Faksimile 0385 | Seite 377
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Esel
Eſel, m., –s; uv.; –chen, ein; -, –s-: 1) ein
zu den Einhufern oder zu der Gattung der Pferde ge-
höriges Thier, Equus asinus. E. umfaſſt beide Ge-
ſchlechter, ſowohl das männliche, den E.-Hengſt oder
im engern Sinn E., als auch das weibliche, die E–in
(vgl. Maul-E.). Die Jungen heißen Füllen, z. B.:
Füllen von E–innen. W. Hor. Br. 1, 14; Zach. 9. 9.
Der E. ſchreit ia (Nicolai 1, 174), ika (Luther 8, 7a), chika
(ſ. d.), iaht, iahnt, jähnt (Wackernagel 2, 616 Z. 8), gähnt
(w. 12, 9) ꝛc. Der E. iſt ein langohriges, lang-
ſames, aber ſicher gehndes und bedächtiges, mit karger
Nahrung, mit Diſteln ꝛc. vorlieb nehmendes Laſtthier;
er gilt ſprichw. als ein faules, dummes und ungeſchick-
tes Weſen, ſo auch übertr. von Menſchen (Männern
und Frauen): Schafsköpfe und E., die ſie ſind. Forſter Br.
2, 41; Von dem vielen Ohrenſpitzen wachſen die Ohren
auch manchmal zu hoch und aus einem Fuchs wird ein E.
Gutzkow R. 4, 440; 6, 301; Steht nicht der E. wie ein
Ochſe da? HvKleiſt Kr. 67; Hund von einem E.! Kühne
Freim. 316; Kein Bacchant noch E. iſt ſo grob. Luther 5,
368b; 11a; Groben, ungelehrten E–n und Buben. 1,
298a; Papſt-E. 6, 323b ff.; 8, 250b; E. von einem
Poeten. Ruge Rev. 1, 119; Das Weib iſt eine alberne Gans
... Was für ein E. ſtreckt ſein Langohr aus dieſem Ge-
ſchwätze. Sch. 182b; 108b; 651b; G. 2, 61 u. o.
So auch in einer Menge von Sprchw. und ſprchw.
Redensarten: Vom Pferd auf den E. kommen [ſinken];
Zeigen, wo Jemandes Pferd ein E. iſt [ſeine ſchwachen
Stellen ꝛc.]. Merck’s Br. 2, 80; Eigenſinnig wie ein bei-
nerner E. Gotthelf Sch. 393, vgl. 1. Moſ. 49, 14; Der
E. will die Laute ſchlagen [von einem Ungeſchickten]; E.
mit der Sackpfeifen. Luther 6, 24a (vgl. Schütze 1, 307);
E. ſchlecht ſingen, weil ſie zu hoch anſtimmen. Auerbach Leb.
2, 261; Dem willigen E. wird Alles aufgepackt. Forſter Br.
2, 380; Ein E. heißt den andern Langohr! vHorn rhD. 2,
80; Den Sack ſchlagen und den E. meinen. Börne 1, XVIII;
Heine Lut. 2, 183; Sch. 181b; Er iſt nicht Schuld daran,
daß die E. keine Hörner [ſ. d. 3b und vgl. Froſch 1]
haben. Seume Sp. 461 [von einem Einfältigen, zunächſt
vom Hahnrei]; Einem einen (den) E. bohren (ſ. d. 1f und
vgl. Eſelsohr), ihn zunächſt durch eine beſchim-
pfende Geſte verhöhnen, verſpotten: Die Zunge her-
ausgeſteckt, dem Phyſiker E. gebohrt. Fichte Nic. 77; Himmel
und Erde ſcheint uns E. zu bohren. G. 7, 335; Gott und
der Menſchheit einen E. bohren. Gutzkow 3, 295; Bohrt
Ihr uns einen E.? Schlegel Sh. 1, 7; Stachen Mönche oder
bohrten ihnen E. Willkomm Sag. 1, 285 u. v. (ſ. Schmeller
1, 118). Faule Schüler mußten zur Strafe einen
gemalten E. umhängen, Verbrecher auf einem hölzer-
nen E. reiten (Höfer V. 6; Schmeller 1, 118) ꝛc., ſ. Eſeln
1b. 2) übertr.: a) Buchdr.: ein viereckiges Holz,
mittels deſſen der Drucker die einzelnen Bogen beque-
mer faſſen kann. b) Kammmacher.: ein Werk-
zeug, die Zähne zu runden ꝛc. (ſ. Krünitz 11, 557).
