Faksimile 0375 | Seite 367
Faksimile 0375 | Seite 367
eng Enge
I. Eng(e), a.: Ggſtz. von weit (ſ. d. und vgl.
weitläuftig): 1) vom Raum in Bezug auf das darin
Enthaltne: klein, nicht weit ausgedehnt, wenig um-
faſſend, beſchränkt, namentl. für Das, was hindurch
ſoll oder darin iſt, knapp, die freie Bewegung beſchrän-
kend, drückend, beklemmend (ſ. bang) ꝛc.: An einen e–en
Ort, da kein Weg war zu weichen. 4. Moſ. 22, 24; Für
einen weiten Mantel ein e–er Sack. Jeſ. 3, 24; Auf einen
ſo e–en [wenig umfaſſenden] Kreis von Stoffen beſchränkt.
Danzel 145; Menſchen von ſo weitläuftigem Kopfe und von
ſo e–em Herzen [ſ. engherzig]. Engel 12, 16; Die Beutel
ſind ſo e. und ſo flach; ſowie man hineingreift, hat man auch
auf den Boden gegriffen. 27; Der e–ere [wenig Perſonen
umfaſſende] Ausſchuß. Erbvergl. 1, 76 ff.; Wenn der Strom
nach unſrer Bude ... ſich durch die e–e Gnadenpforte drängt.
G. 11, 5 (ſ. Matth. 17, 14); Krumm-e–e Gäßchen. 12,
230; Der aus dem e–en [beſchränkenden] Leben | zu einer
ſchönen Freiheit mich erhob. 13, 109; Ein ſelbſtiſches Ge-
müth | kann nicht der Qual des e–en [engherzigen] Neids
entfliehn. 183; Da ſteh ich nun und ſchaue weit hinaus | und
e–er ſcheint’s mich, e–er zu umſchließen. | O Gott, wie
ſchränkt ſich Welt und Himmel ein, | wenn unſer Herz in ſei-
nen Schranken banget. 312; Ein edler Menſch kann einem
e–en Kreiſe | nicht ſeine Bildung danken. 104; Den Häu-
ſern und Einwohnern ſieht man, ich will nicht ſagen Mangel,
aber doch ein ſehr e–es Bedürfnis an. 14, 185; Glaube
weit, e. der Gedanke. 4, 2; Was außen e., was außen bang, |
uns macht es nicht beklommen. 6, 7; Wie mir’s ſo e. ums
Herz ward! 9, 15; Übers Herz war ihm ſo e. geweſen.
Gotthelf Sch. 122; In immer e–erer Geldklemme. U. 2,
239; Die ſchweren Begriffe, die ich einzukleiden hatte, mach-
ten die Sprache für mich noch e–er [ihre Schwierigkeit als
Beſchränkung fühlbarer]. Haller Vorr. 10; Das weiteſte
Wiſſen verdammt uns zur e–ſten Paſſivität. Heine Lut. 2, 60;
Jch habe ein e–es Herz: Liebe zu Jhnen und zu dem Himmel
kann es nicht zugleich faſſen. Leiſewitz Jul. 35; Nun wird mir
. plötzlich angſt und e–e. Mörike Nolt. 1, 154; Wie dumpf
und ängſtlich iſt es doch hier in der e–en Stube. Novalis 1,
70; Von der Menge | der Schüſſeln wird die Tafel e–e.
Ramler F. 3, 105; Es dehnte mit allmächt’gem Streben | die
e–e Bruſt ein kreiſend All. Sch. 48b; Entflohn des Zimmers
Gefängnis | und dem e–en Geſpräch. 75a; Die e–en Sor-
gen. 449a; Ward es ihm bang und e–e. Schwab 503; Was
Einem zu e. [das drückende Geheimnis], iſt Zweien zu weit.
Weidner 175; Dem Mann wird’s e. in ſeiner Haut. W. 11,
17; 226; Von erſtickter Seufzer Drang [wird] das knappe
Mieder immer e–er. 170; Eine e–e Definition, die nicht
alles Hineingehörige umfaſſt; Die e–re Bedeutung eines
Worts; Ein e–es Gewiſſen, im Ggſtz. des weiten, das
Alles in ſich hineinſchieben läſſt (ſ. Sch. 106a) ꝛc.
2) in Bezug auf Gegenſtände oder Theile eines Gan-
zen, die auf einen engen (kleinen) Raum dicht zuſam-
mengedrängt ſind, wenig Raum zwiſchen ſich laſſen,
ſich vielfach mit 1 berührend z. B.: Wer eine
e–e [1] Bruſt hat, hat auch einen e–en Athem. ſ. Hebel 3,
34; E. [beklemmt, kurz] athmen. L. 13, 186 ꝛc. E.
[dicht, gedrängt] ſitzen, ſtehn, ſchreiben ꝛc.; Ein e–es Sieb [deſſen
Löcher —], ein e–er Kamm [deſſen Zähne —], eine e–e Stadt
[deren Häuſer dicht beiſammen ſtehn]; Dieſe Stadt iſt alt
ohne Alterthümlichkeit, e. ohne Traulichkeit. Heine Reiſ. 3,
201; Truppen e., ins E–e [1] zuſammenziehn; Sie zog ih-
ren Haushalt ohne Bänglichkeit ins E–e. G. 15, 134; In
dem Wahne . .., ein Gewaltſam Entbundenes laſſe ſich wie-
der ins E. bringen. 111 ꝛc., ſo auch übertr.: Etwas kurz
und dadurch überſichtlich zuſammenfaſſen, auf einen be-
ſtimmten Punkt konzentrieren ꝛc.: Das allgemeiner Ge-
dachte ins E–ere der Perſönlichkeit einzufaſſen. 18, 276;
Wußte er doch die Hauptfrage nicht ins E–e zu bringen. 21,
7; Die Sache wieder ins E–e und in ſein Gebiet zu bringen.
39, 257; Ins E–e und ins Gleiche bringen. 438; Viele
einzelne Fälle werden unter ein einzig Phänomen ſubſum-
miert, die Erfahrung kommt ins E–e! 39, 19 ꝛc. Ein e.
anſchließendes Kleid; Die Überſetzung ſchließt ſich e. [genau]
ans Original; Mit deſſen Intereſſe ſein eignes aufs e–eſte
[innigſte] verbunden iſt. W. HBr. 1, 3; Geſagt im e–en
Vertrauen. 20, 96.
Anm. Goth. aggvus, ahd. anki, engi, mhd. enge,
lat. angustus, gr. Ēγγς (wozu man ἄγμ „nahe“ vgl.
S. Angſt). Dazu veralt.: Engheit. Ryff. Sp. 4a,
jetzt gw. Enge, ſ. d. II.
Zſſtzg. z. B.: Bāūch-: nam. v. Pferden, einen
engen, dünnen Hinterbauch habend u. ä. m.