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Feige
II. Fēīge, f.; –n; Feiglein; –n-: 1) die fleiſchige,
ſüße, eßbare Frucht des Feigenbaums (Ficus carica)
und dieſer ſelbſt (ſ. Baum II 2a, z. B.: Von der Feig’
unnützem Gehölze. V. Hor. 2, 81; Ländl. 1, 128. ſ. Gra-
nate), übertr. auch auf andre ähnliche Gewächſe, z. B.
a) die ind(ian)iſche F., Cactus ficus indica; auch C.
opuntia, die Stachel-F., ſ. z. B. Platen 7, 420; die
afrikaniſche F., Mesembryanthemum. b) Adams-,
Paradies-F., Musa paradisiaca; Bananas-F., M.
sapienhum. c) Ägyptiſche, Pharaos- oder Maul-
beer-F., Ficus sycomorus ꝛc., ſ. Zſſtzg. d) Ferner
in Bezug auf die Frucht: Erd-F., Erdnuß, Lathyrus
tuberosus; Holz-F., gedörrte Holzbirne. Schm. 1, 515
ꝛc. e) Auch von der eig. Frucht unterſcheidet man
viele Arten, nam. nach der Zeit der Reife: Früh- und
Spät-, Frühlings-, Sommer- und Herbſt-F–n
ꝛc., ferner z. B.: Hanover- oder Madonna-,
Ischia-F–n ꝛc. f) ferner im Handel bei den Früch-
ten nach der verſch. Verpackung bei der Verſendung:
Faß-, Korb-, Laub-, Rosmarin-F–n ꝛc. Bo-
taniſch bez. übrigens F. nicht die Frucht, ſondern die
die Blüthen und Samen einſchließende Hülle. 2)
nach der Ahnlichkeit auch eine Kugelſchnecke, Bulla
ficus, F., ſpaniſche F.,Meer- od. See-F., eine Stachel-
ſchnecke, Murex perversus, linksgewundne, linke F., eine
Art Seeneſt, Alcyonium ficus, See-, Meer-F.
3) euphem. für Exkremente, z. B.: Brem. Wörterb. 1,
386; Bauern-F. Grimm; Roß- oder Pferde-F. Spate
und Friſch ꝛc. 4) eine krankhafte Erhöhung am Kör-
per, Beule, Geſchwulſt, ſo ſchwzr. eine verhärtete Drüſe,
beſ. an den Pferdeſchenkeln. Stalder; ferner eine flechten-
artige Rauheit der Augenlieder, Augen-F.; nam. aber
= Feigwarze, ſ. d. und vgl. Fiek-Beule. 5) die
weibliche Scham (vgl. ital. fica, ficaccia), ſo weidm.
Feigenblatt (ſ. d. und vgl. 1. Moſ. 3, 7). Wohl mit
Anſpielung darauf oder ähnliche Obſcönität die auch
aus Shakeſpeare, nam. aber in Spanien und Jtalien be-
kannte Verhöhnung durch Zeigen des bei geſchloßner
Fauſt zw. Zeige- und Mittelfinger durchgeſteckten Dau-
mens = die F. zeigen, weiſen, bieten, dann allgm. = ver-
höhnen: Nit anders, dann ob ſie es den bibliſchen Schriften
zu Trotz und zu Leid thäten, ihnen die Feig zu bieten. Fiſchart
B. 14a; PHeyſe Nov. 172; Das Wild :.. dem Jäger zeigt
die F–n. Wackernagel 2, 284 Z. 32 ꝛc. S. Schm. 1, 515;
Spate 456, vgl.: Let-F–n(„,Leckdie F.?“) unter,,feige“
I, Anm. 6) Wohl ineiner Art Wortſpiel = Schlag
mit der Hand ins Geſicht: Während Schell’ und F. | von
Maul zu Ohr ſich tauſcht. Reithard 317 (gw. Maulſchelle,
Ohr-F.). So auch: Dem ehrlichen Manne durch ein paar
Dutzend Ohr- und Augen-F–n blaue Fenſter zu machen.
Giſander Felſenburg (1744 ff.) 2, 437; Ein paar Back-
F–n. Droyſen Ar. 3, 163; nam. oft aber: Mit ſeiner der-
ben Fauſt dem Jungen einige Ohr-F–n gegeben. Börne 1,
348; Theilt die tüchtigſten Ohr-F–n in ſeidnen Handſchuhen
aus. 3, 2; Wer das Kind eine Mähre ſchilt, ſchlägt den
Vater ans Ohr und Ohrfeig’ um Ohrfeig’, Das iſt ſo Tax
bei uns. Sch. 193b; Ohr-F–n verſchlucken. Stilling 1, 26,
einſtecken ꝛc.
Anm. Aus lat. ficus. Zu 6, vgl. außer Back-Pfeife,
auch die volksthüml. Bez.: Backfiſch. Brockes 1, 39; Back-
birne mit fünf Stengeln (ſ. d. und Butzbirne, vgl. Finger 1r);
Kopfnuß (Schm. 2, 711), holländ. oorvijg, muilpeer (Maul-
Beere, -Birne = Maulſchelle) u. ä. m.
Zſſtzg. ſ. o.: Adams- [1b]. Āūgen- [4 und
6]. Báck- [6]. Bānanas- [1b].
Bāūern- [3].—Erd-[1d]. —Fáß-[1f].
Frǖhlings- [1e]. Gēīß-: der wilde Feigen-
baum. Oken 3, 1559. Hérbſt- [1e]. Hólz-
[1d]. Kórb- [1f]. Krāūt-: Dorstenia.
Lāūb- [1f]. Lēt- [5]. Māūlbeer- [1c].
Mêêr- [2]. Núß-: Brosimum. Öhr- [6].
Paradīēs- [1b]. Pfêrde- [3]. Phā-
rao- [1c]. Róß- [3]. Sēē- [2]. Sóm-
mer- [1e]. Stáchel- [1a] ꝛc.