c) Mühlenb.: Eisrechen, zum Aufhalten des Eis-
ganges vor Waſſermühlen. d) Papierfabr.: die
Lehne oder die ſenkrechte Stütze an dem großen Steg
oben auf der Bütte, zum Anlehnen der Formen. Kar-
marſch 2, 800. e) bei Seilern und andern Handwer-
kern ein Geſtell zum Tragen, ein ſogen. Knecht, ſ. Leſe-
E. 3) übertr. auf einige Thiere: a) Aſſel (ſ. d. 1
und Keller-E. b) eine Blaſenſchnecke, Bulla zebra,
der geſtreifte oder kap’ſche E. c) eine Porcellanſchnecke,
Cypraea asellus, E–chen. d) der Warzenkäfer,
Cantharis, E. oder E.-Käfer.
Anm. Goth. asilus, ahd. esil, mhd. esel, ſcheint (nach
dem engl. ass) Verklein. wie lat. asellus von asinus.
Zſſtzg. z. B.: Bǖcher-: In Augsburg hört man
von B–n d. h. Antiquaren reden. Perthes Leb. 2, 154.
Féld-: Wald-E. Kéller- [3a]: Der ſogenannte
K., richtiger Kelleraſſel. Burmeiſter Gſch. 391; Am Ende iſt
es bloßes Keller-Eſelsglück; auch die heißen Tauſendfüße und
haben eigentlich nur vierzehn. Lichtenberg 3, 540. Hálb-:
Equus hemionus, Dſchiggetai. Oken 7, 1232.
Láſt-: Pack-E.: Wie ein L. ſchleiche ich mit beſchwertem
Rücken meine Lebenszeit hindurch. L. 13, 122; Die Deut-
ſchen . .. als Sammler und L. zum Gebäude der Wahrheit.
Zimmermann Nat. 114. Lêſe- [2]: ein hoher gepol-
ſterter ſchmaler Sitz, worauf man rittlings ſitzt, um
an einem Pult zu leſen ꝛc., ſ. Bock 11: Als das Paar
einen L. mit zwei Pulten beſchritten hatte. IP. 31, 9.
Māūl-: 1) Baſtard von Pferd und Eſel, nach dem
lat. mulus, vgl.: Maul, Maulthier, Mulatte ꝛc.:
Unter den M–n iſt diejenige Sorte, die vom Eſelhengſt und
einer Pferdeſtute gefallen, jetzt am meiſten in Gebrauch und
größer als die vom Hengſtpferde und einer Eſelin gefallen.
Kant Phyſ. Geogr. 2, 23. Einige nennen jene Maul-
thier (mulus), dieſe M. (hinnus), ſ. Nemnich 1508;
Oken 7, 1232 ꝛc. Bei Luther 5, 227b im Wortſpiel:
Die Papſt-M., ſeine Kurtiſanen [ſchimpfende Bez. Derer,
die ihm zu Munde reden] ꝛc. 2) übertr.: a) ge-
ſchlechtsloſe Weſpe. b) burſchik.: M., Maulthier,
Einer, der ſeine Abiturientenprüfung beſtanden, alſo
nicht mehr Gymnaſiaſt aber auch noch nicht Student iſt,
„ein Froſch [ſ. d. 4], der ins Burſchenmeer ſpringt“.
Vollmann 317, daher: M–iat, n., M–thum, das M–ſein;
M–ei, M.-Streich; M–ſchaft, die Geſammtheit der
Abiturienten; M–n, intr. (haben): M. ſein ꝛc.
Mêêr-: eine Art Stockfiſch,:nach der grauen Farbe
Gadus merlucius. Páck-: der bepackt iſt; übertr.:
Was haben Sie, Schmetterling, gegen mich P. es gut. B.
463b; Platen 6, 174; Der Regiments-Pack- und Plack-
E., dem Alles aufgebürdet wird. Körner Sch. 4, 369.
Pfêrde-: Maul-E. Stēīn-: Sprchw.: Alt
werden wie die St–(n). Gotthelf Sch. 271, ſteinalt;
Sich verlieben à la St. Vollmann 487. Strēīfen-:
Zebra. Wáld-: der wilde Eſel, Onager,
namentl. in der Tartarei unter dem Namen Kulan:
W. löſchen ihren Durſt. Mendelsſohn Pſ. 104, 11; Rückert
Mak. 1, 142 ꝛc. Wíld-: Wald-E. Morg. 1, 138;
Nal. 136 ꝛc. Zwítter-: Maul-E.