wórt-: s. Eid-f. —
Wúrzel-: festgewurzelt, unerschütterlich: W–e Standhaftigkeit. Auerbach Leb. 2, 287; Die Liebe bleibt tief im Busen, w. West Diana 3, 7. — Zāūber- [5c]. Streckfuß Rol. 12, 23, gesichert gegen Zauberei. —
Zūg-: gleichmäßig im Zug bleibend. Goltz 1. 357. —
Zügel-: s. bügel-f. u. ä. m.
Work in progress
Die Arbeiten am Wörterbuch sind noch nicht abgeschlossen. Beachten Sie daher folgende Hinweise:
- Artikel können falsch segmentiert sein.
- Lemmata können falsch aufgelöst sein.
- Die Struktur, v. a. von Lesarten, kann falsch ausgezeichnet sein.
- Falsch erkannte Zeichen sind nicht auszuschließen.
- Faksimiles können fehlen oder falsch beschnitten sein.
- Das generierte TEI/XML kann invalide sein.