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fehlen
II. Fêhlen, tr.: fahl, föhle; (ge)fohlen; fiehlſt,
fiehlt; fiehl: nur in Zſſtzg. mit „Be“ und „Emp“, wo-
bei natürlich im Part. die Vorſ. „ge“ fortfällt.
Anm. Goth. filhan, ahd. fëlhan, fëlahan. bez. be-
decken (vgl. Fell), verhüllen, begraben, während goth. ana-
filhan übergeben, überliefern iſt (was als Erweitrung des
Begriffs „beſtatten“ gedeutet wird = den Leib den Flammen,
der Erde überliefern, befehlen), woraus ſich die jetzt gw. Bed.
entwickelten. Luther u. A. ſchreiben noch befelhen, befalh,
befolhen ꝛc., vgl. Befehl und Befehligen. Nbnf. im Impf.
Befohl. z. B. Büchner Konk. 242a; Warum befohlſt du denn
mir gleich ein Sinngedicht? Käſtner 1, 55; 65 ꝛc.; Seine
Wundärzte empfohlen ihm .. Ruhe. L. 6, 1; Tieck NovKr.
2, 55, wozu der Konj. beföhle ꝛc. ſtimmt, mit der ſeltnern
Nbnf.: befähle (G. 28, 179), ſ. Sanders Orth. 26; veralt.:
Daß ſie ſich etwa Gott befühlen. Harniſch Donquich. 139;
„Befihlen“. Luther 1, 290a. Nach Adelung gilt oberd.
ſchwache Abwandlung für Präſ. und Jmperf.: in der Schrift-
ſpr. findet ſich dieſelbe nur zuw. im Imperativ: Befehl(e).
Pſ. 37, 5; Luther 8, 310b; Chamiſſo 5, 215; G. 35, 101;
Sealsfield Leg. 1, 183.
Zſſtzg.: Be-: 1) Einem Etwas b., es ihm über-
geben, als etwas zu Bergendes, zu Beſchützendes, zu
Bewahrendes anheimgeben ꝛc.: In deine Hände befehl’ ich
meinen Geiſt. Pſ. 31, 6; Daß er ihm unter ſeine Hand befahl
alle Gefangnen. 1. Moſ. 39, 22; Ließ eherne Schilde machen
und befahl ſie [,,gab ſie in Verwahrung“] den Oberſten.
2. Chron. 12, 10 u. v.; Befohlen bleibt jetzt die empörte
Schlacht | der Troer und Achäer ſich allein. B. 169a; Indem
er ſeinem Schöpfer ſich befahl. Chamiſſo 4, 32; Befiehl du
deine Wege .. der allertreuſten Pflege | Deß, der den Himmel
lenkt. PGerhard (Pſ. 37, 5); Befehlt eure Seele Gott zu
Gnaden. G. 11, 165; Als St. Chriſtoph mir ſein Reff be-
fahl und zur Thüre hinausging. 19, 45; Darauf befahl er
dem Knaben die Hütte und zog hinunter. Kinkel Erz. 9; Tieck
2, 17; Uhland Ernſt 126 ꝛc. In dieſem Sinn iſt b.
alterthümlich und der gehobnen Rede angehörend, nam.
auch in den Zſſtzg. des Part., z. B.: Lottens jüngſten
Pflegebefohlenen. Immermann M. 2, 260; Schutz-be
fohlner. Rückert Morg. 1, 172 ꝛc. Sinnvwdt. emp-f.
(ſ. d.), doch iſt Dies ſchwächer: Das Befohlene wird
Einem zur Annahme ꝛc. übergeben, das Empfohlene
wird nur ſo dargeſtellt, daß man wünſcht oder hofft, es
werde angenommen werden. Abgeſchliffner erſcheint
es dagegen in Höflichkeitsformeln, z. B. in dem Ab-
ſchiedsgruß: Gott befohlen! = adieu, lebwohl, z. B.
G. 11, 193; Schleppen ihn, gern oder ungern, fort auf die
Schiffe und Gott befohlen [fort geht’s]. Hebel 3, 101 ꝛc.
So auch: Noch viele Grüße befahl ſie [trug ſie auf, ſ. 2].
G. 5, 74. 2) (Einem Etwas) b., Einem Etwas auf-
tragen (ſ. 1), doch jetzt gw. nur: Einem, der dem Be-
fehlenden zum Gehorſam verpflichtet iſt, kund thun,
was man von ihm gethan wiſſen will (ſ. Befehl und
gebieten): Schaue .. nach Mächt’gen, die b. G. 4, 43; Die
Mamſell hat ſchon ein Laufens, ein B–s heut verführt, daß
es unleidlich war. 9, 348 (vgl.: Befehlerles. Auerbach D.
