essen
über-essen
I. Eſſen, tr., aß, äße; gegeſſen; iſſt, iſſt; iß:
Nahrung, Speiſe zu ſich nehmen (vgl. trinken), am
häufigſten, doch nicht ausſchließlich, von Menſchen
(vgl. freſſen): a) das Genoßne ſteht dabei als Obj.:
Brot, Fleiſch, Gemüſe, Suppe e.; Im Schweiße deines An-
geſichts ſollſt du dein Brot e. 1. Moſ. 3, 19; Fremder Leute
Brot e. ꝛc. — Zuw. übertr.: Ihr werdet der Heiden Güter
e. Jeſ. 61, 6 [den Ertrag derſelben genießen]; Sie wer-
den die Frucht ihrer Werke e. 3, 10 [den Lohn ihres Thuns
genießen] ꝛc. — b) das eigentl. Obj. bleibt weg, in-
dem nur Das genannt wird, wovon man die Nahrung
nimmt: Du ſollſt e. von (ſ. d. †) allerlei Bäumen [Früchte]
ꝛc. 1. Moſ. 2, 16; Wir e. von den Früchten der Bäume
[einige; nicht alle Früchte]. 3, 2; übertr.: Sie e. von
den Früchten ihres Weſens. Spr. 1, 31. — So oft ihr von
dieſem Brot eſſet und von dieſem Kelch trinket! Kor. 11, 26;
Hätte . .. gern von der Waare gegeſſen. G. 5, 127 ꝛc.;
und ſo auch mit Gen. zur Bez. des Theils: Daß ihr
eſſet des Brots. 4. Moſ. 15, 19 ꝛc. — c) das Obj. bleibt
ganz weg: Iß und trink. Luk. 12, 19; Lade die Gottes-
fürchtigen . .., daß ſie mit uns e. Tob. 2, 1; Mit Einem
am ſelben Tiſch, aus einer Schüſſel e.; An fremder Leute
Tiſch e.; Einem zu e. geben; E–des Pfand; Gegeſſen oder
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geſchmauſt vielmehr. Enſe Denkw. 1, 13; Gut geſeſſen iſt
halb gegeſſen [die halbe Mahlzeit]. G. 6, 322; Sie habe
nicht gegeſſen, daß es einer Fliege im Auge weh gethan hätte.
Gotthelf Sch. 250 [Nichts]; Selber e. macht fett. Hebel 3,
195; Der Gurgel eſſ’ ich nicht, ich eſſe nur dem Magen
[nicht zur Befriedigung der Leckerei, ſondern des Hun-
gers]. Logau (L. 5, 114); Aß er nicht ſatt. Rückert Morg.
1, 179 (ſ. e). — d) ſo nam. oft mit beigefügter Zeit-
beſtimmung: Mittag oder zu Mittag, zu Abend, zur Nacht
e.; Wir haben noch nicht (zu) Mittag gegeſſen, natürlich
auch (ſ. a): Zu Abend eine Suppe e. ꝛc. — e) mit An-
gabe der Wirkung: Die Schüſſel leer, den Bauch voll,
Jemand arm e. ꝛc., ſo auch: Sich ſatt, voll, rund e.; Sie
aßen ſich in Gänſen dick. Lichtwer 111.
Anm. 1) über die ältern gedehnten Formen du iſſeſt,
er iſſet. Joh. 6, 50 ꝛc., ſ. Sanders Orth. 69 ff. — 2) das
Part. heißt eigentl. geeſſen, z. B. Ryff Th. 28; 44; 61;
Stumpf 610a; Geßner 4, 101 ꝛc.; daraus zuſammengezogen:
geſſen. 5. Moſ. 8, 10 u. o.; Ryff Th. 18; Zinkgräf 1,
121 ꝛc.; Im Sprüchwort . ..: g., vergeſſen. Gotthelf Sch.
310 [Wohlthaten werden nach dem Genuß vergeſſen]; Auer-
bach D. 4, 319; Zucker geſſen. Talvj 2, 55; Ich hab kein Brot
geſſen. G. 34, 15 (9, 17); Wenn ihr geſſen und trun-
ken habt. 9 (aber: „geegeſſen und getrunken“. 9, 11) ꝛc. —
Aus geſſen, worin man die Vorſ. ge nicht mehr erkannte,
ging dann gegeſſen hervor, wovon bei echten Zſſtzg. das
„ge“ fortfällt, ſo über-e. — 3) dies Part. ſteht öfter in
aktivem Sinn: Seinen ſattgegeſſnen Knechten. Goltz 1, 41;
Die Mägde ſaßen vollgegeſſen. Holtei Ob. B. 1, 229 ꝛc.,
nam. oft (ſ. Benecke 1, 759b u. vgl. freſſen 1): Unter meiner
Laube lag | ich ungegeſſen, ungetrunken. Göckingk 1, 82;
Fiſchart B. 23b; Gotthelf Sch. 84; Hammer RH. 297; Un-
gegeſſen ins Bett gehen. Hebel 3, 342 (nach Auerbach SchV.
