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Elend
II. Elend, n., –(e)s; 0: 1) fremdes Land, Ver-
bannung: Wie er viele Leute aus ihrem Vaterlande ver-
trieben hatte, ſo mußte er auch ſelbſt im E–e ſterben zu Lace-
dämon. 2. Macc. 5, 9; 1. Moſ. 41, 52; Jeſ. 58, 7; Klag.
3, 1; Judith 5, 21 ꝛc.; Sieben Stunden hinter dem E.,
wie man ſagt, ſein Leben zu verbringen. Auerbach D. 4, 72;
Ins E. ſchicken. Brockes 9, 584; Der wallend durch das E.
Buße thut. Chamiſſo 4, 121; Ins E. hab ich mich zurück-
gebannt. 124; In bitterem E. 3, 265; Er wählt des E–s
bittres Brot. Freiligrath Pol. 2, 44; Im E.! Verzweifelnd!
Erbärmlich auf der Erde lang verirrt und nun gefangen!
G. 11, 195; Ins E. übers Meer verbannſt du mich. 13, 346;
Unglückliche Kriegsgefangene .. hineingeführt in das E. Hebel
3, 442; Jch ſetzte ihn aus dem Frieden, feimte ihn in das E.
Immermann M. 4, 239; Der im E. zieht. Rückert Nal 221;
Des E–s Kinder! gleichgeſinnt mit mir, | auf fremdem
Strand ſich anzubauen. Sch. 37a ꝛc. 2) inſofern das
Exil einen Zuſtand der Verlaſſenh., Hilfloſigk. bez., gilt
E. jetzt gw. allgm. als Bez. eines unglücklichen, be-
jammernswerthen Zuſtandes (ſvwdt. Unglück, Leiden,
Noth, Jammer u. ä. m.) u. viele urſpr. für 1 geltende
Wendungen haben nun dieſen allgm. Sinn angenom-
men, z. B.: Das E. bauen (ſ. d. 1); Wer in allerlei
Gewerben herumkutſchiert, fährt ins E. Auerbach Barf. 109;
Ich will nach all dem Guten, das ich dir ſchon erwies | die
ſtrafende Hand nicht werden, die dich ins E. ſtieß. Chamiſſo
3, 317; Gotter 2, 150 ꝛc., vgl. auch: Gott hat ihn aus
dieſem E. [„in die Heimath des himmliſchen Lebens“]
abgerufen ꝛc. Du ſchaueſt das E. und Jammer. Pſ. 10,
14; Siehe an meinen Jammer u. E. 25, 18; Vergiſſeſt
unſres E–s u. Drangs. 44, 25; Er ſahe unſer E., Angſt
u. Noth. 5. Moſ. 26, 7 u. ä. m., welche Verbind. oft
gleichſam als ein Wort gelten: Dann iſt man aller
Noth und E. ab. Gotthelf U. 2, 44 [aller Noth und alles
E–s] ꝛc.; In Noth u. E. ſein, gerathen, bringen, ſtürzen;
im E. vergehn; aus dem E. helfen; viel E. ausſtehn, er-
tragen; Es iſt ein E. damit [man hat ſeine Noth, Plage
damit]; Daß zu dem E–e der Armuth noch die Schande
komme. Engel 12, 106; Das mannigfaltigſte E. G. 5, 7;
Was du als E. fühlſt, | verwandelt ſich in Wohlthat. 13,
347; Die Das, was ſie im Glücke zugeſagt, | aus tiefem E.
zu erfüllen ſtrebt. 350; Dies Herz .. die Quelle .. aller
Kraft, aller Seligkeit und alles E–es. 14, 89; Das Haupt-
E. der Jntoleranz offenbart ſich doch am meiſten in den Un-
einigkeiten. 250; Zuſtand, den ich ſeither das trunkene
E. habe nennen hören. Gotthelf 5, 254; Katzenjammer,
Hunde-E. Heine Rom. 157; Die Scene des E–s. H. 4,
82; Der Gram, das lange Kerker-E. nagt an meinem
Leben. Sch. 407a; Ein E. mit dem andern tauſchen. Tieck
Cymb. 1, 6; Im Ofen des E–s ausgehalten. Stilling 4, 228
[bibl., Jeſ. 48, 10] ꝛc.
Anm. Ahd. (alilanti), elilenti, mhd. éllende. Zſſtzg. v.
Land und ali, goth. alis, lat. alius, gr. αγoς (ander).
Daher erklärt ſich der nam. bei Verlängrungen hervortretende
Nebenton der 2ten Silbe, z. B.: Wie ein Schaf geh ich im
Ellend [Reim: wend]. Waldis Pſ. 119, 22 u. o. (ſ. III).
Mz. ungew., vgl. in der Kapuzinerpredigt: Alle die ge-
ſegneten deutſchen Länder | ſind verkehrt worden in E–er.
Sch. 324b.