Faksimile 0371 | Seite 363
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elend
III. Elend, a.; –eſt (mit Nebenton auf der 2ten
Silbe, der in Verlängrungen oft hervortritt, ſ. II.):
1) veralt., in der Fremde, im Exil lebend, ſ. Benecke 1,
937a, vgl.: Elendshöfe .. [weil] unſern Altvordern über-
haupt jeder fremde, heimatloſe Mann ein E–er war. Prutz
Muſ. 1, 22; Auf ſeinem Königsſitze | ſchweift er e., heimat-
los. Sch. 55b [ſ. 2]; Jer. 22, 28. 2) in Noth und
Elend befindlich, bejammernswerth, Mitleid erregend,
unglücklich, hülflos, verlaſſen, arm, dürftig, krank,
niedrig ꝛc.: Den E–en wird er aus ſeinem Elend erretten.
Hiob 36, 15; Die Armen und E–en. Pſ. 74, 21; Den e–en
Jammer. 2. Kön. 14, 26; E–er Nächte ſind mir viele ge-
worden. Hiob 7, 3 ꝛc.; E. durch mich! e. ohne mich! ach noch
e–er mit mir. G. 9, 355; Die vergangenen ſelig-e–en
[vgl.: bitter-ſüß ꝛc.] Augenblicke. 371; Wälze mich am
Boden, e., | krüppel-e. Heine Rom. 238; Wer iſt ein
wahrhaft armer Mann? ... Wahrhaft e. iſt allein der Feige.
Lenau Alb. 152; Das Wort, das zur E–eſten (⏑ ⏑⏒) |
dich macht. Sch. 14a; Der am meiſten e–e und niedrigſte
Theil der Bevölkerung. Stahr Par. 2, 206; Seinen e–en
[kranken] Herrn weiter zu bringen. Thümmel 1, 5; Wehe,
wie quält mich die Pein! Ich E–er (– ⏑). V. Th. 3, 24;
Ich bin, E–e (– ⏑) dein Mörder. Ov. 2, 208; Unglück-
licher, E–er! (⏑ ⏑). W. 11, 225. Verſtärkt:
Hunds-e. Frommann 3, 360. 3) dann auch, wie
„erbärmlich, jämmerlich“, in verächtlichem Sinn: Es
iſt ein e., jämmerliches Ding um aller Menſchen Leben. Sir.
40, 1; Pred. 5, 19; Eine e–e Arbeit. Weish. 15, 8; Jedes
e–e Vergnügen gemißgönnt . .. E., weil es mir Nichts oder
eine Wenigkeit koſtet. Engel 12, 18; Nicht einmal einen
Vorwand zu brauchen, kein e–es Deckmäntelchen. Forſter Br.
2, 464; In die e–eſten Formen gezwungen. G. 31, 28; So
denken Sie doch mit ein bischen e–er Bücherkunde mich einzu-
treiben. L. 11, 529; Ein e–er Behelf. Sch. 188b; Am Ende
ſie mit einem e–en (– ) Stück Geldes | abfertigen. 339b;
Hinweg, E–er (⏑ ⏑) du! Tieck Cymb. 1, 2; E–e Hütten.
Stilling 3, 4 ꝛc.
Anm. Die Doppelbetonung nam. der Verlängrungen
erhellt aus den Bſp., ferner: Über dein e. (– ⏑) Chriſten-
ſchaar .. .. Willſt ſtets bei den E–en (⏑ ⏑) ſtahn. Waldis
Pſ. 10, 8 und 9; Erfreuet’s die E–en (⏑ ⏑) ... Ob ich
gleich bin e. (⏑ –) und g’ring. 119, 17 u. 18 u. o. (ſ. auch:
Mehr). Verlängerte Formen: Der bederbe elendhafte
Ritter. Möſer 3, 92 [alterthümelnd]. Eléndig, oft in
der Volksſpr. (vgl. für die Betonung: lebendig): So e. und
nichtswürdig. Arndt E. 279; Ein unmenſchlich e. Eſſen.
Claudius 6, 81; Mit dem wir Alle uns e. ſchleppen. Eichen-
dorf Phil. 98; Geſichter, die nicht e–er und trauriger hätten
zuſammengeleſen werden können. Spindler Stadt. 1, 49a ꝛc.
Elendiglich: Bis er endlich e–er verendet. Gotthelf U.
2, 3; Grimm M. 84; E. .. umgekommen. Heine Rom. 2,
21; H. 15, 248; Spielte einen e–en Trauermarſch. Keller
gH. 2, 140 ꝛc. Elendigkeit: Die E., womit man
noch jetzt an den Lügen der Emigrierten hängt. Forſter Br. 2,
256; 1, 80; Die E. unſerer vaterländiſchen Zuſtände. Prutz
DMuſ. 1, 2, 529; Eine ſchöne Wilde, die gar Nichts von
unſern europäiſchen E–en weiß. Spindler Stadt. 1, 12;
Zſchokke 1, 310 ꝛc. Das Zw. Elenden ſ. Benecke 1, 937
findet ſich nur noch, meiſt mundartl., in Zſſtzg.: Be-: Etwas
beelendet [jammert] mich. Gotthelf G. 84; 341; U. 2, 97
u. o. Ver-: Den Reſt der Verelendeten noch zu retten.
Nation. Zeit. 12, 233. Ferner: Verelendern, tr.:
elender machen: Wie verelendert Das Alles am Boden kriecht.
Kürnberger Am. 357 ꝛc.