259 „ungrammatikaliſch“); Keller gH. 4, 158; Schaidenraißer
56b; Stolberg Il. 19, 162; 205; 345; V. Il. 19, 156;
Zinkgräf 1, 57; 3, 53 u. o. Vgl.: Ungefrühſtückt ging ich
hin. Sch. 606a ꝛc., ſ. Klagen 2a ꝛc., dagegen paſſiv: Herr Gryn
bleibt ungegeſſen [vom Löwen]. Freiligrath Garb. 97. — Andrer-
ſeits aber auch: Von eſſenden [eßbaren, zum Eſſen die-
nenden] Dingen ſtehlen. Carolina § 166: 167 ꝛc. — 4) goth.
itan, ahd. ëzzan, mhd. ëzzen, lat. edo, gr. ëca, ēλ,
ſkr. ad ꝛc. Dazu: ätzen, äßen ꝛc.; freſſen zuſammengezogen
aus ver-eſſen ꝛc.
Zſſtzg. vgl. die von freſſen, z. B.: Áb-: Die Kir-
ſchen vom Baum, den Baum a.; Würm, die das Korn auf
dem Feld abaßen. Weidner 243; Noch wollte er ſeinen Teller
nicht a. G. 17, 274; auch: das Eſſen, die Mahlzeit
beenden. G. 28, 168 ꝛc.; auch: Eine Schuld, einen Vor-
ſchuß, ſeinen Preis bei Einem a. ꝛc. — Übertr.: Sich das
Herz a. vor Neid. Kompert Pfl. 1, 271; vor Kummer. 217;
Er weint .. ., es könnt Einem das Herz a. 2, 184. —
Än-: Sich einen Bauch, Wanſt a., durch Eſſen anſchaf-
fen oder zulegen, ſ. anmäſten. — Āūf-: durch Eſſen
alle machen, aufzehren; zu Ende eſſen: Das Lamm a.
2. Moſ. 12, 4; übertr.: Beide [Stunden] Minute für
Minute aufzueſſen [ganz zu genießen]. JP. 3, 159 [ſ.
freſſen Anm.]; Ich hätte ihn vor Liebe a. [freſſen, ſ. d.
2b] mögen; auch = aus-e. — Āūs-: Die Suppe, das
Mus (Weidner 51) ꝛc. a., aus der Schüſſel, — die Schüſſel
a.; nam. ſprchw.: A., was man (oder ein Andrer) ein-
gebrockt (ſ. d.); Der Alte ſtelle ihm zum A. die Suppe dar,
welche er ſelbſt nicht möge. Gotthelf U. 2, 139; Eine Prü-
gelſuppe (ſ. d.) a. ꝛc. — Dúrch-: Wer ins Schlaraffen-
land will, muß ſich durch einen ſüßen Brei d., hindurch-e.
ꝛc. — Fórt-: 1) weg-e. — 2) weiter eſſen. V. 1, 139.
— Hindúrch-: ſ. durch-e. — Hinēīn-: in den
Leib. Tieck 2, 170. — Hinter-: ſ. II. hinterbringen.
— Mít-: Du muſſt m., ſonſt ſchmeckt ſie mir nicht [die
Suppe]. G. 10, 109. — I. Über-: refl., mehr eſſen,
als man vertragen kann, ſich den Magen verderben:
An der fürſtlichen Speiſe überiſſt man ſich und den ſüßen
Wein trinkt man ſich zuwider. Bodenſtedt 2, 305; Hat ganze
Länder aufgefreſſen | und doch noch nie ſich übergeſſen. G.
11, 121; 3, 237. — II. Über-: tr. (ſ. I), von Etwas
ſo viel eſſen, daß es Einem zuwider wird: Ich habe mir
die Speiſe übergegeſſen. — Ver-: eſſend verbringen:
Sein Geld ver-e. und vertrinken: Veriſſt und vergiſſt die Be-
kehrung [in der Schenke]. Tieck NKr. 2, 197 ꝛc. Das Part.
„vergeſſen“ fällt mit dem von vergeſſen (ſ. d.) der Form
nach zuſammen und wird deßhalb gw. vermieden. —
Vōr-: früher eſſen als ein Andrer, ihm das Eſſen da-
durch vorwegnehmen, vgl.: Hatteſt Angſt, die Bettler
hätten Alles vorweggegeſſen. Gotthelf U. 2, 27 [ſo daß
dir Nichts geblieben] ꝛc., nam.: Vorgegeſſen Brot. G. 12,
13 ꝛc., von Etwas, was man ſchon als Vorſchuß aus
Nothdurft vorwegnimmt, ſo daß für die Zukunft, wo-
für es eigentl. beſtimmt iſt, Nichts bleibt. — Wég-,
Wīēder-: vgl. Zſſtzg. von freſſen. — Zwéck-: bei
einem Zweckeſſen — ſ. Zſſtzg. von II. — ſchmauſen:
Die Begeiſtrung z–d unterſtützen. Prutz Woch. 14 ꝛc.
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