1, 131; 154); Erfindung, von jener geringern Gattung, die
Horaz ſeinem tragiſchen Dichter anrieth .., anrieth, ſage ich,
aber nicht befahl. L. 6, 448; nam. oft mit abhängigem
Satz: Ich befehle, daß du hingehſt; Ich befehle dir, hinzu-
gehen ꝛc. Zuw. auch von einem die Gegend beherr-
ſchenden Gebäude: Von Grund auf neu gemauert, | dem
Strom befiehlſt du keck. Freiligrath Garb. 85; mundartl. =
beſtellen. Gotthelf G. 412. Auch als Höflichkeits-
phraſe: B. Sie noch etwas Suppe?; Was b. Sie?; Wie
Sie b.; Sie haben zu b. ꝛc., vgl.: Ihro Excellenz haben die
Gnade, mir den Beweis zu b. Sch. 185a. 3) Etwas,
eine Sache und dann auch: eine Perſ. b., ſeinen Willen
in Bezug auf dieſelben befehlend zu erkennen geben, be-
ordern (ſ. befehligen) ꝛc.: Ein Weib, die meine Treue b.
[darüber gebieten, Herrin derſelben ſein] dürfte. Tieck
Nov. 6, 154; Er befahl ſeine Pferde [befahl, daß ſie an-
geſpannt würden]. G. 15, 129; Ew. Gnaden haben die
Hofjuweliere befohlen, ſie ſind vor der Thür. 10, 43; Be-
fiehl [ſende] den Krieger in die Schlacht. 12, 98; Die be-
fohlne Mannſchaft. L. 2, 92; Ich war unter dem Haufen,
welcher befohlen war, den Abradates einzuholen. W. 27, 45;
Der Fürſt befiehlt Einen zur Tafel; Ich laſſe mich [gew.
mir] nicht von dir b. Gotthelf G. 55 ꝛc. 4) Doppel-
zſſtzg., z. B.: Ab-b.: Der Fürſt hat die Jagd abbefoh-
len [befehlend abbeſtellt]. An-b. [1 und 2]: [Es
würde] ihnen das Geheimnis auf das ſtrengſte anbefohlen.
G, 17, 111; Haſtig ihm anbefehlend, daß er warten
ſolkte. Gutzkow R. 3, 248; Das Geheiß, das Even anbe-
fahl, .. die Frucht nicht abzuleſen. Hagedorn 2, 274;
Rückert Morg. 2, 62; Da wohnt ſein eigen Weib; | der an-
befahl er [ihrer Obhut übergab er] ſie. Schlegel Gd. 1,
122; 209; Gleich dem gebieteriſch | a–den Ehemann, ..
forderteſt du, was nur erſchmeichelt wird. V. 3, 77; Anbe-
fehlung. Wurm Spr. 7. Hêr-, Hin- ꝛc.: Der Fürſt hat
ſeine Kammerdiener her-, ins Schloß hinbefohlen; Er hat das
Buch zurückbefohlen ꝛc. Emp-: 1) Einem Etwas e.,
ſ. be-f. 1, ſeine gute Meinung dafür in Anſpruch
nehmen, ſei es, daß man es derſelben a) für werth oder
b) für bedürftig erklären will, z. B.: Der Kaufmann
empfiehlt (a) ſeine Waaren; Ich kann dir dies Buch e.; dem
Kranken Ruhe e. [als förderlich anrathen]; Sich bei Je-
mand durch Etwas ſchlecht (W. 22, 211), wenig e. ꝛc!, Das,
wodurch er eine günſtige Meinung für ſich erregen
ſollte, hat den entgegengeſetzten Erfolg; Trotz ſeiner ſehr
un-e–den Perſönlichkeit. Gervinus Lit. 5, 338. Ich empfehle
(b) meinen Sohn deinem Schutz, mich deinem Wohlwollen ꝛc.;
Wer ſeine Sache empfiehlt, muß ſie doch Jemand e. und wem
empföhle man ſie beſſer als Dem, der ſie unter Händen hat?
G. 22, 99; Empfahl ſich in den Schutz der heiligen Jung-
frau. Muſäus M. 3, 112; W. 12, 126; Ein Brief des
Kaiſers .. empföhle dich | nicht beſſer als dein eigner Werth.
Tieck Cymb. 4, 2. Nam. auch als Höflichkeitsformel:
Ich empfehle mich Ihnen [beim Abſchied]; E. Sie mich
Ihren Eltern beſtens. So auch: Propſt G. wollte ſich
eben von der Mutter e. [verabſchieden]. Gutzkow R. 3,
232. 2) Doppelzſſtzg. z. B.: Án-e.: verſtärktes e.
Gutzkow R. 8, 430; Kohl Irl. 2, 122; Merck’s Br. 1,
167 ꝛc. Miß-e.: ſchlecht e.: Die Fremde, Schlecht-
umgebne, Mißempfohlne. G. 13, 320; Daß nicht zäh die
Henne ſich mißempfehle dem Gaumen. V. Hor. 2, 157.
Nāch-e.: nachträglich e.; auch: Er hat mir das Buch
empfohlen und ich kann es ihm n. ꝛc. 4) Empfehlung,
f.; –en: Er hat mich Ihnen empfohlen und ich werde ſeiner
E. Ehre zu machen ſuchen; Meine beſten E–en an Ihre Frau
Gemahlin ꝛc.; Er hält es für eine An-E. der Herrenhuterei.
Sch. G. 2, 149; Nach-E. G. 40, 49 ꝛc.